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Archiv "Bilanz und Perspektiven der Sozialpolitik" (18.09.1980)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT Spektrum der Woche Aufsätze •Notizen

Heft 38 vom 18. September 1980

Bilanz und Perspektiven der Sozialpolitik

Heiner Geißler

Die Redaktion gibt vor der Bundestagswahl 1980 Vertre- tern der im Bundestag vertre- tenen Parteien Gelegenheit, zu Fragen der Gesundheits- und Sozialpolitik Stellung zu nehmen. In Heft 34 äußerte sich in einem Interview Dieter Julius Cronenberg, stellvertre- tender Vorsitzender der FDP- Bundestagsfraktion („FDP will mit Modellversuchen zur Selbstbeteiligung Ernst ma- chen"), in Heft 35 schrieb Udo Fiebig, gesundheitspolitischer Obmann der SPD-Bundes- tagsfraktion („Perspektiven für die Gesundheitspolitik der achtziger Jahre"); nebenste- hend nun eine Stellungnahme des Generalsekretärs der CDU, Dr. Heiner Geißler.

I. Bilanz der Sozialpolitik der 70er Jahre

Das von der Bundesregierung vor- gelegte Sozialbudget für das Jahr 1980 weist Gesamtleistungen in Hö- he von 449 Milliarden DM aus. Im Jahr 1970 betrug der Leistungsum- fang rund 168 Milliarden DM (Sozial- budget '72). Das entspricht einem Zuwachs von rund 280 Milliarden DM oder einem Mehr von rund 166 Prozent im Jahr 1980 gegenüber 1970.

Diese enorme nominale Steigerung der Sozialleistungen hat nicht die Beseitigung gravierender sozialer Probleme bewirkt. Im Gegenteil: für eine wachsende Zahl von Bürgern haben sich die sozialen Probleme verschärft. Dies gilt z. B.' für Fami- lien, arbeitslose Frauen, ältere Mit- bürger.

Hinzu kommt, daß es nicht gelungen ist, die wachsenden Fehlinvestitio- nen beim Arbeitslosengeld durch ei- ne produktive, Vollbeschäftigung schaffende Wirtschafts- und Finanz- politik abzulösen. Nach wie vor ist die soziale und wirtschaftliche Si- tuation durch eine Vielzahl ungelö- ster, zum Teil sich sogar verschär- fender Probleme gekennzeichnet.

Dies spricht für eine geringe soziale und wirtschaftliche Effizienz der ein- gesetzten Mittel.

1. Familie

Die Anzahl der Familien mit Kindern, die Sozialhilfe empfangen, hat seit

1969 stark zugenommen, erheblich stärker als die Gesamtzahl der So- zialhilfeempfänger. So hat die Zahl der Empfänger laufender Hilfe zum Lebensunterhalt von 1969 bis 1977 I> unter den Ehepaaren ohne Kin- der um 16 Prozent

• unter den Ehepaaren mit Kindern aber um 191 Prozent zugenommen.

Der ungedeckte Bedarf der Aufwen- dungen für Kinder — Differenz zwi- schen Regelsätzen des Bundesso- zialhilfegesetzes (BSHG) und Fami- lienlastenausgleichsleistungen — hat sich seit 1969 stark erhöht.

Lag dieses Defizit im Jahr 1969 z. B.

• bei einem Kind bei 936 DM/Jahr, I> bei vier Kindern bei 2100 DM/

Jahr,

so erhöhte es sich im Jahr 1980 z. B.

> bei einem Kind auf 1824 DM/Jahr, D bei vier Kindern auf 3840 DM/

Jahr.

Dabei ist noch gar nicht berücksich- tigt, daß im Rahmen des BSHG die gesamten Wohnkosten übernom- men werden; beim Wohngeldgesetz aber die Wohnkosten nur anteilig getragen werden.

Die Anteile, die im Rahmen des So- zialbudgets auf die „Funktion Fami- lie” entfielen, haben sich in den letz- ten Jahren deutlich verringert. Darin

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173,9 lnsg.

Tabelle: Anteil „Familie"

am Sozialbudget

Sozial- budget Mrd. DM

Fehlbetrag gegenüber Anteil 1968 Mrd. DM Jahr

1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980

141,0 153,6 174,7 198,8 224,0 252,6 288,9 330,2 353,8 379,2 403,5 425,1 449,5

20,0 19,7 18,5 17,6 16,5 15,5 14,4 15,0 14,6 14,6 14,1 14,1 14,3

0,5 2,6 4,8 7,8 11,4 16,2 16,5 19,1 20,5 23,8 25,1 25,6 Anteil

„Familie"

Aufsätze -Notizen

Geißler: Bilanz und Perspektiven der Sozialpolitik

spiegelt sich die sinkende Priorität wider, die der Familie in den letzten Jahren von der amtlichen Politik bei- gemessen wurde. Im Jahr 1968 ka- men der Familie noch 20 Prozent der gesamten Sozialbudgetleistungen zugute. Im Jahr 1980 werden es aus- weislich des Sozialbudgets '80 nur noch 14,3 Prozent sein. Nimmt man das Jahr 1968 zum Maßstab, dann sind der Familie in den letzten 12 Jahren insgesamt rund 174 Milliar- den DM vorenthalten worden.

Im einzelnen ergibt sich die in der Tabelle ausgewiesene Entwicklung:

Im Sozialbudget '80 werden im Jah- re 1980 für die Familie Leistungen in Höhe von rund 64 Milliarden DM ausgewiesen. Würde der Familie heute wie im Jahr 1968 ein Fünftel des gesamten Sozialbudgets zur Verfügung gestellt, ergäbe sich ein Betrag von rund 90 Milliarden DM.

2. Arbeitslose Frauen

Nach der Strukturanalyse der Bun- desanstalt für Arbeit vom März 1979 ist die Zahl der arbeitslosen Frauen außerordentlich hoch: diese Gruppe umfaßt im Schnitt 55,5 Prozent aller

Arbeitslosen bei einem Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der Ar- beitnehmer von 36,1 Prozent. Diese amtlichen Arbeitslosenzahlen geben nur einen Ausschnitt des Schicksals der Frauen wieder. Viele Frauen ha- ben die Hoffnung aufgegeben, einen Arbeitsplatz zu finden und sind in die sogenannte „Stille Reserve" ab- gewandert. Das sind Arbeitnehmer, die früher erwerbstätig waren, heute aber arbeitslos sind und trotzdem in den amtlichen Arbeitslosenstatisti- ken nicht ausgewiesen werden.

3. Ältere Menschen

Die soziale Lage vieler älterer Mit- bürger ist nach wie vor besorgniser- regend. Das gilt vor allem für viele ältere Frauen, insbesondere Witwen.

Nach dem Rentenanpassungsbe- richt 1980 betrug die durchschnittli- che Witwenrente in der Arbeiterren- tenversicherung im Januar 1980 581 DM und in der Angestelltenversiche- rung 823 DM. Zwar müssen nicht alle Witwen ausschließlich von ihrer Witwenrente leben, aber ausweislich des letzten Mikrozensus des Statisti- schen Bundesamtes gab es in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1977 2,2 Millionen Frauen, die ihren Lebensunterhalt überwiegend von einer Rente bestreiten und die über ein monatliches Nettoeinkom- men von unter 600 DM monatlich verfügten. Ein monatliches Nettoein- kommen von 600 DM entspricht et- wa dem Sozialhilfeniveau des Jahres 1977 für eine Alleinstehende über 65 Jahre. Fast dreiviertel der Sozialhil- feempfänger über 60 Jahren sind

Frauen.

4. Fehlinvestitionen beim Arbeitslosengeld

Die anhaltende Millionenarbeitslo- sigkeit infolge der verfehlten Wirt- schafts- und Finanzpolitik der SPD/

FDP-Regierung hat zu einer gewalti- gen Fehlleitung von volkswirtschaft- lichen Mitteln geführt. Statt Mittel in produktive Verwendungszwecke zu überführen, müssen heute viele Mil- liarden DM zur Alimentierung der Ar- beitslosigkeit ausgegeben werden.

Nimmt man das Jahr 1972 mit einer Arbeitslosenzahl von 246 000 und ei- ner Arbeitslosenquote von 1,1 Pro- zent zum Maßstab, dann ergibt sich eine Fehlinvestition von rund 41 Mil- liarden DM, die im Laufe der Jahre 1972 bis 1980 über die im Jahr 1972 ausgewiesenen Leistungen an Ar- beitslose (Arbeitslosengeld, Arbeits- losenhilfe, Konkursausfallgeld) hin- aus zusätzlich als Einkommenser- satz an Arbeitslose erbracht werden mußten. Eine Anpassung der Lei- stungen an Arbeitslose entspre- chend der Entwicklung der Löhne und Gehälter ist dabei schon be- rücksichtigt. Mit diesem Betrag hät- ten über 400 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden können: So ko- stet z. B. ein Arbeitsplatz in der Indu- strie durchschnittlich rund 100 000 DM.

II. Perspektiven der Sozialpolitik in den 80er Jahren

Die Bilanz zeigt: die quantitative So- zialpolitik hat versagt. Trotz einer enormen Nominalsteigerung der So- zialleistungen konnten gravierende soziale Probleme nicht gelöst wer- den. Im Gegenteil: für eine wachsen- de Zahl von Bürgern haben sich die sozialen Probleme verschärft.

Drastisch reduzierte wirtschaftliche Wachstumsraten, eine besorgniser- regende Verschuldung der öffentli- chen Haushalte sowie die außenpoli- tischen Verpflichtungen der Bun- desrepublik Deutschland lassen ei- ne Ausdehnung der Sozialquote zur Bewältigung der sozialen Probleme nicht mehr zu. Gerade in einer Zeit der knappen Kassen muß sich aber das Prinzip der sozialen Gerechtig- keit, muß sich die soziale Kompo- nente der Marktwirtschaft erst ei- gentlich bewähren. In einer Zeit mit hohen wirtschaftlichen Wachstums- raten ist es keine Kunst, Sozialpolitik zu betreiben, heute aber bedarf es eines neuen sozialpolitischen Kon- zeptes.

Nicht der Sozialstaat als solcher, sondern eine auf Quoten fixierte,

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Aufsätze • Notizen Geißler: Bilanz und Perspektiven der Sozialpolitik

quantitative, bürokratisierte und auf die Umverteilung von Geldleistun- gen eingeschränkte Sozialpolitik ist an ihre Grenzen gestoßen.

Eine Regierung der Union wird eine neue qualitative Sozialpolitik ver- wirklichen, um auch langfristig die Grundlagen einer sozial gerechten Wirtschafts- und Gesellschaftsord- nung zu sichern. Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Union insbeson- dere folgende Prinzipien einer quali- tativen Sozialpolitik verwirklichen:

1. Die sozialen Leistungen müssen gezielt den wirklich Bedürftigen zukommen

Damit die sozialen Leistungen den wirklich Bedürftigen zukommen können, ist es erforderlich, Prioritä- ten zu setzen. Zu den verhängnis- vollsten Fehlentwicklungen des letz- ten Jahrzehnts gehört die morali- sche und materielle Vernachlässi- gung der Familie. An erster und nachdrücklich betonter Stelle des Wahlprogramms der CDU/CSU steht deshalb die Förderung der Familie.

Die Familie ist eine unverzichtbare Institution jeder freiheitlichen Ge- sellschaftsordnung. Die Union for- dert eine entscheidende Verbesse- rung der familienpolitischen Lei- stungen, um die Erziehungsfähig- keit der Familie zu stärken. Das Wahlprogramm von CDU und CSU sagt deshalb u. a.:

Wir werden ein Erziehungsgeld von 400 DM monatlich bis zum vollende- ten dritten Lebensjahr des Kindes einführen. Alleinerziehende Mütter und Väter sowie Familien mit gerin- gem Einkommen werden wir dar- über hinaus fördern.

Wir werden die Benachteiligung der nicht in einem arbeitsrechtlichen Verhältnis tätigen Mütter beim Mut- terschaftsgeld beseitigen. Wir wol- len, daß auch diese Mütter bei der Geburt eines Kindes für die Dauer von sechs Monaten ein Mutter- schaftsgeld in Höhe von 500 DM mo- natlich erhalten. Das Erziehungs- geld wird sich zeitlich an das Mutter- schaftsgeld anschließen.

Wir werden ein familienfreundliches Steuerrecht mit wirksamen Kinder- freibeträgen schaffen. Ein erster Schritt hierzu ist die Umwandlung des bestehenden Kinderbetreuungs- betrages in einen echten Kinderfrei- betrag.

2. Die durch eigene Leistung oder Aufopferung für die Ge- meinschaft erworbenen Rechts- ansprüche dürfen nicht staatli- cher Willkür ausgesetzt werden

Aus diesem Grunde hält die Christ- lich Demokratische Union an der bruttolohnbezogenen dynamischen Rente fest. Nach dem politischen Rentenbetrug des Bundeskanzlers von 1976, nach Wortbruch und Au- ßerkraftsetzung der bruttolohnbezo-

Dr. Heiner Geißler Foto: Archiv/

Dokumentation

genen Rente sind Klarheit und Wahrheit in der Rentenpolitik unver- zichtbar.

Die Rente ist jedoch kein staatliches Geschenk, kein Almosen, sondern selbsterarbeitete Versicherungslei- stung. Bruttolohnbezogene Rente heißt in erster Linie Sicherung der Leistungsbezogenheit und des Ver- sicherungscharakters der gesetzli- chen Rentenversicherung.

Die Union will, daß das Vertrauen der Rentner und Beitragszahler in die gesetzliche Rentenversicherung wiederhergestellt wird. Der Vertrag zwischen den Generationen wird nach Auffassung der CDU nur beste- hen, wenn die Vertrauensgrundlage für diesen Vertrag zwischen den Ge- nerationen nicht zerstört wird.

3. Die Arbeit in der Familie ist Berufstätigkeit und muß als sol- che anerkannt und sozial abge- sichert werden.

Die Gleichstellung von Mann und Frau im Rentenrecht steht in unserer Wertvorstellung gleichrangig neben der Förderung der Familie und der Sicherung der bruttolohnbezoge- nen, dynamischen Altersrente. Die CDU hat sich schon frühzeitig dafür eingesetzt, die Tätigkeit der Haus- frau und Mutter sozialversiche- rungsrechtlich wie einen Beruf an- zuerkennen. Mit ihrem Konzept der Partnerrente hat die CDU im Jahr 1975 als erste Partei ein Modell zur Reform der sozialen Sicherung vor- gelegt.

In ihrem Wahlprogramm haben sich CDU und CSU dafür ausgesprochen, daß die Hinterbliebenenrente in Zu- kunft 70 Prozent der insgesamt von beiden Ehepartnern erworbenen An- wartschaften nicht unterschreiten, mindestens aber 100 Prozent der durch eigene Beiträge erworbenen Rentenansprüche betragen soll.

Weiterhin tritt die CDU/CSU für die Anrechnung von Erziehungszeiten bei der Alterssicherung der Mütter ein. Als Erziehungsjahre sollen für die Geburten nach 1984 künftig fünf Jahre je Kind anerkannt werden.

4. Die sozialen Leistungen und die Leistungen im Gesundheits- wesen müssen stärker dezen- tralisiert und personalisiert, da- mit humaner und wirtschaftli- cher erbracht werden.

Es ist ein Irrtum, zu glauben, daß die Lösung aller sozialen Probleme durch staatliche Institutionen immer effizienter, geschweige denn immer humaner sei. Im Gegenteil: der ein- zelne, die Familie, die freien Träger und die Verbände z. B. im Gesund- heitswesen, sind dazu in vielen Fäl- len viel besser in der Lage.

Im Gegensatz zu anderen Ländern ist das deutsche Gesundheitswesen durch die Selbstverwaltung ausge- zeichnet, von der Selbstverwaltung geprägt und entwickelt. Auch in Zu-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 38 vom 18. September 1980 2247

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Aufsätze • Notizen

Geißler: Bilanz und Perspektiven der Sozialpolitik

kunft wird unser Gesundheitswesen vom Funktionieren dieser Selbstver- waltung abhängen. Die immer grö- ßeren Eingriffe in die Eigenständig- keit des Gesundheitswesens, in sei- ne Teilbereiche und in ihr Zusam- menspiel bringen es in Gefahr.

> Die CDU war und ist der Auffas- sung, daß die bessere Lösung zur Dämpfung der Kosten im Gesund- heitswesen nicht durch dirigistische Maßnahmen, sondern durch ein frei- williges Zusammenwirken aller Be- teiligten erreicht werden kann. Für uns steht fest: Ein auf freiheitlichen Grundvorstellungen aufgebautes Gesundheitswesen arbeitet huma- ner, wirksamer und kostengünstiger als ein bürokratisiertes und ein so- zialisiertes Gesundheitswesen. Die Kostenentwicklung im stationären Bereich zeigt die Notwendigkeit, so- ziale Hilfen so zu strukturieren, daß sie als Hilfe zur Selbsthilfe den ein- zelnen in die Lage versetzen, seine sozialen Probleme möglichst selbst- verantwortlich zu lösen. Mit der Er- richtung von Sozialstationen – vor allem mit unionsregierten Bundes- ländern – wurde ein neuer Weg be- schritten, betreuungsbedürftige Mit- bürger nicht in dem außerordentlich kostenintensiven stationären Be- reich, sondern in der Familie, in den eigenen vier Wänden, zu versorgen.

Hier erfährt der kranke und pflege- bedürftige Bürger die persönliche Zuwendung, wie sie ihm im moder- nen Krankenhaus • oder Altenheim schon aus betriebstechnischen Gründen häufig nicht gewährt wer- den kann.

5. Es ist humaner und ökonomi- scher, die Entstehung sozialer Übel zu verhindern als sie nach- träglich zu beseitigen

Seit Jahren ist z. B. die Arbeitslosig- keit ein menschlich unerträglich und finanziell besonders schwerwiegen- des Problem. Hunderttausend Ar- beitslose kosten jährlich durch Ar- beitslosengeld, Steuer- und Bei- tragsausfälle rund 2 Milliarden DM.

Deshalb ist es nicht nur humaner, sondern auch ökonomisch sinnvol- ler, die Arbeitslosigkeit zu beseiti-

gen, anstatt sie zu verwalten und zu finanzieren. Eine gute Wirtschafts- politik, die Vertrauen für die Investo- ren schafft und die Rentabilität von Arbeitsplätzen im Auge behält, ist wesentlicher Bestandteil einer er- folgreichen Beschäftigungspolitik.

Die Maßnahmen der Arbeitsmarkt- politik müssen darüber hinaus auf eine bessere Förderung der berufli- chen und regionalen Mobilität sowie auf eine Verbesserung der Vermitt- lungschancen für Arbeitslose, für Behinderte, für ältere Arbeitnehmer und Frauen ausgerichtet werden.

6. Wir müssen die sozialen Lei- stungen auch hinsichtlich ihrer ökonomischen Auswirkungen über längere Jahre und nicht nur im Rahmen eines Ein- oder Zwei-Jahres-Haushalts bewer- ten; wir kommmen sonst zu öko- nomisch untragbaren Ergeb- nissen

Ein typisches Beispiel für das Den- ken in zeitlich zu eng begrenzten Zeithorizonten liefert die Diskussion um den nun schon seit über 15 Jah- ren andauernden Geburtenrück- gang. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirt- schaft hat unlängst ein Gutachten vorgelegt, wonach der Bevölke rungsrückgang „zu wirtschaftlich und sozial nicht akzeptablen Ergeb- nissen" führt. Die Bundesregierung hat es versäumt, aus dieser Tatsache die erforderlichen politischen Kon- sequenzen zu ziehen. Im Unter- schied zu den anderen Parteien ha- ben die Unionsparteien als einzige eine konkrete Finanzrechnung für ihr Wahlprogramm vorgelegt. Die neuen Ausgaben im familienpoliti- schen Bereich (10,1 Milliarden DM), der Schuldenabbau (7 Milliarden DM) und die Steuerentlastungen (6 Milliarden DM), aber auch die aktu- ellen Mehranforderungen im außen- politischen Bereich (rund 2 Milliar- den DM) können finanziert werden, wenn die Zuwachsraten der übrigen Ausgaben des Bundes im Zeitraum bis 1984 vermindert werden. Bei ei- ner Steigerung des Bruttosozialpro- duktes von sechs Prozent dürfen die übrigen Ausgaben des Bundes nur

um drei Prozent ansteigen, statt um vier Prozent, wie dies die Bundesre- gierung will, und bei einer Steige- rung des Bruttosozialproduktes von acht Prozent dürfen die übrigen Ausgaben nur um fünf Prozent an- steigen, anstatt um sechs Prozent, wie es das Ziel der Bundesregierung ist.

> Die Vorstellung eines Sozialstaa- tes, der sich auf die Verteilung von Wohlfahrt beschränkt, sich aber nicht darum kümmert, wie sie ent- steht, beraubt sich ihrer Grundlagen und führt zu sozial untragbaren Er- gebnissen. Ebenso gefährdet eine Politik ohne soziale Gerechtigkeit den sozialen Frieden und damit die Freiheit. Perspektiven der Sozialpo- litik der 80er Jahre sind deshalb zu- gleich Perspektiven einer freiheitli- chen Politik, mit der sich die CDU/

CSU der Aufgabe stellt, die Zukunft unseres Landes in Freiheit und so- zialer Gerechtigkeit zu gestalten.

Anschrift des Verfassers:

Dr. jur. Heiner Geißler Generalsekretär der

Christlich Demokratischen Union Konrad-Adenauer-Haus

5300 Bonn

ECHO

Zu: „Injektionen, Infusionen und Blutentnahmen durch das Kran- kenpflegepersonal" in Heft 27/

1980, Seite 1709 f.

Endverantwortung trägt der Arzt

Die Deutsche Kranken- hausgesellschaft und die Bun- desärztekammer einigten sich im Grundsatz: Intravenöse In- jektionen sind Aufgabe der Ärzte. Die Spritzenbescheini- gung soll die Ausnahme sein für besonders qualifizierte Schwestern. Diese Bescheini- gung reicht aus für subkutane Spritzen und intramuskuläre Injektionen, um klarzustellen, daß auch hier die rechtliche Verantwortung beim Arzt bleibt . . ." (Ruhr-Nachrichten)

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