Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit
Mögliche Beeinflussung von Implantaten durch EMF
Erläuterungen, Messungen an Arbeitsplätzen, individuelle
Störbeurteilung für Implantatträger
––
Aufgabengebiete des IFA und FEMU
IFA
• Messung/Beurteilung der Exposition der EMF am Arbeitsplatz
• Praxisnahe Forschungsprojekte
• Regelwerke (RL, Normen, BG-Schriften…) zu EMF
• Schulungen, Seminare, Vorträge
FEMU
• Probandenstudien und Forschungsprojekte zu Wirkungen von EMF auf den Menschen (Implantate, Wahrnehmung statischer Felder …)
• Literaturdatenbank und Informationsplattform www.EMF-Portal.org zu den Wirkungen von EMF
Von jetzt auf gleich Implantatträger! Was dann?
Wiedereingliederung im Betrieb / Unternehmen
Fragen eines Implantatträgers:
• Muss ich als Implantatträger etwas tun?
Ja, Sie müssen Ihren Arbeitgeber informieren,
denn elektromagnetische Felder können Implantate beeinflussen.
• Wer kann mir weiterhelfen?
Über die Sicherheitsfachkraft sollten die Unfallversicherungsträger angesprochen werden. Die UVT kümmern sich um eine Beratung
• Was kann ich selber tun?
Sie können mit der Sicherheitsfachkraft eine grobe Risiko- Abschätzung vornehmen.
Beratung durch den Unfallversicherungsträger Individuelle Störbeurteilung eines Implantats
Dazu werden benötigt:
1.
Informationen zum Implantat
2.
Informationen zu den Feldquellen (Maschinen/Anlagen)
3.Informationen zur Tätigkeit des Beschäftigten
4.
Informationen zum Arbeits- und Aufenthaltsbereich des Implantatträgers
Aus allen Informationen wird eine individuelle Beurteilung
der Störbeeinflussung in Form eines Berichtes erstellt.
Implantat – Arten
Was für Implantate gibt es?
Unterscheidung von passiven und aktiven Implantaten
Quelle: femu, RWTH Aachen University
Implantate – Auswirkung einer Beeinflussung
Wie werden passive oder aktive Implantate beeinflusst?
Passive Implantate können durch induzierte Wirbelströme erwärmt werden und dadurch ggf. eine Schädigung des
menschlichen Gewebes herbeiführen.
Aktive Implantate können direkt in ihrer Elektronik oder indirekt über ihre Wahrnehmung gestört werden.
Beeinflussungen der Wahrnehmung treten häufiger auf. Dabei überlagern induzierte Störspannungen die körpereigenen
Signale und können vom Implantat fehlinterpretiert werden.
Aktive Implantate – für das Herz
Funktionen:
• Stimulation wirkt antibradykard garantiert min. Frequenz
• Defibrillation wirkt antitachykard beendet Kammerflimmern
Herzschritt- macher (HSM)
Implantierbarer Kardioverter-
Defibrillator (ICD)
Quelle: Biotronik Quelle: St. Jude Medical
HSM / ICD – Systeme
V V I
V
entrikuläre StimulationV
entrikuläre Detektion
I
nhibiert (I)VVI
1-Kammer-System
HSM / ICD – Systeme
D D D
2-Kammer-System
DDD
D
oppelt: Atriale undventrikuläre Stimulation
D
oppelt: Atriale undventrikuläre Detektion
D
oppelt: Getriggert (T): VATund inhibiert (I): AAI, VVI
HSM / ICD – Systeme
unipolar bipolar
HSM / ICD – Empfindlichkeit
Empfindlichkeits- schwelle
Feldquellen / Feldarten
Welche Feldarten sind für eine Störbeeinflussung relevant?
Elektrische Felder:
Elektrische Felder dringen kaum in den Körper ein. Es entstehen aber relevante Körperströme aufgrund von Influenz.
Magnetische Felder:
Magnetische Felder durchdringen den Körper und können
Kraftwirkungen auf das Implantat ausüben oder eine Spannung ins Implantat induzieren.
Elektromagnetische Felder:
Hochfrequente elektromagnetische Felder erzeugen eine Wärmewirkung im menschliche Gewebe und können Energie in das Implantat
Feldquellen – Beispiele
Magnetische Felder: Schweißgeräte
Elektrische Felder: Hochspannungsanlagen
Feldquellen – Beispiele
Magnetische Felder: Punktschweißanlage zur Kettenherstellung Allgemeine Besonderheiten zum Schweißen:
Gleich-/Wechselstrom
Pulsförmige Signale
Stromstärke
HF-Zündspannung
Bearbeitungsverfahren: Heften
Schweißzyklus (Beispiel: Impulse zur Vorerwärmung)
Bauformen der Schweißeinrichtung
Feldquellen – Beispiele
Magnetische Felder: Motoren
Magnetische Felder: Induktives Erwärmen Magnetische Felder: Magnete
Feldquellen – Beispiele
Weitere HF- Feldquellen:
Handfunkgeräte
RFID-Systeme
Warensicherungssysteme
Sendeeinrichtungen
Amateurfunk
Elektromagnetische Felder: HF-Schweißen
Arbeitsweise des Implantatträgers
Grundsatz: Mit zunehmendem Abstand zur Feldquelle
nimmt die magnetische, elektrische und elektromagnetische Feldstärke stark ab.
Mit der Betrachtung der Arbeitsweise des Implantatträgers werden die minimalen Abstände zwischen dem Implantat und der Feldquelle
bestimmt.
Außerdem sollten Handlungsmuster und Gewohnheiten bezüglich der Exposition durch magnetische, elektrische und elektromagnetische Felder erfasst werden.
Arbeits- und Aufenthaltsbereiche
Im Rahmen einer individuellen Störbeurteilung eines Implantats werden alle Arbeits- und Aufenthaltsbereiche betrachtet.
Dazu zählen:
• der Arbeitsplatz
• alle Verkehrswege, auf denen sich der Implantatträger aufhalten darf
• Nachbar-Bereiche (z.B. Schweißerei, …)
• Sozialräume (Pausenraum, …)
• Externe Arbeitsbereiche (Fremdfirma, Kundenbesuch, Exkursion, …)
Arbeits- und Aufenthaltsbereiche festlegen
Durch das Festlegen der Arbeits- und Aufenthaltsbereiche für den Implantatträger ergibt sich folgendes:
Unklarheiten für den Implantatträger und Arbeitgeber werden beseitigt.
Einteilung in Expositionsbereiche, in denen sich der Implantatträger aufhält (nach der DGUV Regel 103-013, vormals BGR B11)
Wenn der Implantatträger keine kritischen Bereiche (z.B. Expositions- bereich 1) betritt, muss der Arbeitgeber keine weiteren Maßnahmen treffen. Voraussetzung: Die Arbeitsabläufe werden nicht gestört!
Messen der elektromagnetischen Felder
• Feldquelle: Angaben zur Feldquelle (Feldart, Frequenz, etc.)
• Messwert: Gemessen wird der Spitzenwert
• Messorte: Worst-Case-Betrachtung
(Messen an der Oberfläche der Feldquelle oder auf der Position des Implantats. Immer die Arbeitsabläufe berücksichtigen)
• Maximale Feldstärken: Die Auslastung der Anlagen beachten
• Betriebsmessung vor Ort:
Durch Rundgänge und Fragen vor Ort finden wir sehr oft Feldquellen, die die betroffenen Personen nicht berücksichtigt haben.
Messung von EMF – Beispiele
Schweißarbeitsplatz
Position des Implantats
Leitungs- und
Schlauchpaketführung
Messort wählen
Messung von EMF – Beispiele
Versteckte Feldquellen
Bewertung der Störbeeinflussung
Wo liegen die Störschwellen von HSM / ICD?
• Normen stellen die Grundlage dar. Darin sind zulässige Werte angegeben.
• Individuell zulässige Werte können ermittelt
werden unter Berücksichtigung von Forschungsergebnissen.
Statische Felder
• Elektrische Felder verursachen keine Beeinflussung
• Magnetische Felder können den Reed-Kontakt / Hall-Sensor
schließen
Der sogenannte ‘magnet mode’ wird aktiviert.
HSM: Asynchrone Stimulation ICD: Deaktivierung der
Schock-Funktion und Tachykardie Detektion
Störschwelle ab 0,5 mT
Niederfrequente Felder
DDD-Systeme empfindlicher als VVI-Systeme
Faktor ca. 1,5 - 2
Unipolare Systeme empfindlicher als bipolare Systeme
Faktor ca. 10
DDD VVI
unipolar bipolar
Niederfrequente magnetische Felder
Norm geht von einer wirksamen Induktions- fläche von 225 cm2 aus
Individuell ermittelte wirksame Induktionsfläche liegt bei
100 cm2
Faktor 225
100 = 2,3
Vergleich: Messwerte vs. individuelle Werte
Feldquelle Frequenz Messwert individuelle zulässige Werte
Motor 1 50 Hz 80 µT 131 µT
Motor 2 25 Hz 350 µT 262 µT
Motor 2
(Abstand 30 cm) 25 Hz 115 µT 262 µT
Dauermagnet - 12 mT 0,5 mT
Felder im Zwischenfrequenzbereich
• Störschwelle des HSM / ICD steigt mit der Frequenz
• Unter 100 Hz HSM / ICD am empfindlichsten
• Viele Anwendungen emittieren nicht-sinusförmige / gepulste Felder
• Bei gepulsten Feldern sind Feldstärke, Anstiegszeit und Periodizität zu berücksichtigen, denn obwohl Feldstärken im vermeintlich zulässigen Bereich liegen, kann es zu einer Beeinflussung kommen
aufgrund geringer Anstiegszeiten (< 10 µs)
aufgrund geringer Periodizität der Pulse (< 100 Hz)
Hochfrequente Felder
• Ab ca. 200 kHz kein Unterschied mehr zwischen unipolaren und bipolaren Systemen
Zur Bewertung unipolares System annehmen
• Für körpernahe Strahlungsquellen gibt es bisher noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse, um konkrete Störschwellen anzugeben
kritisch sind Felder mit niederfrequenter Modulation wie z.B. bei Mobilfunkstandard GSM
Grundsatz: Eine Unterarmlänge (30 cm) Abstand zur Strahlungsquelle einhalten
• Ab ca. 10 GHz ist die Eindringtiefe in den Körper so gering, dass es praktisch zu keinen Beeinflussungen mehr kommen kann.
Maßnahmen
• Abstände zwischen dem Implantat und der Feldquelle festlegen.
(Warnhinweis mit Abstandsangabe, Markierungen, Abschrankungen)
Kernresonanzspektrometer mit 5 Gauß-Linie (0,5 mT)
Maßnahmen
• Verhaltensregeln zum Umgang mit einer kritischen Feldquelle (Elektrohandwerkzeuge,…)
Maßnahmen
• Feldstärke reduzieren
(Strom reduzieren, Anlage kurzfristig runterfahren oder ausschalten,…)
• Arbeits- bzw. Aufenthaltsverbot an kritischen Feldquellen aussprechen
Maßnahmen Zusammenfassung
• Abstände zwischen dem Implantat und der Feldquelle festlegen.
(Warnhinweis und Abstandsangabe, Markierungen, Abschrankungen)
• Verhaltensregeln zum Umgang mit einer kritischen Feldquelle (Beispiel: Elektrohandwerkzeuge, Schweißgeräte)
• Feldstärke reduzieren
(Strom reduzieren, Anlage kurzfristig runterfahren oder ausschalten)
• Arbeits- bzw. Aufenthaltsverbot an kritischen Feldquellen aussprechen
• Optional: Die Einstellungen des Implantats auf eine größere Störsicherheit prüfen lassen. Ansprechpartner: FEMU
Störsicherheit prüfen
• Exposition mit elektrischen und magnetischen 50 Hz-Feldern
• Worst-Case-Faktoren berücksichtigt
• Bestimmung der Implantat- Störschwellen in kV/m und µT
Individuelle
Risikobewertung
Implantat- träger
Ingenieur
Kardiologe Prüfstand
Quelle: Andreas Napp et al. Circulation. 2014;129:441-450
Informationsquellen
• DGUV Information 203-043 - Beeinflussung von Implantaten durch elektromagnetische Felder; Eine Handlungshilfe für die betriebliche Praxis (bisher: BGI/GUV-I 5111)
• FB 451 Forschungsbericht: Elektromagnetische Felder am
Arbeitsplatz Sicherheit von Beschäftigten mit aktiven und passiven Körperhilfsmitteln bei Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern (Der FB 451 enthält weitere Hinweise auf Normen)
• DGUV Regel 103-013 - Elektromagnetische Felder (bisher: BGR B11)
Was kann ich selber tun?
Sie können mit der Sicherheitsfachkraft eine grobe Risiko - Abschätzung vornehmen
.Wie geht man vor?
Arbeits- und Aufenthaltsbereiche benennen
Welche Feldquellen sind in den benannten Bereichen vorhanden
Gefährdungspotenzial der Feldquellen mit der Tabelle aus der DGUV Information 203-043 Anhang 1 abschätzen
Hinweis: Hält sich der Beschäftigte immer im Expositionsbereich 2 auf, dann ist er in der Regel sicher, außer die oben genannte Tabelle weist auf eine mögliche Beeinflussung durch eine Feldquelle hin.
DGUV Information 203-043
Anhang 1 Typische Geräte und Anlagen
Gerät
Beeinflussung von Herzschrittmachern nicht wahr-
scheinlich möglich
Bemerkung Bürogeräte
Beleuchtung
(Decken- u. Tischleuchten) X - -
IT-Geräte (z.B. PC) X - -
Telefon/FAX-Gerät X - -
Lüfter, Heizlüfter X - -
Elektrische Bürogeräte
(z.B. Kopierer, Schreibmaschine, Aktenvernichter, Hefter)
X - -
Multimedia (Audio/Video) X - in Implantatnähe möglich
Dauermagnete (Magnetklammern,
Namensschilder, Plaketten)
X - in Implantatnähe möglich
Kontaktdaten
Ihre Ansprechpartner auf dem Gebiet der Störbeurteilung von aktiven Implantaten
Dipl.-Ing. Ingo Bömmels Dipl.-Ing. Dominik Stunder
Referat 4.4 - Strahlung Telefon: 02241 231-2826
ingo.boemmels@dguv.de
Uniklinik RWTH Aachen Telefon: 0241 80-37136
stunder@femu.rwth-aachen.de