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Archiv "Pflegekräfte: Rückfall in alte Reflexe" (07.05.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 18

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7. Mai 2010 A 833

A

lle reden vom Ärztemangel: über den Numerus clausus, mehr Medizinstudienplätze und darüber, wie man junge Ärzte aufs Land locken kann. Aber wer spricht eigentlich über die Probleme der Pflegekräfte?

Niemand. Das zumindest beklagt der Deutsche Pflege- rat. In der Diskussion um den Fachkräftemangel im Ge- sundheitswesen gehe es ausschließlich um die Medizi- ner. Verantwortlich dafür ist aus Sicht des Verbandes das Bundesgesundheitsministerium, das sich allein auf die Belange der Ärzte konzentriere. Dabei drohe auch in der Pflege ein Nachwuchsmangel.

Für viele Pflegekräfte steht mittlerweile fest: Mit Philipp Rösler (FDP) sitzt nicht nur erstmals ein Arzt im Gesundheitsministerium, sondern er ist nun doch zum „Ärzte-Minister“ geworden – entgegen seiner Be- kundung, alle Berufsgruppen im Blick zu haben. Und so kommen Gefühle hoch, die man eigentlich längst überwunden haben wollte. Die alten Komplexe sind wieder da: Keiner schätzt unsere Arbeit, und niemand nimmt uns ernst. Vorbei sind die Zeiten, als die Pflege- kräfte mit Ulla Schmidt (SPD) eine verlässliche Für- sprecherin hatten. Von Professionalisierung und Akade- misierung der Pflege war da die Rede. Manche träum- ten schon von einer Verkammerung der Pflegeberufe.

Sicherlich gibt es auch Ärzte, die das mit einer ge- wissen Genugtuung erfüllt. Solidarität mit den „Kolle- gen“ aus der Pflege: Fehlanzeige. Das ist einerseits ver- ständlich. Denn umgekehrt hat sich die Pflege in der Vergangenheit auch nicht für die Probleme der Medi- ziner interessiert. Fast jeder Arzt wird sich an eine Situation im Krankenhaus erinnern, in der ihm die Pfle- gekräfte – zahlenmäßig überlegen – das Leben schwer- gemacht haben. Andererseits ist es ein unhaltbarer Zustand, dass in Deutschland die Professionen immer noch gegeneinander arbeiten. Während in anderen Län- dern Teamarbeit völlig selbstverständlich ist, verfallen die Berufsgruppen hierzulande immer wieder in unpro- fessionelle Muster. Dann geht es nicht um den Patien- ten, sondern um Macht und gekränkte Eitelkeit. Wenn Politiker dieses unsägliche Phänomen verstärken, in-

dem sie aus ihren Sympathien für bestimmte Berufs- gruppen keinen Hehl machen, ist das nicht akzeptabel.

Der Blick in die Ära Schmidt zeigt außerdem: Man- che vollmundige Ankündigung über die sich die eine Berufsgruppe freut, muss nicht unbedingt eine Erfolgs- geschichte werden. Um die Pflege zu entlasten, ver- sprach Schmidt ein Sonderprogramm für zusätzliche Pflegekräfte in den Krankenhäusern. Ende 2008 wurde mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz eine Förderung von 17 000 Pflegestellen über drei Jahre be- schlossen. Ob das Programm den gewünschten Effekt hatte – nämlich den Abbau von Pflegestellen in den vergangenen Jahren zu kompensieren –, ist bis heute unklar. Nach Untersuchungen des Deutschen Berufs- verbandes für Pflegeberufe sind die zusätzlichen Stel- len und die damit verbundene Entlastung in vielen Kli- niken nicht angekommen. Zehn Prozent der Kosten müssen die Häuser selbst tragen. Für manche ist mög- licherweise selbst das nicht finanzierbar. Offizielle Zahlen des GKV-Spitzenverbandes zur Ausschöpfung der Fördermittel liegen zurzeit noch nicht vor.

Sympathiebekundungen allein nützen niemandem – ganz gleich, von welcher Partei sie kommen. Die Be- rufsgruppen im Gesundheitswesen dürfen sich von warmen Worten nicht täuschen lassen. Und vor allem sollten sie sich nicht gegeneinander ausspielen lassen.

PFLEGEKRÄFTE

Rückfall in alte Reflexe

Dr. med. Birgit Hibbeler

Dr. med. Birgit Hibbeler Redakteurin für Gesundheits- und Sozialpolitik

S E I T E E I N S

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