Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 3926. September 2008 A2049
M E D I E N
PSYCHOTHERAPIE
Der Mensch als Einheit
Dass überhaupt Psychotherapie ge- macht werde, sei das Wesentliche, so Gerhard S. Barolin. Doch in einer Zeit, in der es fast schon zum Life- style gehört, sich psychotherapeu- tisch begleiten zu lassen, muss diese wesentliche Tatsache durch einige Faktoren ergänzt werden, um nicht zu verwässern.
Barolins großes Verdienst besteht darin, diese Faktoren in einem 521- seitigen Buch einzeln be-
leuchtet zu haben. Er geht von dem Menschen als „somato-psycho-so- ziale Einheit“ aus und dementsprechend von ei- ner „Schul-offenen Psy- chotherapie“, die auf den ganzen Menschen ab- zielt und nicht nur ein- zelne isolierte Teile von ihm meint. Wenn man versucht, die etwa 300 psychotherapeutischen
Schulen einzuteilen, so kann man sich an sechs Faktoren orientieren:
Der erste Faktor ist die verbale Kommunikation mit Gespräch, Lo- gotherapie, Analyse, analytischer Kurztherapie; der zweite die Sozio- dynamik mit Gruppen-, Arbeits- und Familientherapie; der dritte die Darstellung mit Psychodrama und Bildnerei; der vierte das Hypnoid mit Hypnose, autogenem Training, imaginativer Arbeit am Symbol; der fünfte das Üben und Lernen mit Verhaltentherapie; sechstens der primär-körperliche Faktor mit kon- zentrativer Bewegungstherapie, Bioenergetik, Atem-, Musik- und Hippotherapie.
Mit dieser Einteilung der psy- chotherapeutischen Verfahren in sechs Gruppen distanziert sich Barolin von der bisherigen „Vier- Teilung“ in tiefenpsychologische, verhaltenstherapeutische, systemi- sche und humanistische Ausrich- tung: Sie lässt eine Reihe von Pfle- ge-, Seelsorge- und sozialen Berei- chen außen vor und hebt in der Auf- listung eine Eigenschaft wie „hu- manistisch“ hervor, die im Grunde jede therapeutische Arbeit kenn- zeichnen muss. Wolfgang Heine
Gerhard S. Barolin:
Integrierte Psychotherapie.
Springer, Wien, 2006, 521 Seiten, gebunden, 49,90 Euro