A 1754 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 33|
19. August 2011D
ie modernen Lebenswissen- schaften eröffnen aussichts- reiche Ansätze für die künftige Gesundheitsversorgung. Gerade im Bereich der individualisierten Me- dizin sind differenzierte Diagnos- tik- und Therapieansätze erforder- lich. Im Rahmen einer effizienten und zielgerichteten Prävention, ei- ner zuverlässigen Diagnose- und Prognosestellung, des Therapiemo- nitorings und der Auswahl wirksa- mer Therapieoptionen für einen in- dividuellen Patienten bieten porta- ble Lab-on-a-chip-Systeme (LOCs) eine unmittelbare Ableitung der therapeutischen Konsequenz für den Patienten. Damit können sie der Standardlabordiagnostik über- legen sein. Als portable LOCs werden mikrofluidische Systeme bezeichnet, die die Funktionalität eines Labors auf einem Chip inte- grieren und sich durch Miniaturisie- rung, Parallelisierung und Diversi- fizierung auszeichnen.Die Identifizierung und Charak- terisierung von neuen Biomarkern auf Basis portabler LOC-Systeme stellen ein wertvolles Hilfsmittel
dar, um die für eine individualisier- te Medizin geforderten Ziele erfolg- reich umsetzen zu können.
Daher fördert das Bundesminis- terium für Bildung und Forschung für die Laufzeit von drei Jahren (November 2009 bis Oktober 2012) den interdisziplinären Projektver- bund „DIA-LOC“ (Diagnostische Lab-On-a-Chip-Systeme), in dem die Einführung von portablen Lab- on-a-chip-Systemen im Gesund- heitswesen und in gesundheitsbe - zogenen „Direct-to-consumer“-Kon- texten analysiert werden soll.
Wichtig für eine zunehmend individualisierte Medizin
Das Ziel des Projekts ist eine Un- tersuchung und Abschätzung der Entwicklungs- und Innovationsdy- namik sowie der Chancen und Ri- siken von portablen diagnostischen LOCs in der Gesundheitsversor- gung. Dabei sollen Fragen zum Thema Lab-on-a-chip, die sich vor dem Hintergrund einer immer stärker angestrebten individualisier- ten Medizin stellen, definiert und auf psychosozialer, ethischer, tech-nischer, versorgungsepidemiologi- scher und rechtlicher Ebene unter- sucht werden.
Das Konsortium besteht aus fol- genden Verbundpartnern:
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Lehrstuhl Gesundheit und Prävention, Psychologisches Insti- tut, Universität Greifswald (Prof.Dr. Silke Schmidt, Dr. Holger Mueh lan), Verbundkoordination
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Abteilung Medizinische Infor- matik, Universitätsmedizin Göttin- gen (Prof. Dr. Otto Rienhoff, Murat Gök, Gunnar Nußbeck)●
Institut für Community Medi- cine, Abteilung Versorgungsepide- miologie und Community Medi - cine, Universitätsmedizin Greifs- wald (Prof. Dr. Wolfgang Hoff- mann, Kathleen Kraft)●
Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Mitte, Kanzlei Dierks und Bohle (Prof. Dr. Christian Dierks, Prof. Dr. Gerhard Gaedicke)Für den rationalen Einsatz von LOCs ist eine kritische Analyse des Bedarfs und der Potenziale notwen- dig. Eine künftige Implementierung wirft jedoch auch Fragen auf hin- sichtlich der Entwicklung des Ge- sundheitssystems, der Probleme mit Fehlerraten im Umgang mit hochspezialisierten Informations- technologien sowie psychosozia- ler, ethischer und rechtlicher Risi- ken. Daher soll in dem multidis- ziplinären Forschungsansatz geklärt werden, welche der innovativen Biomarker tatsächlich für den kli- nischen Einsatz relevant sind, für welche Erkrankungen ein ver- mehrter Biomarkereinsatz sinnvoll ist und welche möglichen Risiken und Hindernisse bei der Imple- mentierung neuer LOCs entstehen können.
Die Ergebnisse des Verbundpro- jekts „DIA-LOC“ sollen Entschei- dungsträgern als Grundlage für ei- nen ethischen und rechtlichen Rah- men dienen und die Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung von Biomarkertests in Form von LOCs in der Versorgung darstellen.
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Kathleen Kraft
Informationen: Dipl.-Oecotroph. Kathleen Kraft, Prof. Dr. med. Wolfgang Hoffmann MPH, Institut für Community Medicine, Abteilung Versorgungsepi - demiologie und Community Health, Ernst-Moritz- Arndt-Universität Greifswald, Ellernholzstraße 1–2, 17487 Greifswald, kathleen.kraft@uni-greifswald.de
Foto: dpa
MOBILE DIAGNOSTIK PER LAB-ON-A-CHIP-SYSTEME
Analyse der Risiken und Chancen
Im interdisziplinären Forschungsprojekt „DIA-LOC“ wird die Einführung von portablen Lab-on-a-chip-Systemen im Gesundheitswesen analysiert.