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Archiv "Digitalis-Intoxikation" (09.12.1976)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

NOTFALL

IM BEREITSCHAFTSDIENST

Digitalis-Intoxikation

Etwa 10 bis 15 Prozent aller Behandlungen mit Herzglykosiden zeigen toxische Erscheinungen. Ur- sachen hierfür sind die geringe Spanne zwischen therapeutischer und toxischer Dosis, die unter- schiedliche individuelle Empfindlichkeit und die Nichtbeachtung von Faktoren, welche eine Überdo- sierung begünstigen. Suizidale Vergiftungen sind sehr selten. Dosierungsfehler des Patienten in- folge falsch verstandener ärztlicher Verordnung, besonders bei zerebralsklerotischen Alterspatien- ten, sind möglich! Die Vergiftungserscheinungen reichen von unerwünschten Nebenwirkungen bis hin zu gefährlichen, gelegentlich unmittelbar lebensbedrohlichen Intoxikationssymptomen. Die un- behandelte, nicht erkannte Digitalisintoxikation soll eine Letalität von 5 bis 10 Prozent aufweisen! — Die Digitalisüberdosierung führt zu kardialen (Häufigkeit etwa 90 Prozent), zu gastrointestinalen (et- wa 70 Prozent) und zu neurozerebralen (etwa 15 Prozent) Störungen. Exantheme und Urtikaria (we- niger toxisch als allergisch bedingt), Gynäkomastie und Thrombozytopenie sind selten.

Symptomatik

Kardial: Alle bekannten Rhythmusstörungen können auftreten. Häufig sind ventri- kuläre Extrasystolen (Bigemi- nus, Trigeminus!), Sinusbra- dykardie, partielle AV-Blok- kierungen (ein totaler AV- Block ist selten), paroxysma- le Vorhoftachykardien mit und ohne Block, Knoten- rhythmus. Seltener sind Vor- hofflimmern, Vorhofflattern und Kammerflimmern.

Gastrointestinal: Appetitver- lust, Übelkeit, Brechreiz, Er- brechen (episodisch!), Durch- fälle sind gelegentlich einzi- ges Symptom. Gelegentlich auch Bauchschmerzen, in sehr seltenen Fällen können infolge arterieller Durchblu- tungsdrosselung im Splanch- nikusbereich Hämorrhagien und Nekrosen im Magen- Darm-Trakt auftreten.

Neurozerebral: Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Abgeschlagenheit können frühzeitig auftreten. Verwirrt- heit, Halluzinationen, aphasi- sche und delirante Zustände können besonders bei älte- ren, exsikkierten Patienten digitalnisbedingt sein. Paräs- thesien im Bereich der Extre- mitäten und Neuralgien sind

Diagnose

Plötzliche Verschlechterung einer Herzinsuffizienz unter Digitalisbehandlung ohne er- sichtlichen Grund. Zunahme der Herzfrequenz unter Digi- talisbehandlung. Auftreten oder Zunahme von Rhyth- musstörungen, besonders verdächtig sind ventrikuläre Extrasystolie und paroxysma- le Vorhoftachykardie mit Block (letztere in 70 Prozent digitalisbedingt!).

Hinweise für eine Digitalis- überdosierung kann das EKG geben: Verkürzte QT-Zeit, tiefe, muldenförmige Sen- kung der ST-Strecke und T- Negativität, besonders aus- geprägt über hypertrophier- tem Kammerteil.

Verdächtig unter Digitalis- therapie sind Brechreiz mit starkem Speichelfluß oder plötzliches Erbrechen, wel- ches ebenso plötzlich ver- schwindet, um dann wieder um so heftiger einzusetzen.

Eine plötzliche „Trigeminus- neuralgie" während Glykosid- behandlung kann frühzeitiges und einziges Zeichen der Überdosierung sein.

Bei jeder Digitalisbehandlung sollte auf die Faktoren ge-

Therapie

/. Wenn unter Digitalisbe- handlung die Herzfrequenz ansteigt oder in eine Tachy- kardie über 120/min über- geht oder wenn plötzliche Bradykardie auftritt, sollte unbedingt ein EKG angefer- tigt werden. Denn folgende Rhythmusstörungen bedürfen sofortiger Therapie:

O Kammertachykardie: Li- docain 100 mg langsam i. v.

(Xylocain 2 Prozent 5 ml), Krankenhauseinweisung.

• Supraventrikuläre par- oxysmale Tachykardie mit Block: Diphenylhydantoin 125 mg sehr langsam i. v. (Phen- hydan 1 /2 Ampulle), Cave Hy- potonie! Krankenhauseinwei- sung.

• Bradyarrhythmie: Klinik- einweisung bei Auftreten von Schwindelgefühl oder Synkopen (Adams-Stokes- Anfall). Eventuell Atropin 0,5-1 mg i. m.

O Partielle AV-Leitungsstö- rung oder totaler AV-Block:

Stets Klinikeinweisung. Even- tuell Atropin.

//. Im Falle einer akzidentel- len schweren Digitalisvergif- tung oder infolge suizidaler Absicht stets Krankenhaus-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 50 vom 9. Dezember 1976

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Digitalis-Intoxikation

Symptomatik

selten, aber gelegentlich ein- ziges Symptom schwerer Di- gitalisintoxikation. Häufiger sind Augensymptome wie Flimmern vor den Augen, Wolkensehen, Rot-, Grün- oder Blausehen.

Diagnose

achtet werden, welche zu Überdosierung auch bei „üb- licher Erhaltungsdosis" prä- disponieren: hohes Alter des Patienten, chronisches Cor pulmonale, akute Myokardi- tis, Niereninsuffizienz, Hyp- oxie zum Beispiel bei fortge- schrittener Herzinsuffizienz, Anämie, hochgradiger Lun- genfunktionsstörung und bei frischem Myokardinfarkt, Hy- pokaliämie zum Beispiel in- folge Gabe von Diuretika,

Korti kosteroid-Langzeitbe- handlung, infolge Diarrhöen, bei Lebererkrankungen und bei Unterernährung. Weiter sind hier zu erwähnen Hyper- kalzämie, gleichzeitige Medi- kation von Reserpin und Ka- techolaminen.

Therapie

einweisung zur Magenspü- lung und zur Monitorüberwa- chung. Prophylaktisch gegen Kammerflimmern 100 mg Li- docain i. v. oder 125 mg Di- phenylhydantoin i. v.

///. Bei Verdacht auf Digitalis- überdosierung ohne unmittel- bar bedrohliche Rhythmus- störungen ist folgendes Vor- gehen zu empfehlen:

O Glykosiddosis reduzieren oder vorübergehend abset- zen.

O Kaliumreiche Diät (zum Beispiel Bananen, Nüsse, ge- trocknete Früchte, Käse) oder vorübergehende Ka- liumzufuhr (nicht bei AV- Überleitungsstörungen und nicht bei Niereninsuffizienz!).

O Überprüfen, ob Faktoren vorliegen, welche zur Digita- lisüberempfindlichkeit prä- disponieren (siehe unter Dia- gnose).

O Eventuell symptomatische Therapie, wenn unter den Maßnahmen 1 bis 3 keine Besserung erfolgt. Bei ek- topen Rhythmusstörungen eventuell vorübergehend Di- phenylhydantoin oder Beta- Blocker, zum Beispiel Pindo- lol, oral. AV-Block I. Grades, Interferenzdissoziation und Parasystolie bedürfen in der Regel keiner medikamentö- sen Therapie.

O Eventuell Herzglykosid- präparat wechseln.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Olaf Bartels Medizinische Klinik

mit Poliklinik der Universität Erlangen-Nürnberg

(Direktor: Professor Dr. med. Ludwig Demling) Krankenhausstraße 12 8520 Erlangen

3238 Heft 50 vom 9. Dezember 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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