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(1)363 DIE NOMINALKLASSEN IN DEN KAMERUNER GRASLANDSPRACHEN

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363

DIE NOMINALKLASSEN IN DEN KAMERUNER

GRASLANDSPRACHEN.

EIN DISKUSSIONSBErrRAG ZUR KLASSIFIKATION DER

BANTOIDEN SPRACHEN.

Von Gudrun Miehe, Marburg

Seit den siebziger Jahren, vor allem seit man mit der Gründung der

Grassfields Working Group (1974) angefangen hatte, sich in besonde¬

rem Maße der Erforschung der Sprachen des Kameruner Graslandes zu

widmen, hat sich unsere Kenntnis dieses so überaus heterogenen Sprach¬

raumes wesentlich erweitert. Als Ergebnis der intensiven Bemühungen der

Grasland-Arbeitsgruppe sind bisher neben einigen Monographien (Leroy

1977, Stallcup 1978, Hyman 1979) und kleineren Beiträgen in verschie¬

denen Zeitschriften im Jahre 1980 zwei wichtige Sammelbände erschienen

(vgl. Hyman/Voorhoeve und Hyman). Zu bemerken ist, daß die größere

Zahl der oben genannten Arbeiten sich mit den Nominalklassen und

(soweit diese noch vorhanden sind) mit den Konkordanzsystemen beschäf¬

tigt, dem in diesen Sprachen am leichtesten zugänglichen und faßbaren

Material im nichtlexikalischen Bereich. Neben der Dokumentation und

Aufbereitung einzelsprachlicher Daten befaßte man sich auch unverzüglich

mit vergleichenden und klassifikatorischen Fragestellungen; und hier

stand vor allem noch die alte Frage nach der Abgrenzung des Bantu an. Die

Grundlage wiederum für die klassifikatorischen Ansätze sowohl im enge¬

ren (d. h. Grasland) als auch im weiteren (d. h. Bantu/Bantoid) Bereich lie¬

ferten Isoglossen aus dem Nominalklassen- und Konkordanzsystem. Das

bei solcher Verfahrensweise zutage tretende methodische Problem der

engen Verflechtung von Ausgangsmaterial und Fragestellung soll hier

jedoeh nicht erörtert werden.

Schon nach den ersten Erhebungen der Grasland-Arbeitsgruppe im

Bamenda-Bezirk bestätigte sich eine Zweiteilung der Graslandsprachen,

die im Grunde schon bei Richardson (1957)' angelegt war. Sie gründet

sich auf die folgenden Charakteristika (Voorhoeve 1976a):

östl. Grasland (Mbam-Nkam) 1. Nasal in den Präfixen der

Kl. 1 und 3.

2. Keine Unterscheidung zwischen den Kl. 6 und 6a. Beide haben sowohl im Nominalpräfix als auch in der Konkordanz einen Nasal.

3. Nasal in allen Nominalpräfixen der Kl. 9/10.

westl. Grasland

Kein Nasal in den Präfixen der Kl. 1 und 3.

Kl. 6 und 6 a werden unterschieden.

Nasal kommt nur in Kl. 6 a vor.

Nasal nur in einigen Nomina der Kl. 9/10, u.a. 'Hund', 'Biene' und 'Schlange'.

' Zu den geringfügigen Abweichungen und Williamsons Umgruppierungen

vgl. Stallcup (1978:42-45).

(2)

östl. Grasland (Mbam-Nliam) 4. Kl. 4 und 13 kommen überhaupt

nicht, Kl. 19 nur im Ngemba vor.

5. Alle Nominalprällxe haben Tiefton.

6. Keine nominalen Suffixe.

7. Kl. 6a oder Kl. 2 sind allgemeiner Plural.

8. Lexikalische Innovation:

-sin 'Vogel' -ki' 'Wasser'

Dazu kam 1980 (vgl. Stallcup):

9. Beibehaltung der Wurzel

*-v,md 'Sache, Ding'.

westl. Grasland

Kl. 13 und 19 sind weit verbreitet, Kl. 4 kommt in den Untergruppen 'Ring' und 'Widekum' vor.

Nominalpräfixe mit Hochton sind in

allen Untergruppen nachgewiesen.

-ti und -si für Kl. 10 in allen Unter¬

gruppen nachgewiesen.

Kl. 13 oder Kl. 10 (wenn 13 nicht vor¬

handen ist) sind allgemeiner Plural.

Beibehaltung der Wurzeln:

*-n)ni 'Vogel'

*-dtbä 'Wasser'

*-ümä ist verlorengegangen und durch andere Wurzeln ersetzt.

Die Auflistung zeigt, daß es sich mit Ausnahme der drei Lexeme, die in den

beiden letzten Punkten genannt sind, nur um Isoglossen aus dem Bereich

des Nominalklassensystems handelt. An dieser Konstellation brach natür¬

lich das Klassifikationsproblem auf, zumal man einen hohen Grad an Über¬

einstimmung im lexikalischen Bereich festgestellt hatte (vgl. dazu Voor¬

hoeve 1971, Elias/Voorhoeve 1980).

Nach den Kriterien von Grabe und Greenberg (vgl. Crabb 1965), die

ja bekanntlich die Zugehörigkeit zum Bantu auf der Grundlage der Nasal¬

präfixe (in Kl. 1 und 3) und dem Zusammenfall der Klassen 6 und 6 a

diagnostizieren, und auch nach den zusätzhchen Kriterien von Voor¬

hoeve (Nasal in Kl. 9/10, Innovation einer Nasalklasse 4, Toimeutralisa-

tion im Nominalpräfix^; vgl. Voorhoeve 1976b: 1) waren die östlichen

Graslandsprachen eindeutig als Bantu anzusehen, während die westlichen

Graslandsprachen ein anderes, eher ein dem Benue-Congo ähiüiches Bild

zeigten. Voorhoeve (1976a: 13) kommentierte wie folgt:

„D'aprös ces critferes depasses les langues des Grassfields [= westl.] ne seraient pas comptees parmi les langues bantoues, malgre le fait qu'elles

sont clairement les parents les plus proches du mbam-nkam, qui ä son

tour, appartient au bantou."

Aber auch die Anwendung der Guthrie schen Kriterien brachte keine

befriedigende Lösung. So konnte Stallcup in seiner Dissertation (1978)

über die Momo-Gruppe (westl. Grasland) nachweisen, daß nach diesen Kri-

^ In einem späteren Beitrag weist er jedoch daraufhin, daß bei Anwendung die¬

ser zusätzlichen Kriterien u. a. auch das Irigwe, eine Plateau-Sprache, dem Bantu

zugerechnet werden müßte, und kommt zu dem Schluß: „11 faut done mieux s'en

tenir aux trois criteres initiaux de Greenbebg/Crabb" (Leeoy/Voorhoeve 1980:6).

(3)

Die Nominalklassen in den Kameruner Graslandsprachen 365

terien^ das oben geschilderte Bild genau umgekehrt erscheinen würde:

danach wären die westlichen Graslandsprachen mit ihren zahlreichen

Nominalklassen und dem im Vergleich zu einigen östlichen Graslandspra¬

chen (noch) sehr ausgeprägten Korüiordanzsystem als Bantu und die östli¬

chen Graslandsprachen, in denen sowohl die Zahl der Nominalklassen als

auch das Vorkommen der Konkordanz gering ist, als Nicht- Bantu einzustu¬

fen. Stallcup (1978:55-64) zieht mehrere Möglichkeiten in Betracht, die

wichtige Isoglosse der Nasalpräfixe historisch zu erklären. Er verwirft zu

Recht den GedaiJten, eine Relexikalisierung der westlichen Graslandspra¬

chen anzunehmen oder gar davon auszugehen, daß die östliche Gruppe die

Nasalpräfixe völlig unabhängig davon entwickelt oder diese gar durch Ent¬

lehnung aus dem Bantu erworben habe. Interessanterweise diskutiert er

auch die Möglichkeit des Verlustes von Nasalen in der westlichen Gruppe

(mit einer darauffolgenden Trennung der Klassen 6 und 6 a) ; dieser Ansatz

erscheint ihm jedoch lücht plausibel (wenn auch möglich!). Schließlich

zieht er auch die Möglichkeit freier Varianten in Betracht; doch mißfällt

ihm diese Erklärung, weil sie stets als letzte Möglichkeit in Betracht gezo¬

gen wird. Er kommt somit zu keiner befriedigenden Lösung und meint, daß

man dieser erst näher käme, weim die Herkunft der Nasale geklärt wäre;

die dazu geäußerten Hypothesen seien aber „. . . no more than educated

guesses" (1978:65). So blieb diese Frage offen und, wie Elias/Voob- HOEVB (1980:87) formulierten: „Ce fait constitue une enigme historique".

Im folgenden will ich versuchen, anhand der oben erwähnten Charakteri¬

stika aufzuzeigen, daß diese Sprachen auf morphologischer Ebene, dia¬

chron gesehen, sehr viel mehr verbindet, als die synchronen Isoglossen

vermuten lassen. Dabei mache ich mir die Inkonsequenz zunutze, die inso¬

fern bei der Erstellung von Klassifikationen auftritt, als Merkmale auch

dann gruppenkonstituierende Funktion haben, wenn sie rücht bei allen

Gruppenmitgliedern auftreten.

1. Das eben erwähnte Problem zeigt sich in den vorliegenden Charakteri¬

stika nicht nur in den in Punkt 3, 4 und 5 mitformulierten Ausnahmen oder

in den dort jeweils bewußt anders gewählten Aussagen, sondern auch in

Punkt 1. Beschäftigt man sich etwas näher mit dem uns fiir die westlichen

Graslandsprachen vorliegenden Material, zeigt sich, daß auch dort Nasale

in Kl. 1 und 3 vorkommen, die allerdings nicht mehr operativ sind, z.B.

mböq/vömb5r) 'bush-cow' (Kl. 1/2), ^hkwiq/töhkwiri 'taü' (Kl. 3, 5/13)

' Dazu ist zu bemerken, daß die klassifikatorische Funktion des 2. von Guthrie aufgestellten Hauptkriteriums „A vocabulary, part of which can be related by fixed rules to a set of hypothetical common roots" bier durch zwei Fakten neutralisiert wird:

1. durch die Tatsache, daß Stallcup eine Reihe überzeugender Gleichungen zum Proto-Bantu aufstellen konnte (1978:103 fF), und 2. durch die hohe Zahl der beiden Gruppen gemeinsamen Lexeme. - Später haben auch Leroy/Voorhoeve

(1981 :2-5) am Beispiel der nördlichsten Gruppe der östlichen Graslandsprachen

die Niehtanwendbarkeit der GuTHRiBschen Kriterien in diesem Gebiet vor Augen

gefuhrt.

(4)

366

(Babanki, eine Ring-Sprache); qwä/büq 'child' (Ngie, eine Momo-Sprache)

oder mPä/bämfä 'slave' (Nchanti, eine nördliche Momo-Sprache). Diese

Beispiele, die sich in dieser Art vereinzelt in allen Untergruppen finden,

kann man kaum als Entlehnungen abtun; möglicherweise wird sich auch

ihre Zahl bei weiteren Sprachanalysen noch erhöhen. So gibt auch Hyman

für drei der von ihm untersuchten Ring-Sprachen, das Babanki, Lamnso

und Bamessing, für Kl. 1 als AUomorph N- an (s. Tabelle 3)". Dazu kommt,

daß die in Punkt 3 der Charakteristika erwähnten Nasale des Klassenpaa¬

res 9/10 als ein ziemlich sicheres Indiz für ihre ursprüngliche Existenz in

diesen Klassen anzusehen sind^ Im folgenden möchte ich nun die Hypo¬

these aufstellen, daß der Nasalkomplex zwar synclu-on deutliche Unter¬

schiede zvrischen beiden Graslandgruppen markiert, diachron aber Verbin¬

dungen aufzeigt, die nicht durch Entlehnung oder Zufall erklärt werden

köimen. Dabei beziehe ich Punkt 5 der Charakteristika mit in die Diskus¬

sion ein.

Tabelle 1

Proto-Eastem Grassfields Proto-Westem Grassfields

nom. prefix concord nom. prefix concord

1 Sr- ü- ü(n)- ü-

la 0 (=V

2 hb- b6- hi- hi-

3 Ä- ü- ü- ü-

3a 1- (=3)

4 1- i-

5 11- 11- 1- 1-

6 (=6a) (=6a) ä- gä-

6a m^- m6- ms- m5-

7 k- 1- ki- kf-

8 bi- bi- bi- bi-

9 Sr- i- i{N)- i-

10 Ä- f- i(N)- Ci-

13 tl- ti-

19 f^- fd- fi- fi-

Werfen wir einen Blick auf die von Hyman (1980b: 182) erstellten

Rekonstruktionen für die beiden Gruppen des Graslandes (Tabelle 1), dann

zeigt sich der Unterschied zwischen beiden - abgesehen von der 6/6a-Pro-

blematik - vor allem an den Nasalen und den Tonhöhen der Nominalprä¬

fixe. Meine Hypothese geht nun davon aus, daß

" Während er den Nasal für das Proto-Ring nicht ansetzt (vgl. Tabelle 2), wohl aber für das Proto-West-Grasland U(N)- (vgl. Tabelle 1).

' So sieht es auch Stallcup, der bei der Behandlung dieser Klassen im Mog-

hamo ausführt: „This certainly applies to Western Grassfields where all languages have N-/N-prefixes in this gender, which under certain circumstances have been replaced by vocalic prefixes or simply dropped" (1978:65).

(5)

Die Nominalltlassen in den Kameruner Graslandsprachen 367

1. fiir das ganze Grasland ursprünglich die Bantukonstellation anzusetzen

ist, d.h. Nominalpräfixe mit Nasalen und Tiefton, und

2. demnach die östliche Gruppe die konservative ist, in der dieses

System bewahrt wurde (wenn auch heute teilweise nur noch durch

einen lexikalisierten Nasal erkennbar), während

3. die westliche Gruppe (oder zumindest ein großer Teil von ihr)

demgegenüber eine sprachliche Neuerung eingefiihrt hat, indem -

ausgehend von den vorhandenen Konkordanzmorphemen - eine An¬

gleichung der Nominal- und Konkordanzsysteme stattgefimden hat:

die Nasalpräfixe wurden durch die jeweiligen Konkordanzmorpheme

ersetzt. Diese behielten dabei ihre tonale Struktm-, die dann in

einem weiteren Angleichungsschritt tonal eine Übereinstimmung im

Nominal- und im Konkordanzsystem' bewirkten.

So könnte man m.E. das Nebeneinander von N-/N- und i-/l- in Kl. 9/10

sowie das tieftonige vokalische Präfix neben N- in Kl. 1, resp. ein hochtoni¬

ges vokalisches Präfix in Kl. 3 recht gut erklären. Ob wir bei dieser Er¬

setzungshypothese von ausgefallenen oder von reduzierten Nasalen aus¬

zugehen haben, bleibe vorerst dahingestellt'.

Auch läßt sich so das tieftonige Präfixsystem mancher westlicher Spra¬

chen besser erklären.

Tabelle 2

Proto-Ring Noun Classes

Noun Affix concord

1. *ü- *w'

2. *bä- *b'

3. ȟ- *w'

4. •f- *y'

5. ♦1- *y'

6. *&- *Y'

6 a. *mö- *m'

7. *kl- *k'

8. *bi- *b'

9. »Si-, *0- V

10. *' . . . -si *8(y)'

13. *ti- *t(y)'

19. *f6- ♦f

' Einen Ersetzungsvorgang ähnlicher Art nimmt Stallcup für die Präfrxva-

riante mbi- (neben mi- und b-) der Kl. 2 im Moghamo an: „. . . the nominal prefix is obviously formed by analogy with a corresponding concord prefrx". Möglicherweise erhielten hier aber nur Lehnwörter dieses Präfix, z.B. ä-kwiYe/mbi-ä-kwiY^ 'pot' (allerdings ist die Enstehung des mbi- als Konkordanzmorphem noch unklar). Fer¬

ner scheinen Konkordanzmorpheme im Vergleich zu Nominalpräfixen Verfallser¬

scheinungen gegenüber widerstandsfähiger zu sein (vgl. Stallcup 1978:218).

' Stallcup sieht allerdings in dem i- der Kl. 10 im Ngie und Oshie (Momo) ein ehemaliges Präfix der Kl. 13. Darauf soll hier lucht näher eingegangen werden.

(6)

Noun Prefixes of Selected Ring Languages Ba¬

banki Kom Bum Oku Aghem Isu Weh Lam-

nso

Bames- sing

1 0, >i- 0 0, (ä-) (eb-) 0 0, (Ü-) 0, (Ü-) 0, Si- 0, N-

2 vä- (Y3-) -a (£-) 0 ä- 0, (ä-) ä- bö-

3 b- 3- ü- eb- ö- ü- ö- 0 0

4 (i-) (i-) (6-) (i-) (i'-)

5 5- i- i- i- i- i- 1- 0 0

6 ä- a- ä-, -ä e- ä- ä- 4-

6a mb- m9- m-, -mü m- N- m5- N- me- mb-

7 k5- a- ä- ke- k^- kÄ- k6- ki- kb-

8 5- 3- ü-, -ü eb- 6- 6- 6- vi- hb-

9 0, Si- 0, N-, 3- 0, N-, ä- 0, Si- 0, N- 0, N- 0, N- 0, N- 0, N-

10 -s6 -sb sb-, -sü -s5 -sl -sb

13 tb- t3- tö-, -tü t3- t3- tä- t3- (tö-)

19 ß- f3- ß- ß- ß- ß- ß- äi- ß-

Tabelle 3

Betrachten wir die Zusammenstellung der Nominalpräfixe einiger Ring-

Sprachen von Hyman (1980c :248), vgl. Tabelle 3: Babanki, Bum, Lamnso

und Bamessing haben tieftonige Präfixe und folgen damit dem Bantu-

Muster, darunter sind auch die Sprachen, für die Hyman als Präfix-

Variante für Kl. 1 einen Nasal angibt. Das Aghem, Isu und Weh (in der

Tabelle von mir hervorgehoben) dagegen folgen tonal dem Benue-Congo-

Muster. Hyman (1980c :251) führt dazu aus, daß die meisten Ring-Spra¬

chen die Tendenz zeigten, den Hochton zu einem Tiefton abzusenken, und

setzt Hochtöne für das Proto-Ring an. Dabei beruft er sich auf den De

WoLFschen Ansatz für das Benue-Congo:

„Most ring languages show some tendency to reduce H tone noun prefixes to L. However, Aghem, Isu and Weh (i.e. West Nkom) have all H prefixes for the appropriate noun classes. Since De Wolf has reconstructed H prefixes for some of these classes in Proto-Benue-Congo, and since it is easier to explain how such prefrxes might through the lack of stem stress be reduced to L, we start with high tone prefixes in the proto language. Classes 1, 9 and 6 a however, had low tone prefixes in Proto-Ring."

(7)

Die Nominallilassen in den Kameruner Graslandsprachen 369

Werui wir aber von einem tieftonigen, d. h. einem Bantu-Ansatz ausgehen

und nur für einige Sprachen die Ersetzungshypothese postuheren, kämen

wir m.E. zu einer plausibleren Erklärung. In diesem Zusammenhang ist

aber auch De Wolfs tonale Rekonstruktion der Benue-Congo-Nominal-

präfixe neu zu überdenken. Bei einer Überprüfung seines Materials (das er

auf S. 168-169 diskutiert) stellte sich nämlich heraus, daß von den 47

berücksichtigten Sprachen nur 15 den tonalen Unterschied zwischen Kl. 9

und 10* und nur elf den Unterschied zwischen den Kl. 1 und 3' aufzeigen.

Es handelt sich dabei jeweils nur um Vertreter der Plateau- und der bantoi¬

den Sprachen, die aber insgesamt auch kein einheitliches Bild zeigen.

2. Punkt 2 der Charakteristika ist in der bisherigen Diskussion viel

Beachtung geschenkt worden, da er stets in engem Zusammenhang mit der

Nasaliimovation gesehen wurde. Für Meeussen z.B. ist der Zusammen¬

fall der Klassen und die Festlegung auf mä- als Nominalpräfix und gä- als

Pronominalpräfix der Ausgangspunkt für die Entwicklung der Nasale in

den anderen Präfixen. Voorhoeve hatte schon 1976 b die verschiedenen

Stadien in der Entwicklung des Zusammenfalls der beiden Klassen zusam¬

mengestellt und benutzt dies nun in einem seiner letzten Beiträge als einen

Nachweis für die Hypothese des allmählichen Übergangs vom Bantoiden

zum Bantu (vgl. Leroy/Voorhoeve). Für mich zeichnet sich jedoch auch

als mögliche Schlußfolgerung ab, daß der Zusammenfall der beiden Klas¬

sen nicht unmittelbar an die Nasalinnovation gekoppelt werden karm, son¬

dern als eine spätere Entwicklung innerhalb des sich schon auseinander¬

entwickelten Bantu anzusehen ist. Dabei haben die einzelnen Sprachen

oder Sprachgruppen jeweils ganz verschiedene Wege in der Angleichung

gefunden - wie Voorhoeves Zusammenstellung zeigt:

Class 6

NP PP

Class 6 a

NP PP Stage

Ring, Momo,

Menchum, Bebe k gä mä mä I

Kenyang, Ekoid RS mä mä mä

ll

A60 äN- gÄ mä mä

Mbam-Nkam, Ekoid

ABFHTU, NWBantu mä mä mä mä IIIA

Ekoid M-Q,

Central Bantu mä gä mä gä HIB

Tabelle 4

* Im einzelnen handelt es sich dabei um vier Plateau-2, zwei Plateau-3 und eine Plateau-4-Sprache, sowie drei ekoide Sprachen, drei Sprachen aus dem östlichen

Grasland, eine Sprache aus der Mamfe-Gruppe sowie das Tiv.

' Im Einzelnen handelt es sich um eine Plateau-3-Sprache, vier ekoide Sprachen, drei Sprachen aus dem östlichen Grasland, eine aus der Mamfe-Gruppe und eine aus der Zone A sowie das Tiv.

(8)

In den westlichen Graslandsprachen wäre es demnach nicht wie in man¬

chen anderen Sprachgruppen zu einem Zusammenfall der Klassen 6 und

6 a gekommen, sondern sie blieben hier immer getrennt. Ungeklärt bleibt

bei einer solchen Sicht, warum gerade der Nasal von Kl. 6 a so resistent war

und nicht wie der anderer Nasalpräfixe reduziert und schließlich ersetzt

wurde. Dies hat möglicherweise phonetische Gründe und könnte durch die

offenere Qualität des nachfolgenden Vokals erklärt werden'".

3. Auch Punkt 4 der Charakteristika ist historisch gesehen kein trennen¬

des Kriterium. Er ergibt sich aus den Entwicklungstendenzen in den bei¬

den Gruppen: dem Abbau der Klassen und der Konkordanz in den östli¬

chen Sprachen steht die Beibehaltung der Klassen und ein geringerer

Abbau der Konkordanz in der westlichen Gruppe gegenüber.

4. Die in Punkt 6 erwähnten Suffixe sind eine spätere Entwicklung in den

westlichen Graslandsprachen. In der Momo-Gruppe kommt es nur im

Ngwaw obligatorisch, im Moghamo und Njen nur dann vor, wenn der Plural

durch die Konkordanz nicht schon angezeigt ist. Interessant ist, daß in der

Ring-Gruppe ein Suffix für Kl. 10 nur in den Sprachen auftritt, die tonal

dem Bantu-Muster folgen (vgl. Tab. 3).

5. Die obigen Ausführungen hatten das Ziel, auf einer anderen als der

lexikalischen Ebene die Verbindungen zwischen den beiden Graslandgrup¬

pen deutlich zu machen. Postulieren wir für das ganze Grasland den Bantu-

Ansatz - und zwar mit getrennten Klassen 6 und 6a - bestände die Weiter¬

entwicklung des westlichen Graslandes in der Reduzierung, Aufgabe und

Ersetzung des Nasals durch die Konkordanz in den Klassen 1, 3 und teil¬

weise in Kl. 9/10 sowie der Schaffung eines Suffixes zur Unterscheidung

von 9 und 10, während die Weiterentwicklung des östlichen Graslandes in

einer offensichtlich zeitlich verzögerten Reduzierung des Nasals und in

einer radikalen Verringerung der Nominalklassen (einschließlich des

Zusammenfalls von 6 und 6a) sowie des Konkordanzsystems bestände.

6. Zum Schluß möchte ich auf die bereits unter 2. zitierte Hypothese von

der graduellen Entwicklung des Bantu aus dem Bantoiden zurückkommen,

die sich nach Leroy und Voorhoeve zwingend aus den Ergebnissen des

Colloquiums von Viviers (1977) ergibt: „The Viviers colloquium strongly

suggests that we should stop to bother about a Bantu border line and base

our research program on the hypothesis that Bantu gradually emerged out

of a Bantoid continuum" (engl. Version, S. 2). In diesem Beitrag findet sich

auch eine Anordnung der bantoiden Sprachen nach ihren 'degree of bantu-

ness'".

'° Als Parallele könnte man die mit *b begirmenden Nominalpräfixe heranzie¬

hen. So scheint sich vor allem im östlichen Grasland der Konsonant in Kl. 2 (""ba-) mehr behauptet zu haben wie der von Kl. 8 (*bi-), z.B. Babanki (westl.) Kl. 2 va-.

Kl. 8 s- oder Mankon (östl.) Kl. 2 bi-, ICI. 8 i-. Kl. 14 (*bu-) hat sich bisher in diesen Sprachen nicht nachweisen lassen. Diese ist jedoch in den übrigen Untergruppen des Bantu-Bantoiden häufig anzutreffen. In jedem Fall ist dann auch der Präfixkon¬

sonant in Kl. 2 und 8 erhalten.

'' In der französischen Version wird diese Anordnung allerdings als 'l'6chelle provisoire' bezeichnet.

(9)

Die Nominalklassen in den Kameruner Graslandsprachen 371 Tiv, Wute, Mambila

Momo-Nord, Menchum, Bebe, Esimbi

Ring Momo-Süd

Ekoide, Nyang, Tuki, Yambassa

Mbam-Nkam, Tunen

Bantu Nord-West (Zone A bis C)

Bantu Zentral (Zone D bis S)

Tabelle 5

Diese Aufstellung (wie auch Tab. 4) zeigt, daß am Ende jeder Ent¬

vricklung, der Kette von Innovationen (und hier besonders der Nasalinno¬

vation), immer das Savannen-Bantu steht. Kurioserweise ist aber dieses

'Endprodukt' immer wieder Bezugspunkt: nicht nur hier bei der Reihung

der Sprachen nach ihren Bantugehalt (wobei die hier zugrundeliegenden

Kriterien nicht angegeben wurden), sondern auch immer dann, wenn regel¬

mäßige Lautentsprechungen einer bestimmten bantoiden Sprache zum

Proto-Bantu (das, wie sich inzwischen herauskristallisiert hat, ja wesent¬

lich auf dem Savannen-Bantu basiert) aufgezeigt werden. (Vgl. dazu u. a.

Hyman/Voeltz 1971. Stallcup 1978:105 ff oder Gerhardt 1981).

Diese überzeugenden Wortgleichungen weisen aber stets in die entgegen¬

gesetzte Entwicklungsrichtung als die, die von Leroy und Voorhoeve

angenommen wurde. Es zeigt sich also, daß eine solche Sicht der Stellung

des engeren Bantu der offensichtlich sehr komplexen Entwicklung inner¬

halb des Bantoiden nicht ganz gerecht wird. Darüberhinaus ist zu prüfen,

ob nicht die Nasalpräfixe - die als eine der wichtigsten Isoglossen gelten -

als 'retention' anzusehen sind (und somit als Kriterium zur Subklassifizie¬

rung untauglich werden). Die obigen Ausführungen zu den Nasalklassen

der Graslandsprachen hatten zum Ziel, eine solche Hypothese zumindest

für diese Untergruppe des Bantoiden anzunehmen. Ob sich die Hypothese,

deren Grundgedanke in der Ersetzung der Nasalpräfixe durch entspre¬

chende Konkordanzmorpheme besteht, auch auf andere Untergruppen des

Bantoiden anwenden läßt, soll eine weitere Untersuchung erweisen. Die

bisher bekannten Materialien zu diesen Sprachen sprechen nicht unbe¬

dingt dagegen. Auch müßte dabei der tonologische Ansatz De Wolfs für

das Proto-Benue-Congo neu überdacht werden. Möglicherweise gilt er nur

für das Bantoide und einige Plateausprachen, deren besondere Verflech¬

tung mit dem Bantoiden noch abgeklärt werden muß.

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(11)

FACHGRUPPE 14: KUNST UND ARCHÄOLOGIE

Leitung: Lothar Ledderose, Heidelberg

NEUE UNTERSUCHUNGEN IN DER MOSCHEE VON

TINMAL (MAROKKO): ZUR TYPOLOGIE'

Von Christian Ewert, Madrid

Seit 1975 beschäftigt sich das Deutsche Archäologische Institut, Abtei¬

lung Madrid, mit einer mehrteiligen Untersuchungsreihe zur Tjrpologie,

zum Dekor und zur Metrologie des almohadischen Betsaales, die seit 1978

auch von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. Vorstu¬

fenstudien in den Hauptmoscheen von Qairawän und Cördoba und in ihrem

Bannkreis^ - Bauaufnahmen der Moschee von Tinmal^ und der Qa^ba-

Moschee in Marrakesch" - Erfassung der almohadischen Kapitelle der

Kutubiya in Marrakesch^ - photogrammetrische Aufnahme der Rippen¬

kuppeln in der Hauptmoschee von Cördoba, der Muqarnasgewölbe in der

Kutubiya und der drei almohadischen Großminarette (Marrakesch, Kutu-

' In diesem Kurzreferat stelle ich lediglioh einen einzigen Teilaspekt unserer auf

der Bauaufnahme von 1975 fußenden typologisehen Gesamtuntersuchung vor, die

in: C. Ewert und J.-P. Wisshak: Forschungen zur almohadischen Moschee. Liefe¬

rung 2: Die Moschee von Tinmal [Marokko). Mainz 1984 (Madrider Beiträge. 10.), Abschnitt 1, S. Iff. eingehend dargestellt wird; zu dem im folgenden behandelten Problem der Genese vgl. insbesondere a.O. S. 7-12. (Im folgenden für diese Mono¬

graphie verwendetes Sigel: MB 10). Ältere Bibliographie zur Moschee von Tinmal s.

MB 10, Anm. 4.

^ C. Ewert und J.-P. Wisshak: Forschungen zur almohadischen Moschee. Liefe¬

rung 1: Vorstufen, Mainz 1981 (Madrider Beiträge. 9.).

' Veröffentlichung s. Anm. 1.

Der ersten ausführlichen Analyse des Baus (H. Basset und H. Terrasse:

Sanctuaires et forteresses almohades. Paris 1932, S. 1-83) konnte nur ein kleinma߬

stäblicher, nicht fehlerfreier Grundriß beigegeben werden (a. 0. Abb. 9). Basis einer

Neubehandlung mußte eine detaillierte Bauaufnahme sein, die J.-P. Wisshak und

ich im Spätsommer 1975 durchführten.

Diese im Herbst 1978 durchgeführten Untersuchungen werden zur monogra¬

phischen Veröffentlichung vorbereitet.

Abbildung

Tabelle von mir hervorgehoben) dagegen folgen tonal dem Benue-Congo-

Referenzen

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