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VIII ist meine Grabrede auf Julius Wellhausen er¬ wähnt

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Von Enno Littmann

In dem mir zu meinem achtzigsten Geburtstag gewidmeten Bueh

Ein Jahrhundert Orientalistik (MCMLV. Otto Harrassowitz, Wiesbaden)

hat R. Pabet von mir verfaßte Nachrufe und Lebensbilder zusammen¬

gestellt, und A. Schall hat ein vollständiges Verzeichnis meiner Sohrif¬

ten gegeben. Auf S. VIII ist meine Grabrede auf Julius Wellhausen er¬

wähnt; ebenso ist sie auf S. 146 genannt mit dem Zusätze, daß sie bei

Ad. Littmann in Oldenburg o. J. gedruckt wurde. Sie erschien 1918 als

Privatdruck in wenigen Exemplaren. Die Grabrede selbst ist in dem

,, Jahrhundert Orientalistik" nicht enthalten. Aber da Wellhausen einer

der größten Orientalisten des 19. und 20. Jahrhunderts war, möchte ich

meine Rede auf ihn den Nachrufen und Lebensbildern hinzufügen. Ich

lasse sie hier abdrucken mit vier ganz kleinen Änderungen; diese Än¬

derungen betreffen einige Worte, die durch das damalige Zeitgeschehen

gegeben waren, die aber jetzt nicht mehr angebracht wären. Zum Schlüsse

führe ich die Hauptwerke Wellhausens an, auf die sich meine Würdi¬

gung seiner Leistungen stützt.

*

Julius Wellhausen ist gestorben! Ein ganz Großer ist mit ihm dahin¬

gegangen, ein Fürst der Wissenschaft, wie ihn die Welt selten erlebt !

,, Sonne und Mond haben ihren Glanz verloren, die Erde erbebte bei

seinem Hinscheiden, die Quellen sind versiegt und die Meere ausgetrock¬

net." So würden die Söhne des Morgenlandes, deren Denken und Fühlen

er so gut kannte, jetzt um ihn klagen. Für uns aber ist es verständlicher,

wenn ich hier mit vollem Rechte offen bekenne: für seine Wissenschaft

war er einer der allergrößten Pioniere und Bahnbrecher.

Trauernd stehen wir an seinem Sarge, und am liebsten würden wir un¬

sere Trauer stumm ertragen. Worte können die Größe unseres Schmerzes,

die Größe des Verlustes, den wir erlitten haben, nicht ausdrücken.

Da alles irdische menschliche Leben einmal zum Abschlüsse kommen

muß, so wußten wir, daß auch er uns dereinst genommen würde. Wir

hebten und zitterten, wenn wir an diesen Augenblick dachten. Jetzt ist

dieser Augenblick gekommen mit erschütternder Gewalt.

Wenn je eines Menschen Werk nach seinem Tode fortlebt und für ihn

als ein Denkmal bleibt, das unvergänglicher ist als Erz, so ist es das Le-

(2)

Erinnerung an Julius Wellhausen 19

benswerk von Julius Wellhausen. Wenige haben wie er am sausenden

Webstuhl der Zeit geschafft. Mit seiner Tätigkeit begann eine neue Zeit

in der Wissenschaft : um ihn tobte der Kampf der Meinungen, er selbst

stand in einsamer Größe da. Das Wort ,, genial", das so oft mißbraucht

ist, hat er gehaßt; aber in ihm wohnte der echte Genius wissenschaft¬

licher Schöpfungskraft. Er sah das Richtige, wo er nur zufaßte, und

wußte es in unvergleichlicher Weise zur Darstellung zu bringen. So war

seine Arbeit am Alten Testament, am Neuen Testament, an der ara¬

bischen Dichtkunst, der heidnischen Religion der Araber, der Religion

des Islams, der Geschichte der Araber. Überall rodete er Urwald; aus

roheft Marmorblöcken ließ er formvollendete Bildwerke erstehen.

Schon als ganz junger Gelehrter schleuderte er die Brandfackel seines

Geistes in die Welt. Er hatte erkannt, daß die überlieferte Anschauung

vom Werden und von der Entwickelung des alttestamentlichen Schrift¬

tums nicht richtig sei, und er setzte nun eine neue, richtige an ihre Stelle.

Zwar hatten schon vor ihm zwei Gelehrte ähnliche Gedanken gehabt,

aber sie hatten sie nicht so zum Ausdruck bringen können wie er. Als er,

ein Dreißiger, sein weltberühmtes Buch geschrieben hatte, fiel es allen,

die sehen konnten imd wollten, wie Schuppen von den Augen. Ein etwas

älterer Fachgenosse bekannte freimütig, er hätte sich gerade mühsam

ein Gebäude seiner Wissenschaft vom Alten Testament zurechtgezim¬

mert gehabt, da sei Wellhausen gekommen und habe es umgeworfen wie

ein Kartenhaus ; nun müsse er versuchen sich ein neues zu errichten auf

dem Grunde, den Wellhausen gelegt habe. In der Wissenschaft hieß es

damals: für oder wider die Wellhausensche Theorie. Er wurde viel an¬

gefeindet ; aber er ließ sich dadurch nicht beirren, sondern er ging seinen

geraden Weg, in dem Bewußtsein, daß er recht habe, und in der festen

Zuversicht, daß die Wahrheit sich durchsetzen werde. Der englische

Minister Glad.stone fühlte sich sogar bewogen, ein Buch gegen Well¬

hausen zu schreiben; aber jenes Buch erregte bei diesem nur ein mitleid¬

volles Lächeln.

Sein Werk hatte er als Professor der Theologie geschrieben. Aber ge¬

rade unter den Theologen erstanden ihm viele Gegner, und so verzichtete

er auf seine ordentliche Professur in der theologischen Fakultät, eine

mutige Tat der Überzeugungstreue, wie sie nur selten vorkommt ; durch

sie ist er gewissermaßen den berühmten ,, Göttinger Sieben" gleich ge¬

worden. Er wurde dann außerordentlicher Professor der morgenlän¬

dischen Philologie. Doch nach sehr kurzer Zeit wurde er auch in der

philosophischen Fakultät ordentlicher Professor. Nun wandte sich seine

Forschertätigkeit dem Arabertum zu. Die alten Sänger der Wüste mit

ihrem unbändigen Stolz und Trotz und ihren oft menschlich rührenden

Eigenschaften zogen ihn an. Und wie er sich in die Gedankenwelt der alt-

2*

(3)

testamentlichen Propheten eingelebt hatte, so lebte er sich ganz in die

Welt jener Sänger ein. Ein Meister der deutschen Sprache, konnte er

übertragen wie nur wenige. Aus dem Arabischen hat vor ihm kaum einer

so übersetzt wie er. Da er auch ein so feines und tiefes Verständnis für

Religion und Religiosität hatte, so suchte er die spärlichen Reste dessen, was über die heidnische Religion der alten Araber erhalten ist, zu erfassen und stellte es dar. Überall sah er das Wesentliche und oft zeichnete er mit

wenigen Strichen ein unübertreffliches Bild. Vom arabischen Heidentum

schritt er fort zum Islam. Schon in seiner Arbeit am Alten Testament

hatte er sich als einer der größten Historiker aller Zeiten erwiesen; als

ebensolcher erwies er sich auch in der Geschichte des Propheten Muham¬

med, des ältesten Islams und der Geschichte des arabischen Reiches.

Sein Seherblick konnte Wahres vom Falschen scheiden, gleichwie das

Gold im Feuer geläutert wird. Schon vor ihm hatten manche über die

Geschichte der Araber geschrieben ; aber sein Werk war die erste wirklich

wissenschaftliche kritische Gesamtdarstellung jener Zeit.

Bei alle dem blieb er auch dem Alten Testament getreu. Sein klas¬

sisches Werk, die ,, Israelitische und Jüdische Geschichte", die in vielen

Auflagen erschienen ist, führt bis an die Grenze des Neuen Testaments.

Das Kapitel darin, das von Jesu handelt, beginnt mit den Worten: ,,Es

ging ein Säemann aus zu säen seinen Samen; sein Same war das Wort,

sein Acker war die Zeit." So konnte nur er schreiben.

Das spätere Judentum, wie es sich zwischen dem Alten und dem Neuen

Testament gestaltete, hatte ihn schon in seinen ersten Arbeiten beschäf¬

tigt. Jetzt kehrte er zu ihm zurück und ging dann darüber hinaus bis zu

den Evangelien. Das war die Arbeit seiner letzten Lebensjahre. Mit

seiner Kenntnis des Alten Testaments, der hebräischen Sprache, des

Alten Orients und vor allem mit seinem historischen Blick hat er auch

hier ungeahnte neue Schätze gehoben.

Wie als Gelehrter so war er auch als Mensch, wunderbar einfach und

groß. Äußere Ehren flössen ihm in reichem Maße zu: wissenschaftliche

Gesellschaften machten ihn zu ihrem Ehrenmitglied, Universitäten er¬

nannten ihn zu ihrem Ehrendoktor, auch die höchste Auszeichnung des

Gelehrten, der Orden Pour le mörite, wurde ihm zuteil. Die Anerkennung

erfreute ihn wohl, aber er legte keinen Wert darauf. Wirklichen Wert

legte er nur auf das, was den eigentlichen Menschen ausmacht. Mit rüh¬

render Treue hing er an seiner Heimat, an seinem Volkstum, an den Men¬

schen, die ihm in seiner Kindheit nahe gestanden hatten, an seinen

Freunden. Jede kleine Aufmerksamkeit machte ihm Freude, und er

suchte sie bald doppelt zu vergelten. Als einst ein einfacher Bauern¬

knecht in Hameln, mit dem er in seiner Kindheit gespielt hatte, des Göt¬

tinger Professors in seinem Testament gedachte, war dieser sehr stolz

(4)

Erinnerung an Julius WelUiausen 21

darauf, und er hat es ihm bis an sein Lebensende, bis in die letzten Tage

seines irdischen Daseins nicht vergessen. Wie leuchteten seine guten,

klugen Augen, wenn er davon sprach! Als er einmal das Werk eines jün¬

geren Fachgenossen günstig besprach, sagte er, er habe diese Bespre¬

chung geschrieben, damit die alte Mutter dieses Fachgenossen Freude

an ihrem Sohn habe. Wenn er andererseits ein Buch weniger günstig be¬

sprochen hatte und dabei auch wohl scharf und sarkastisch geworden

war, so hörte ich ihn sagen, er habe dem Verfasser weh getan und er

wolle das bald durch eine günstigere Besprechung eines anderen Buches

des Mannes wieder gut machen.

Daß er an dem gewaltigen Geschehen, das jetzt über unserem Vater¬

lande waltet, wärmsten, lebendigsten und innigsten Anteil nahm, wußten

aUe, die ihn kannten. Sehnlichst wünschte er, den endgültigen Sieg un¬

seres Volkes zu erleben. Es sollte nicht sein. Das Herz des Recken hat

aufgehört zu schlagen. Schwere Zeiten hat er noch durchmachen müssen.

Die treue Lebensgefährtin hat ihm durch ihre Hingabe, die eines solchen

Mannes würdig war, diese schweren Zeiten ertragen helfen. Die Universi¬

tät Göttingen, zu deren Größten er gehört, die gesamte deutsche Wissen¬

schaft, ja, die Wissenschaft vieler Völker trauern um ihn.

Wir, seine Schüler und Freunde, blicken auf zu ihm voller Bewun¬

derung, voller Liebe, voller Verehrung, zu ihm, der uns alle überragte.

Unauslöschlich ist unsere Dankbarkeit gegen ihn, unvergänglich ist sein

Bild in unsere Herzen eingeprägt. Seine Werke sind für uns ein unver-

sieglicher Quell des Wissens, als Mensch aber ist er uns ein leuchtendes,

strahlendes Vorbild unendlicher Güte und Größe.

*

Von den Schriften Wellhauseks seien hier einige seiner Hauptwerke

genannt in der Reihenfolge des Gedankenganges der Grabrede.

Die Composition des Hexateuchs. — Geschichte Israels. (Prolegomena zur

Oeschichte Israeli). — Die kleinen Propheten übersetzt, mit Noten. — Lieder

der Hudhailiten, arabisch und deutsch. — Reste arabischen Heidentums —

Medina vor dem Islam. Muhammads Gemeindeordnung von Medina. Seine

Schreiben, und die Gesandtschaften an ihn. — Die Ehe bei den Arabern. —

Ein Gemeinwesen ohne Obrigkeit. — Muhammed in Medina. Das ist

Vakidi's Kitab al Maghazi in verkürzter deutscher Wiedergabe. — Die re¬

ligiös-politischen Oppositionsparteien im alten I.slam. — Das arabische

Reich und sein Sturz — Israelitische und jüdische Geschichte. — Einleitung

in die drei ersten Evangelien. — Das Evangelium Matthaei übersetzt und

erklärt. — Das Evangelium Marci übersetzt und erklärt. — Das Evangelitim

iMcae übersetzt und erklärt. — Das Evangelium Johannis.

(5)

Ein genaues ,, Verzeichnis der Schriften Julius Wellhausens" mit allen

bibliographischen Angaben wurde von Alfred Rahlfs verfaßt; es ist

abgedruckt in den Studien zur semitischen Philologie und Religions¬

gesehichte Julius WeUhausen zum siebzigsten Geburtstag am 17. Mai 1914

gewidmet von Freunden und Schülern (Gießen 1914), S. 353—368.

(6)

Die Jahresnamen Isbi-Erras von Isin

Von Friedkich Schmidtke, Münster

Nach der ahbabylonischen bzw. sumerischen Königsliste WB 444,

VIII 23f. regierte ISbi-Erra, der Begründer der Dj'iiastie von Isin, 33

Jahre. Der von Scheil veröffentlichte Text aus Susa bietet die gleiche

ZahU, während ein Text Poebels nur 32 Jahre verzeichnet^. Doch ist die

Zahl 33 mit Jacobsen als maßgebend zu erachten^, was zuletzt noch

F. R. Kbaus unter Berufung auf die Berechnung Poebels in HT 103

bestätigt hat*.

Bis vor kurzem war es unmöglich, diese 33 Jahre vollständig durch

Datierungen auf den Tontafeln oder durch Datenlisten zu belegen. Als

Ungnad die Datenlisten für RLA bearbeitete, stand ihm für die Regie¬

rung libi-Erras nur das Fragment UET I, 292 zur Verfügung, das nach

seiner Transkription 6 Jahresnamen enthält^. Doch sind noch Reste eines

siebenten und achten Namens erhalten*, die vor dem Bekanntwerden

der Liste Baqibs nicht erraten werden konnten, sich aber nun als

Baqibs Formel, Nr. 17 und 18 erweisen".

Inzwischen war durch Veröffentlichungen von de Liagee Böhl^ und

Stephens' neues Material bekannt geworden, so daß Ebeling bereits in

RLA II die Sammlung Ungnads beträchtlich erweitern konnte. Über

die Aufeinanderfolge der Namen war allerdings, soweit sie nicht in UET

I 292 vorkamen, keine Klarheit zu gewinnen.

Hier half erst die Datenliste Taha Baqibs weiter^". Es ist bedauerlich, daß der Text (IM 11 794) nicht vollständig ist, aber 21 Namen sind sicher,

auch in ihrer Reihenfolge. Am Anfang fehlen zwei bis drei Zeilen; auf der

1 RA 31 (1934) 169. Auch E. Sollbebger, New Lists of the Kings of Ur

and Isin, JCS 8 (1954) 135. = HCT Nr. 5, Rs. 8; HT 83.

3 Sum. King List 124f. * JCS 3 (1951) 15f.

5 RLA II 138. Vgl. zu UET I, 292 auch Crawford JCS 2 (1948) 13 ff.;

SoLLBEBGER AfO 17 (1954/55) 40ff. « Vgl. JCS 3, 4.

' Stephens Nr. 22; RLA II 257, Nr. 3. Von 18 ist lä vollständig erhalten, lil und il in Resten.

' Mededeelingen uit de Leidsche verzameling van spijkerschrift-inscripties

(Mededeelingen der koninklijke akademie van weetenschappen, afd. letter-

kvmde, deel 76, serie B, Nr. 9, S. 22f.) Vgl. RLA II 194 (4 Namen).

« F. J. Stephens, New Date Formulae of the Isin Dynasty. RA 33 (1936)

11—26. Vgl. RLA II 256 (9 Namen).

1" A Date-list of Ishbi-Irra from an unpublislted text in the Iraq Museum.

Sumer 4 (1948) 103—114.

Referenzen

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