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unschön wirkt. Was ich gefährlich finde, ist, wenn sich Autofahrer nicht anschnallen.«

(92; Hervorhebung im Text) Wie bitte soll dieser Satz formuliert werden, damit der

»Was«-Teil nicht am Anfang steht? Man vergleiche dazu auch die Beispiele in der dazugehörigen Übung 3 auf der gegen- überliegenden Seite.

Die beiden Beispiele sind willkürlich aus- gewählt und stehen m. E. stellvertretend für die Darstellung der sprachlichen Phä- nomene in diesem Buch. Man kann diese unvollständigen und unpräzisen Erklä- rungen sowie die nicht zu den Erklärun- gen passenden Übungen aber überall fin- den. Meine Ausgangsfrage nach dem

»Wieviel« an Sprachwissen läßt sich nach der Lektüre nur so beantworten: Von die- ser Art von Wissen bitte möglichst wenig!

Binder, Alwin:

LiteraturLesen. Was lässt sich beim Le- sen denken? Bielefeld: Aisthesis, 2003. – ISBN 3-89528-396-7. 219 Seiten, €15,00 (Karl Esselborn, München)

Mit dieser Veröffentlichung wollte der 1970–1996 in Münster lehrende Germa- nist nach den Zwängen des Berufslebens ein allgemein verständliches Buch für

»gewöhnliche« (wohl eher jugendliche) Leser schreiben, die Literatur adäquater, wenn auch nicht wissenschaftlich lesen und die vielfältige Bedeutung der poeti- schen Texte im Nachdenken beim Lesen erschließen möchten. Dazu entwickelt er in leicht verständlicher Diktion in 8 theoretischen Kapiteln und an 12 literari- schen Beispielen ein dem Strukturalis- mus und der Rezeptionstheorie ver- pflichtetes Modell der »Struktur der poe- tischen Sprache«, wobei der Begriff des

»adäquaten Autors« (statt impliziten Au- tors) bzw. des lyrischen und dramati- schen Subjekts eine zentrale Rolle spielt,

die deutlich vom realen Autor (und einer Produktionsästhetik) abgehoben werden.

Die ersten Gedanken Binders beim Lesen eines Romans, hier der Anfänge von Goethes Wahlverwandtschaften und Sim- mels Trivialroman Es muß nicht immer Kaviar sein (1945) sind allerdings die professionellen Assoziationen eines Ger- manisten, der die traditionelle Autono- mie der Dichtung bestätigt, indem er eine eigene Symbolwelt von Literatur absetzt von der Realität und ihrer Sprache. Lite- ratur als sekundäres Zeichensystem un- terscheidet sich von der pragmatischen Sprache durch die »Bedeutung«, durch die »das natürlich Bezeichnete in die höhere poetische Sprache gehoben« wird (13). Bezeichnend, daß auch die Symbol- welt der Trivialliteratur (oder der Wer- bung und des öffentlichen gesellschaftli- chen Diskurses) glatt von der Dichtung abgegrenzt werden kann, ohne die Ge- meinsamkeiten und Übergänge der kul- turellen Konstruktionen zu sehen, die eine Einordnung der Literatur in den kulturellen Gesamtzusammenhang er- möglichen würden.

Der komplexe Aufbau eines Erzählwerks wird (ohne von der Logik des auch alltäglichen Erzählens auszugehen) an- hand eines Auszugs von Campes Sitten- büchlein für Kinder aus gesitteten Ständen (1777) vorgeführt, dessen fiktiver Erzäh- ler konsequent auf den pädagogisch- humanitären Diskurs seiner Zeit bezogen wird. Denn der – dem Werk und der sich ändernden Rezeption – adäquate Autor sollte Teil der übergreifenden pragmati- schen Zusammenhänge sein und poe- tisch argumentierend in die zeitgenössi- sche Diskussion eingreifen. Er ist Teil des Erzählwerks wie der »adäquate Leser«, der so zu denken ist, als ob er alle Bedeutungsdimensionen des Erzähl- werks verstehe. Diesem »idealen« Leser sollte sich der konkrete anpassen. Bei- spiel für das Erzählen ist zunächst eine

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politische Parabel von P. Hacks von 1955.

Der adäquate Autor kann auch das Ge- genteil der (guten) Absicht des konkreten Autors gestalten, wie an Michael Endes Unendliche[r] Geschichte gezeigt wird, in der individuelle Leistungs- und Opferbe- reitschaft postuliert, aber Anpassung an die Konsumgesellschaft vorgeführt wird.

Er kann zudem wie in einer Bachmann- Geschichte bevormundend oder wie in einem Jugendbuch von Levoy parteiisch und voreingenommen sein, so daß der Text auch gegen den fiktiven Erzähler zu lesen ist. Die Bedeutung hängt wie in einem kurzen Kafka-Text stark von der Erzählstruktur ab.

Die Besonderheiten lyrischer Literatur (lyrisches Ich, lyrische Sprache, Vers, Reim, der »Rätselcharakter« des Gedichts usw.) werden anhand eines Genie-Ge- dichts des jungen Goethe (der lange das Lyrik-Konzept dominierte) und einer späteren Parallele beschrieben. Ein Trakl- Gedicht ist dankbares Beispiel für die besondere lyrische Sprache und Bilder- welt, in der das Idyllische schon mit dem Krieg durchsetzt ist. Eichs Inventur wird gegen den Autor gelesen, zwei konkrete Gedichte von Gomringer (Schweigen) und Jandl und Enzensbergers flechtenkunde von 1964 zeitbezogen und als politische Dichtung, die Schönheit mit Erkenntnis, Soziabilität und einem humanitären Menschenbild verbindet.

Einige allgemeine Besonderheiten dra- matischer Literatur werden an einem völlig traditionellen Dramenmodell (Goethe, Kleist, Büchner), das schon Pe- ter Szondis Dissertation zur Struktur des modernen Dramas von 1963 korrigiert hatte, entwickelt und anhand von Schil- lers Tell und Eichs Träume[n] in einer idealistisch-moralisierenden Deutung ex- emplifiziert. Die revolutionäre Wende der 1960er Jahre vom traditionellen lite- rarischen Buch- und Nachahmungs- Theater zum modernen multimedialen

»Performance-Theater«, ohne die Gegen- wartstheater kaum verständlich ist, wurde gar nicht erst wahrgenommen.

Bei der zusammenfassenden Schlußfol- gerung, daß poetische Literatur unter Voraussetzungen gelesen werden sollte, die ihr angemessen sind, ohne daß das Denken den Lesespaß verdirbt, wird besonders empfohlen, darauf zu achten, wie der adäquate Autor den fiktiven Erzähler, das lyrische und dramatische Subjekt konzipiert, um den Abstand zum konkreten Autor nicht zu übersehen und die Struktur des literarischen Werks und die »poetische Sprache« angemessen zu rezipieren. Die »Angemessenheit« wird dabei ebenso wie der »adäquate Leser«

offenbar ganz selbstverständlich von ei- ner traditionellen historischen Germani- stik bestimmt.

Der konkrete Rezipient und seine Welt, mit seinen eigenen Assoziationen und Ge- danken beim literarischen Lesen, die si- cherlich ganz andere sind als die eines äl- teren Germanisten, erscheinen hier so we- nig wie der reale Vorgang des literarischen Lesens selbst (der auch im Handbuch Lesen von 1999 zu kurz kommt). Man braucht nur einmal mit Jugendlichen über einen aktuellen Film zu sprechen, um zu sehen, wie völlig verschieden die Assoziations- welten heutiger Leser von denen einer Germanistik sind, die über die Literatur der Nachkriegszeit – und letztlich über das traditionelle nachidealistisch-humani- täre germanistische Literaturkonzept und die damit verbundenen Weltsicht – nicht hinausgekommen ist.

Und warum sollte sich ein nicht profes- sioneller junger Leser mit literarischen Texten und Positionen einer historischen Germanistik beschäftigen, die fast ein halbes Jahrhundert alt und älter sind?

Das (strukturalistisch aktualisierte) Au- tonomie-Konzept nimmt zusammen mit der historischen Distanz der Klassiker- Texte der Literatur jede Bedeutung für

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die aktuelle soziale Realität und macht sie damit weitgehend unbrauchbar für eine literarische Sozialisation, wie bereits der traditionelle Deutschunterricht an- hand der germanistischen Klassiker zur Genüge gezeigt hat.

Dabei wäre es angesichts der zunehmen- den gesellschaftlichen Bedeutungslosig- keit von Literatur wichtiger denn je, Interesse am literarischen Lesen zu wek- ken und neue Zugänge zur Literatur zu eröffnen. Ganz zu schweigen vom Inter- esse fremdsprachiger Leser an deutsch- sprachiger Literatur der Gegenwart als Teil des umfassenderen fremdkulturellen Symbolsystems. Dafür wäre allerdings ein Ausgehen von der Gegenwartslitera- tur und ihren gesellschaftlichen Funktio- nen und von den (kulturdifferenten) In- teressen und Erfahrungen der potentiel- len Leser Voraussetzung (vgl. Esselborn 2003). Der vorliegende Versuch aus der realitätsblinden Insider-Sicht einer histo- rischen Germanistik ist hierbei mit Si- cherheit nicht brauchbar.

Literatur

Esselborn, Karl: »Interkulturelle Literatur- didaktik.« In: Wierlacher, Alois; Bogner, Andrea (Hrsg.): Handbuch interkulturelle Germanistik. Stuttgart: Metzler, 2003, 480–

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Franzmann, Bodo u. a. (Hrsg.): Handbuch Lesen. München: Saur, 1999.

Bleicher, Thomas, Schott, Peter; Schott- Bréchet, Sylvie (Hrsg.):

Jahrbuch für Filmdidaktik. Der neueste deutsche Film. St. Augustin: Gardez!, 2003 (Sequenz 14). – ISBN 3-89796-117-2.

Seiten, €19,90

(Françoise Laspeyres, Achern)

Der »Junge Deutsche Film« mit seinen Regisseuren Fassbinder, Herzog,

Schlöndorff und Wenders hat internatio- nale Bedeutung erlangt, was schließlich auch 1980 durch den Oskar für die Grass-Verfilmung Die Blechtrommel offi- ziell bestätigt wurde. Danach ist es um den deutschen Film auf der internatio- nalen Bühne mehr oder weniger still geworden. Erst in den letzten Jahren scheint der deutsche Film aus seinem langen Winterschlaf zu erwachen. Äu- ßeres Zeichen dafür ist der erste Oscar nach 1980 für einen deutschen Film im Jahre 2003: Für Nirgendwo in Afrika von der Regisseurin Caroline Link, die schon 1998 für ihren ersten Film Jenseits der Stille eine Oskar-Nominierung erhalten hatte. Dieses Frühlingserwachen wurde in Frankreich leider noch nicht richtig wahrgenommen.

Die regelmäßige Abwesenheit des deut- schen Films beim Festival von Cannes, die allgemeine Gleichgültigkeit der fran- zösischen Zuschauer gegenüber deut- schen Kino-Rennern, die systematische Herabwürdigung deutscher Produktio- nen durch die Pariser Kritik und die gebetsmühlenartige Reproduktion fest- gefahrener Urteile – deutsche Filme seien entweder abgehoben und nur schwer zugänglich oder frei jeglicher Raffinesse und belehrend – sind unbestreitbare Tat- sachen. Der Flop von Lola rennt in Frank- reich ist in dieser Hinsicht bezeichnend:

der Film wurde in den USA beachtet, verführte die Franzosen keineswegs und dies trotz reißerischer Werbekampagne und fehlender landeskundlicher Hürden.

Das gleiche Los traf den Film Jenseits der Stille von Caroline Link und dies, obwohl er zwei französische Schauspielerinnen und eine Oskar-Nominierung vorweisen konnte. Dem Film konnte weder Besser- wisserei noch trübselige Schwere angela- stet werden und dennoch fand er keinen Verleih in Frankreich. Um so unerklärli- cher ist dafür der unerwartete Erfolg des Films Good bye, Lenin. Der kulturhistori-

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