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Die Etymologie von Aram.
Von Pani Haupt.')
Bekanntlicli steht im Alten Testament öfters Aram für Edom,
und Edom für. Aram ; vgl. Grit. Notes on Kings (SBOT) S. 299,
Z. 47. Diese Verwechslung ist natürlich graphisch. Möglicher¬
weise ist aber Aram auch etymologisch ursprünglich mit Edom
identisch. Wenn Edom mit Adam, Mensch zusammenhängt, ebenso
wie Esau nur eine dialektische Nebenform von 'Oseh (für 'Osa^)-),
Schöpfer zu sein scheint, so müssen wir uns erinnern, daß, wie
Nöldeke (ZDMG. 40, 722) bemerkt hat, Adam im Arabischen
als änäm^) (ein af'äl-Fhxr&l von änäm = ädäm) vorkommt. Nun
wechselt r mit n (vgl. z. B. aram. teren, zwei; auch Hispania =
Hesperia etc.); mithin könnte Aram = Adam sein, und dann
würde sich auch hebr. armön — assyr. admänu erklären. Es liegen
hier zum Teil dissimilatorische Änderungen vor; vgl. Brugmann,
Kurze vgl. Gr. (1902) § 334.
In Grit. Notes on Isaiah (SBOT) S. 133, Z. 22 habe ich ge¬
zeigt, daß hebr. adamöt mit assyr. adnäti (partieUe Assimilation
für admäti) identisch ist. Hierzu gehört auch äth. adiäm, Plur.
adfärnät, das nicht von einem Singular dapn abgeleitet ist; vgl.
meine Abhandlung Babylonian Elements in the Levitic Ritual in
Journal of Biblical Literature (JBL) 19, 77, unten.
1) [Eine Korrektur dieses Aufsatzes hat der Verfasser nicht gelesen.
Der Redakteur.]
2) Das Partizipium nbi5 steht für gälai, eine Form qätal wie ObiS, bbiyT bbiy,..'t't nnin, lai» (in^ Tfi^i-)t:-' = niiy u. a. Die Verba ri"b haben intransitive Formen (p-'bi , übs^ = "'bS';); vgl. Crit. Notes on Ezra- Nehemiah (SBOT) S.68, Z. 21. Auch die Femininform nbuip (neben nb pip
= qätilat) repräsentiert eine Form qätdlt, nicbt qätilt. Die Form qätilt findet sich bei den Verben n"b in n'SiS, n'i^is u. a. Die Femininform
, . _ T . ' T •
nais steht für galaiat mit a in der zweiten Silbe. — Zu dem e in IID?
gegenüber dem ö in niö? (= "'TCiS') vgl. Crit. Notes on Ezra - Nehemiah (SBOT) S. 31, Z. 24.
3) Die Form änäm statt änäm ist sekundär. Auch DilM kann ein
innerer Plural (= ädäm, a'däm) mit Verkürzung des anlautenden ä sein.
Hauj>t, Die Etymologie von Aram. 195
Der Wechsel von r, n und d kann nicht befremden ; r und n
wechseln häufig mit l (ich habe z. B. JBL 19, 60; AJSL 21, 142
gezeigt, daß assyr. xingä mit bebr. xalaijdim, arara. xdr(^ä, arab.
yj3\yi> xauä(^vr^) identisch ist) und l — d haben wir z. B. in
lat. levir (für devir) = griech. dariq (für äatfrjg) und in lacrima
für dacruma etc. Vgl. auch (_^LJ! almäs, Diamant • adamas;
deutsch Galmei {mg\. calamin) = cadmia; nhNVn '^'"iN Hos. 13, 5
von 3NT verschmachten, was statt des ersten bbWN in Nah. 1, 4*
eingesetzt werden muß; ferner Palmyra = Padmur , Tadmur,
Tatmur; siehe ZA 15, 393; Haupt, Purim, S. 51, Z. 12. Auch
r statt d vor Labialen (wie in Aram = Adam) findet sicb ge¬
legentlich im Lateinischen : z. B. ist das ar in arbiter die Prä¬
position ad; vgl. Brugmann, op. cit. § 229. Mithin mag Aram für
Adam stehen und demnach mit Edom etymologisch identisch sein.
1) Mit dem syr. J»20 't^ = vXJÜt boLjj = naSn Hln^ hat dies
nichts zu schaflen; dieser terminus bezeichnet den lobus caudatus der Leber,
und J*20 Ij*» entspricht dem talmud. J'aitN; vgl. Moore's Aus¬
führungen in den (Nöldeke gewidmeten) Orienit. Studien.
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Ein aramäisch-hebräisches Wortspiel des Jeremia.
Von Eberhard Nestle.
Spiegelberg hat in dieser Zeitschrift (53, 635) den Namen des
Oberaufsehers im Tempel Jahwes zur Zeit des Jeremia nmUB für
zweifellos ägyptisch erklärt und zur ünterstützung seiner Vermutung
benützt, daß auch der Gott selbst, welchem der Kultus galt, seinen
6 Namen aus Ägypten bezogen habe.
Ob der Name "nniao ägyptisch ist, kann ich nicht entscheiden ;
daß er von Jeremia als ein Fremdname empfunden wurde , geht
aus der Erzählung, in der er uns entgegentritt (Jer. 20, i-e), deutlich hervor, nur nicht als ägyptischer, sondern als aramäischer.
10 Jeremia wird von P. gefangen gesetzt; am andem Tag frei¬
gelassen droht der Prophet dem Priester und spricht v. 3:
.aiaoM naw-DN ■•^ ^oiö mrr' »ip nniac
Das ist natürlich ein Wortspiel , das aber bis jetzt nur in seiner
zweiten Hälfte richtig gedeutet wurde, und zwar erstmals, soweit
15 ich weiß, von J. D. Michaelis. Hebräisch :j''3D ist = aramäisch
"nno ; daran ist gar kein Zweifel, also muß auch mM dem ersten
Glied entsprechen und das Gleiche oder in diesem Fall vielmehr
sein Gegenteil bedeuten. Nvm bedeutet hebr. V-\'\i in der Fremde
sich eine Zeit lang aufhalten, und die aramäisebe Wurzel OIE
20 bedeutet bleiben , dauem , dauernd bleiben. Man sehe nur im
Thesaurus Syriacus ihre griechischen Äquivalente : navta^at, fiivsiv, Kaxalslnea&ac, vnolslnca&ai, nagafiiveiv, neQiiiiveiv. Für mSM hat
es schon die Septuaginta (iisroixoi) und Aquila erkannt; für die
erste Hälfte ÖD scheint die Erklärung neu. Jeremia sagt also:
25 Auf Hebräisch, in der Sprache Jahwes, heißt dein (aramäischer)
Name nicht ringsum bleibend, sondern rundum wandernd. In
V. 6 erklärt es der Prophet ausdrücklich: ,Du, Pashur, und alle,
die in deinem Hause sitzen, werden in die Gefangenschaft gehen.'
So verstanden ist der Name der oben angeführten Vermutung
so Spiegelberg's nicht günstig; darum muß aber Spiegelberg's Deutung
doch nicht unrichtig sein. Wir haben keinen Grund vorauszusetzen,
daß Jeremia den Namen richtig verstand; lehrreich ist für uns nur,
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