• Keine Ergebnisse gefunden

«Smarter medicine» in der Geriatrie

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "«Smarter medicine» in der Geriatrie"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

1. Empfehlen Sie keine perkutane Ma- gensonde bei Patienten mit fortgeschrit - tener Demenz; bieten Sie stattdessen eine assistierte orale Ernährung an.

Sondenernährung kann Unruhezustände hervorrufen, vermehrte Fixierungen und medikamentöse Ruhigstellung notwen- dig machen. Diese wiederum kann Druckgeschwüre verschlimmern. Eine sorgfältige Nahrungseingabe durch eine Pflegeperson ist immer vorzuziehen, denn sie hat ein geringeres Sterberisiko und ein tieferes Risiko für Aspirations - pneumonien. Zudem ist sie hinsichtlich funktionellen Zustands und Patienten- komfort mindestens ebenso gut wie eine Sondenernährung.

2. Verwenden Sie Antipsychotika nicht als Mittel der ersten Wahl bei der Be- handlung von Verhaltensauffälligkei- ten und psychischen Symptomen bei Demenz.

Bei Aggressivität und anderen stören- den Verhaltensweisen werden oft Anti- psychotika verschrieben, obwohl ihre Wirkung nur begrenzt und keineswegs immer zuverlässig ist. Problematisch sind Antipsychotika, da sie übersedie- rend sein können und den kognitiven Abbau fördern. Unter Antipsychotika sind auch Stürze und Schlag anfälle häufiger, und die Mortalität ist höher.

Sie sollten deshalb Patienten vorbehal- ten bleiben, bei denen nicht medika-

mentöse Therapien wirkungslos sind oder die für sich oder andere eine un- mittelbare Gefahr darstellen. Eine me- dikamentöse Therapie kann vermieden werden, wenn die Ursachen für die Ver- haltensveränderungen eruiert und an- gegangen werden.

3. Vermeiden Sie bei den meisten älteren Erwachsenen die Gabe anderer Medi- kamente als Metformin, um einen Hä- moglobin-A1c-Wert (HbA1c) von unter 7,5 Prozent zu erreichen; eine moderate Blutzuckerkontrolle ist im Allgemeinen besser.

Für einen positiven Effekt einer straffen Blutzuckerkontrolle mit Antidiabetika bei den meisten älteren Typ-2-Diabeti- kern gibt es keine überzeugenden Hin- weise. Auch bei noch nicht so alten Patienten wird die medikamentös be- wirkte Erreichung eines HbA1c-Werts

< 7 Prozent mit Schädigungen, ein- schliesslich höherer Mortalitätsraten, assoziiert. Unbestritten ist jedoch die Senkung des Herzinfarktrisikos und der Sterblichkeit bei langfristiger Ver- abreichung von Metformin. Bei älteren Menschen ist eine strenge HbA1c-Kon- trolle mit gehäuften Hypoglykämien assoziiert. Um mit einer strikten Blut- zuckerkontrolle die theoretisch mög - lichen mikrovaskulären Vorteile zu rea- lisieren, sind lange Zeiträume erfor - derlich. Bei der Blutzuckereinstellung sollten daher immer auch die Patien- tenziele, der Gesundheitszustand sowie die verbleibende Lebenserwartung be- rücksichtigt werden.

Das bedeutet:

❖bei gesunden älteren Patienten mit langer Lebenserwartung: HbA1c7,0 bis 7,5 Prozent

❖bei Patienten mit begrenzter Anzahl von Begleiterkrankungen und Lebens- erwartung < 10 Jahre: HbA1c7,5 bis 8 Prozent

BERICHT

740

ARS MEDICI 172017

«Smarter medicine» in der Geriatrie

Fünf Dinge, die man bei älteren Patienten unterlassen sollte

Die Schweizer Geriater haben die fünf wichtigsten Empfehlungen der American Geriatrics Society aus deren Choosing-wisely-Kampagne übernommen. In der Schweiz nennen sich die analogen Bestrebungen «smarter medicine», und sie fordern zu einem nachhaltigeren Umgang mit gewissen Behandlun- gen bei alten Menschen auf.

Schweizerische Fachgesellschaft für Geriatrie

Ein dornenvoller Weg zu mehr Nachhaltigkeit

Die Initiative «smarter medicine» wurde 2014 in der Schweiz lanciert. Allerdings nah- men die Bemühungen zunächst einen sehr gemächlichen Verlauf und zeitigten ge- rade einmal vier Listen mit unnützen Behandlungen in drei medizinischen Fachrich- tungen (Allgemeine Innere Medizin [ambulant und stationär], Geriatrie und Intensiv- medizin).

Im Juni 2017 hat sich ein neuer Trägerverein der Öffentlichkeit vorgestellt, der «mehr Schub für ‹smarter medicine›» verspricht. Ihm gehören folgende Organisationen an:

Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM), Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW), Dachverband Schweizeri- scher Patientenstellen (DVSP), Schweizerischer Verband der Berufsorganisationen im Gesundheitswesen (SVBG), Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), Fédération Romande des Consommateurs (FRC) und Associazione Consumatrici e Consumatori della Svizzera Italiana (ACSI).

(2)

BERICHT

ARS MEDICI 172017

741

❖bei Patienten mit Mehrfacherkran- kungen und kürzerer Lebenserwar- tung: HbA1c8,0 bis 9,0 Prozent.

4. Verwenden Sie bei älteren Erwachse- nen keine Benzodiazepine oder andere sedativ-hypnotische Arzneien als Mit- tel der ersten Wahl gegen Schlaflosig- keit, Unruhezustände oder Verwirrtheit.

In grossen Studien wurde mehrfach ge- zeigt, dass sich bei älteren Menschen das Risiko für Verkehrsunfälle, Stürze, Hüftfrakturen und Spitaleinweisungen mehr als verdoppeln kann, wenn ihnen Benzodiazepine oder andere Beruhi- gungs- oder Schlafmittel verordnet werden. Sowohl Patienten wie Gesund- heitspersonal sollten daher mit diesen potenziellen Gefahren vertraut ge-

macht werden. Benzodiazepine sollten nur eingesetzt werden bei Alkoholent- zugserscheinungen/Delirium tremens oder bei schweren generalisierten Angst- zuständen, die nicht auf andere Thera- pien ansprechen.

5. Verwenden Sie keine Antibiotika gegen Bakteriurie bei älteren Erwachse- nen, ausser es liegen spezifische Harn - wegssym ptome vor.

In Kohortenstudien bei älteren Frauen und Männern haben sich für asympto- matische Bakteriurien keine negativen Folgen nachweisen lassen. Eine antimi- krobielle The rapie bietet keine Vor- teile, ist jedoch vor allem bei älteren Menschen gehäuft mit unerwünschten Nebenwirkungen verknüpft. Es existie-

ren Konsenskriterien, anhand deren sich die spezifischen Symptome erkennen lassen, die zusammen mit einer Bak - teriurie auf einen Harnwegsinfekt schliessen lassen. Hingegen empfiehlt sich eine Abklärung auf asymptomati- sche Bakteriurie und ihre antibiotische Behandlung bei Patienten, die sich einem urologischen Eingriff unterzie- hen werden, bei dem mit Schleimhaut- blutungen zu rechnen ist.

Halid Bas

Referenzen: Eine ausführliche Literaturliste ist unter www.smartermedicine.ch online abrufbar.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Eine neu bemerkte ein- oder beidseitige Behinderung der Na- senatmung, ein Sekretfluss, Nasenbluten, Riechstörungen, Schmerzen am Nasenskelett, im Inneren der Nase oder über

In einer Studie mit älteren Patienten konnte gezeigt werden, dass diejenigen mit Obstipation und Stuhlimpaktation eine gestörte rektale und perianale Sensibilität hatten, weshalb

Mit dem Altern wird dieser Rhythmus vor- verschoben, sodass sich Schläfrigkeit schon abends um 7 oder 8 Uhr bemerkbar macht und das spontane Aufwachen etwa acht Stunden später,

Eine andere Studie mit 10 mg Alen- dronsäure täglich über ein Jahr sah das Risiko von nichtvertebralen Frakturen si- gnifikant um 47 Prozent vermindert, be- richtete aber

Man sollte ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Epilepsie keine Geisteskrank- heit ist und im Alter zumeist gut behandelt werden kann, denn bis zu 80 %

Die Gespräche wurden in Folge von den Teams der Akademie für Altersforschung, sowie der TU Wien in einem gemeinsamen Workshop qualitativ ausgewertet und daraus

Das neue tourismuspolitische Leitbild des Kantons Bern wurde unter Einbezug der Tourismuswirtschaft, verschiedener kantonaler Fachstellen sowie des Forschungsinstituts

Helle Objekte verur- sachen früher eine Blendung”, erklärt Grehn, der die Auswirkungen eines Glaukoms auf den Alltag der Patienten auch im Rahmen des WOC ® 2010 diskutieren