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396

Zur Sprachwissenschaft.

Von Dr. Stetnthal.

I. Ueber die Verwandtschaft des semitischen und indo¬

europäischen Sprachstammes miteinander;

mit Bezug auf

E.Renan, histoire g^n^rale des langues Semitiques «).

Die allgemeine vergleichende SprachwiBsenschaft arbeitet noch

an der Aufgabe, die einzelnen mehr oder weniger bekannt ge¬

wordenen Sprachen nach Familien und diese nach Stämmen zu grup¬

piren; und es feblt noch viel daran, dass sie diese Arbeit scbon

vollendet hätte. So könnte es scheinen, dass die Untersuchung

üher das Verhältniss zweier Stämme zu einander heute noch zu

früh käme. Aber erstlich knüpft sich an gewisse Spracben ein

ungemein höheres Interesse als an alle übrigen: man kann mit

der allseitigen Erforschung der weltgeschichtlichen Sprachen nicht

warten, bis alle Sprachen Afrikas, Amerikas und Australiens in

Familien geordnet sind; und zweitens müssen nothwendig, zum

Gedeihen der Wissenschaft, die specialsten Forschungen mit den

umfassendem und mit den umfassendsten, und die historischeo

mit deo philosophischen Hand in Hand gehen. Die Wissenschaf¬

ten hilden, jede in sich und alle zusammen, einen Organismus;

und die Männer der Wissenschaft sollen eioeo solcheo bildeo.

Ferner, was den uns bier anliegenden Fall hetrifft, so sind

zwar die einzelnen Thatsacben, von denen das Gesammturtheil

über das Verwandtschaftversältniss zwischen dem indoeuropäischen

und semitischen Stamme abbängig, noch keineswegs genügend

ergründet; aber es sind Punkte genug gewonnen, welche zu

einem Ueberschlagen der Möglichkeiten dringend auffordern und

es möglicb machen, der Forschuog einen Ausgangspunkt und

eine hestimmte Richtung anzuweisen. Dies hat auch Hr. Renan

erkannt.

1) Der Redaetion war noch ein zweiter Arlikel über Renan's Werk von andrer Hand in Aussicht gestellt worden, doch da derselbe bis jetzt nichl eingegangen ist, so wollen wir den hier Tolgenden den Lesern nicht länger zurückhalten.

(2)

Sleinthal , zur Sprachwissenschaft. 397

Das Werk des Hrn. Renan, nuf welches wir hier anspielen,

ist wohl von allen unsern l.iesern nicht nur gekannt, sondern

auch schon in seiner hohen Bedeutung anerkannt. Der Deutsche

fühlt ein freudiges Staunen, indem ihm hier von Jenseits des

Rheins ein starkes, volles Echo entgegenkommt der Töne, die

er diesseits ungeschlagen hat. Und nicht nur stark und voll ist

dieses Echo; sondern es scheiot ihm klarer und einschmeicheln¬

der als seine eigene Stimme. In der That, sein gediegenes,

aber oft rauhes, nicht genug geformtes Wesen wird ihm hier in

Eleganz uud Nettheit der Form dargeboten. Weicbe undankbare

Arbeit, an solchem Werke Flecke nachzuweisen! und doch muss

sie von der Kritik übernommen werden. Auch hoffen wir, man

werde sich mit ihr verständigen, und werde wissen, wie die

Kritik selbst, zu lieben ohne verliebt zu sein, zu lieben ohne

Binde vor den .4ugen. Und der Hr. Vf. selbst wird in meinem

Tone, sogar wo er herb wird, die Achtung und Verehrung nicht

verkennen, die wir für ihn hegen, und wird nicht Beweise der

Zärtlichkeit fordern, wo es eio bestimmtes Urtheil gilt. Erkennt

uns ja in unserer rücksichtslosen Weise und weiss, dass es mit

ihr nicht böse gemeint ist.

Das Werk des Hrn. Renan zerfällt in fünf Bücher: das

erste bespricht die allgemeinen Frugen des Ursprungs, des Cha¬

rakters, der Ausdehnung des semitischen .Stammes und seiner

Sprache; die drei folgenden Bücher behandeln iu drei Epochen

die Geschichte der semitischen .Sprachen (hebräische, aramäische,

arabische Epoche); das letzte Bucb zieht die Folgerungen aus

den vorangehenden , wodurcb es theils zum Anfang zurückkehrt,

theils an die allgemeine Geschichte der Menschheit anknüpft. So

schliesst sich das Werk in sich zusammen, und weist dennoch

zugleich über sich hinaus: weil nümlich der Ausgangspunkt auf

den Höhen der allgemeinen Forschung liegt, darum weist aucb

das Ende wieder in die Höhe, so sehr aucb zwiscben Anfang

und Ende in die Tiefe der Einzelheiten hinabgestiegen wird.

Denn die Höhe hebt sich um so mebr, je mehr die Tiefe sich

senkt — beide Vorgänge sind nur einer. Darum haben wir auch

nichts dagegen, dass man die Tiefe alta nenne, wenn man nur

damit zugleich eingesteht, dass die höchste Höhe in die Tiefe

des Geistes rage.

Dieses Eingeständniss macht mir der Vf. nicht, oder our

halb. Er schaut wohl hinauf und weist in die Höhe, aber ver¬

bietet, sie zu besteigen; er will sie erforschen, ohne das Thal

zu verlassen. .Sein letztes Wort lautet: L'histoire seule a dooc

le droit d'aborder ces difficiles problemes (nämlich du developpe¬

ment de rhumanite); la pbilosophie a priori est incomp^tente

pour cela. — So? z. B. die eben hier vom Vf. aufgeworfene

Frage: a quoi tient-il, qu'il ne se soit form6 une race aussi

superieure a la race indo-europäenne que celle-ci est superieure

(3)

398 Steinihal , zw Sprachwissenschaft.

nux Semites et aux Cliinois? Diese Krage, worauf er als Histori¬

ker antwortet: nn oe suurait le (lire, diese sollte die Geschichte

angehen, und nur sie, und die Philosophie hätte hier nichts zu

sagen? Aber die Geschichte hat für jene Krage nicht einmal

Gehör; denn sie weiss nur, erforscht nur was ist und warum,

d. h. woher es ist, aber weiss und erforscht nicht, was nicht

ist, weil sie nicht fragt, wozu ist. .Sie erkennt das Wirklicbe,

wie und wodurch es ist, das Seiende und seine llrsache; über

da sie nicht nach dem Zwecke und dem idealen Werthe des

.Seienden fragt, wie verfiele sie auf den Gedanken: warum ist

nicht auch noch dieses oder jeoes wirklich? Alle Fragen, die

iiber das .Seiende hinausgehen, kennt nur die Pbilosophie; und

nur sie ist fähig, sie zu entscheiden, wenn sie dieselben nicht

zurückweist. Wie wenig die vom Vf. angeregte Frage vor die

Geschichte gehört, wie angemasst hier ihr Urtheil ist, zeigt

uuch was der Vf. gleich darauf sagt: A soo plus humble degr6,

la nature humaine est divine, en ce sens qu'elle atteint l'infini

selon une tres-faihle mesure. Dans ses plus hautes regions,

l'humanite est mille fois plus divine, en ce sens qu'elle pnrticipe

au monde ideal d'une moniere bien plus eiev6e. Mais, alors

mime, un abime la sdpare du terme auquel eile aspire, et on

aurait tort de pretendre qu'elle n'edt pu, sans sortir des condi¬

tions mdmes de son existence, £tre plus puissamment organis^e

pour atteindre sn fin. Die Geschichte aber kennt nur daa Er¬

reichte; wus weiss sie von eiuem unerreichten Ziele? Genug

wenn sie das Dasein dieses Zieles als einen vorhandenen Ge¬

danken , als eine Thatsache im Gebiete menschlicher Denkthätig-

keit bemerkt. Hat sie etwa auch noch einen Massstab um die

Entfernung zwischen Wirklichkeit und absolutem Ziele zu messen?

Ist es ihre Aufgabe zu berechnen, wie weit unsere Kraft reichen

wird? Und so lehrt auch zwar freilicb nicht die Geschichte,

aber wohl die I^ngik, dass man sehr unrecht hat zu behaupten,

der Menscb bätte kräftiger sein können, als er wirklich ist,

obne die Bedingungen seines Doseins zu ändern: weil dies un¬

logisch sein würde. Aber nicbt hloss falscb und angemasst ist

Iiier das Urtheil der Geschichte, sondern eben darum auch trost¬

los. Der Vf. murrt gegen das Schicksal , das den Menschen

wohl kräftig genug hätte schallen können und also auch sollen,

um ihn sein Ziel erreichen zu lassen. Von hier zum heidnischen

Gotte , welcher aus Neid gegen das Menschengeschlecht einen Ab¬

grund zwischen es und sein Ziel setzt, wie weit mag das sein?

Der Vf. ist philosophisch; darum finden wir hier und da zu

bedauern, dass er kein besserer Philosoph ist: er ist kritisch;

darum thut es uns leid, zuweilen zu bemerken, dass er mehr

Skeptiker ist als Kritiker: nnd gerade darum sinkt seine Kritik

zur Skepsis herab, weil er kein sicherer Metapbysiker ist. Das

wollen wir jetzt nachweisen.

(4)

Steinthal , zur Sprachwissenschaft. 39«)

Wir hnben schon gesehen , wie er die metapliysiscbe Kate¬

gorie Bedingung Cconditions de l'existence) verkannt bnt. Es

hängt nun hiermit zusammen, dass er aucb den Begriff des

Keimes (germe) nicht klar denken konnte; und von diesem

m e t a 1» Ii y s i 8 c b e n Febler rührt es her, dass er über die

historische Frage nach dem Zusammenhange des semitischen

und indoeuropäischen Stummes zu keiner festen, bestimmten, kla¬

ren Ansiclit kommt und sich durch endlose tontefois und

n6uninoins hindurchwindrt , in jedem Augenblicke wieder auf¬

hebend oder abändernd was er im vorbergebenden gesetzt hat.

üer Vf. sieht sich genöthigt, mit Rücksicht auf die intel¬

lectuellen, moralischen und religiösen, wie auch auf die physio¬

logischen Verhältnisse und endlich auf die Gescbichte beider

Stämme den einheitlichen ürsprung, une parents primitive (p. 463),

der semitischen und indoeuropäischen Völker anzuerkennen : L'his¬

toire morale et religieuse du monde n'est que le r6sultat de

Paction combiii^e de ces races. On expliquerait ä peine

comment deux especes, appa rues iBoNment, se montreraient

aussi semblables dans leur constitution essentielle, et se seraient

si facilement confondues en une seule et möme destin^e (p. 464).

Aber trotz der vom Vf. hier geforderten Anerkennung der Ein¬

heit beider Stamme sngt er (p. 446): Je me represente plutöt

l'apparition des langues semitiques et celle des langues ariennes

comme deux apparitions distinctcs, quoique paralleles,

en ce sens que deux fractions d'une inline race, s^parees

des leur naissance, les auraient produites. Naissance aber

ist doch =: apparition ; und separ^es =: isoiement ; also Separees

des leur naissance = upparues isolement , welche Annahme oben

als unmöglich verworfen wurde.

Thun wir vielleicht bier dem Vf. Unrecht? spricht er nicht,

indem er sagt: deux fractions d'une mfime race, separ^es des

leur naissance, in dem Worte d'une mime race die Einheit be¬

stimmt und deutlich aus? Er thut dies sowenig, dass ihn jenes

Wort nicht einmal hinderte, die Verschiedenheit doppelt taütolo¬

giscb auszusprecheo. Denn s^parees neben deux fractions ist

eine Tautologie, da zwei Fractionen nur durcb Trennung ent¬

stehen können; des leur naissance ist abermals Tautologie, dn

eben die Trennung selbst die Geburt ist, und die Geburt durch¬

aus Trennung. Daher wäre es aucb durchaus unlogisch die Ein¬

heit der Indoeuropäer als solcber und der Semiten als solcher,

d. h. nach ihrer beiderseitigen Gehurt, zu behaupten: wie es

andererseits Tautologie ist, ibre Verschiedenheit auszusprechen.

Letzteres bat der Vf. gethan, und das Wort d'une mäme race

hat daneben gar keinen Sinn mehr. Was der Vf. dubei gedacht

hat, lebrt uns eine andere .Stelle ( p. 464): Des peuples sortis

d'un mi^me berceau , mais scind^s des les premiers jours. Einheit

des Ursprungs ist also Einheit der Wiege! In derselben Wiege

(5)

400 Steinihal, zur Sprachwissenschaft.

aber, zumal in einer so grossen, dass sie in ihrer IMifte durch

einen ich weiss nicbt wie hohen und breiten Berg (p. 470) durch¬

schnitten ist, zu dessen beiden Seiten je ein Kind liegt, mögen

recht wohl zwei einander wildfremde Kinder sich befinden, die

ihre Wiege verlassen werden , ohoe von einander zu wissen, ohne

mit einander gesprochen zu haben. Die Mühe also, die sich der

Vf. p. 470 gibt, um die Verschiedenheit zu erklären ist über¬

flüssig; denn sie ist von ihm als das ursprüngliche Verbältniss

gesetzt. Darum war es vielleicht nur schwierig die Einheit zu

erklären , was ihm auch nicht gelungen ist. Wie sollten zwei

ursprünglich verschiedene Stämme, deren einer diesseits, der

andere jenseits des Belurtag oder Hiodukusch wohnen, un certain

nombre de bases communes, un souvenir commun erlangen? wie

hätten sie solleo io ihre Spracheo faire eotrer beaucoup d' ele¬

ments communs? .Sind diese niclit 86parees des leur naissance?

Der Vf. setzt freilich hinzu: que deux fractions d'une meme race

les auraient produites sous l'empire de causes analogues, suivant

des donnees psychologiques presque semblables et peut-6tre avec

une certaine conscience r^ciproque de leur oeuvre. Diesen letz¬

tern mit peut-^tre eingeführten Grund lassen wir unbeachtet; er

ist des Vf.s völlig unwürdig. Aber auch von den heiden voran¬

gehenden können wir noch nicht eiomal sagen, dass mit ihnen

00 expliquerait ä peine. Wenn unter causes die physischen

Verhältnisse verstanden werden, so müsste man eine betrübende,

noch mehr aber eine nicht zu begründende Ansicbt haben von

dem Einflüsse der Natur, nicht überhaupt auf die Seele, sondern

auf ein so bestimmtes Erzeugniss des Geistes, wie die Sprache

ist; und bevor man den donnees psychologiques Eiufluss ein¬

räumen könnte, müsste erst ihr Dasein nachgewiesen sein, was

zu leisten scbwer wäre, da die .Stämme s^par^s des leur nais¬

sance sind und die Seele ursprünglich tabula rasa ohne alle

doonees ist. Und so hieibt dem Vf. weiter nichts ührig, als sich

zu berufen auf I' unite de constitution psychologique de I'espece

humaine, au moins des grandes races civilisees ( p. 459). Der

Vf. selbst aber hat ja diese Ansicht nur 4 peine gelten lassen

können; aucb würde sie eine Präformation der Sprache in der

Seele voraussetzen, wie sie auf der tabula rasa derselhen wohl

schwerlich Platz hat.

Der Vf. kennt die in Deutschland verbreitete Ansicht über

die Verwandtschaft des semitischen und indoeuropäischen Stammes

mit eioander; man schreibt ihnen eine vorgeschichtliche

Gemeinsamkeit des Lehens, der Sprache und der Sagenbildung

zu. Hiergegen zieht der Vf. zu Felde fp. 443—446): La theorie

generale du langage eieve contre cette maniere de concevoir les

choses d'insurmontables difticultes. S'il est absurde de sup-

poser un premier etat oü l'homme ne parla pas, suivi d'un autre

Uli regna l'usage de Is parole, il ne I'est pas moins (sie!) de

(6)

Sleinthal, zur Sprachwissenschaft. 401

Bopposer le laogage d'abord ne possedant que des radicaux purs,

puis arrivant par degres k la conquöte de la grammaire. Also

absurde! Eine Ansicht, vertreten durch die grössten .Sprach¬

forscher, und welche obtenait, jusqu'a un certain point, 1' as-

sentiment de M. E. Burnouf (p. 427), eine solche Ansicht ab¬

surde! Auch die deutscbe Grobheit muss uns von dem feinen

Paris her wiedertönen. Das ist vielleicht das Mittel, sie uns

in ihrer Hässlichkeit erkennen, fühlen zu lassen. Aber warum

ist denn die Annahme, dass die Spracben erst Wurzeln, dann

grammatische Formen bilden so — unzulässig? Weil: Les lan¬

gues sortent completes de l'esprit bumain agissant spontonement.

(Jetzt hütet euch, deutscbe Kritiker, und sagt nicbt, das sei

absurd! Wir sagen also:) Dieser Satz entbält allerdings eine

tiefe Einsicht in das Wesen der Sprache; aber er bedarf einer

nähern Bestimmung. Denn es leuchtet von selbst ein, dass mit dem

ersten ausgestossenen Sprachlaute nicht die ganze Sprache wirk¬

lich ausgesprochen gewesen sein kann. Dieser erste .Sprachlaut war

ein acte generateur ... un ge r m e est pose , renfermant en puis¬

sance tout ce que l'etre sera un jour; — also handelt es sich

um die Bestimmung der Begriffe germe, en puissance und

dessen Gegentheil en acte. — Le gernie se developjie — aber

bei uns ist ,, stufenweise , par degres" ein Epitheton ornans von

Entwickelung geworden ; und wer uns zugesteht, die Sprache sei

zuerst im Keime, und entwickele sich erst aus einem solchen,

hat uns auch schon zugestunden, dass sie stufenweise werde.

Auch der Vf. tbut dies, indem er sagt: .Sans doute les langues,

comme tout ce qui est organise, sont sujettes ä la loi du de¬

veloppement graduel. Aber, meint er, der Keim einmal ge¬

geben, rien ne se cree, rien ne s'ajoute. Wunderliche stufen¬

weise Entwickelung! Also zum ersten springenden Punkte kommt

nichts hinzu? Die Schöpfung des Wesens ist mit ibm abgeschlos¬

sen? Allerdings, sagt der Vf., la vie n'est ici, comme partout,

qu'a la condition de 1' evolution du germe primitif, de la distri¬

bution des r6les et de la separation des organes. Dürfen wir

denn dem Vf. eine Absurdität zutrauen? dürfen wir annehmen,

er habe sagen wollen, im springenden Punkte des Eis sei das

ganze Hühnchen mit alleu seinen Organen, aber zusammenge-

presst, und nun fange es an, sicb auszurecken, seine Theile

mechanisch von einander zu sondern, die zusammengebogenen

Glieder auszustrecken; uud während bisher der ganze Körper

zusammengeknäult nur die eine Rolle des springenden Punktes

zu vertreten hatte, wird jetzt jedem der nach einander entfalte¬

ten Organe eine besondere Rolle zuertheilt? Wenn wir nun dies

nicht annehmen dürfen, so mUssen wir den Vf. so übersetzen:

ce qui ötait en puissance devient en acte, was noch nicht war,

das wird; tout y etait, nichts war da; rien ne se cr^e, rien ne

Bd. XI. 26

;i •

(7)

402 Sieirtlhal , zur Sprac.liwissenschafi.

s'ajoute, alles bildet sicb erat und tritt binzu, natürlich in dor

Zeit, allmählich. Teile tut aussi la loi du langage (p. 44,i).

Weil die Spriiclie zuerst ein blosser Keim ist, darum sendet

sie zuerst Wurzeln nus, dann den Stamm , dann die Zweige. {)\,

sie zu solcher Kntwickelung Tage, .lahre, Jahrhunderte, Jahr¬

tausende gebraucht hat, wer weiss das ^ und was liegt daran es

zu wissen ? Wir lassen die Sprache nicbt entstehen par pieces

et par morccaux (p. 446 j ; dürfen wir es dem Vf. zumutlion <

Denn nach uns entsteht Glied nach Glied aus dem einheitlichen

Lebenstriebe heraus ; sind aber vielleicht nach dem Vf. alle Glie¬

der confusenient im mikroskopisch kleinen Keime zusammenge¬

prcsst (tout y est en tasse et sans distinction, p. 90)? und

trennen sie sich dann von einander par pieees et par morccaux?

Xoch mehr! Kn effet, sagt der Vf., le langage se montre

ä nous, ä toutes les 6poqucs , coniine parallMe ä l'esprit bumain.

Or des le premier moment de sa constitution , l'esprit bumain fut

complet; Ic premier fait psychologiqne renferma d'une maniere

implicite tous les elements du fait le plus avance. Kst-ce

successivement que Pliomme a conquis ses differentes facultes? —

Ja, successiv, weil er sie nur imjilicite besass. — Qui oserait

seulement le penscr? Der deutsche Psycholog! Der Deutsche

wird immer den Muth hahen, das zu denken, was er zu denken

nicht unterlassen kann. — II est done aussi ridicule de supposer

le langage arrivant peniblem ent ä completer ses parties

que de supposer l'esprit huniuin eher chant ses facultes les

uncs apri-s les untres. — Der Deutsche erträgt es, erst entstellt

und dann verlacht zu werden, lächelnd; denn er weiss, duss die

noch in eingeschränktem Kreise hekunnte Wabrbeit über kurz

oder lang Allgemeingut sein wird. Seht doch das Kind an, ihr

Lacher, hat es seine .Spruche d'un seul coup? hringt es alle

Fähigkeiten des erwachsenen Geistes mit auf die Welt? Implicite!

darum eben hat es zunächst z. B. noch keinen Verstand , und

tausend Mal nennt ihr es ein unverständiges Kind. Allmählich,

und zwar geistig arbeitend, aber unbewusst, kommt es zu Ver¬

stand. Ks kann mit der Menschheit nicht anders gewesen sein.

.Alles wird; nuch der Geist. Er sucbt freilich nicht seine

Fälligkeiten; aber sie wachsen ihm allmäblig zu, entwickeln sich

aus dem Keime des Bewusstseins, wie die leiblichen Glieder aus

dem ciiibryunisclicn Keime, durch ununterbrochene innere Reg¬

samkeit.

Was stünde also der Annabme entgegen , dnss die beiden

Völkerstämme, der indoeuropäische und semitische, ursprünglich

in einer indifferenten Einheit lagen, in der kaukasischen

Race; dnss es also eine Zeit gab, wo beide noch gar nicbt

als solche vorhanden waren, wo es nur den kaukasischen Stamm

gab. Dieser Stamm hatte angefangen aus seinem Keime sich zu

entwickeln, sich auszubreiten, genealogisch an Seelen-Anzahl,

(8)

Steinihal, zur Sprachnissenschaft. 403

geistig und sprnclilich. Anf einem hestimmten Punkte dieses

Wachsthums zerriss diese Einheit des kaukasischen Stummes und

es sprosstcn aus ihm zwei oder drei Zweige hervor. In ihnen

lelite dieselbe Triebkraft, in ihnen flössen dieselben Säfte, sie

stammten von derselben Wurzel. Aber, es mochte kommen wober

es wollte, in den einen Zweig flössen die .Säfte reicher und

kräftiger: er entwickelte sich also stärker und schöner, als

der andere.

Diese Annahme einer kaukasischen Zeit, die gleichgültig

ob Jahrhunderte oder Juhrtuusende gedauert, die gleichgültig

wann abgebrocben haben mag, ist rationul durchaus zulässig und

erklärt das Factum der Kinbeit bei der \'erscliiedenheit der semi¬

tischen und indoeuropäischen .Sprachen in vollkommen genügender

Weise. Ihr beizutreten hinderte den Vf. eiue schlechte Alcta-

physik. Die Ansicht, zu der ihu diese trieb, dass die beiden

Stämme, obwobl ursprünglich geschieden, vermöge der gemein¬

samen Wiege und analoger innerer und äusserer Ursachen sich

parallel entwickelt baben sollten, ermangelt der Bestimmtheit und

führt zu unauthörlicbeu Widersprüchen sowohl in sich als auch

gegen des Vfs. allgemeine Theorie vom Ursprung der Sprache.

Der Ausdruck separees des leur naissance wird buld ersetzt durch

scindees des les premiers jours ( p. 464), uud dann gur durcb

divisees de tres-bonne heure; wenn aber der Vf. hinzusetzt: et

avant que ni l'une ni l'autre n'eüt trouve la formule definitive de

son langage, sollen wir ihm dann seinen Satz vorhalten: Les

langues sortent completes de l'esprit bumain, nie ohne Gramma¬

tik, und aucb diese fut formee d'un seul coup? Kr meint ferner,

que longtemps apres cette separation , elles eureut ensemble des

rapports qu'on peut appeler etroits. Können wirklich solche rap¬

ports, ein commerce, Wurzelgcnieinschaft erklären ? und wenn sie

es thun, darf man in Betracht derselben norb von einer separa¬

tion reden?

Der Vf. citirt auch Wilhelm von Humboldt zur Unterstützung

seiner Ansicht, und zwar ganz so wie dies in Deutschland zu

geschehen pflegt, in dem Citate dns Gegentheil von dem findend,

was wirklich darin liegt. Humboldt hahe nämlicb gesagt, die

Sprache sei „unmittelbar in den Menscben gelegt", was er über¬

setzt: que le langage avait 6t6 donne tout fait ä l'homme.

Der Vf. hat also übersehen, dass noch in demselhen §. 13 der

Abb. über das vergleicb. Sprachst, gesagt wird: „Darum aber darf

man sich die Sprache nicht als etwas fertig Gegebenes den¬

ken" , also gerade nicht donne tout fait ; er hat ferner über¬

sehen, dass „unmittelbar" bloss heisst: nicbt durch Reflexinn des

Verstandes; er hat endlich übersehen, dass der §. 4 derselhen

Abhandlung beginnt: ,, Ks kann auch die Spraclie nicht anders,

als auf einmal entstehen, oder um es genauer auszudrücken, sie

muss in jedem Augenblick ibres Daseins dasjenige besitzen, was

•26 •

(9)

404 Steinihal, zur Sprachwissenschaft.

sie IU einem Ganzen maclit" und das ist, wie Humboldt sogleicb

näber darlegt, ein organisciies Princip, eine alle Tbeile oder

Elemente der Sprache einheitlich durchdringende Kraft.

Ein solches Princip miissen wir auch der vorausgesetzten

kaukasischen monosyllabischen Wurzelsprache zugestehen; und

die Entwickelung dieser Sprache, ihre Spaltung in mehrere Sprach¬

stämme, ist eben die Entwickelung und Besonderung ibres Prin¬

cips. Disse kaukasische Wurzelsprache war aber nicht ohne

Grammatik; nur hatte sie weder die indoeuropäische, noch die

semitische, sondern eine unentwickelte, welche diese beiden in

sich schloss. Denn es kann allerdings kein Gedanke sprachlich

geäussert, es kann auch der einfachste Satz nicht gebildet wer¬

den ohne Grammatik. Der Ausdruck affmite ante-grammaticale

ist deswegen aus doppeltem Grunde völlig ungeeignet, unsere

Ansicht Uber das Verliältniss jener beiden Stämme zu einander

zu bezeichnen. Denn erstlich geht die Verwandtschaft zwar Uber

die bestimmte indoeuropäische und semitische Grammatik, aher

nicbt Uber die Grammatik überbaupt binaus ; dnnn aber geht sie

eben sowohl auch über diesen bestimmten Wurzelschutz beider

Stämme binaus; denn der kaukasische Wurzelschatz war weder

der semitische noch der indoeuropäische, aber auch nicht der

chinesische, weil eben die indifferente Einheit jener beiden.

.Sämmtliche vom Vf. genannte .Sprachforscher, welche die Ver¬

wandtscbaft beider Stämme annehmen, haben nur dies behauptet,

dass die Verwandtschaft der semitischen und indoeuropäischen

Sprachen jenseit der Zeit liege, seit welcher sie ihr bestimmtes

semitisches und indoeuropäisches Gepräge in den Wurzelformen

wie in den grammatischen Bildungen an sich tragen.

Kommen wir endlich zu den Thatsacben, welche zur An¬

nahme der Verwandtschaft beider Sprachstämme berechtigen sol¬

len. Der Vf. will diese Berechtigung nicbt entschieden anerken¬

nen, aber eben so wenig zurückweisen. Onoinatopöie , gleiche

psychologische Constitution sollen die Uebereinstimmung der Wur¬

zeln und Sagen erklären. Er findet ausser einigen Für- und

Zablwörtern nur 14 Wurzeln, deren Assimilation ibm assez sp^-

cieuses erscbeinen. Er hat die hierher gehörenden spracblichen

Thatsachen nicht näher geprüft, wie die Kritik es verlangt ha¬

ben würde; und er wird skeptisch, weil er nicht kritisch war.

Es ist nicht daran zu denken, dass für die Vergleichung

mehrerer Stämme eine andere Methode erforderlich oder zu dulden

sei, als die von den Meistern der Sprachwissenschaft innerhalb

des indoeuropäischen Stammes geUbte, am wenigsten eine schlaf¬

fere. Ganz im Gegentheil, dieselbe Methode soll mit noch mehr

üm- uud Vorsicht, mit noch grösserer Strenge angewandt, dns

Unmögliche, das Mögliche, das Wahrscheinliche nach seinen ver¬

schiedenen Graden nocb sorgfältiger abgemessen werden — kurz

die Kritik soll noch genauer sein. Aber die Kritik unterscheidet

(10)

Steinihal, zur Sprachwissenschaft. 405

sich von der Jeeren Skepsis dudurcli, dass sie weiss, worauf und

wober und wie weit sicb der Zweifel erstreckt, und dass sie

betrachtet, was zu fordern oder zu leisten ist. Mit skoptiscbein

Acbselzuckeu wird nicbts widerlegt; und die Uebauptung, dass

die Metbode in einem VVerke, wie Fürst's aramäisches Lehrge¬

bäude, nichts anderes sei als le procede de Piaton dans le Cra-

tyle (p. 426), ist so lange mebr als deutsche Grobheit, nämlich

harte Uogerechtigkeit, als sie nicht ausführlicb begründet ist.

Der Vf. hat die Frage verwirrt, indem er sie in folgender

Weise stellte (p. 78): Peut-on expliquer par un developpement

organique commeot le Systeme des laogues semitiques a pu eo-

gcndrer le Systeme de la langue copte (oder auch der indo¬

europäischen) ou reciproquement ? denn die Bejahung dieser

Frage sei erforderlich pour etablir une affinite primitive. Künnte

deno dieselbe Frage bejaht werden, wenn es sicb um die latei¬

nische und griechische Sprache handelte? Oder vielmehr, wie

dürfte sie gestellt werden! c'est reculer volontaircment d'un siecle

en arriere. So wenig von den beiden genannten Spracben eine

die andere erzeugt bat, eben sowenig hat der semitische Stamm

den koptischen oder . indoeuropäischen erzeugt oder umgekehrt;

sondern nur dies wird bebaujitet, wie jene Sprachen sicb als

Schwestersprachen zeigen, so seien diese .Stumme Bruderstämme,

gemeinsamen Ursprungs.

Ein abermaliges Verkennen der Forderung zeigt der Vf.,

wenn er sogleicb nach obigem Satze fortfährt: Un Systeme gram¬

matical va tout d'une piece, et, il est absurde de supposer que

deux groupes de langues possedent en commun une moitie de leur

grammaire sans se ressembler par l'autre. Aber ist dies nicbt

gerade auch mit der lateinischen und griechischen Sprache der¬

selbe Fall? Wo ist die griechische Form, welche der lateini¬

schen amabam , amor u.s.w. entspräche? und wo umgekebrt die

lateinische Form für tivnior , hvq>9'i]v u. s. w.?

Endlich hat der Vf. p. 73 Sehwartze's Ansicht angeführt,

aber völlig missverstanden. Er kann sich doch nur auf folgende

Stelle bezogen haben (d. alte Aegypten S. 2019): ,, Der Vergleich

mit dem Semit, und Indo-Germ, zeigt, dass das Kopt. ebenso

einen eigenthümlichen, selbständigen Spracli-Stamm hildet, wie

die genannten Sprachgebiete selbst. Bei diesem Vergleiche er¬

gab sich eine nicbt unbeträchtliche Anzahl Berührungspunkte

theils zwischeu allen dreien , theils und vornehmlich zwischen

dem Semit, und Kopt. Sprachstämme . . . Merkwürdig aber ist es,

duss in der allgemeinen Bildung der primitiven Wortstämme das

Kopt. dem lodogerm. näher steht als dem Semitischen."

Wer vermag 5c/iu)ar(ze Unkritik vorzuwerfen? oder Unkennt¬

niss? Nachdem dieser eben so gelehrte als besoonene und ge¬

bildete Sprachforscher eine ziemlich lange Liste verwandter Wör¬

ter aus den drei .Stämmen aufgestellt uud einige Bedenklicbkeiten

(11)

406 Steinihal, zur Sprachwissenschaft,

erörtert bat, fährt er fort (a. a. 0. S. 1011): „Diese nothwen¬

dige Beschränkung entkleidet allerdings eine nicht geringe An¬

zahl der oben mitgetheilten Wörter der Befugniss, als Zeugen

zur Ermittelung des Verwandtschaftsverhältnisses aufzutreten.

Dafür besitzt aber, meinem Dafürhalten nach , der zurUck blei¬

bende übrige Theil eine Stärke, welche sie aller Beachtung

Werth macbt. Zuvorderst nämlich tragen diese mit einander über¬

einstimmenden Wörter das deutlicbe Gepräge von Wurzelwörtern

un sich, sodann stebt eine erhebliche Anzulil derselben in den

beiderseitigen , ja zum Theil in deu drei verglichenen Sprach¬

gebieten, nicbt vereinzelt, sondern dieselbeu Wurzclwörter

bilden hier wie durt dieselben Verzweigungen und

A b I e i t u n g s b e g r i f f e und zwar offenbar so, dass an ein

wecbselweises Erborgen und \ertauschcii uiclit zu denken ist."

Dies wird beispielsweise erwiesen an der Wurzel tö., ( ti )

dare, und darauf lieisst es weiter (.S. 1031): ,,Wir sind den

nach verschiedenen Seiten bin gewonnenen Kiclituiigen von (ti)

dare zunäcbst desshalb weiter nncligegangen , um darzuthun,

dass die schon an uod für sich mit einander übereinkummendeii

VVurzelwörter der vergliclieoen Sprachgebiete, je tiefer man in

den Bau dieser Spraclien eindringt, um su häufiger auch hin¬

sichtlich ihrer Verbindung mit undern Wörtern Berührungspunkte

zu Tage fördern, welche dem nur uuf der Oberfläche haftenden

Blicke gänzlich verschlossen bleiben."

Es sind nicbt bluss V'erbalwurzeln , welche sich in den drei

Stämmen übereinstimmend erweisen; sundern aus denselben Wur¬

zeln erfolgen dieselben Ableitungen, und zumal zeigen sich die

Hülfsverba analog: es sind aber ferner auch nicht bloss diesel¬

ben Pronominalwurzeln in den drei .Stämmen; sondern dieselben

werdeo auch vielfach zur Bezeichnung derselben grammatischen

Kategorien verwandt.

„Berücksichtigt man nun endlich, dass sowohl auf dem

semit. als auch auf dem ägyptischen Sprachgebiete" (und vor¬

züglich auf dem indoeuropäischen) „der grösste Theil der älte¬

sten Wortbildungen für uns verloren gegangen ist, und dass

doch gerade dieser älteste Sprachschatz die mehrsten Berührungs¬

punkte entbalten musste: so wird man auch im Allgemeinen an

den uns noch übrig gebliebenen Rest keine zu hoch gespunnten

Anforderungen zu machen geneigt sein" (Schwartze a a 0

S. 1033).

Wir kommen endlich uuf die Dreicuusonantigkeit der semili¬

schen Wurzeln oder .Stämme. Es ist wobl erlaubt zu sagen, seit

Gesenius sei mun io Deutschland durüber einig, duss die drei-

coosonuntigen Stämme sich meist auf zweiconsonantige Wur¬

zeln zurückfübren lassen, welche aber über den semitischen

Stamm hinausragen in jene kaukasische Urzeit. Der Hinzutritt

des dritten Consonanten ist eben die Entstehung des semitischen

(12)

SleiiUhal , zur Sprachwissenschafl. 407

Spracbcliurukters. Uie urspriingliclie zweicunsununtige Furm ist

die uocli nicLt semitische. Der \ (. hingegen will in sulcher

Kiickt'iiliruug der Wurzeln uut' zwei Cunsuiiuiiteii nur eine lugi- sclie Auulyse sehen; diese eint'uclierii und eigentlichen Wurzeln

hätten eine bluss ideulc fc).\istenz uud Berechtigung für deu

Gruiumatiker, aber keine reale und gescbiclitlicbe ; sie seien eine

erlaubte Fiction, keine Tbatsacbe. Denn, tragt er (p. 87),

couiuieut concevoir le passage de Tetat munosjllabique ä I'etat

trilitere? quelle cause assigner k cette revolution^ ... On ue

suurait admettre dans les langues aucune revolution artificiclle et

sciemiuent execntee. Or le passage de I'etat iiiuiiosyllabique ä

I'etat trilitere est de ceux qui n'auraient pu se faire sans une

tres-grande reflexion. Aber das ist ja eine völlig uiicrwiesene

Behauptung. Es wird allerdiogs angeuummen, dass die semiti¬

sche Erweiterung der Wurzeln ein durchaus rcflexionsloser, so

zu sagen organischer Process wur

Wie aber ist jener dritte Consonant entstanden? uod was

bezweckte er? Reduplication, Zusatz vorn, Zusatz binten, Er¬

weiterung durch Dehnung und \'erliärtung des aus- und des in¬

lautenden \'ucals zum Cunsunanten (was den entgegengesetzten

Process der Schwächung eines Consonanten in späterer Zeit nicht

ausschliesst): das sind die Wege, uuf denen man seine Ent¬

stehung erkläreu zu können geglaubt hat. Mir scheint, man

irrt, wenn man nur einen Weg zulässt; ulle vier sind denkbar

und in gewissen Fällen aucb als factisch mit vieler Wulirscliein-

lichkeit nacbweisbar. Sobald im Vulksgeiste das Bedürfniss eines

dritten Consonanten aufgegangen war, konnte jedes Mittel be¬

nutzt werden, ihn zu schaflPen. Es käme also erstlich auf den

richtigen Tact an, jeder der Metliuden die Fälle zuzuweisen,

die ihr geböreo, uud dunn weiter etwa zu bestimmen, in welcher

Reihenfolge sie sicb entwickelten. Auch kann nicht abgewiesen

werden, dass es schon ursprünglich dreiconsonantige Wurzeln

gub, wie im Indoeuropäischen; wie auch nicht zu vergessen ist,

dass derselbe Process der Wurzelerweiterung dein Indoeuropäi¬

schen nicbt fremd ist. Modification , Spaltung der Urbedentung

war überall der innere Trieb desselben. Das Indoeuropäische

verfolgte diesen Weg consonantischer Erweiterung wenig; es

boten sich ihm andere Mittel dar. Als solche darf man wohl

aosebeo die verschiedeoeo Conjugationsweisen und auch schon

die Zusammensetzung mit Präpositiooeo. Man hat gefordert,

dass für den dritten Consonanten der semitischen Stämme eine

bestimmte Bedeutung nachgewiesen werde — wie mir scheini,

ohne die eigenthümliche Natur dieses Processes im Auge zu lia¬

beo. Deoo es handelt sich ja hier nicht um die Bezeicliniiiig

einer allgemeinen, in vielen einzelnen Fällen regelmässig wiedei-

kehrenden, Bestiuiiniiiig ; sondern die an sich schon speciale Be¬

deutung eiuer Wurzel soll nuch mehr individualisirt werden, was

(13)

408j Steinihal, zur Sprachwissenschaft.

nicbt nacb constanten allgemeinen begriiflicben Kategorien ge¬

scbicbt, sondern in jedem einzelnen Falle nacb einer besondern

von Gefiibl und Pliantasie bestimmten Rücksicbt. Wie unbestimmt

und schwankend ist schon im Indoeuropäischen die Bedeutung

der zusammengesetzten Präpositionen, der Wortbildungssuffixe !

Bei jenem semitischen dritten Consonanten aber handelt es sich

noch nicht einmal um Wortbildung, sondern um eine Fortsetzung

der Wurzelbiidung. Onoinatopöie ist das Grundprincip; darum

kann aucb jeder Consonant gelegentlich die Rolle des dritten

übernehmen. Andererseits darf man ebendarum auch die Bedeu¬

tung desselben, wo sie sich mit Wahrscheinlichkeit erahnden lässt,

nicht zurückweisen, wiewohl sie sich niemals consequent durch¬

führen lässt. Es ist also zwar unpassend in ^3 - n , "13- n,

pa-n, aa-n, la-n, pr-n und puj-n in dem vorgesetzteu n

die Präposition cum zu sehen ; aber das n scheint allerdings

dieselbe Bedeutung zu haben, d. b. eine Verbindung auszudrücken,

nur nicht in der Kategorie der Präposition, sondern als Modi¬

fication der Wurzeln. Wenn in andern Wörtern das h diese

Bedeutung nicht baben knnn, so mag es eben auch ursprünglicli

und nicht modificirend sein. In nl3 - n , TOn, ^sn , Ipfl, Don

und Dün, mag es gerade eben so unbestimmt wirken wie cum

in concupiscere, coocido , concavare, concludo. Vergleicht man

nun weiter p3-n mit p3-T, so mag allerdings angenommen

werden, das t entspreche der Präpos. ad; denn dieses i mag

sicb zu jenem n ganz analog verhalten wie ad zu cum. Ebenso

mag es sein in "12 -T gehalten zu "in - n.

leb balte dafür, dass man die Wege der Erklärung verviel¬

fältigen müsse. Ich erlaube mir daher noch zwei Bemerkungen

der Prüfung Sachkundiger zu empfehlen. Es ist nicbt der min¬

deste Gruod vorbanden, ein dreiconsonantiges Nomen als Ablei¬

tung vom dreiconsonantigen Verbum anzusehen, oder eio zwei-

consonuntiges als solcbe vom zweiconsonantigen ; also ist

nicht abgeleitet von niE , DyU kommt nicbt von DSU, D5n iiicbt

von aan u. s. w. Viele solcher dreiconsonantiger Verba könnten

umgekehrt Denominativa sein, die Nomina aber auf eine zwei¬

consonantige Wurzel zurückzuführen. So könnte T]b'>2 recht wobl

von Tjbrj kommen, dies aber auf ']b zurückzuführen sein, --ma

von ";ua und dies von 'na . So wäre a eigentlicb wortbildendes

Präfix, welches erstarrt ist und als wurzelhaft behandelt und

gefühlt wurde. Fürst bat bemerkt, dass es viele Verba giebt,

welche mit n beginnen und denen eine zweiconsonantige Form

gegenübersteht, z. B. 3Nn und n3N , O.sn und INn und

"mN u. a. Auch hier könnten die Formen mit n Denominativ»

und das n also Bildungspräfix sein; gerade wie die Rabbinen

das Verbum oin bildeten, von naiin, so entstand 3Nn von

natjtn, Dt<n voo Dit«n, dieses aber von

' ■ Mit noch grösserer Vorsicht wäre Folgendes zu prüfen .

(14)

Sleinthal, zur Sprachwissenschaft. 409

könnte wohl gelegentlich die dreiconsonantige Wurzel uls eine

ganz eigenthümliche, von der gewöhnlichen durchaus ver¬

schiedene Composition zweier synonymer zweiconsooantiger

anzusehen sein, deren erste auf denselhen Consonanten auslautet,

als die zweite anlautet? Ich glauhe deutlich in prn die heiden

Wurzeln pT-t-TJ» erkennen, in = -fnur oder t]n-f nuy,

D-iD = o-irt-+-ie, -lap = 13-f-np, i:;p = is-f-Vp, iau) =

ia-f-3\ö. 'cl' würde dies eine Complexion der Wurzeln

nennen, sowohl des dahei stattfindenden Lautprocesses wegen,

als auch um dahei an den psychologischen Vorgang zu erinnern,

welcher mir hier vorzoliegeo scheint, und welcher von Herbart

mit jenem Namen benannt wird, indem er eine bestimmtere Auf¬

fassung der gewöhnlich sogenannten Ideenassociation aufstellt.

Der dritte Consonant entstand also dadurch, dass eine zwei-

coDsooaotige Wurzel durch ibre Bedeutung wie durch ihren zwei¬

ten Consonanten an die andere Wurzel erinnerte, deren zweiter

Consonant nun nach jenen zweien als dritter nachtönte.

Zu wie vielen Bemerkungen würde noch des Hrn. Renan

höchst werthvolles Werk Veranlassung geben ! Seine Charakte¬

ristik des semitiscben Volks- und Sprachstammes; seine Ansicht

über die beziehungsweise Altertbümlichkeit der einzelnen Sprachen

desselben und die daran sich knüpfende Annahme der Möglich¬

keit einer weitern Kntwickelung des grammatischen Kormhnus in

geschichtlicher Zeit eine Annahme, welche der Vorstel¬

lung des Vfs. von der sogleich fertig dem Geiste entspringen¬

den Sprache noch mehr widerspricht, als der allgemein herr¬

schenden Ansicht — ulles dies muss hier unbesprochen bleiben ;

«8 wird aber auch erst dann recht eingebend besprochen werden

können, wenn der zweite Tbeil des Werkes vorliegen wird, den

wir sehnlichst erwarten. So viel indess lasst sich auch heule

schon bemerken: des Vfs. Ansicht von der Spontaneität des

Geistes hat ihm bei alleu Fragen , deren Beantwortung er ver¬

sucht, geschadet. Während man früber, zumal in Frankreich,

alle Urschöpfungen der Menschen unsuh als gemacht mit Re¬

flexion: stürzt sich jetzt der Vf. in das Gegentbeil: alles macbt

sich hei ihm von selbst. Nicht blos», wie andere seiner Lunds-

leute gesagt hahen, l'homme n'inventc rien; sondern der Geist

schafft aucb nicbts, alles ist ihm gegeben. In dem übertriebenen

Streben, die Spontaneität, die ursprüngliche Zeugungskraft des

Geistes in Schutz zu nebmen , läugnet er die organische Knt¬

wickelung des GeisteH, und sinkt durcbuus herah zur mecha¬

nischesten Ansicht vom Geiste, welche möglich ist. Wie un¬

angemessen ist es, vom geistig organischen Keime zu sagen:

tout y est en tas sei Ist solche Ansicbt vielleicht noch weniger

ills un reste de la metbode des scolastiijues ?

Der Vf. kennt die wahre Scböpfuiigskraft des Geistes nicht.

Nuch ihm gelangt die semitiscbe Race zum Monotheismus sans

(15)

410 Sleinthal , zur Sprachwissenschafl.

aucun effort! vermutblich auch eiue — ich weiss nur nicht wel¬

che? — Offenbarung dei sive naturae. „Cette grande conquöte,

sagt er, ne fut pas pour eile l'effet du progres et de la reflexion philosophique: ce fut une de ses premieres aperceptions." Leichte

cooqudte! vermuthlich um so leichter, je grösser sie war! Als

wenn es zwischen der reflexion philosophique und den premieres

aperceptions keine Mittelstufen gäbe, keinen Raum für geistige

Arbeit, angestrengtes Schaffen, für vorscbreitende Entwickelung.

Es sei nur an Aescbylos erinnert: wie hat er den griechischen

Mythos gestaltet? Wenn der Vf. die auf jene erhabene Schöpfung

des Hebräervolkes bezüglicheo Thatsachen nicht unbeachtet ge¬

lassen hat, so bat er sie wenigstens nicht verstanden, nicbt

gewürdigt, weil zu solcher Würdiguog riebtigere Begriffe nö¬

thig sind.

Schliesslich spreche ich wiederholt die Hoffnung aus, der

Hr. Vf., wie der Leser, werde micb versteben. Auch ich weiss,

wie viel Gelehrsamkeit (zumal in den drei mittlem Büchern) und

wie viel Geist zur Hervorbrioguog eines solchen Werkes ge¬

hörte! Trotz der voo uns gemachten Ausstellungen muss doch

anerkannt werden, dass uns hier ein vollständiger und genauer

Recbnungsabschluss der semitischen Philologie des letzten Men-

scheoalters dargeboten wird. Eioe solche Arbeit, die so aus¬

gedehnte Einzelforschuogeo so übersichtlich zusammenstellt, so

schöo gruppirt, verdieot die höchste Anerkennung, wobei nocb

das persönliche Verbältniss des Vfs. in Betracht kommeo mag,

dass er als Fraozose eioe besoodere Schwierigkeit zu überwinden

hatte, die reichen deutschen Specialarbeiteu zu bewältigen. Es

sind in neuester Zeit, durch die Bemühungen um die babyloni¬

schen Keilinschriften , die Anfänge gemacht worden zu eiuem

Einblicke in ein weiteres Gebiet und ein höheres Alterthum des

Semitismus, als uns bisber zu erforschen gestattet war. üer Vf

hat hierauf nicht eingehen wolleo — icb deoke, mit Recbt. Nicht

nur, dass mao ibm nicbt verdenken kann, sein schon so wuit

gestecktes Feld nicht nocb weiter ausgedehnt zu haben ; sundurn

der Plan seines Werkes ging auf Zusammenfassung der sumilo-

logischen Vergangenheit bis auf die Gegenwart; jene Arboitün

aber über das babylonische Altertbum gehören mehr der Zukunft

an. Ohne Zweifel an der Vortrefflicbkeit dieser BemühuuK«»

muss man doch eingestehen, dass die Ergebnisse derselben uml,

nicht so abgeschlossen sind, um in einer allgemeinen lleberoii hl

des bisher Geleisteten Aufnabme finden zu können. Und c«

scheint mir aucb vun dieser Seite her der sulteii« WvtlU ilc^

Renan'schen Werkes nicbt beeinträchtigt zu wurdiiii.

(16)

Steinihal, zar Sprachieissenschafl. 4(1

II. Die aufsteigende Sprachentwickelung.

Durch den unermüdlichen Eifer und die, noch hesonderer

Anerkennung werthe, Selbstverleugnung des Hrn. Schiefner er¬

hielten wir vur kurzem aus dem Nachlasse Gastrin's endlich auch

ausführlichere und sichere Belehrung über die Sprache der Tun.

gusen : ,, Grundzüge einer Tungusischen Sprachlehre nebst kurzem

Wörterverzeichniss" (St. Petersburg 18.56.). Nur zwei Dialekte,

beide im Bezirk von Nertschinsk gesprochen, wurden von Castren

berücksichtigt, und nur die Nacbrichten über die mnnikowsche

Mundart sind als „ganz zuverlässig" bezeichnet — eine Mundart,

vou noch nicht 30()0 Seelen gesprochen. Fieberanfälle hatten

den Vf. zu einem Aufenthalte unter diesem .Stamme gezwungen,

der nicht in seinem Reiseplun gelegen hatte.

„Was geht uns denn nun diese armselige Sprache an, von

3000 Münden gesprochen, welche wahrlich die attische Muse

nicbt geküsst huti Muss man nicht Fieberhitze haben, um sich

damit zu beschäftigen!" — Vielleicht auch bloss ein warmes

Interesse am Menschen, wie arm auch der Arme leiblich und

geistig sei, und die Ueberzeugung, dass jede Sprache ein tiefes

Räthsel ist, für dessen Lösung wir uns zu Gott flüchten müssen.

Wenn ich aher nicbt irre, so wird dieses Mal das r.ieiden,

welches den Reisenden gegen seinen Willen zum .Aufenthalt

zwang, und der humane Kifer, jeden Aufenthalt, uuch den un-.

lieben, zum Krforschen des Menschen zu benutzen, noch ganz

hesonders belohnt. Wir besitzen auf dem Gebiete der altai-

uruliscben .Sprachen schon eine sehr ausgedehnte Kenntniss, eine

grosse Fülle voo Thutsacheo , aber eioe verwirrende Fülle, wel¬

che den forschenden Blick des Philologen noch wenig wuhrhaft

erkennen lässt. Nun ereignet es sich ja nicht selten, in der

Naturwissenschuft wie in der Geschrchte, dass eine neue Ent¬

deckung, die nn sich nur von geringem Belang wäre, dadurch

von grösstem Werthe wird , dass sie in eine unklare Menge lose

und äusserlich an einander hängender Thatsachen , welche oben¬

ein anderweitig hekannten Grundsätzen widersprechen, plötzlich

und unerwartet Licht und Zusammenhang hringt, indem sie da»

Gegehene sowobl in sich verbindet, als auch den allgemeinen

Gesetzen unterwirft, letztere selbst bereichernd und näher be¬

stimmend. So scheint es mir mit dem oben genannten tungusi¬

schen Diulekte zu sein. Die allgemeine Frage, um die es sich

hier handelt, ist in der Ueberschrift angegeben; sie verlangt

aher noch weiter bestimmt zu werden.

Die neuere vergleichende Sprachwissenschaft but für den

indoeuropäischen Sprachstamm den Grundsatz aufgestellt : der

äussere Bau oder die organische Form der Sprache hat im We¬

sentlichen ihre Vollendung noch vor der Theilung des Stammes

(17)

412 Sleinthal , sur SpracKwissemchaft.

in seine Aeste erreiclit, und die gestaltende Kraft der einzelnen

Spraclizweige ist nur eine secundäre, nicht ueuschaifcnde , sun¬

dern hloss schon Vorhandenes combinirend , und selbst dies nur,

um den Verlust primärer Formen zu ersetzen. Die Thätigkeit

und Schöpferkraft der einzelnen Volksgeister ist also wesentlich

nur auf den innern Ausbau der .Sprache, auf ibre rein geistige

Bereicherung , mit Hintansetzung der organischen Form , ge¬

richtet. Hiermit stimmt die Psychologie überein. Der Geist ent¬

wickelt sich in Formen, die er sich selbst schafft, die ibm aber

ulle nachgerade zu eng werden, die er uber auch alle, eine nacb

der andern, zersprengt. Demgemäss muss die Sprache, die erste

Wirkungsform des Geistes, nicht wenig leiden ; ja sie wird wesent¬

lich zerstört, desorgnnisirt. Mit dem allgemeinen Satze von der

vorschreitendeo Entwickelung alles Lebendigen ist nicbts gewon¬

nen; er muss für jeden einzelnen Fall, auf den er angewendet

werden soll , näher begränzt werden. Für die .Sprache nun ge¬

schieht dies nach dem eben Gesagten so: je ursprünglicher oder

alterthümlieber d. h. eigentlicb jünger eine .Sprache, desto rei¬

cher, frischer uod wuchernder ist sie in ihrer urgaoischeo Bil-

duog; vielleicht weniger regelmässig; aber mehr gesetzmässig.

Dieses organische Leben der .Sprache erhält sich um so läoger,

je träger der Geist, je mebr er nur vegetativ ist, je gleichför¬

miger das Volksleben in seinen primitiven Verhältnissen beharrt.

Geistige Entwickelung dagegen, Cultur und Civilisation, innere

Regsamkeit im Volke und lebendiger Verkehr mit andern Völkern,

oder gar tbätiges, schöpferisches Eingreifen in den Gang der

Weltgeschichte, zerstören den Sprachbau und befreien den Geist

von dem Gängelbande des Lautes. Dies ist in neuerer Zeit nach

W. V. Humboldt's Vorgange allgemein angenommen, und zuletzt,

und am ausführlichsten und consequentesten dargestellt von Heyse,

in seinem „System der .Sprachwissenschaft".

Dem gegenüber behaupteten Schott und Castren für den altai-

uralischen Stumm ein Aufwärtssteigen und eine fortschreitende

Entwickelung der Lebenskruft und Formfülle, und meinten, dass

uns die einzelnen Familien dieses Stammes die verscbiedenen

Stufen einer aufsteigenden oder wachsenden Bildung darstellten:

derartig, dass die ärmste und todteste Sprache die ursprünglich¬

ste wäre; die jüngste aber, d. h. letzte, von dem Ursprünge

fernste, die reichste und lebendigste.

Diesen Sprachforschern hat sich Max Müller angeschlossen,

der, in der Sphäre indoeuropäischer Philologie erwachsen, ihrer

Ansicht eiue bedeutende Stütze gewährt. Er sagt (hei Bunsen,

Cbristianity and mankind, III. S. 334): „Tbere is an ascending scale in thu grammatical life of Turanian (d. h. altai-urulischen) languages, running nearly parallel witb the political and literary

position of these nations. Tbe Tungusic brunch is tbe lowe::t;

ils grammar is not much richer than Chinese . . . Tbe Mungolic

(18)

Sleinthal, zur Sprachwissenschafl. 413

dialects excel the Tungusic, but, particularly in their written

language, the dilferent members uf speech are hardly as yet

articulated. The spoken idioms of Tungusinns, as well as Mon¬

golians, are evidently still struggling towards a more organic

life. Prof. Schott's remark, „that the Turanian verb in Mandshu

and Mongolian seems, as it were, inanimate, and receives its

life only in Turkish, by means of a connection of roots and

pronouns," requires modification, since Castren brought evidence

of ao iocipieot life in the grammar of the Burials and the

dialect of Nyerchinsk ... All this, however, is but a small

beginning, particularly if we compare the profusion of gram¬

matical stores which the Turkish languages display . . . Gastrin

says: Progrediente in dissertatione apparuit affixa personalia in

linguis Burjatica et Tungusica inchoata adhuc esse et quasi

nascentia, in Turcicis vero jam formd uti perfectiore

magisque explaoata, in Finnicis demum et Samojedicis linguis

summum evolutionis gradum adepta esse."

Auch ich glaube, dass allgemeine Sätze, welche durch die

Geschichte des indoeuropäischen Stammes erwiesen sind, darum

noch nicbt für alle Sprachstämme Geltung haben. . Jeder Stamm

trägt ein eigenthümliches Princip und Wesen in sich, welches

den Gang und die Weise seiner Kntwickelung eigenthümlich

modificirt. Es konnte mich also nicht beirren, in den altai-

uralischen Sprachen einen Entwicklungsgang zu erkennen, wel¬

cher der Weise der indoeuropäischen Sprachen entgegengesetzt

ist. Ja, den letztern, diesen allein wahrhaft organischen Spra¬

chen, wollte ich das Vorrecht der steigernden Uesorganisirung

ausschliesslich zuerkennen. Nur ihnen, meinte ich, sei es mög¬

licb geweseo, nachdem sie einmal die ersten grammatischen For¬

meo innerlich rein aufgefasst und äusserlich in der angemessen¬

sten I^autform ausgeprägt hatten , sogleicb das ganze System

der Grammatik frei und leicht, und wie mit einem Schlage, her¬

vorzubringen : wie der glückliche Dichter eine Idee sogleich io

ibrer wesentlichen Gliederung concipirt und bei ihrer weitern

Gestaltung mebr zuzusehen als mitzuwirken scheint. Wogegen

das untergeordnete Talent nur mühsam eine Idee fasst, mühsam

bearbeitet, ewig ändert, nie fertig wird, immer wieder eineo

neuen Ansatz nimmt: so, glaube ich, sei es allen andern Volks¬

stämmen ergangen. Die Ursprache der Indoeuropäer war voll-

eodet, und sie köoote sich our zersetzeo ; jede Weiterbildung

musste sich auf das Innere beschränken. Die Ursprache anderer

Stämme war unvollendet, und mit dem geistigen Aufschwünge,

welchem jedes Volk seine Ablösung vom Grundstocke, seine In¬

dividualität, verdankt, macbte es zugleich, von einem gewissen

GefUble der Unbefriedigtheit und dem damit verbundenen Drange

nach Abhülfe getrieben, den Versuch, seine Sprache zu berei¬

chern. So könnte sich nun heute uns eine Stufenleiter immer

2 7

(19)

414 Sleinthal, zur Sprachwissenschafl.

glücklicherer Versuche der Ausbildung und Vervollkommnung der¬

selben Ursprache darbieten, welche Stufen möglicherweise in bloss

idealem Zusammenbange stehen könnten, nicht nothwendig auch

genetisch nus einander entstanden zu sein brauchten. Die finni¬

schen Sprachen z. B. könnten möglicherweise von mandschurischer

Armuth aufsteigend durch die Stufe der türkischen Dialekte bin-

durchschreitend endlicb auf ihre Höbe gelangt sein. Doch ist

dieser Gang nicht der einzig denkbare; sondern es lässt sich

eben so wohl annehmen, dass schon mit der ursprünglichen Ab¬

lösung vom Urstock die Finnen so glücklich gewesen wären, die

ursprüngliche Armuth durch so ausserordentlichen Reichtbum zu

ersetzen; die Türken dagegen, in derselben Urzeit, zwar glück¬

licher als die IVIongolen gewesen wären, aber doch ärmer ge¬

blieben als die Finnen. Und so könnte auch in dem einen Falle

ein bloss idealer, im andern ein zugleich genetischer Zusammen¬

hang der Stufen stattfinden.

Der Ausdruck genetisch wird doch wohl nicht missverstanden

werden. Fs kann nicht die Meinung sein, als ob die finnischen

Sprachen wirklich die Töchter der türkischen wären, wie diese

des Mandschu. Es wird nur die .Annahme zulässig gedacht, dass

die Mutter des Finnischen so arm war wie das Türkische, und

die Mutter des Türkischen so arm wie das Mandschu.

Eine andere Ansicbt hat Böhtlingk ausgesprochen (Ueber die

Sprache der Jakuten S. XXIV): ,,Die losere oder festere Verbin¬

dung des Stoffes mit der Form ( d. h. des Stammes mit der

Flexionsendung) steht in genauem Zusammenhange mit dem Arti-

culationsvermögen eines Volkes, aber auch mit dem Alter und

dem häufigen Gebraucb der Fnrmen. In den indogermaniscben

Spracben, die in Betreff dieser Verbindung eine höhere Stufe als

z. B. die Ural-altaischen einnehmen, bat nacb meiner innigsten

Ueberzeugung die Formenbildung bedeutend früber als in den

zuletzt genannten Sprachen begonnen. Unter diesen Sprachen

wiederum ist das Finnische, wie icb glaube, früher als das

Türkisch-Tatarische und dieses wiederum früher als das Mongo¬

lische zur Formenhildung geschritten. In den ältesten Sprach¬

denkmalen der indogermanischen Völker gewahren wir die gram¬

matischen Formen auf einer Höhe, über die hinaus kein weiterer

Fortschritt geschehen ist. Die ural-altaiscben Sprachen , vielleicbt

mit Ausnahme des Finnischen, haben den Höhepunkt der ersten

Formenhildung noch nicht erreicht: wenn wir hier auf flexions¬

lose Wörter stossen, so sind dies Ueherreste aus einer ältern

Periode der .Sprache , wo die Flexioo oocb nicht entwickelt war.

Eine Vergleichung der mongolischen und kalmückischen Volks¬

sprache zeigt uns ganz deutlich, wie Formen sich in der jüng¬

sten Vergangenheit gebildet hahen." Auch Böhtlingk also er¬

kennt die aufsteigende Entwicklung in den altai-uralischen Spra¬

chen an, i^nterscheidet sich aber dennoch vou mir, d. h. von dem

(20)

Steinihal, zur Sprachwissenschaft. 415

soeben nU meine frübere Ansicbt ausgesprocbenen. Danach näm-

licli wird der Anfang der Formhildung aller Sprachen in die

Urzeit gelegt; und zwar ist dieser Anfang für alle Zweige eines

Stammes gleichzeitig, also auch für die des ural-altaiscben.

Die ärinern Sprachen wären entweder früher in ihrer Entwicke¬

lung stehen geblieben als die reichern, oder ihr Keim wäre

schwächer, iiihaltsärmcr gewesen ; sie wären also primitiver,

älter, als die reichern .Sprachen. Dugegen nacb Böhtlingk's

Ansicht ' ) wären allerdings die ärmsten Spracben des altai-urali¬

schen Stammes die neuesten, die reichsten dagegen die älte¬

sten ; sie wären dies aber in ganz anderer Weise als im Indo¬

europäischen. Im letztern Stamme sind die neuesten Sprachen

die ältesten, es sind verdorrte Zweige; in jenem sind sie wirk¬

lich in ihren Formen die jüngsten; zarte Sprösslinge von heute

und gestern. Das scheint mir aher nicht wahrscheinlich. Wenn

die Kalmücken üsädsbi bainutschi in ü s äd s h - än ü t s c h

zusammengezogen hahen, so ist dies eben Zusammenziehung,

nicbt Forinbildung. F'erner hätte uns Böhtlingk aucb sagen müs¬

sen, warum die Finnen heute noch kaum erst da stehen, wo

die Indoeuropäer schon mindestens löOO v. Chr. standen, und die

Mandschuren und Mongolen da, wo die Caucasier scbon 40t)0

V. Chr. gestanden haben. Sind die Mongolen später erschaflen ?

Ilaben sie heute grössere sprachbildende Kraft als vor KOOG Jah¬

ren ? und woher hätten sie sie genommen?

W. V. Humboldt hutte den Gegenstand, der uns hier be¬

schäftigt, auf dem malayisch - polynesischen Gebiet angetroffen,

und sich die Frage vorgelegt, ob die reichere westliche Abthei¬

lnng desselben, oder die ärmere und ärmste östliche die ur¬

sprüngliche Form zeige. Das unvollendet gebliebene Werk aber

gibt keine Antwort.

Innerhalb der semitiscben Philologie, wo sich dieselbe Frage

erhoben hat, sind die Ansichten noch getbeilt; und während Fürst

das Aramäische, den rauben, vocal-armen Dialekt, für den alter¬

thümlichsten hält, nennen .Andere die vocal- uod form-reiche

arabiscbe .Sprache das Saoskrit des Semitischen. So neuerdings

Bunsen, der eine auf- und eine absteigende Linie der Bntwicke¬

lung der semitischen Sprachen verzeicbnet (Christianity and man¬

kind III. S. 182 ff.). Aufwärtssteigend folgen einander: der

Chamitismus in der Hieroglyphen-.Schrift , dus Alt-Chaldäische in

den Keil-Inschriften von Babylon und Ninive, das Arabische; ab¬

wärts: Hebräisch und Cananitisch , mittleres Chaldäisch, späteres

Chaldäisch oder .Aramäisch und Syrisch. Diese Stufenfolge nimmt

t) Wir berücksichtigen hier aus der angeführten Stelle Bühtlingk's nur

was zu unserm gegenwürtigen Thema gehört. Was Hr. Böhtliugk in der

citirten Einleitung gegen meine ,,Cla$sincation der Sprachen" gesagt hat, wird srhon noch seine volle Würdigung meinerseits finden.

(21)

41Ö Steinihal, zar Sprachwissenschafl.

aber BuDsen in dem genetiscben, nicbt bloss im idealen Sinne an.

Denn, heisst es das. S. 183, the Hebrew is oot the daughter of

Arabic: it appears io its monuments, on the contrary, as the

woro-off form of a collateral braoch of the .Arabic, just as Old

High Germao presupposes, as mother, a braoch collateral with

Gothic; die Muttersprache des Hebräischen war also so reich wie

die arabische Sprache. (Jod aodererseits heisst es S. 182: The

less developed laoguage will have branched off from the original

stock at an earlier period thao tbat which preseots a higher degree

of development. This forms tbe ascending line of development:

woraus folgt, dass auch das Arabiscbe einst so arm war wie

das alt- chaldäische , und dieses friiher wie das Cr-Cbamitische

(S. 206). Obwohl nun bier und an andern Stellen ganz ent¬

schieden die grössere Ursprünglichkeit des Arabischeu im Ver¬

gleich zum Hebräiscben behauptet wird , so wird dennocb von

Bunsen an andern Stellen die nähere Uebereinstimmung des He¬

bräischen mit dem .Alt-Chaldäischen ausgesprochen und dadurch

dem Hebräischen eine grössere Altertbümlichkeit zuerkannt. Nach

S. 214 sind unter 18 zweicoosooaotigeo Wurzeln des Alt-Chal¬

däischen zwei, die nur noch iro /^rabischen vorkommen; 14 sind

im Hebräiscben und 7 nur da (S. 207). Ja, wer nicht zugesteht,

dass al und aram. selaq, rad und nekhat, ba und 'atäb , bar und

khälaf und 'adä identisch sind, muss behaupten, dass von jenen

18 Wurzeln sogar 11 nur nocb im Hebräischen sich finden. So

wird auch S. 215 von dem tenacious character of historical He¬

brew gesprochen, worauf es sogleich weiter beisst: The pronouns

(nämlich des Alt-Chaldäischen) are remarkable for showing tbat

whatever is not entirely different from the historical Semitic is

found exclusively, or at least best preserved, in Hebrew. Sollte

mao aus solchem Satze nicht scbliessen müssen, das Hebräische

näbere sich am meisten dem Alt-Chaldäischen und müsse in die

aufsteigende Linie vor das Arabiscbe gestellt werdeu? zumal da

selbst der ältere, südliche Zweig des .Arabischen, das Himyariti-

Bche sicb näher an das Hebräische als an das gewöhnlich soge¬

nannte Arabische anschliesst (S. 222).

Wir kommen also durch Bunsen zu keiner entschiedenen und

klaren Antwort auf uosere Frage. Weodeo wir uns an Renan,

so können wir zuerst staunen, voo diesem Skeptiker folgende

entschiedene Behouptung zu hören (Histoire des langues Semiti¬

ques S. 127): Les caracteres generaux de la langue hebraYque

sont eminemment ceux de la familie semitique, dont eile est le

type le plus parfait, en ce sens qu'elle nous a conserve des traits

de physionomie primitive que le temps a effaces dans les idiomes

congeneres. Ainsi, les racines monosyllabiques et biliteres y sont

plus reconnaissables que partout ailleurs; la raisoo des mots y

parait mieux ä nu, et plusieurs des precedes grammaticaux qui,

dans les autres dialectes, ont pris une extensioo considerable.

(22)

Sleinthal, sur Sprachwissenschaft.

ne s'y montront qu'en g-erme. Es kann niclit von Bedeutung- sein,

wenn S. 206 zu derselben Ansicbt die Beschränkung hinzugefügt

wird : Ce qui n'empecbe pas que l'arameen n'ait pu conserver des

traits d'anciennete qui manquent dans 1' bebren. Es geht aber

aus jener Stelle nicht nur die höhere Altertbümlichkeit des He¬

bräischen , sondern auch die aufsteigende Entwickelung des Se¬

mitismus hervor. Das Arabische hat also weiter entwickelt, was

im Hebräiscben nur angedeutet lag. Aucb aus andern Stellen

gebt hervor, dass Hrn. Renan die Armuth für dus Ursprüngliche,

der Reichthum für die spätere Entwickelung gilt; so z. B. S. 84

und auch in Bezug auf das Verbältniss zwischen dem Aethiopi¬

sehen und Arabischen (S. 307).

Alle diese Sätze aher stimmen nicht überein mit Hrn. Renan's

allgemeiner Ansicbt vom VVesen und Verhältniss der Dialekte und

der Entwickelung der Sprache überhaupt. Er behauptet nämlich:

Les dialectes n'ont pas etc precedes d'une langue unique. S. 92:

Loin done de placer l'unite ä l'origine des langues, il faut envi-

sager cette unite comme le resultat lent et tardif d'une civilisa¬

tion avancee. Au commencement, il y avait autant de dialectes

que de families, de confreries , je dirais presque d'iodividus. ünd

hieran schliesst sich: Une des lois les plus generales revelees

par la philologie comparee, est que loin de se developper par la

suite des ages, les langues tendent plutöt ä perdre en vieillis-

sant des mecanismes precieux. VVie stiiniiit das zum Vorhergehen¬

den? .Sehen wir aber die Sache noch näher an.

Hrn. Renan's Ansicht über die Ursprache und das Verhält¬

niss der Dialekte zu ihr ist folgende: Les langues qu'on peut

appeler primitives sont riches parce qu'elles sont sans limites.

Chaque individu a eu le pouvoir de les truiter presque .-t sa fan-

taisie; mille formes superllues se sont produites. C'est un arbre

d'une Vegetation puissante, auquel la culture n'a rien retranche,

et qui etend capricieusement et au basard les rumaux luxuriants

(S. 92); et si l'on convient d'appliquer aux Varietes ( d. b. die

gleichbedeutenden Formen, les formes inutiles, Ics superfetations)

qui se produisaient alors le nom de dialectes, au lien de placer

avant les dialectes une langue unique et compacte, il faudra dire

au contraire, que cette unite n'est resultee que de 1' extinction

successive des varietas dialectiques (S. 93). Und eben so heisst

es, die gesonderten Dialecte seien allerdings nicht das Erste.

Sondern: C'est ä une epoque bien posterieure que telles et telles

proprietes grammaticales sont dcvenues, en se groupant, le

trait distinctif dc tel et del idiome. Ces propriet^s existaient

d'abord dans un melange qu'on a pu prendre pour la Synthese,

mais qui n'etait que la confusion. L'esprit bumain ne debute ni

par la synthese ni par I'analyse, mais par le syncretisme ... En

un mot, — existence confuse et simultanee des varietes dia¬

lectiques, — existence independantes des dialectes, — fusion de

Bd. XI. 27

2 7.

(23)

4läi Sleinlhal, zur Sprarliwissenschafl.

CCS Variete» dans une unite plus 6tendue, tels sont les trois de¬

gres qui correspondent dans la marclie des langues uux trois

phases de toute existence, soit individuelle, soit collective (S. 94).

Die Sprache also heginnt mit einem Chaos und in ein Chaos fliesst

alles wieder zusammen. üie üialekte sind die mechanisch ge¬

theilte Trsprache; einer so primitiv wie der andere; nur umfasst

der eine einen grösseren Theil der zur Ursprache gehörenden

Masse lexikalischer und grammatischer Elemente, der andere

einen geringem. Man beklagt sich, W. v. Humboldt und die

Deutschen überhaupt seien niclit klar. Nun denn, wer eine klare

Ansicht über den hier zu besprechenden Gegenstand haben will,

nehme die vorstehende des Hrn. Renan: sie ist klar und nett. —

Und warum bat denn, wie schon oben gezeigt, Hr. Renan selbst

sie immer wieder fallen lassen? Denn sagt er nicht S. 84:

I/hebreu pent 6tre considere comme plus ancien que l'arabe;

parce que la premii^rc, ayant moins vecu , s'est moins developpee

(|ue la seconde, et presente ainsi avec plus de purete le Systeme

primitif de la familie k laquelle eile appartient. Entwickelung

nber und System und Typus und Reinheit wurde von der klaren

Ansicbt geläugnet, und damit das Wesen des Geistes überhaupt,

weil sie seine Schöpferkraft, Entwickelung und .System nicht be¬

greift. Und so ist diese klare Ansicbt zwar vielleicht historisch

und experimental und dennocb scholastisch und nicbts erklärend,

weil unmetapliysiscb.

Wir kehren jetzt zu den tungusischen Sprachen zurück.

Denn wir sind der Meinung, dass die Frage über das gegen¬

seitige Verhältniss der Diulekte für jeden Spraebstamm

besonders untersucht werden muss — natürlich historisch,

aber mit richtigen metaphysischen Voraussetzungen, die wir hier

verschweigen.

Die Ansicbt Schott's, Castren's und Müller's und besonders

meine eigene früliere beruht auf der stillschweigenden Voraus¬

setzung, dass die mandschurische Sprache, die ärmste des Stam¬

mes, auch die ursprünglichste desselben sei. Wenn es mir nun

gelingen sollte, im Folgenden den Beweis zu fübren, dass das

Mandschu im Gegentbeil weniger ursprünglich ist als die reichern

Dialekte, und überhaupt ganz und gar desorganisirt ist; dass

zum Verständniss seiner Formen die Voraussetzung einer älteren

reichern Formation unerlässlich ist, welche sich durch Verglei¬

chung des nun durch Castren und Schiefner bekannt gewordenen

reichern tungusischen Dialektes in vielen Punkten reconstruiren

lässt: würde dann nicht der obigen Ansicht der ganze Boden

entzogen, auf dem sie ruht? würde es dann nicht wahrscheinlich,

dnss auch im Altai-Uralischen , wie im Indoeuropäischen, wesent¬

lich eine ah-, keine aufsteigende Entwickelung des Formenbaues

angenommen werden darf?

Gehen wir also an eine näbere Betrachtung des Mandschu,

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