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Verantwortung statt Veto

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Academic year: 2022

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Keine Macht ohne Verantwortung

Verantwortung statt Veto

Wer im Duden nach „Verantwortung“ sucht, dem wer- den gleich zwei Definitionen vorgeschlagen. Zum einen steht dort die Verpflichtung, „[...] dafür zu sorgen, dass alles einen möglichst guten Verlauf nimmt [...]“.

Zum anderen beschreibt das Wörterbuch Verantwor- tung als Verpflichtung „für Geschehenes einzustehen“.

Wenn die Grundlage der deutschen Rechtschreibung den Begriff also auf zwei verschiedene Weisen – mit Blick auf die Zukunft oder Vergangenheit – liest, wie viel Interpretationsspielraum entsteht dann dort, wo sich Verantwortung konzentriert: an der Spitze von politischen Systemen? Was bedeutet Machthaber:in- nen ihre Verantwortung, wie interpretieren sie diese?

DEM VETO WIRD SICH BEDIENT UM UNLIEBSAME ENTSCHEIDUNGEN ZU BLOCKIEREN

Das politische Spielfeld zeigt: mit sehr viel Freiheit.

Und das wird nirgendwo deutlicher als beim Veto – einem Mechanismus, dessen sich Staaten bedienen, um unliebsame Entscheidungen zu blockieren. Das passiert vor allem dort, wo Zusammenarbeit wichtig ist. Innerhalb internationaler Organisationen wie der Europäischen Union oder den Vereinten Nationen. Mit einem Veto wird der Prozess umgangen, der eigentlich den Kern der Zusammenarbeit ausmachen sollte: eine gemeinsame Lösung durch Debatte und Konsens zu erarbeiten, verantwortungsvoll einen gemeinschaft- lichen Beschluss umzusetzen.

Die Folgen der Veto-Politik sind fatal. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist im Syrienkrieg handlungs-

unfähig, weil die Vetomacht Russland Resolutionen blockiert. Für die Menschen im Kriegsgebiet be- deutet das, seit 2011 jeden Tag um das eigene Leben zu fürchten. Die internationale Zusammenarbeit als vermeintlich größte Errungenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg existiert im Syrienkrieg nur auf dem Papier.

WANN LÖST SICH DIE EU VOM PRINZIP DER EINSTIMMIGKEIT?

Auch die Europäische Union sträubt sich dagegen, sich vollständig vom Prinzip der Einstimmigkeit zu lösen. Bei Abstimmungen gilt zwar in großen Teilen das Votum der qualifizierten Mehrheit, also die Ent- scheidung, die mindestens 55% der EU-Mitglieds- staaten mit mindestens 65% der EU-Bevölkerung be- fürworten. Änderungen zum Steuerrecht müssen aber beispielsweise noch immer einstimmig beschlossen werden, damit sie in Kraft treten können. Stimmt eines der 26 Mitgliedsländer einem also Vorhaben nicht zu, wird es nicht umgesetzt. Jedes Mitglied ist damit automatisch Vetomacht.

EINZELNE STAATEN BLOCKIEREN MIT DEM VETO WICHTIGE BESCHLÜSSE

Das Veto sollte historisch dafür sorgen, dass Staaten mit konträren Ansichten überhaupt einen Anreiz haben, zusammenzuarbeiten. Wer die Option hat, Entschei- dungen zu blockieren, der muss nicht fürchten, dass sie sich zum Nachteil der eigenen Bevölkerung richten – so die Theorie.

Was im Nachgang des Zweiten Weltkriegs einzelne Kooperationspartner schützen sollte, hat sich aber spätestens Ende des 20. Jahrhundert ins Gegenteil verkehrt. Einzelne Staaten blockieren Beschlüsse, die innerhalb der Organisationen eine deutliche Mehrheit finden. Vetomächte bringen damit ein Ungleichge- wicht in die internationale Zusammenarbeit. Inter- nationale Politik agiert in Zeitlupe, weil sich auf dem Spielfeld Einzelinteressen gegenüber kosmopoliti- schem Gemeinwohl behaupten.

SASKIA PATERMANN

Schülerin der Kölner Journalistenschule

„Veto-Mechanismen müssen weg. Sie tra- gen zu ungleichen Kooperationsbedingun- gen bei. Veto- und Einstimmigkeitsprin- zipien mögen für die einen als Garant für Kooperation gelesen werden. Tatsächlich aber bedeuten Kooperation und Konsens vor allem auch Abgabe von Souveränität.“

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Keine Macht ohne Verantwortung

VETO-MECHANISMEN TRAGEN ZU UNGLEICHEN KOOPE- RATIONSBEDINGUNGEN BEI

Internationale Zusammenarbeit funktioniert nicht, wenn die Schere zwischen mächtigen und schwachen Staaten durch ein Ungleichgewicht in Abstimmungen weiter geöffnet wird. Veto-Mechanismen müssen weg. Sie tragen zu ungleichen Kooperationsbedingungen bei. Veto- und Einstimmigkeitsprinzipien mögen für die einen als Garant für Kooperation gelesen werden.

Tatsächlich aber bedeuten Kooperation und Konsens vor allem auch Abgabe von Souveränität. Wer heutzu- tage ein Veto will, hat an echter Zusammenarbeit kein Interesse.

Wir sind im Einzelnen dazu bereit, Souveränität ab- zugeben. Wir sind bereit, uns an das Grundgesetz zu halten, an die Regeln unseres Bundeslandes, der Stadt, in der wir wohnen. Wir zahlen Steuern und setzen Masken auf. Und es klappt. Ohne Veto.

FORTSCHRITT HEISST GEMEINSAM ZU HANDELN Das müssen wir nun auch auf das globale Spielfeld projizieren. Wer Verantwortung übernehmen möchte, für sich, seine Mitmenschen, seine Bevölkerung, muss zu Abstrichen bereit sein. Wer fortschrittlich sein will, sollte gemeinschaftlich handeln.

Die internationale Politik wird das nicht schaffen, solange sie an vergilbten Mechanismen festhält. Im Angesicht von Genoziden wie im Syrienkrieg muss die internationale Gemeinschaft Druck ausüben und Sanktionen verhängen, mehr denn je. Ob Handels- embargo oder Strafzölle – die Vergangenheit hat gezeigt, mit welchen Schachzügen international Position bezogen werden kann. Wenn das bereits in bilateralen Handelsbeziehungen funktioniert, dann funktioniert es erst recht, wenn sich Staaten ver- bünden. Wer Fortschritt blockieren will, muss damit rechnen, selbst blockiert zu werden.

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IMPRESSUM

Alfred Herrhausen Gesellschaft

Mitglieder der Geschäftsführung: Dr. Anna Herrhausen und Daniela Kaiser Unter den Linden 13-15

10117 Berlin

Tel. +49 (0)30 3407 5559 Fax. +49 (0)30 3407 4209 E-Mail: info.ahg@db.com

Handelsregister: AG Charlottenburg, 116881B

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