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Durch die Bibel
Sprüche (Einführung)
DAS BUCH DER SPRÜCHE: GOTTES WEISHEIT FÜR DAS LEBEN
Das Buch der Sprüche – mit ihm wollen wir uns in den kommenden Wochen beschäftigen. Und nun, in der ersten Sendung dazu, gibt es eine Einführung zu diesem praktischen Buch der Bibel. Und außerdem einige Hinweise dazu, wie wir die Weisheiten dieses Buches besser verstehen können.
Das Buch der Sprüche wird zur sogenannten Weisheitsliteratur des Alten Testaments gezählt. Zu dieser Gruppe gehören das Buch Hiob, die Psalmen, das Buch der
Sprüche, das Buch des Predigers und das Hohelied Salomos. Ein gemeinsames Kennzeichen dieser alttestamentlichen Schriften ist, wie es auch der Name schon anklingen lässt, zum einen die inhaltliche Konzentration auf die Weisheit in den verschiedensten Lebensbereichen. Und zum anderen ist ihnen der poetische, lyrische oder literarische Stil der hebräischen Sprache gemeinsam.
Drei Bücher dieser Weisheitsliteratur stammen von König Salomo: Der größte Teil des Buches der Sprüche, das Buch des Predigers und das Hohelied Salomos. Das Buch der Sprüche ist das Buch über die Weisheit für das Leben. Das Buch des Predigers dagegen ist das Buch über die Vergänglichkeit und Torheit des Lebens.
Und das Hohelied Salomos ist das Buch über die Liebe. Und die Liebe ist dabei so etwas wie die Krönung der Weisheit und die Überwindung der Vergänglichkeit.
Salomo war Experte in allen drei Bereichen. In der Bibel, im ersten Buch der Könige, steht über ihn: „Und er dichtete dreitausend Sprüche und tausendundfünf Lieder“ (1 Kön 5,12). Von den tausendundfünf Liedern, die Salomo schrieb, kennen wir nur das Hohelied Salomos sowie Psalm 72 und Psalm 127. Und von seinen dreitausend Sprüchen ist uns nur ein kleiner Teil überliefert. Über Salomos Weisheit lesen wir weiter im ersten Buch der Könige: „Er dichtete von den Bäumen, von der Zeder an auf dem Libanon bis zum Ysop, der aus der Wand wächst. Auch dichtete er von den Tieren des Landes, von Vögeln, vom Gewürm und von Fischen. Und aus allen
Völkern kam man, zu hören die Weisheit Salomos, und von allen Königen auf Erden, die von seiner Weisheit gehört hatten“ (1 Kön 5,13-14).
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Im Buch der Sprüche lesen wir größtenteils Weisheitssprüche Salomos. Ein
Weisheitsspruch ist ein einprägsamer Satz, der eine bestimmte Wahrheit vermittelt, indem er sie kurz und bündig auf den Punkt bringt. Weisheitssprüche verdichten in kurzen Sätzen die Erkenntnisse einer langen Lebenserfahrung. Ein Weisheitsspruch bringt eine Wahrheit in eine literarische Form, die wir uns leicht einprägen können.
Die Weisheitssprüche sind eine Art Philosophie, die auf Lebenserfahrung gegründet ist. Sie lehren uns Grundsätze für ein gelingendes Leben und ein kluges Verhalten in unserem Alltag. Ein Weisheitsspruch ist ein prägnanter Satz, ein altes Sprichwort, ein Leitsatz, eine Lebensweisheit oder ein sinnhafter Spruch. Der Schlüsselvers zum Verständnis des Buches der Sprüche ist der Vers 7 im ersten Kapitel. Dort lesen wir:
„Die Furcht des HERRN ist der Anfang der Erkenntnis. Die Toren verachten Weisheit und Zucht“ (Spr 1,7).
Der alte Orient ist die Geburtsstätte der Sprichwörter, die sich nun auch so ähnlich im Buch der Sprüche des Alten Testaments finden. Vermutlich sammelte Salomo viele von ihnen aus unterschiedlichen Quellen. So wurde er meiner Meinung nach zum Herausgeber des Sprüchebuches im Alten Testament, wobei er einige Sprüche darin selbst verfasste und um andere, die er gesammelt hatte, ergänzte. Nach meinem Verständnis wurde Salomo in diesem Prozess vom Geist Gottes geleitet, wie die übrigen Schreiber der Bibel auch. Das bedeutet, wir haben im Buch der Sprüche eine von Gott inspirierte Niederschrift von Weisheitssprüchen, die entweder von Salomo verfasst wurden oder aus anderen Quellen stammten, die Gott aber sozusagen mit seinem Stempel beglaubigt hat, wie wir noch sehen werden.
Manche Bibelausleger weisen darauf hin, dass im Buch der Sprüche ein Wechsel des Fürwortes zu beobachten ist, nämlich ein Wechsel von der zweiten Person zur dritten Person; von einem Du, das direkt angesprochen wird, zum „Er“ oder „Sie“.
Daraus schließen manche Bibelausleger, dass die Weisheitssprüche, die sich an die zweite Person richten, Sprichwörter sind, mit denen Salomo von seinen Lehrern unterwiesen wurde. Und die Sprichwörter, die in der dritten Person formuliert sind, seien diejenigen, die Salomo selbst verfasst habe.
Es gibt einige charakteristische Merkmale und Besonderheiten für das Buch der Sprüche des Alten Testaments. Und ich denke, wenn wir sie kennen, hilft uns das sehr, den Inhalt der biblischen Sprüche besser zu verstehen:
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(1) Das Buch der Sprüche enthält genaue Beobachtungen. Ein Beispiel dazu:
„Behüte dein Herz mit allem Fleiß, denn daraus quillt das Leben“ (Spr 4,23). Dies ist eine äußerst bemerkenswerte Aussage. Denn erst etwa zweitausendsiebenhundert Jahre später, im siebzehnten Jahrhundert nach Christus, entdeckte der englische Arzt William Harvey den Blutkreislauf und dass es das Herz ist, das das Blut durch diesen Kreislauf pumpt. Das war eine bis dahin nicht vorstellbare Entdeckung. Schon allein dies sollte jedem denkenden Menschen deutlich machen, dass das Buch der Sprüche von Gott inspiriert ist.
(2) Im Buch der Sprüche begegnen wir hohen moralischen und ethischen
Maßstäben. Das heißt, seine Aussagen stimmen mit Gottes Geboten überein, die wir aus den anderen biblischen Büchern kennen. So finden Sie auf den Seiten des Buches der Sprüche einfach keine unmoralischen Aussprüche – ganz im Gegensatz zu manch anderen Schriften des Altertums. Jemand sagte einmal, der griechische Philosoph Sokrates, der nach Salomo lebte, aber noch vor der Menschwerdung Jesu, – Sokrates sei „ein Christ vor Christus“ gewesen – was natürlich nicht möglich ist. Die Bewunderer des Sokrates wollen damit zum Ausdruck bringen, er habe eine hohe moralische und ethische Auffassung vertreten. Doch in seinen Schriften finden sich zum Beispiel Aussagen zur Prostitution, die mit Gottes Sicht auf die menschliche Sexualität nicht in Einklang zu bringen sind.
Wer sich schon einmal mit dem Sprüchebuch in der Bibel beschäftigt hat, stimmt mir vielleicht zu: Auf den ersten Blick hat man den Eindruck, es handelt sich um eine Sammlung von Sprüchen und Sprichwörtern, bei der nicht viel Wert darauf gelegt wurde, die einzelnen Aussagen in irgendeiner Form bewusst anzuordnen. Doch einige Bibelausleger erkennen im Aufbau dieses Buches sehr wohl eine sorgfältig überlegte Anordnung der verschiedenen Weisheitssprüche. Und nach ihrer
Auffassung erzählt das Buch der Sprüche eine Geschichte. Und diese Geschichte werden auch wir im Laufe unserer Auslegung entdecken. Es ist die Geschichte eines jungen Mannes, der sich anschickt ins Leben aufzubrechen. Und um ihn auf diesem Weg beizustehen, begleiten ihn die Weisheiten des Buches der Sprüche – mit dem Ziel, dass das Leben dieses jungen Menschen gelingt. Die grundlegende Weisheit des Buches, auf der alles weitere aufbaut, fasst der Vers 7 im ersten Kapitel des Sprüchebuches zusammen: „Den Herrn ernst nehmen ist der Anfang aller
Erkenntnis. Wer ihn missachtet, verachtet auch Weisheit und Lebensklugheit“
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(Spr 1,7), so nach der Übersetzung der „Guten Nachricht Bibel“. Dieser Vers ist der Schlüssel zum Verständnis des ganzen Buches.
Der gute Rat, den uns das Buch der Sprüche geben will, ist heute noch so aktuell wie vor dreitausend Jahren. Weil es letztlich Gott selbst ist, der durch dieses Bibelbuch zu uns spricht, ist die Weisheit des Sprüchebuches nicht allein an ein bestimmtes Zeitalter gebunden. Nein, seine Wahrheiten über das Leben reichen über alle Grenzen hinaus, seien es zeitliche, kulturelle oder geografische. Denn Gott ist der Schöpfer, der Schöpfer des gesamten Universums und der Erde. Und er ist der Schöpfer allen Lebens und jedes einzelnen Menschen. Wenn jemand weiß, wie unser Leben gelingen kann, dann er. Die Wahrheiten über das Leben im Buch der Sprüche, sind immer noch wahr. Und sie werden es immer bleiben. Es ist ein hilfreiches Buch für jeden von uns.
Jemand erhebt vielleicht folgenden Einwand: „Im Sprüchebuch ist nichts vom Evangelium zu finden.“ Doch ich meine, das ist ein vorschnelles Urteil. Der Eine in diesem Buch, dessen Weisheit es enthält, ist doch der eine Gott. Und der ist Gott der Vater und Jesus, Gott der Sohn, und Gott der Heilige Geist. Wie sagte Jesus: „Wer mich sieht, der sieht den Vater! Ich und der Vater sind eins“ (Joh 14,9 und 10,30).
Und Paulus betonte: „Wir predigen Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit“ (1 Kor 1,21).
Das Buch der Sprüche ist kein willkürlicher Mischmasch unzusammenhängender Aussagen. Es ist auch keine unsinnige Abhandlung über alles und nichts. Nein, auch dieses Buch der Bibel hat Hand und Fuß. Sein Inhalt ist sinnvoll angeordnet, seine Form wohldurchdacht. Und seine Argumente leuchten ein. König Salomo, den ich ja für den Herausgeber des Sprüchebuches halte, hat zu seiner Arbeitsweise
geschrieben: „Der Prediger war ein weiser Mensch, der seine Erkenntnisse an das Volk weitergab. Er dachte über viele Lebensweisheiten nach, prüfte ihren Inhalt und brachte sie in eine schöne Form.“ So im Buch des Predigers, Kapitel 12, Vers 9 – nach der Übersetzung der Bibelausgabe „Hoffnung für alle“. Wie schon erwähnt, gehe ich ja davon aus, dass Gott Salomo in diesem Prozess der Entstehung des Sprüchebuches durch seinen Geist geleitet hat. Und aus dem ersten Buch der
Könige wissen außerdem: Es war Gott, dem Salomo seine Weisheit und auch seinen wachen Verstand verdankte. So lesen wir im fünften Kapitel des ersten Buches über die Könige Israels: „Und Gott gab Salomo sehr große Weisheit und Verstand und
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einen Geist, so weit, wie Sand am Ufer des Meeres liegt, dass die Weisheit Salomos größer war als die Weisheit von allen, die im Osten wohnen, und als die Weisheit der Ägypter. Und er war weiser als alle Menschen, auch weiser als Etan, der Esrachiter, Heman, Kalkol und Darda, die Söhne Mahols, und war berühmt unter allen Völkern ringsum“ (1 Kön 5,9-11).
Und nun noch eine Anmerkung, die das Lesen des Sprüchebuches für Sie zu einer aufregenden Erfahrung machen wird: In diesem biblischen Buch werden Sie für jeden Ihrer Freunde und Bekannten einen Spruch finden, der sehr treffend zu der jeweiligen Person passt. Doch vielleicht ist es weise, den jeweils passenden Spruch ihnen gegenüber nicht zu erwähnen. Auf jeden von uns wird ein Sprichwort zutreffen.
Deshalb denke ich, unsere Entdeckungstour durch das Buch der Sprüche wird uns viel Vergnügen bereiten.
Der Theologe Arno Clemens Gaebelein hat die literarische Form der biblischen Sprichwörter sorgfältig untersucht. Und ich finde, seine Erkenntnisse können uns sehr helfen, die Aussagen der Sprüche in der Bibel besser zu verstehen. Die meisten Weisheitssprüche bestehen aus zwei Teilen, die zusammengehören. Diese beiden Teile treten sozusagen als Paar auf. In unserer Literatur kennen wir etwas Ähnliches, den sogenannten Paarreim. Im Hebräischen beziehen sich die beiden Teile eines Spruches meistens jedoch inhaltlich aufeinander, weshalb man diese literarische Form der hebräischen Sprache „Parallelismus Membrorum“ nennt. Die Aussagen der beiden Satzteile sind sozusagen inhaltlich parallel. Die hebräische Dichtkunst kennt keine Reime und kein Versmaß, wie uns das aus unserer Poesie vertraut ist.
Sondern die hebräische Dichtung besteht aus dem parallelen Inhalt der zwei Spruchteile. Drei Arten des Parallelismus sind nach Arno Clemens Gaebelein zu unterscheiden.
(1) Der bedeutungsgleiche Parallelismus. Hier gibt der zweite Teil des Spruches den gleichen Inhalt wieder wie der erste Teil, aber mit andern Worten. Ein Beispiel: „Den Spöttern sind Strafen bereitet und Schläge für den Rücken der Toren“ (Spr 19,29).
(2) Der gegensätzliche Parallelismus. Die Wahrheit aus dem ersten Teil des Sprichwortes wird durch den zweiten Teil des Spruches verstärkt, indem dort die entgegengesetzte Wahrheit gegenübergestellt wird. Auch hierzu ein Beispiel: „Das
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Licht der Gerechten brennt fröhlich; aber die Leuchte der Gottlosen wird verlöschen“
(Spr 13,9).
(3) Der fortschreitende Parallelismus. Hier entwickelt der zweite Teil des
Sprichwortes den Gedanken des ersten Teils weiter. Wie in diesem Beispiel: „Das Drohen des Königs ist wie das Brüllen eines Löwen; wer ihn erzürnt, der sündigt wider das eigene Leben“ (Spr 20,2). Hier ist der erste Teil ein bildhafter Vergleich:
Wie das Brüllen eines Löwen Furcht einflößt und eine drohende Gefahr darstellt, so kann auch die Macht eines Königs gefährlich werden, sollte sie sich gegen einen selbst wenden. Daraus zieht der Spruch nun im zweiten Teil eine Schlussfolgerung.
Der zweite Teil entwickelt also den Gedanken des ersten Teiles weiter und kommt zu dem Schluss: Einen König erzürnt man besser nicht, sonst setzt man sein Leben aufs Spiel. Soviel zum „Parallelismus Membrorum“, dem Parallelismus der Satzteile in der hebräischen Dichtkunst
Das Buch der Sprüche im Alten Testament lässt sich in fünf große Teile gliedern: Der erste Teil handelt von „Der Weisheit und der Torheit, die einander gegenübergestellt werden“. Er umfasst die Kapitel 1 bis 9.
Den zweiten Teil bilden „Die Spruchweisheiten des Königs Salomo – von ihm selbst geschrieben und angeordnet“. Das sind die Kapitel 10 bis 24.
Im dritten Teil finden wir „Die Spruchweisheiten des Königs Salomo – geschrieben von Salomo, angeordnet von Männern am Königshof Hiskias“. Die Kapitel 25 bis 29 bilden diesen Teil.
Als Viertes haben wir „Die Weisheitsworte Agurs, des unbekannten Weisen“ in Kapitel 30.
Und schließlich der fünfte und letzte Teil des Sprüchebuches: Das sind „Die
Weisheitsworte Lemuels, die seine Mutter ihn lehrte“. Und dieser letzte Teil ist das Kapitel 31.
Ins Deutsche übertragen von Steffen Brack
