Kovalente Bindung in Molekülen
Gilbert Newton Lewis (1875-1946)
Am 26. Januar 1916 reichte G. N. Lewis bei der Redaktion des «Journal of American Chemical Society»
eine Arbeit mit dem Titel "The Atom and the Molecule" ein. Unter der Überschrift "Das kubische Atom"
entwickelt Lewis ein Atommodell; er zeichnet Bilder der Modelle und beschreibt die Eigenschaften der Atome.
Vor einer Reihe von Jahren entwarf ich, was man die Theorie des kubischen Atoms nennen könnte.
Während sich einige meiner Kollegen mit dieser Theorie vertraut gemacht haben, wurde sie nie
veröffentlicht, zum Teil wohl deshalb, weil sie unter vielen Aspekten unvollständig war. Obwohl viel von der Unvollkommenheit geblieben ist und obwohl es der Theorie heute an der Originalität fehlt, die sie
ursprünglich besaß, scheint sie doch mehr Wahrheitsgehalt zu besitzen als einige der anderen vorgeschlagenen Theorien der Atom-Strukturen ...
Das kubische Atom
Die Bilder der Atom-Struktur, ... in denen die Kreise die Elektronen der äußeren Schale des neutralen Atoms darstellen, wurden gezeichnet, um eine Reihe wichtiger Gesetze des chemischen Verhaltens mit Hilfe folgender Postulate zu deuten.
1. Jedes Atom besteht aus einem essentiellen Rumpf, der bei allen normalen chemischen Reaktionen unverändert bleibt und der einen Überschuß an positiven Ladungen besitzt, dessen Zahlenwert der Nummer der Gruppe des Periodensystems entspricht, der das Element angehört.
2. Das Atom besteht aus dem Rumpf und dem äußeren Teil des Atoms oder der Schale, die – im Fall des neutralen Atoms – negative Elektronen in der gleichen Zahl enthält, wie der Rumpf positive Ladungen hat, aber die Anzahl der Elektronen in der Schale kann sich während chemischer Reaktionen von 0 bis 8 verändern.
3. Die Atome streben danach, eine gerade Anzahl von Elektronen in ihren Schalen zu haben und insbesondere streben sie nach acht Elektronen, die sie normalerweise symmetrisch an den acht Ecken eines Würfels anordnen.
4. Die Schalen zweier Atome können sich gegenseitig durchdringen.
5. Elektronen können sich gewöhnlich innerhalb einer Schale mit Leichtigkeit von einer Position zu einer anderen bewegen. Trotzdem werden sie durch mehr oder weniger starke Zwänge an ihren Plätzen gehalten und diese Plätze und die Größe der Zwänge werden durch die Natur des Atoms bestimmt und durch die anderen Atome, die mit dem betrachteten Atom verbunden sind.
6. Elektrische Kräfte zwischen Teilchen, die sehr nahe beieinander sind, gehorchen nicht dem einfachen Gesetz des reziproken Quadrates, welches für größere Abstände gilt.
Molekülstrukturen
Iod:
Sauerstoff:
Ethen:
Ethin
Auch chemische Reaktionen, z. B. die Bildung des Ammonium-Ions, formuliert Lewis mit seinem Modell:
Die Lösung dieses Problems mit der hier präsentierten Theorie ist außerordentlich einfach und
befriedigend und es mag genügen, die Gleichung unter Verwendung der neuen Symbole zu schreiben, um dies zu erklären. So schreiben wir für NH3 + H+ = NH4+
Betrachten wir Lewis' Ausführungen aus heutiger Sicht, so müssen wir ihm bestätigen, daß die Theorie der kovalenten Bindung auch heute noch auf der Basis steht, die er 1916 gelegt hat. Zwar ist in der
Zwischenzeit die quanten- mechanische Beschreibung des Verhaltens der Elektronen hinzugekommen, aber das grundlegende Konzept der Ausbildung gemeinsamer Elektronen- paare ist unverändert geblieben.
(Auszüge aus Ulrich Dämmgen et al., Quellentexte Chemie, Diesterweg, Salle, Sauerländer, Aarau und Frankfurt am Main, S. 113, (1983). Der Kommentar der Autoren ist kursiv gedruckt. Alles andere stammt aus der Originalarbeit von Lewis)
Erkenntnisse aus der Publikation
• Das Konzept von Lewis entstand vor der Quantenmechanik. Die Quantenmechanik ist demnach nicht nötig um die Lewisformeln zu begründen.
• Lewis hat den Bau vieler Moleküle und die Reaktivität der Substanzen studiert und Postulate abgeleitet.
Es sind also nichts anderes als Regeln, die angeben, wie sich Atome zu Molekülen verbinden.
• Lewis waren die Grenzen seines Modells bewusst.
• Die Darstellung von Lewis hat sich verändert. Deshalb würde ich im Anfängerunterricht die modernen Lewisformeln verwenden und die Originalpublikation nicht diskutieren.
Erklärvideo: Elektronenpaarbindung bei Molekülen
https://www.youtube.com/watch?v=1HZ2EZ73Hes Wie beurteilen Sie diese Einführung?
Vorschlag für eine Unterrichtseinheit
Das Modell von Bohr erklärt Phänomene mit Licht, nicht aber die kovalente Bindung zwischen Atomen
Die Kreisbahnen der Elektronen machen in Molekülen keinen Sinn mehr.
Das Bohrsche Atommodell erklärt nicht, warum das Sauerstoffatom sich mit zwei Wasserstoffatomen verbindet. Es könnten ebensogut 6 Wasserstoffatome sein, die sich mit einem Sauerstoffatom verbinden.
Empfehlung: Mit den Ionisierungsenergien können die Unterschalen eingeführt werden: In der Tabelle ist ein etwas grösserer Sprung von den s- zu p- Elektronen. Die Unterscheidung zwischen s- und p-Orbitalen ist auch bei der Diskussion des Periodensystems nützlich. Trotzdem würde ich darauf verzichten, weil sie ein Hindernis für die Lewisformeln darstellt.
Rechts ist ein Sauerstoffatom mit den 2s- und 2p-Elektronen abgebildet. Mit den Unterschalen würde man bei Sauerstoff fälschlicherweise 4 Bindungen erwarten, weil die 4 Elektronen auf dem 2p-Niveau die äusserste Schale bilden.
Lewisformeln
Gilbert Newton Lewis entwarf 1916 ein einfaches Modell für die Bildung von Molekülen 1. Lernaufgabe
Ein Beispiel als Input: Welches Molekül entsteht aus Wasserstoff- und Sauerstoffatomen?
Am Beispiel von Wasserstoff und Sauerstoff wird die Lewisdarstellung eingeführt.
Die Lehrperson erklärt beim Sauerstoffatom, dass zuerst 4 Elektronen als Punkte um das Symbol gezeichnet und erst nachher Elektronenpaare gebildet werden.
Atome bilden sodann Elektronenpaare bis keine einsamen Elektronen übrig bleiben. Alle Überlegungen laut vordenken.
Mit der Lewisformel wird klar, dass sich ein Sauerstoffatom mit zwei Wasserstoffatomen verbindet.
Weitere Bespiele als Lernaufgabe Welches Molekül entsteht aus
• Wasserstoffatomen?
• Fluoratomen?
• Wasserstoff- und Fluoratomen?
• Wasserstoff- und Stickstoffatomen?
• Kohlenstoff- und Chloratomen?
Merke
In Lewisformeln kommt es nur auf die Valenzelektronen an.
·—· steht für ein bindendes oder freies Elektronenpaar
· ist die Darstellung eines einzelnen Elektrons, das sich mit einem einzelnen Elektron eines andern Atoms verbinden kann
Das Atomsymbol gibt den Rumpf an.
2. Lernaufgabe
Es gibt auch Mehrfachbindungen Input: Lewisformel von O2
Lernaufgabe: Zeichnen Sie die Lewisformeln von N2, C2H3Cl, CO2 und S8
Empfehlung: Jetzt nur Moleküle bringen, die eindeutig sind! Ausnahmen wie CO, SO2, O3 ein Jahr später vorstellen
Edelgasregel
Atome verbinden sich so zu Molekülen, dass sie den Edelgaszustand erreichen.
(vgl. Abbildung 9, S. 110 in "Elemente" von M. Stieger)
Der Begriff Oktettregel gibt bei Wasserstoffatomen Anlass zu Fragen von Seiten der Schülerinnen. Deshalb verwende ich den Begriff Edelgasregel.
Lernaufgaben
nach J. Grell, M. Grell: Unterrichtsrezepte, Verlag Beltz, Weinheim (1983)
1. Input
• eine Aufgabe vormachen
• laut denken und alle Schritte zeigen
• Schüler nicht ausfragen
• keine Fragen zulassen, vor allem nicht am Ende des Inputs
• dauert 5 bis 7 Min.
2. Lernaufgaben
• Schülerinnen bearbeiten schriftlich gestellte Aufgaben
• die ersten Aufgaben müssen einfach sein. 80 % der Schüler sollten Erfolg haben
• regelmässig in der Klasse zirkulieren und sich nicht rufen lassen. Maximal eine Minute bei einer Schülerin bleiben
• die Lösungen der Schüler anschauen
• helfen, wenn es nötig ist. Die Lehrperson spricht leise und wendet sich nur dann an die ganze Klasse, wenn viele Schülerinnen gravierende Probleme mit den Aufgaben haben
• auf diskrete Art Schüler, die sich entziehen möchten, zur Arbeit anhalten
• sich einen Überblick verschaffen
Jetzt wird klar, was die Schüler wirklich verstanden haben. Heute heisst das Formative Assessment und interessiert die Lehr- und Lernforschung.
• dauert 10 bis 20 Min.
3. Lösungen angeben
• mehrere schnelle Schülerinnen schreiben die Lösungen an die Tafel, wenn genügend Zeit vorhanden und die Lösung einfach zu notieren ist
• die Lehrperson projiziert die Lösungen, wenn wenig Zeit bleibt.
4. Diskussion
Nach dem Zirkulieren weiss die Lehrperson, wo die Schülerinnen stehen und kann die Erklärung darauf abstimmen. Manchmal muss nur die Lösung gezeigt, manchmal müssen Aufgaben ausführlich besprochen werden. Auf jeden Fall müssen die Schüler jetzt Gelegenheit haben Fragen zu stellen
Anhand der Beispiele können Details erläutert und zentrale Punkte herausgearbeitet.
5. Merke
Die wichtigsten Erkenntnisse notieren und einrahmen. Zum Beispiel 2 Sätze diktieren.
Wozu diese Schritte?
Beurteilung
Die Stärken von Lernaufgaben:
Schwierigkeit mit Lernaufgaben:
Auf die Begründung kommt es an
Der Unterricht wird sinnstiftend, wenn die Argumente einleuchten.
Ein Beispiel
simpleclub: Das Kugelwolkenmodell und die Valenzelektronen https://www.youtube.com/watch?v=cFBT2UrYrm0
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