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Grün, Grün, Grün? Weshalb es die Grünen in Brandenburg immer noch schwer haben.

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Deutschlandradio Kultur Länderreport

Grün, Grün, Grün?

Weshalb es die Grünen in Brandenburg immer noch schwer haben.

Autoren

Brandt, Michael (Beitrag 1– 4'23'') Flemming, Axel (Beitrag 2 – 14'33''

Redaktion Stucke, Julius

Sendung 10.01.2013 (13 Uhr 07)

20 Jahre ist es her. 1993 schlossen sich Bündnis 90 und die Grünen zusammen.

Aber während die Partei im Südwesten des Landes mittlerweile einen Ministerpräsidenten stellt, außerdem den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt und mehrere Bürgermeister, währenddessen fällt es den Grünen in den östlichen Bundesländern immer noch schwer, so richtig Fuß zu fassen. Woran liegt das?

Unterscheiden sich Wählerklientel, Themen, Probleme so sehr? Die Analyse und eine kleine Geschichte der Grünen in Brandenburg - im Länderreport.

verwertet werden. Insbesondere darf es nicht ganz oder teilweise oder in Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das

Manuskript nur mit Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt werden.

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Beitrag 1

Erfolgreiche Grüne in Baden-Württemberg (Michael Brandt)

Montag, 7. Januar. Ein besonderer Abend für Stuttgart. Der Grüne Fritz Kuhn wird offiziell zum Oberbürgermeister der Landeshauptstadt ernannt. Hält seine erste Rede im neuen Amt und erntet danach minutenlangen stehenden Applaus.

(Kuhn)

Wenn man was erhalten will, muss man viel ändern, das ist ja der

wertkonservative Grundsatz, dem ich anhänge und damit möchte ich schließen und Ihnen allen noch einen schönen Abend wünschen.( Applaus)

Danach wird im Rathausfoyer gefeiert. Ein Freudenfest besonders für die Grünen:

Ministerpräsident und Oberbürgermeister in der Landeshauptstadt, das gab es noch nie. In Baden-Württemberg waren Land und Stadt über 50 Jahre fest in schwarzer Hand - nun plötzlich: zwei Grüne.

Aber zumindest in Stuttgart ist das so überraschend nicht. Schon vor 16 Jahren scheiterte der Grüne Rezzo Schlauch nur knapp an CDU-Mann Wolfgang

Schuster. Vor 8 Jahren kandidierte der heutige Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer in Stuttgart und erzielte ebenfalls ein respektables Ergebnis.

Die Grünen, meint der Tübinger Politologe Hans-Georg Wehling, treffen mit ihren Inhalten das Lebensgefühl der Stadt:

(Wehling)

Wenn Sie sich eine Stadt wie Stuttgart anschauen, da haben sie viele

Singlehaushalte, da haben sie eine sehr selbstbewusste Frauenpräsenz, die ganz andere Lebenserwartungen haben als die traditionelle Familie und da tut sich die CDU schwer.

Das wirklich Besondere an den Grünen in Baden-Württemberg sei aber, so

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Wehling, dass die Partei nicht nur in den Groß- und Universitätsstädten wie Stuttgart, Freiburg, Karlsruhe oder Tübingen erfolgreich ist, sondern auch im ländlichen Raum.

(Wehling)

Die Grünen haben eben gerade auch auf dem Land Punkte machen können und der Weg von der CDU zu den Grünen ist nicht weit.

Ein wesentlicher Grund dafür ist ihr Verhältnis zur Kirche. Die Grünen sind – anders als SPD oder FDP - im Land und den Traditionen tief verwurzelt, und konnten so als einzige politische Kraft der CDU im ländlichen Raum Konkurrenz machen:

(Wehling)

Die CDU hat bislang ihre starke Stellung davon gehabt, dass es sehr massiv katholische Landesteile gibt. Für die Kirchgänger unter den Katholiken kam eben bislang niemand anders in Frage als die CDU. Das hat sich geändert durch das Profil, das die Grünen hier entwickelt haben.

Ganz erheblich hat der heutige Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu diesem Profil beigetragen. Kretschmann ist ein Wertkonservativer. Quelle für Kretschmanns politisches Engagement ist - wie er sagt - die Liebe zur Natur, und die Natur ist für den tiefgläubigen Katholiken Schöpfung Gottes, die es zu bewahren gilt.

(Wehling)

Er ist sogar gut katholisch, er ist im Zentralkomitee deutscher Katholiken und im Kuratorium der Akademie der Diözese Rottenburg Stuttgart. Das sind alles Dinge, die hier im Lande gut ankommen. Er wird aufgefasst als einer von uns.

Und so spielte die Erfolgsgeschichte der Grünen eben nicht nur in Städten wie Konstanz, Freiburg oder Tübingen, wo seit Mitte der 90er-Jahre nach und nach grüne Oberbürgermeister in die Rathäuser einzogen, sondern auch in ländlichen Gemeinden wie in Maselheim bei Biberach. Dort wurde der Grüne Elmar Braun

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schon 1991 Bürgermeister und war damit der erste Grüne Rathauschef bundesweit.

Die Grünen, sagt der Stuttgarter Alt-Grüne Rezzo Schlauch, waren in Baden- Württemberg nie anti-bürgerlich, immer unideologisch und an der Sache orientiert. Und sie hatten nie Berührungsängste mit Konservativen. Sei es mit politisch Konservativen wie den CDU-Politikern Lothar Späth oder Günter

Oettinger, sei es mit wertkonservativen Gruppen wie den Anthroposophen, die in den 80er in der Landeshauptstadt Stuttgart einen großen Teil der Grünen-

Mitglieder stellten:

(Schlauch)

Stuttgart ist ein riesiges anthroposophisches Zentrum mit X Walddorfschulen.

Das waren unsere ersten Protagonisten ins Bürgertum rein.

Und dort ist die Partei erkennbar angekommen. Erkennbar auch in Stuttgart am Montagabend bei der Amtseinführung von Oberbürgermeister Fritz Kuhn, der wie die meisten Grünen Anzug und Krawatte trug. Turnschuhe tragen die Grünen in Stuttgart nicht.

(Schlauch)

Auf gut Schwäbisch hat es immer geheißen: Wenn oben gestritten wurde zwischen Ditfurth und Fischer: Unsere Grüne sind anders. Und das war das Erfolgsgeheimnis.

Beitrag 2

Weshalb es die Grünen in Brandenburg immer noch schwer haben (Axel Flemming)

Triumph nach 15 Jahren: Im Herbst 2009 werden Bündnis 90/die Grünen wieder in den Landtag in Potsdam gewählt; mit einem Ergebnis von 5,7 Prozent.

Von den gut 2 Millionen Wahlberechtigten gehen zwei Drittel zur Wahl, macht unter dem Strich immerhin fast 80.000 Stimmen für die Grünen, die mit 5 Abgeordneten ins Parlament einziehen.

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Eine der 5, Sabine Niels, tritt allerdings am 22. Oktober 2012 aus der Grünen- Landtagsfraktion aus. Ihr ist der Kurs der Fraktion gegen den Braunkohle-Abbau zu zaghaft.

(Sabine Niels)

"Also, das ist ja so ein Prozess: wenn ich mich trenne, also wenn ich fraktionslos bin oder mich scheiden lasse, sehe ich natürlich in dem Moment keinen anderen Weg;

ansonsten gäbe es ja diese Trennung nicht."

Da sind es nur noch vier. Und als Axel Vogel, der Fraktionsvorsitzende mit einer anderen Kollegin vor der Presse steht, rechnet er schnell nach:

(Vogel)

"Die halbe Fraktion, ja das stimmt", Lachen, "Jetzt fällt's mir auf."

Mit Sabine Niels verabschiedet sich auch die einzige grüne Parlamentarierin, die aus der DDR stammt; die vier verbliebenen haben alle einen Migrations-Hintergrund; sie stammen aus der alten Bundesrepublik. Ob das 20 Jahre nach der friedlichen

Revolution in der DDR noch relevant ist, müssen letztlich die Wähler entscheiden.

Allerdings wird es auch als politisches Argument benutzt, so wirft SPD-

Ministerpräsident Matthias Platzeck dem Grünen Fraktionschef Vogel vor, der aus Bayern stammt, er sei immer noch eigentümlich distanziert zu Land und

Bevölkerung. Und die Grüne Sabine Niels wirft der eigenen Fraktions- und Parteiführung vor, zu sehr auf künftige Regierungsbeteiligungen zu schielen.

In der Tat sind die Grünen zwar die kleinste Oppositionspartei im Brandenburger Landtag, sie lehnen aber nicht automatisch alles ab, was die rotrote Regierung vorlegt.

Christian Görke, der Fraktionsvorsitzende der LINKEN lobt:

"Während CDU und FDP teilweise ein Totalausfall sind in der Opposition, glaube ich, dass mal anerkennen muss, dass diese kleine Fraktion eine gute Oppositionsarbeit macht. Manchmal hyperventilieren sie, aber ihre Ideen sind manchmal sehr hilfreich, und es ist ja nicht so, dass man darüber einfach hinweggeht. Wenn sie in die Bilanz schauen dieser rotroten Regierung: wir haben sehr viele Anträge auch mit der Fraktion Bündnis 90/die Grünen auf den Weg gebracht. Und das tut Brandenburg gut."

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Und die Grünen können, selten für eine Oppositionspartei, auf eigene parlamentarische Erfolge verweisen:

Am 17. Dezember 2009 wählt der Landtag die Grüne Ulrike Poppe zur "Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen

Diktatur". Die Abgeordneten stimmen – zum zweiten Mal seit Bestehen des

Landtages – zu, dass sie wieder überprüft werden – auf Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR.

Und der Landtag untersucht in einer Enquetekommission, wie der Übergang von der Diktatur zur Demokratie in Brandenburg ablief.

(Baerbock)

"Ganz klar – Opposition ist kein Mist. Wir konnten aus den Oppositionsreihen doch eine Menge bewirken. Gleich in der ersten Landtagssitzung zum Beispiel

Öffentlichkeit der Ausschüsse, Stasi-Aufarbeitung in Brandenburg, lange

totgeschwiegenes Kapitel wurde auf unsere Initiative hin initiiert, Volksbegehren, da ist jetzt erfolgreich was auf den Weg gebracht mit dem Nachtflugverbot, also da zeigt sich man kann auch aus der Opposition heraus eine Menge bewirken ... "

... sagt Annalena Baerbock, die Landesvorsitzende von Bündnis 90/die Grünen in Brandenburg.

Die Partei stellt ein paar ehrenamtliche und einen hauptamtlichen Bürgermeister, hat knapp unter 1000 Mitglieder im ganzen Land.

Für eine durchgängige Verankerung im Land reicht das nicht, dazu fehlt ein bisschen das Milieu; junge Studenten etwa. Zwar gibt es drei Universitäten in Brandenburg;

allerdings wohnen viele der Studierenden nicht in Potsdam, Cottbus oder Frankfurt/Oder, sondern aufgrund der guten Verkehrsverbindungen in Berlin.

Und auch die Grüne Mitgliedschaft ist ungleich verteilt: die meisten stammen aus dem prosperierenden Bereich rund um Berlin:

(Baerbock)

"Ja. Klar ist, dass wir unsere Hochburgen im Speckgürtel rund um Berlin haben.

Aber, das muss man auch sagen, in der Fläche gibt es auch immer wieder Ausreißer, da wo grüne Themen brennen: zum Beispiel im Spreewald, wo wir die Abbaggerung von Braunkohle haben, da gibt es Ortschaften, wo wir bei Wahlen 32 Prozent

erreichen. Leider wohnen da dann auch nur 800 Menschen. Deswegen schlägt sich das prozentual nicht so ganz dicke nieder. Generell ist es für uns aber in der Fläche

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doch deutlich schwieriger, Stimmen und auch Mitglieder zu gewinnen, als in städtischen Gebieten."

Allerdings besteht Brandenburg zu weiten Teilen aus viel Fläche in der Peripherie:

die Lausitz und Elbe-Elster im Süden, im Norden die Uckermark und die Prignitz.

Wittenberge liegt an der Elbe, gegenüber ist schon Sachsen-Anhalt, ein Stück flussabwärts ragt ein Teil Niedersachsen wie ein Keil in die Gegend: das Wendland;

bekannt für seinen Widerstand gegen das Atommülllager Gorleben; grünes Stammland.

Auf dieser Seite des Flusses dagegen: grüne Diaspora in Brandenburg.

Die Anti-Atombewegung, im Westen prägend für die grüne Partei ist im Osten keine Massenbewegung.

Wolfgang Herms vom Grünen Kreisverband Prignitz:

"Wir sind ein kleines Häuflein, sage ich mal. Wir halten die Fahne hoch und sind auch im Kern konstant geblieben in der Anzahl. Ein Dutzend, was sich aktiv einbringt in unsere regelmäßigen Diskussionen und Veranstaltungen."

Im ganzen Kreis wohlgemerkt, in der Stadt Wittenberge gibt es zurzeit nur 2 Grüne.

Abwanderung kennzeichnet die Prignitz, die Einwohnerzahlen gehen massiv zurück:

1994 lebten in dieser Region noch gut 100.000, im Jahr 2020 werden voraussichtlich nur noch 75.000 Menschen hier sein. Schlechte Aussichten, auch für die Grünen:

(Herms)

"Wittenberge ist ein schwieriges Pflaster, weil hier die Industrie zusammengebrochen ist: Und die Hoffnung bestand sehr lange, dass man doch wieder Industrie ansiedeln möchte. Und deshalb ist das Stadtgebiet hier auch aus dem Großschutzgebiet hier in der Elbtalaue herausgenommen worden. Es ist gelungen einige Gewerbe

anzusiedeln, aber die große Industrie kommt natürlich nicht. Ja, da gibt's solch eine demagogische Aussage, dass die Grünen Wirtschaftsentwicklung verhindern

würden."

Weil sie gegen Gentechnik, Havelausbau und Autobahnen sind, aber für

naturschonende Landwirtschaft und schnelles Internet. Das kann nur wenige Wähler überzeugen.

Auch Konsumkritik bleibt im Ansatz stecken, wenn viele immer noch der Meinung sind, sie müssten 40 Jahre Mangelwirtschaft im Sozialismus aufholen. Und nur

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wenige Menschen verspüren Lust, in die Partei einzutreten. Annalena Baerbock, die Parteivorsitzende:

"Andere Parteien hatten den Vorteil in Anführungszeichen, weil sie halt aus den Blockparteien entsprungen sind. Wir haben keine massenhaften Truppen aus der alten SED-Partei bei uns in den Reihen. Die Bürgerbewegten, da sind etliche in unseren Reihen, aber viele haben natürlich auch nach der Wende mit

Parteimitgliedschaft gehadert. Und da haben wir auch in unserem Kreis sehr viele Sympathisanten, die aber nach wie vor sagen, wir können einfach den Schritt in eine Partei nach wie vor nicht gehen ... "

... und überhaupt: Bündnis 90/die Grünen, das sagt sich immer so als Einheit.

Der erste Teil – der Name sagt es – stammt aus dem Jahr 1990, da gibt es noch die DDR. Erst 1991 wird in Potsdam aus dem Zusammenschluss der Bürgerrechtler die Partei Bündnis 90 gegründet, die zwei Jahre später bundesweit mit den Grünen fusioniert.

Längst nicht alle der alten Weggefährten sind den gleichen politischen Weg

gegangen. Beispiel: Günter Nooke, 1990-1994 Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90 im Brandenburger Landtag, später wechselt er zur CDU, jetzt ist er Persönlicher Afrikabeauftragter der Bundeskanzlerin. Aber etwas verbindet ihn heute noch mit den alten Ideen:

(Nooke)

"Also ich finde das Prinzip, was wir damals hatten, als Fraktion, die ja doch relativ unabhängig war im Brandenburger Landtag, immer noch wichtig. Wir haben uns damals gesagt, in jeder neuen Situation neu nachdenken. Sich die Freiheit nehmen, sich nicht an irgendwelche Ideologien oder an das was vielleicht gestern richtig war gebunden zu fühlen. Sondern in jeder konkreten neuen Situation auch wieder neu nachzudenken und die richtigen Schlüsse zu ziehen."

Als 1993 Bündnis 90 bundesweit mit den Grünen fusioniert, will ein Teil des Brandenburger Landesverbandes diesen Weg nicht mitgehen und gründet das BürgerBündnis. Peter Schüler, jetzt Präsident der Potsdamer

Stadtverordnetenversammlung, damals Mitglied des Brandenburger Landtags, gehört neben Günter Nooke und Matthias Platzeck zu den Vereinigungskritikern:

(Schüler)

"Ich war ein Vereinigungs-Skeptiker. Und die Gründe dafür lagen zum einen darin, dass ich befürchtet habe, dass von Bündnis 90 zu viele sich verweigern würden. Das war nicht so sehr Angst, dass da politisch irgendwelche Dinge nicht

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zusammenpassten, sondern diese Sorgen, die sich ja dann auch leider bewahrheitet haben."

Denn während bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland in den meisten der 'neu' genannten Bundesländer Wahlbündnisse von Grünen und Bündnis 90 gemeinsam antreten, bleiben sie in Brandenburg getrennt: Bündnis 90 erreicht 6,4 Prozent; die Grüne Partei scheitert mit 2,8 Prozent an der Sperrklausel.

Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl kommt die Listenvereinigung Bündnis 90/Grüne im Wahlgebiet Ost auf 6,1 Prozent der Stimmen und zieht mit acht ostdeutschen Abgeordneten in den Bonner Bundestag ein.

Die West-Grünen scheitern, sie verfehlen mit 4,8 Prozent den Einzug in das Parlament.

Der Historiker Helmut Müller-Enbergs, Pressesprecher der Fraktion Bündnis 90 im Brandenburger Landtag von 1990-1992 sieht als Lehre:

"Je eher es gelingt in einem Wahlbündnis, in einer Organisation aufzutreten, desto besser wird es von den Bürgern in Brandenburg honoriert. Diese Erfahrung hat die Bürgerbewegung, haben die Grünen, hat Bündnis 90 schmerzhaft erleben dürfen von fünf Legislaturperioden durfte sie nur zweimal mit am Tisch mitspielen; das tat weh."

Der Landesverband Bündnis 90/Die Grünen ist mittlerweile etabliert, er ist der einzige, der das Bündnis 90 auch in der Kurzbezeichnung stets nennt.

Aber wie viel Bündnis steckt heute noch in der Partei?

(Collage)

"In mir steckt noch sehr viel Bündnis 90. Das wird aber unterschiedlich sein in den Generationen. Ich bin mehr ein Mensch des Bündnisfähigen als einer Partei-

Stromlinienförmigen Haltung."

"Ich glaube, das ist regional sehr unterschiedlich. Wenn ich mir die Politik der Landtagsfraktion anschaue, dann bemerke ich nicht ganz so viel Bündnis 90 wie etwa hier in Potsdam."

"In Bündnis 90/die Grünen Brandenburg steckt heute kein Bündnis 90 mehr. Es ist ein Name, eine Reminiszenz an einen historischen Abschnitt."

In jüngster Zeit erschüttert eine pikante Affäre den Landesverband: der

Schatzmeister der Brandenburger Grünen Christian Goetjes ist sozusagen mit der Kasse durchgebrannt. In der Zeit von Januar 2010 bis Februar 2011 zweigt er gut 270.000 Euro von den Parteikonten ab. Urteil: dreieinhalb Jahre Haft wegen

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gewerbsmäßiger Untreue in 261 Fällen. Ihm droht ein neuer Prozess in Berlin, gegen das Urteil in Potsdam hat er Revision eingelegt, der Partei bleibt ein bisschen Spott und eine ganze Menge Schaden.

Neben dem finanziellen Verlust ist es auch politisch schwer, zum Beispiel das Finanzgebaren am Hauptstadtflughafen BER zu kritisieren, wenn die eigene Kasse über Jahre nicht stimmt.

Parteichefin Annalena Baerbock:

"Natürlich ist das auch ein politischer Schaden und man muss sich natürlich auch fragen, wie konnte das passieren? Wir haben von Anfang an gesagt, die

Transparenz, die wir an andere anlegen, die gilt umso mehr auch für uns selber. Wir haben selbst Strafanzeige gestellt, wir sind sofort an die Öffentlichkeit gegangen, haben gemeinsam mit der Polizei und Wirtschaftsprüfern das aufgearbeitet, geschaut, was ist auch ei uns schief gelaufen. Unterm Strich bleibt aber, dass wir leider von vorne bis hinten betrogen wurden und dass das eine Straftat war."

Und der Stand der Dinge bei der grünen Landtagsfraktion? Als sich Sabine Niels im Oktober 2012 aus der Fraktion verabschiedete, war das Tischtuch zwischen den Parlamentariern noch nicht ganz zerschnitten. Die Parteifreundinnen und

Parteifreunde setzten auf Mediation, eine externe Beraterin lotete aus, wie tief die Abgründe wirklich waren.

Und nach drei Sitzungen war – kurz vor Weihnachten – dann grüne Wiedervereinigung.

Fraktionsvorsitzender Axel Vogel:

"Heute haben wir Sabine Niels wieder in unsere Reihen als Fraktion aufgenommen, sodass wir wieder mit fünf Abgeordneten genauso wie zu Beginn der

Legislaturperiode unsere Schlagkraft entfalten können."

Sabine Niels bekommt die Zuständigkeit für Bergrecht und Bodenschätze und damit auch für den Braunkohletagebau in der Lausitz; die Fraktion hat gelernt, dass sie sich auch mit nur fünf Personen die notwendige Zeit für Kommunikation nehmen muss.

(Niels)

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"Ich muss sagen, dass mich dieses ganze Verfahren in der Klarheit, auch in der Geschwindigkeit sehr positiv überrascht hat. Ja!"

Professionelle Hilfe für den Politikbetrieb, alle haben sich wieder lieb, manchmal bieten die Grünen ein gelebtes Klischee:

Niels: "Das wär' doch ein gutes Klischee: Grüne als Selbsthilfegruppe?"

Vogel: "Also ich denke, das ist kein schlechtes Modell und ich kenne ich kenne durchaus Fraktionen im Landtag, die das bitter nötig haben."

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