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Versagung einer beantragte Nutzungsänderung/-erweiterung für einen Bordellbetrieb im faktischen Gewerbegebiet

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Academic year: 2022

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VG München, Urteil v. 03.03.2016 – M 11 K 14.4576 Titel:

Versagung einer beantragte Nutzungsänderung/-erweiterung für einen Bordellbetrieb im faktischen Gewerbegebiet

Normenketten:

§ 34 BauGB

§ 8 BauNVO

§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO Leitsätze:

1. Der in § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO verwendete Begriff „Gewerbebetriebe aller Art“ umfasst auch Bordelle bzw. bordellartige Betriebe (vgl. BVerwG BeckRS 2015, 55600 Rn. 4). (red. LS Andreas Decker)

2. Zur Annahme eines sog Tradingdown-Effektes bei der Erweiterung eines bordellartigen Betriebes in einer durch Bordelle und bordellartige Betriebe vorbelasteten Umgebung (hier bejaht). (red. LS Andreas Decker)

Schlagworte:

Baugenehmigung, Nutzungsänderung/-erweiterung, Gewerbegebiet, Bordell, bordellartiger Betrieb, Eigenart des Gewerbegebiets, Trading-Down-Effekt

Rechtsmittelinstanz:

VGH München, Urteil vom 04.12.2017 – 1 ZB 16.1233  

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten, eine Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., ...-Straße 5, in ... zu erteilen.

Mit Bauantrag vom 21. Januar 2014 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung auf dem o.g. Grundstück mit dem Betreff: Nutzungsänderung der Betreiberwohnung zur Erweiterung der Wellness-Relaxfläche.

Auf dem o.g. Grundstück, für das kein Bebauungsplan existiert, befindet sich ein Gebäude, für das ein bordellartiger Betrieb genehmigt ist.

Mit Schreiben der Beklagten vom 28. Februar 2014 wurde mitgeteilt, dass wegen der seit der Genehmigung vom 23. Juni 2012 beantragten umfangreichen Erweiterungen und Nutzungsänderungen (z. B.

Terrassenüberstand, Bordellnutzung) die Stellplatzanzahl unter Berücksichtigung aller Nutzungseinheiten, d. h., Bordell, Wellness, Buffet/Essen, Büro sowie Fitnessstudio neu zu berechnen sei. Daher werde ein Stellplatznachweis gefordert. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass wegen der Flächenmehrung die

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neue Nutzungseinheit (Bordell mit Wellness-Relaxfläche) bauplanungsrechtlich nicht genehmigungsfähig sei.

In zwei Schreiben vom 21. März 2014 bzw. vom 15. April 2014 wurden sodann zwei unterschiedliche Stellplatznachweise der Klägerin vorgelegt.

In einer undatierten Stellungnahme auf Bl. 47 f. der Behördenakten geht die Beklagte davon aus, dass für das Vorhaben insgesamt 28 Stellplätze erforderlich seien.

Mit Schreiben der Klägerin vom 03. Juli 2014 bzw. ihrer Architektin wurde ein 3. Stellplatznachweis vorgelegt.

Mit Bescheid der Beklagten vom 01. Oktober 2014 wurde der Bauantrag für die streitgegenständliche Nutzungsänderung abgelehnt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Das Baugrundstück befinde sich innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteiles und sei somit nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB) zu beurteilen. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche faktisch einem Gewerbegebiet nach § 8 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Dort wäre ein bordellartiger Betrieb seiner Art nach grundsätzlich zulässig. Jedoch sei die bordellartige Nutzung nach § 15 Abs. 1 BauNVO im Einzelfall unzulässig. Eine Unzulässigkeit einer

baulichen Anlage im Einzelfall aufgrund von § 15 Abs. 1 BauNVO sei dann gegeben, wenn die Anlage nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebietes widerspräche. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes könne sich bei Bordellen eine mit der Eigenart des Gewerbegebietes nicht zu vereinbarende Anzahl bereits dann ergeben, wenn in dem Gebiet bereits ein solcher Betrieb oder gar eine Mehrzahl vorhanden sei. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München zu den Klageverfahren M 11 K 12.3876 und M 11 K 11.3583 am 29. November 2012 sei klargestellt worden, dass ein Bordellbetrieb im Anwesen ...-Straße 5 im Umfang der Baugenehmigung vom 16. November 2004 mit 5 Arbeitszimmern weiter für genehmigungsfähig gehalten werde. Die Genehmigung vom 16. November 2004 habe eine Gesamtnutzfläche von ca. 307,54 m² incl. der 5 Arbeitszimmer mit einer Fläche von ca. 77 m² und einem ca. 100 m² großen Schwimmbad umfasst.

Entsprechend der gerichtlichen Einigung in den genannten Verfahren sei mit Bescheid vom 27. Mai 2013 die Tektur zur Errichtung eines Bordells mit 5 Arbeitszimmern genehmigt worden. Gemäß

Betriebsbeschreibung und Bauantragsunterlagen umfasse die Bordellnutzung 5 Arbeitszimmer mit einer Nutzfläche von insgesamt 111,90 m². Die gesamte Nutzfläche des Bordells mit Wellness-Relaxcenter umfasse 589,53 m². Mit Bescheid vom 17. Dezember 2013 sei die Tekturgenehmigung zur Errichtung einer Terrassenüberdachung mit einer Grundfläche von 113,45 m² erteilt worden. Laut Betriebsbeschreibung umfasse die aktuell beantragte Nutzungsänderung der Betreiberwohnung eine Grundfläche von 109,44 m², wovon gemäß Eingabeplan 84,25 m² für Buffet und Essen vorgesehen seien. Durch die zusätzliche Flächenerweiterung auf eine gesamte Nutzfläche von 673,78 m² (589,53 m² „Wellness und Relaxfläche“ + 84,25 m² „Buffet und Essen“) und zusätzlich einem 13,45 m² überdachten Terrassenbereich erreiche die Nutzungseinheit „Wellness und Relaxcenter mit Bordell“ einen Umfang, der auch im Hinblick auf die weiteren bordellartigen Betriebe nicht mehr mit dem Gebietscharakter des Gewerbegebietes vereinbar sei.

Im Hinblick auf die Erweiterung und das Angebotsspektrum des bordellartigen Betriebes in der ...-Straße 5 sei von einer gesteigerten Nachfrage und einem größeren Besucheraufkommen sowie von Laufkundschaft auszugehen. Infolge der Erweiterung des bestehenden Bordellbetriebes würde eine Anzahl und

insbesondere ein Umfang an Bordellbetrieben im Gewerbegebiet ...-Ost erreicht, durch den der

Gebietscharakter kippen und das Gebiet zu einer „Roten Meile“ werden würde. Mit der Erweiterung ergebe sich eine Bordellgröße, die auch einen städtebaulich unerwünschten Bezugsfall darstelle, der eine negative Vorbildwirkung mit sich bringe und zur Folge habe, dass anderweitige Bestrebungen zur Erweiterung ansässiger Bordellbetriebe nicht mehr abgelehnt werden könnten. Der Gebietscharakter würde sich in Richtung eines entsprechenden Sondergebietes verändern. Dem sei aus städtebaulichen Gründen entgegenzutreten. Des Weiteren sei infolge des Ausbaus und der Verfestigung des Bordellgewerbes im Gewerbegebiet ...-Ost von einem Anstieg begleitender milieutypischer Auswirkungen auszugehen. Diese Auswirkungen oder ein anstößiges Verhalten von Kunden führten zur Minderung des Ansehens des Gewerbegebietes. Es entstehe der sog. Tradingdown-Effekt. Insbesondere sei hierbei zu berücksichtigen, dass sich der Tradingdown-Effekt nicht nur durch die Anzahl der bordellartigen Einrichtungen, sondern auch durch die Größe und den Einzugsbereich des bordellartigen Betriebes verstärke. Durch den Ausschluss von weiteren bordellartigen Betrieben bzw. den Ausschluss umfangreicher Erweiterungen bestehender Betriebe solle eine geordnete städtebauliche Entwicklung gesichert und ein durch eine weitere Niveauabsenkung

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bewirkter Attraktivitätsverlust des gesamten Gebietes verhindert werden. Außerdem stehe

Bauordnungsrecht der Genehmigung der Nutzungsänderung entgegen. Der Bescheid, auf dessen

Begründung Bezug genommen wird, führt hierzu aus, dass insgesamt 28 Stellplätze erforderlich seien. Die aktuelle Stellplatzberechnung mit Schreiben vom 03. Juli 2014 sehe dagegen nur 16 Stellplätze als erforderlich vor. Nach den Angaben im Eingabeplan seien auf dem Baugrundstück 14 offene und 2

Garagenstellplätze vorhanden. Von den beiden Garagenstellplätzen könne aufgrund der Garagenbreite von 4,64 m, was nur einem Stellplatz entspreche, nur ein Stellplatz anerkannt werden. Es seien somit

tatsächlich nur 15 Stellplätze auf dem Baugrundstück vorhanden. Von den für das Vorhaben erforderlichen Stellplätzen könnten somit 13 Stellplätze nicht nachgewiesen werden. Das Vorhaben erfülle deshalb die materiellrechtlichen Genehmigungsanforderungen auch aus diesem Grund nicht.

Der Bescheid wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin gegen Postzustellungsurkunde am 04. Oktober 2014 zugestellt.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 07. Oktober 2014 ließ die Klägerin Klage erheben.

Mit Schreiben der Beklagten vom 24. Oktober 2014 wurden die Behördenakten vorgelegt.

Mit Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin vom 11. Dezember 2014 wurde beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, den Bauantrag der Klägerin vom 22. Januar 2014 zur Nutzungsänderung der Betreiberwohnung als Erweiterung der Wellness-Relaxfläche auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., ...-Straße 5, in ... zu genehmigen

und hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, über den Bauantrag der Klägerin vom 22. Januar 2014 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu entscheiden.

Zur Klagebegründung wurde im Wesentlichen vorgetragen:

Die beantragte Nutzungsänderung sei planungsrechtlich zulässig. Es liege kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot entsprechend § 15 Abs. 1 BauNVO vor. Zwar werde die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes anerkannt, dass sich bei Bordellen eine mit der Eigenart eines

Gewerbegebietes nicht zu vereinbarende Anzahl bereits dann ergeben könnte, wenn in dem Gebiet ein solcher Betrieb oder gar eine Mehrzahl vorhanden sei. Dies gelte aber nur, wenn zu den bereits bestehenden Betrieben ein neuer hinzukomme bzw. hinzutrete. Das sei hier nicht der Fall. Der bereits bestehende und genehmigte bordellartige Betrieb der Klägerin komme weder durch die beantragte Nutzungsänderung der Betreiberwohnung hinzu, noch sei damit irgendeine Änderung der bestehenden Situation vor Ort verbunden. Ein mit dieser beantragten Nutzungsänderung der Betreiberwohnung angeblich verbundener Tradingdown-Effekt könne nicht eintreten, da sich diese Nutzungsänderung nicht nach außen erkennbar zeige. Bestünde ein solcher Effekt, so wäre er bereits aufgrund der bisher genehmigten

Nutzungen des Betriebes der Klägerin sowie der weiteren bordellartigen Betriebe realisiert. Sollte der Gebietscharakter der Umgebungsbebauung derzeit nicht dem einer „Roten Meile“ entsprechen, so werde sich hieran auch durch die beantragte Nutzungsänderung nichts ändern. Sollte das Gebiet bereits jetzt als

„Rote Meile“ wahrgenommen werden, so würde die Nutzungsänderung hieran auch nichts ändern. Eine Unzulässigkeit im Einzelfall liege damit nicht vor. Die beantragte Nutzungsänderung führe zu einem Stellplatzbedarf in Höhe von 16 Stellplätzen, von denen 15 Stellplätze seitens der Klägerin nachgewiesen werden könnten und ein Stellplatz abzulösen sei. Die Forderung der Beklagten nach einer Neubewertung der Stellplatzanzahl sei abzulehnen. Es sei nur auf die hier beantragte Nutzungsänderung der

Betreiberwohnung abzustellen. Der von der Klägerin vorgelegte Stellplatznachweis sei nicht zu

beanstanden. Genehmigt sei die ursprüngliche Nutzung mit einem Stellplatzbedarf von 12 Stellplätzen. Bei ordnungsgemäßer Anwendung der Stellplatzsatzung der Beklagten errechne sich eine

Gesamtstellplatzanzahl von 16.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2015 erwiderte die Beklagte hierauf und beantragte Klageabweisung.

Zur Begründung wird im Wesentlichen auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid verwiesen.

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Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 01. März 2016 ließ die Klägerin zur Frage des Stellplatznachweises noch ausführen:

Auf dem Grundstück würden 16 Stellplätze nachgewiesen. Soweit die Beklagte davon ausgehe, dass von den beiden Garagenstellplätzen aufgrund der Garagenbreite von 4,64 m nur ein Stellplatz anerkannt werden könne, sei darauf hinzuweisen, dass die Garage zwischenzeitlich abgebrochen worden sei. Anstelle der Garage würden zwei separate Stellplätze errichtet, so dass anstelle der Garage von zwei

nachgewiesenen Stellplätzen auszugehen sei und daher 16 Stellplätze auf dem Baugrundstück vorhanden seien.

Das Gericht hat am 03. März 2016 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Im Anschluss daran wurde die mündliche Verhandlung durchgeführt. Auf die Niederschrift über den Augenschein und die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Der Klägerbevollmächtigte stellte den Antrag,

den Bescheid der Beklagten vom 01. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die mit Antrag vom 21. Januar 2014 beantragte Nutzungsänderung zu genehmigen,

hilfsweise,

über den Antrag der Klägerin nach der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegten Behördenakten und auf die beigezogenen Gerichtsakten aus den Verfahren M 11 K 13.2836, M 11 K 12.3876 sowie M 11 K 11.3583 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung der beantragten

Baugenehmigung, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) - insofern hat die Beklagte die Erteilung einer solchen Genehmigung zu Recht abgelehnt -, noch einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Bescheidung, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für die beantragte Nutzungsänderung.

Die gemäß Art. 55, 57 Abs. 4 Bayerische Bauordnung (BayBO) genehmigungspflichtige Nutzungsänderung ist nicht genehmigungsfähig. Sie ist bauplanungsrechtlich unzulässig (nachfolgend 1.1), so dass die Frage, ob außerdem ein Verstoß gegen Bauordnungsrecht wegen nicht ausreichender Anzahl nachgewiesener Stellplätze gegeben ist, offen bleiben kann (nachfolgend unter 1.2).

1.1 Die beantragte Nutzungsänderung ist bauplanungsrechtlich unzulässig, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Variante 1 BayBO i. V. m. §§ 29 ff. BauGB.

Das Vorhaben ist bauplanungsrechtlich nach § 34 BauGB zu beurteilen, weil es im unbeplanten Innenbereich liegt. Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht faktisch einem Gewerbegebiet, § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 8 BauNVO. Gemäß § 34 Abs. 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO ist der von der Klägerin bereits betriebene Bordellbetrieb und demzufolge auch die beantragte Nutzungsänderung der Art nach grundsätzlich zulässig, weil der in § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO verwendete Begriff „Gewerbebetriebe aller Art“ auch Bordelle bzw. bordellartige Betriebe einschließt (vgl. nur BVerwG, B. v. 02.11.2015 - 4 B 32/15 -, juris Rn. 4; U. v. 25.11.1983 - 4 C 21/83 -, juris Rn. 9 ff.).

Die Beklagte geht jedoch zu Recht davon aus, dass die Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens an § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO scheitert. Nach dieser Vorschrift sind bestimmte Betriebe im Einzelfall in einem (faktischen) Gewerbegebiet u. a. dann unzulässig, „wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder

Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebietes widersprechen“. Nach der Rechtsprechung des

Bundesverwaltungsgerichtes kann sich bei Bordellen eine mit der Eigenart des Gewerbegebietes nicht zu

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vereinbarende Anzahl bereits dann ergeben, „wenn in dem Gebiet bereits ein solcher Betrieb oder gar eine Mehrzahl vorhanden ist“ (BVerwG, a. a. O., Rn. 14).

Das Gericht hat bereits in der Vergangenheit entschieden, dass im streitgegenständlichen Umgriff des (faktischen) Gewerbegebietes ...-Ost unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles ein oder mehrere weitere hinzutretende Bordellbetriebe der Eigenart des vorliegenden Gewerbegebietes widersprechen (U. v.29.11.2012 - M 11 K 11.167 -, juris Rn. 24). Diese Entscheidung wurde vom

Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bestätigt (B. v. 14.05.2014 - 1 ZB 13.886 -, juris Rn. 4; zur Zulässigkeit eines Bordells bzw. bordellartigen Betriebes im Gewerbegebiet vgl. im Übrigen BayVGH, U. v. 19.10.2015 - 1 B 15.886 -, juris Rn. 24). Der Verwaltungsgerichtshof führt aus (BayVGH, a. a. O.): „Der Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass bei dieser Sachlage vom Vorliegen eines sog. Tradingdown-Effektes (s. hierzu z. B. BVerwG, B. v. 4.9.2008 - 4 BN 9/08 -, BauR 2009, 76) auszugehen ist, ist zuzustimmen“.

Die dieser Wertung zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände, nämlich diejenigen in der Umgebung des streitgegenständlichen Vorhabens, sind, wie die Feststellungen im gerichtlichen Augenschein im hiesigen Verfahren ergeben haben, im Vergleich zu den Feststellungen in den damaligen Entscheidungen

unverändert. Bordelle bzw. bordellartige Betriebe befinden sich auf dem streitgegenständlichen Grundstück ...-Straße 5, auf dem Anwesen ...-Straße 2 (Bordell „...“), auf dem Anwesen ...-Straße 17 („...“), sowie auf dem Anwesen ...-Straße 5 a („...“). Diese vier unter den Beteiligten unstreitig als Bordell bzw. bordellartige Betriebe einzuordnenden Nutzungen genügen für sich bereits, um an der bisherigen Rechtsprechung, dass hier eine mit der Eigenart des faktischen Gewerbegebietes nicht mehr zu vereinbarende Anzahl von

Bordellen bzw. bordellartigen Betrieben vorliegt, festzuhalten. Ob die weiteren beiden Einrichtungen auf den Anwesen ...-Straße 10 sowie ...-Straße 18 ebenfalls als Bordelle bzw. bordellartige Betriebe einzuordnen sind, kann dabei offen bleiben. Hinsichtlich des Anwesens ...-Straße 10 spricht einiges dafür, dass insofern kein bordellartiger Betrieb, sondern sog. Wohnungsprostitution vorliegt (zur Abgrenzung der

Wohnungsprostitution vom bordellartigen Betrieb BayVGH, B. v. 26.09.2014 - 15 ZB 13.656 -, juris Rn. 4).

Für das Anwesen ...-Straße 18, für das von Klägerseite ebenfalls geltend gemacht wird, dass hier (nur) sog.

Wohnungsprostitution stattfinde, ist seitens der Beklagten jedenfalls ein Bordellbetrieb genehmigt.

Unabhängig davon spricht übrigens auch das - unstreitige - Vorhandensein von sog. Wohnungsprostitution, die jedenfalls nach außen erkennbar ist, dafür, dass im Umgriff des streitgegenständlichen Vorhabens ein Tradingdown-Effekt auch tatsächlich bereits eingesetzt hat.

Aus den genannten Gründen geht das Gericht weiterhin davon aus, dass die Schwelle, ab der der sog.

Tradingdown-Effekt eingreift, im (faktischen) Gewerbegebiet ...-Ost erreicht bzw. überschritten ist. Das wird auch vom Klägerbevollmächtigten ausdrücklich nicht in Abrede gestellt, soweit dieser daraus den Schluss zieht, dass jedenfalls das Zutreten eines neuen, erstmalig in Betrieb genommenen Etablissements auch nach seiner Auffassung wegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO unzulässig wäre. Entgegen seiner Auffassung steht diese Vorschrift jedoch auch der streitgegenständlichen Baugenehmigung für die beantragte

Nutzungsänderung entgegen. Zwar handelt es sich nicht um ein komplett neues Vorhaben in dem Sinne, dass auf einem bestimmten Grundstück bisher bereits noch kein Bordell bzw. bordellartiger Betrieb bestünde. Vielmehr soll ein bestehendes, genehmigtes, wenn auch derzeit nicht betriebenes Bordell erweitert werden. Jedoch spricht alles dafür, auch auf diese Konstellation, jedenfalls im konkret hier zu entscheidenden Einzelfall, eine Unzulässigkeit im Einzelfall auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO anzunehmen.

Hierfür spricht zunächst, dass vorliegend eine Sondersituation zu verzeichnen ist. In tatsächlicher Hinsicht ist der von der Klägerin beabsichtigte Betrieb so zu bewerten, als ob er jetzt erst insgesamt genehmigt würde. Denn derzeit findet überhaupt keine Bordellnutzung statt. Jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht würde sich der Nutzungsbeginn für das Gesamtvorhaben einschließlich der hier streitgegenständlichen

Nutzungsänderung bzw. -erweiterung wie eine Neuaufnahme eines Bordellbetriebes darstellen. Unabhängig davon spricht außerdem dafür, auch die vorliegende Konstellation unter § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO zu subsumieren, dass der Bordellbetrieb durch die streitgegenständliche Baugenehmigung in nicht

unerheblicher Weise vergrößert und intensiviert werden würde. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass weitere Arbeitsräume jedenfalls nicht Gegenstand des Baugenehmigungsantrages sind.

Jedoch ist der streitgegenständliche Bordellbetrieb unter Berücksichtigung der auch nach dem

Betriebskonzept der Klägerin wesentlichen sog. Wellness-Relaxfläche und weiterer Anschlussnutzungen, wie hier der laut Baugenehmigungsantrag für den umzunutzenden Bereich vorgesehene Buffet- bzw.

Essbereich, Teil des Gesamtkonzeptes des klägerischen Bordellbetriebes. Angesichts der Größe der

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Erweiterungsfläche liegt auf der Hand, dass der Bordellbetrieb damit deutlich intensiviert und in seiner Qualität verändert und für die Kunden attraktiver wird. Wäre das nicht der Fall, würde die beantragte Erweiterung keinen Sinn ergeben und von der Klägerin aus wirtschaftlichen Erwägungen auch nicht beabsichtigt werden. Der Umstand, dass die Erweiterungsfläche nach außen hin nicht oder kaum sichtbar ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn eine bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit im Einzelfall aufgrund eines befürchteten sog. Tradingdown-Effektes nach der Rechtsprechung des

Bundesverwaltungsgerichtes ist nicht davon abhängig, ob alles, was in den Bordellen bzw. bordellartigen Betrieben passiert, nach außen sichtbar ist. Inmitten steht vielmehr die (befürchtete) Zunahme einer Gesamtsituation mit den typischen Begleiterscheinungen eines „Rotlichtviertels“. Dabei ist darauf

hinzuweisen, dass nach der dargestellten Rechtsprechung die abstrakte Eignung bordellartiger Nutzungen für die (drohende) Abwertung eines Gebietes ausreicht.

1.2 Da das Vorhaben demnach bereits bauplanungsrechtlich unzulässig ist, kann die Frage, ob es wegen fehlender nachgewiesener Stellplätze auch bauordnungsrechtlich unzulässig wäre, offen bleiben.

Insbesondere bleibt offen, ob, wie von der Beklagten angenommen, ein Stellplatzbedarf von insgesamt 28 Stellplätzen erforderlich ist. Es wird allerdings darauf hingewiesen, dass die mindestens - selbst nach Auffassung der Klägerin - zu fordernden 16 Stellplätze im Entscheidungszeitpunkt auch nicht nachgewiesen sind. Insofern weisen die bei den Akten befindlichen Bauvorlagen tatsächlich nur 15 Stellplätze nach. Der Umstand, auf den der Klägerbevollmächtigte in seinem Schriftsatz vom 01. März 2016 hinweist, dass anstatt der Garage, die nur einen Stellplatz repräsentiert, nun wegen deren Abbruchs zwei Stellplätze vorhanden sind, ist unerheblich. Denn Entscheidungsgrundlage ist nicht das in diesem Schriftsatz Vorgetragene, sondern das, was in der letzten Fassung der dem Bauantrag zugrunde liegenden Bauvorlagen dargestellt ist. Eine Änderung der Bauvorlagen ist jedoch bis zuletzt nicht erfolgt.

2. Die Klage ist auch hinsichtlich des Hilfsantrages, über den wegen des Eintritts der für diesen gestellten Bedingung, nämlich die Erfolglosigkeit der Klage im Hauptantrag, zu entscheiden ist, ebenfalls unbegründet.

Die hilfsweise beantragte Verbescheidung kommt nicht in Betracht. Ein Fall von § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO liegt hinsichtlich der beantragten Baugenehmigung nicht vor; auch ansonsten besteht für eine Verpflichtung zur erneuten Verbescheidung kein Anlass.

Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im

Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für

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Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird.

Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in

§§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 10.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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