Bestimmung der Gebäudezusammensetzung
– Prognose zukünftiger Quantitäten und Qualitäten von Baurestmassen –
Fritz Kleemann, Jakob Lederer, Helmut Rechberger und Johann Fellner
1. Einleitung ...670
2. Bestimmung der Materialzusammensetzung einzelner Gebäude ...670
2.1. Auswertung von Unterlagen ...671
2.2. Untersuchungen vor Ort ...671
2.3. Fallstudien ...673
2.4. Auswertung von Bauakten abgebrochener Gebäude ...673
3. Analyse der Gebäudestruktur...674
4. Abbruchaktivität...674
5. Resultate und Diskussion ...674
5.1. Methodenanwendung ...674
5.2. Materialzusammensetzung ...676
5.3. Gebäudestruktur ...677
5.4. Prognose zukünftig anfallender Baurestmassen ...678
6. Zusammenfassung ...678
7. Quellen ...679 Mit dem hier vorgestellten Ansatz können Gebäude hinsichtlich ihrer Materialzusam- mensetzung charakterisiert werden. Damit sollen das Gesamtlager an Materialien in Hochbauten in Wien sowie zukünftig durch Abbruch anfallende Abfallmengen und potenziell rezyklierbare Materialmengen abgeschätzt werden.
1. Einleitung
Nach Angaben des Bundesabfallwirtschaftsplans von Österreich [4] beträgt der Anteil von Baurestmassen an der Abfallmenge 22 Prozent (ausgenommen des Aushubmateri- als); das entspricht etwa 800 kg pro Einwohner und Jahr. Die Europäische Kommission teilt mit, dass 25 bis dreißig Prozent der Abfälle aus Bau- und Abbruchtätigkeiten beste- hen [6]. Das Potenzial durch Verwertung Primärressourcen und Deponievolumen zu schonen ist groß. Für Europa wird dies durch Zielvorgaben bekräftigt: die Recyclingquo- te soll bei Bau- und Abbruchabfällen bis 2020 auf durchschnittlich siebzig Prozent des Abfallaufkommens gesteigert werden. Zur Erreichung dieser Vorgaben spielen Abfälle aus Gebäudeabbrüchen eine wichtige Rolle. Im Unterschied zu Tiefbauten – z.B. Stra- ßen- und Schienennetze – sind Hochbauten vielfältiger und komplexer hinsichtlich ihrer Materialzusammensetzung. In der Untersuchung für Wien werden Methoden zur Charakterisierung unterschiedlicher Gebäudetypen – Bauperiode, Nutzung – hin- sichtlich ihrer Materialzusammensetzung zur Schaffung einer Informationsbasis für effizientes Recycling beschrieben. Die spezifischen Materialwerte für unterschiedliche Gebäudetypen dienen in weiterer Folge in Kombination mit GIS-Daten (Geographi- sches Informationssystem) zur Formulierung von Aussagen über das Gesamtlager an Materialien in Wiens Gebäuden und in Verbindung mit Daten zur Abbruchaktivität über die durch Abbrucharbeiten anfallenden Abfälle.
Obwohl unterschiedliche Ansätze zur Charakterisierung des Gebäudelagers und seiner Dynamiken vorliegen [11], ist das Wissen über die Materialzusammensetzung begrenzt [12]. Spezifische Werte zur Materialzusammensetzung von Gebäuden können durch
• Abschätzung der für den Neubau von Gebäuden benötigten Materialien,
• Analyse der Abfallströme abgebrochener Gebäude hinsichtlich unterschiedlicher Materialien,
• Erhebung der in Gebäuden verbauten Materialien vor dem Abbruch generiert werden.
Untersuchungen in Deutschland [7, 8], der Schweiz [1, 13], Norwegen [2] und Italien [3]
wenden die beiden erstgenannten Methoden an. Oft werden dadurch Umbauten oder technische Adaptierungen während der Nutzungsphase, die die Komplexität der Ma- terialzusammensetzung erhöhen, vernachlässigt. Werden Baurestmassen analysiert, ist es schwierig die zumeist sehr großen Abfallströme hinsichtlich Materialien, die in nur geringen Konzentrationen und Mengen vorhanden sind, repräsentativ zu beproben.
Eine Untersuchung der Gebäude am Ende ihrer Nutzungsphase (z.B.: [5]) erscheint daher für die Charakterisierung der Gebäude am sinnvollsten.
2. Bestimmung der Materialzusammensetzung einzelner Gebäude
Zur umfassenden Bestimmung der Materialzusammensetzung von Gebäuden vor dem Abbruch werden verfügbare Unterlagen gesichtet und analysiert sowie Begehungen und selektive Beprobungen vor Ort durchgeführt. Bislang wurden fünzehn Gebäude, wie hier beschrieben, untersucht [10].
2.1. Auswertung von Unterlagen
Verfügbare Unterlagen werden von Eigentümern, Bauunternehmern und Behörden gesammelt und hinsichtlich verbauter Materialien analysiert. Die Unterlagen weisen Unterschiede hinsichtlich Herkunft und Qualität und damit Informationsgehalt auf.
Folgende Unterlagen aus den Fallstudien wurden berücksichtigt: Bestandspläne, Bericht über die Schadstofferkundung von Gebäuden vor Abbrucharbeiten, Abfallkonzept für Baustellen.
Bestandspläne Meist verfügen Besitzer und/oder Bauherren von Liegenschaften über Bestandspläne der Gebäude. In einigen Fällen müssen Pläne bei Behörden eingesehen werden. Die Pläne sind je nach Alter und Ausführung der Gebäude unterschiedlich in ihrer Qualität.
Bericht über die Schadstofferkundung von Gebäuden vor Abbrucharbeiten Der Bericht ist vom Bauherrn in Auftrag zu geben, von einer fachkundigen Person zu erstellen und soll das Erkennen von Schadstoffen wie Asbest- oder PAK-haltigen Abfälle früh unterstützen, um sie gesondert zu entsorgen. Gemäß § 10b des Wiener Abfallwirtschaftsgesetzes ist eine Schadstofferkundung für Bauwerke ab einem Brutto- Rauminhalt (BRI) von 5.000 m³ verpflichtend [14].
Abfallkonzept für Baustellen Das Abfallkonzept ist vom Bauherrn in Auftrag zu geben und von einem fachkundi- gen Unternehmen zu erstellen. Es ist für Abbrüche von Bauwerken ab einem BRI von 5.000 m³ ebenfalls verpflichtend. Es soll den Bauherrn unterstützen, verwertungs- orientierte Abbruchtechniken anzuwenden und die Entsorgung der Materialströme besser zu planen [14]).
Es sind Änderungen der Normen zu erwarten, die auch für gesetzliche Rahmenbedin- gungen bei Abbrucharbeiten gelten.
2.2. Untersuchungen vor Ort
In weiterer Folge werden Begehungen der Gebäude und selektive Beprobungen von Bauteilen und Einbauten durchgeführt, da die verfügbaren Unterlagen meist nur grobe Rückschlüsse auf Materialien in den Gebäuden zulassen. Durch Demontage, Wiegung und/oder Vermessung werden Daten zu Aufbau und materieller Zusammensetzung unterschiedlicher Gebäudebereiche und Bauteile wie Fußböden, Zwischenwände, Deckenabhängungen, Fenster, Türen, Türzargen usw. erhoben. Dimensionen von Kabeln, Rohrleitungen und Isolationen werden bestimmt. Bei Kabeln werden Au- ßendurchmesser oder – wenn möglich – der Produktcode, der genaue Informationen über den Kabelaufbau gibt, dokumentiert. Für Rohrleitungen werden Material und Außendurchmesser aufgenommen sowie, – sofern vorhanden – Material und Stärke der Isolierung. Lüftungssysteme, Kabeltrassen, Leerverrohrungen und der Aufbau der Dächer und Fassaden werden vermessen. Die Vorgehensweise kann in Abhängigkeit der Gegebenheiten vor Ort unterschiedlich sein [9]:
Beprobung repräsentativer Einheiten
Sind Bereiche von Gebäuden in ihrer Bauart oder Ausstattung ähnlich – z.B. Wohnein- heiten oder Geschosse – werden verbaute Materialmengen ermittelt und über Fläche oder Anzahl auf die Gesamtheit hochgerechnet.
Erhebung von Steig- und Verteilungsleitungen
Häufig sind Installationen in Stockwerken oder Gebäuden zentral geführt. Vertikal durch Gebäude verlaufende Steigleitungen für Strom, Wasser, Abwasser, Heizung, usw. werden gezählt, die Dimensionen aufgenommen und die Länge über die Gebäu- dehöhe berechnet. In Stockwerken verlaufende Zuleitungen zu einzelnen Räumen werden ebenfalls erhoben. Beispielsweise werden angeschlossene Kabel in Stromkästen gezählt und deren Länge über die Entfernung zu den Räumen berechnet. Bei Zulei- tungen für Heizung oder Wasser werden die Entfernungen von den Steigleitungen zu den Sanitäranlagen oder Heizkörpern erhoben. Hierbei ist die Verfügbarkeit von Bestandsplänen hilfreich.
Erhebung von Materialmengen typischer Einbauten
Beprobung von Einbauten, die in Gebäuden häufig vorkommen – beispielsweise Fens- ter, Türen, Deckenabhängungen und Zwischenwände aber auch Bodenbeläge – sofern deren Aufbau nicht aus den Plänen ersichtlich ist. Die Einbauten werden hinsichtlich ihrer Materialzusammensetzung untersucht, z.B. durch Verwiegen der Materialien eines Fensters, aus Flächen oder Anzahl wird auf deren Gesamtheit geschlossen. Be- standspläne erleichtern beispielsweise Zählungen.
Gedankliche Schnitte
In Bereichen mit zahlreichen Leitungen werden entlang gedanklicher Quer- und Längsschnitte, in einzelnen Fällen auch Horizontalschnitte, durch Räume alle normal verlaufenden Installationen – Kabel, Rohre, Isolierungen, Kabelschienen usw. – gezählt und deren Dimensionen aufgenommen. Die Längen der Installationen ergeben sich aus den Maßen der Räume (Bild 1).
Bild 1: Dokumentation gedanklicher Schnitte in Bestandsplänen (links) für Bereiche mit vielen Leitungsinstallationen (rechts)
Aufnahme einzelner Bereiche Nicht immer sind die beschriebenen Methoden anwendbar oder sinnvoll. So können für einige Bereiche Besonderheiten notiert werden; es kann sich um unterschiedliche Materialien handeln. Die Daten werden Räumen oder Gebäudeteilen zugeordnet.
Daten zu Bauteilen und Einbauten – z.B. Wände, Decken, Fenster, Türen, Dächer, Böden, Kabel, Rohre – werden in MS Excel-Tabellen zusammengefasst und die Mate- rialmassen werden berechnet. Da bei der Datenaufnahme vor Ort nicht alle Bauteile und Einbauten demontiert und die Materialanteile gewogen werden können, werden auch Schätzungen durchgeführt.
2.3. Fallstudien
Bisher wurden neun Fallstudien (FS) im Rahmen der Untersuchung durchgeführt.
Bei diesen Fällen handelt es sich um unterschiedliche Gebäude, die in Tabelle 1 hin- sichtlich Baujahr, Nutzung und Größe (Bruttorauminhalt – BRI; Bruttogeschossfläche – BGF) beschrieben sind. Fallstudie 2 bestand aus mehreren Gebäuden, die getrennt dargestellt sind.
Tabelle 1: Die Fallstudien und ihre Charakteristika
Fallstudie Baujahr BRI BGF Nutzung m³ m²
1 1970 60.000 18.000 Wohnen 2.1 1870 13.000 2.800 Pflege 2.2 1870 18.000 3.800 Pflege 2.3 1870 16.000 3.400 Pflege 2.4 1870 15.000 3.400 Verwaltung 2.5 1960 7.200 2.200 Krankenhaus 2.6 2003 11.000 2.500 Krankenhaus 3 1930 21.000 3.900 Industrie 4 1878 39.000 10.000 Wohnen/Pflege 5 1859 3.700 1.100 Wohnen 6 1952 bis 53 20.000 7.100 Wohnen 7 1970 bis 76 150.000 39.000 Büro 8 1925 1.500 440 Wohnen 9 1979 97.000 26.000 Büro
2.4. Auswertung von Bauakten abgebrochener Gebäude
Für die Untersuchungen einer größeren Stichprobe der Gebäude, werden neben der Durchführung der Fallstudien Bauakten aller in Wien angezeigten Gebäudeabbrüche gesammelt und hinsichtlich Größe, Bauperiode und Nutzung kategorisiert. Auch werden die in den Bauakten verfügbaren Unterlagen – meist Bestandspläne – gesichtet und hinsichtlich verbauter Materialien analysiert. Für das Jahr 2013 werden etwa 150 Bauakte ausgewertet.
3. Analyse der Gebäudestruktur
Für die Abschätzung der Materiallager in den Gebäuden Wiens sind außer der Mate- rialzusammensetzung unterschiedlicher Gebäudetypen Informationen über die Ge- bäudestruktur notwendig. GIS-Daten verschiedener Magistratsabteilungen (MA) der Stadt Wien werden kombiniert, um einen guten Datensatz über Größe, Bauperiode und Nutzung aller Gebäude in Wien zu generieren. Folgende Datensätze werden verwendet:
• Die Flächenmehrzweckkarte der Magistratsabteilung (MA) 41 (Stadtvermessung) der Stadt Wien beinhalten Flächen und relative Höhen aller Gebäude in Wien. Die relative Höhe ergibt sich aus dem Abstand zwischen Geländeoberfläche und Traufe.
• Daten zu Nutzung und Bauperiode der MA 21 – Stadtteilplanung und Flächennut- zung – liegen für einzelne Gebäude vor, allerdings bestehen Datenlücken.
• Zum Füllen dieser Datenlücken werden Daten über das durchschnittliche Alter im Baublock der MA 18 (Stadtentwicklung und Stadtplanung) und die generalisierte Flächenwidmung der MA 21 verwendet.
• Zur Verbesserung des Datensatzes werden Daten zu Bauperiode und Nutzung von Neubauten nach 2008 aus dem Gebäude- und Wohnungsregister (GWR) der MA 37 (Baupolizei) hinzugefügt.
Die GIS-Daten zu Gebäudeflächen und -höhen können mit jenen zu Bauperiode und Nutzung räumlich verschnitten werden. Damit kann ein Datensatz mit Ge- bäudekubaturen verschiedener Alters- und Nutzungsklassen generiert werden.
4. Abbruchaktivität
Zur Abschätzung der Abbruchaktivität werden unterschiedliche Informationsquellen verwendet. Bauakten aller bei der MA 37 angezeigten Gebäudeabbrüche von 2013 werden – wie zuvor beschrieben – analysiert. Zum Vergleich werden eigene Beobach- tungen angestellt und Abbruchaktivitäten dokumentiert. Daten von Neubauten werden mit Orthofotos der vergangenen Jahre verglichen, um festzustellen, ob und welche Gebäude den Neubauten weichen mussten. Auch Expertenmeinungen werden bei der Einschätzung der Abbruchaktivität eingeholt. Eine Statistik über Abbruchaktivitäten der Stadt Wien wird derzeit nicht geführt.
5. Resultate und Diskussion
5.1. Methodenanwendung
Bestandspläne von Gebäuden eignen sich zur Berechnung von Volumina von Wänden und Decken über die Flächen und Dicken der jeweiligen Bauteile abzüglich etwaiger Ausnehmungen. Hauptbaustoffe wie Beton, Ziegel oder Holz können mit Hilfe von
Volumina und Dichte der Materialien quantifiziert werden. In weiterer Folge können Anteile an Bewehrungsstahl in Stahlbeton oder an Mörtel in Ziegelmauerwerk be- rechnet werden. Je nach Ausführung der Bestandspläne sind teilweise der Aufbau von Fußböden, Bodenbelägen oder Dächern genauer beschrieben. In diesen Fällen können auch hier die verbauten Materialien – z.B. mineralisches Schüttmaterial, Styropor, Bitumen, Metalle, Estrich, PVC, Holz usw. – quantifiziert werden.
Die Schadstofferkundung von Gebäuden vor Abbrucharbeiten ist nicht dafür bestimmt umfassend über die Materialzusammensetzung der Gebäude zu informieren, da sie sich hauptsächlich mit gefährlichen Substanzen beschäftigt, die sicher von den anderen Materialien getrennt und entsorgt werden sollen. Darüber hinaus beinhaltet dieses Dokument meist nur allgemeine Informationen zum Gebäude.
Das Abfallkonzept für Baustellen liegt in vielen Fällen erst kurz vor Abbruchbeginn vor. Es sollte qualitative und quantitative Informationen über zu erwartende Abfall- fraktionen geben und schon bei der Ausschreibung vorliegen.
Begehung und selektive Beprobung ermöglichen die Quantifizierung von Materialien mit geringem Anteil der Bausubstanz. Folgende Erkenntnisse hinsichtlich der Anwen- dung der beschriebenen Methoden wurden erlangt:
• Beprobung repräsentativer Einheiten
In mehreren Fallstudien waren Wohneinheiten oder Stockwerke sehr ähnlich in Bauweise und Ausstattung und mussten daher nicht einzeln aufgenommen werden.
• Erhebung von Zentral- und Verteilungsleitungen
Jede Fallstudie war unterschiedlich; es zeigte sich, dass insbesondere elektrische Leitungen und Sanitärinstallationen während der Nutzungsdauer eines Gebäudes in vielen Fällen erneuert oder verändert werden.
• Erhebung von Materialmengen typischer Einbauten
In allen Fallstudien wurden typische Einbauten wie Fenster, Türen, Heizungen oder Deckenabhängungen untersucht. Informationen über einige Einbauten konnten für mehrere Fallstudien herangezogen werden.
• Gedankliche Schnitte
Gedankliche Schnitte wurden in allen Fallstudien für Räume oder Abschnitte mit zahlreichen Installationen angewandt.
• Aufnahme einzelner Bereiche
In vielen Fällen wurden Informationen über Materialien notiert und bestimmten Räumen oder Gebäudebereichen zugeordnet.
Es zeigte sich, dass eine umfassende Charakterisierung der Materialzusammensetzung ei- nes Gebäudes – basierend ausschließlich auf vorhandenen Unterlagen – nicht möglich ist.
Die Hauptmaterialien können bestimmt werden; Materialien in Einbauten und Ins- tallationen sind jedoch nicht zu quantifizieren. Begehung und selektive Beprobung sind – wenn auch mit hohem Aufwand verbunden – gut geeignet für die Bewertung von Materialien aus Einbauten und Installationen.
5.2. Materialzusammensetzung
Tabelle 2 zeigt die Materialzusammensetzung der Gebäude der unterschiedlichen Fallstudien in aggregierter Form [kg/m³ BRI] bezogen auf deren Bruttorauminhalt.
Die unterschiedlichen Gebäudetypen aus Fallstudie 2 sind getrennt dargestellt. Die genaue Dokumentation jeder Fallstudie erlaubt die Rückverfolgung aller Ergebnisse und ermöglicht das Nachvollziehen von Informationen über die Form von Materialien.
Die Ergebnisse der Fallstudien zeigen, dass der Anteil mineralischer Materialien an der Gesamtmasse zwischen 94 und 98 Prozent liegt. Dementsprechend gering sind die Anteile anderen Materialien. Die absoluten Mengen metallischer oder organischer Materialien können aber – abhängig von der Gebäudegröße – bedeutend sein. Gebäude aus Stahlbeton weisen tendenziell höhere Metallgehalte auf; auch größere Ziegelgebäu- de können hohe Stahlanteile aufweisen, sofern beispielsweise gemauerte Decken auf Stahlträgern abgestützt werden. Hohe Holzanteile sind meist auf massive Decken- und Dachkonstruktionen zurückzuführen, zum Beispiel auf Dübelbaumdecken; das sind Decken aus massiven mit Holzdübeln verbundenen Holzbalken.
Die gesamte Materialintensität der unterschiedlichen Gebäude hängt stark von deren Kompaktheit ab. Niedrige Raumhöhen und kleinere Raumflächen ergeben insgesamt höhere Materialintensität, während beispielsweise Produktionshallen weniger mate- rialintensiv in ihrer Bauweise sind.
Tabelle 2: Materialzusammensetzung der unterschiedlichen Fallstudien
Diverse Diverse
Fallstudie Beton Ziegel mineralische Metalle organische Summe Materialien Materialien
kg/m³ BRI
1 396 32 8 4 441
2.1 21 292 120 6 4 444 2.2 20 267 115 6 3 411 2.3 23 286 121 6 3 440 2.4 20 294 116 3 8 441 2.5 228 130 47 5 3 413 2.6 311 9 10 6 335 3 45 169 41 6 4 265 4 44 253 108 3 2 410 5 16 304 130 1 21 471 6 62 241 93 3 5 404
7 274 19 8 8 309
8 9 253 110 1 13 387 9 377 5 12 10 2 407
5.3. Gebäudestruktur
Erste Ergebnisse aus der Analyse der Gebäudestruktur sind in Bild 2 dargestellt. Große Anteile des Gebäudevolumens unterliegen demnach einer Wohnnutzung. Bei der Ana- lyse der Altersstruktur fällt auf, dass der größte Anteil an Gebäuden vor 1918 errichtet wurde. Bei diesen ersten Ergebnissen sind Keller und Dächer nicht berücksichtigt.
Bild 2: Ergebnisse einer ersten Analyse der Gebäudestruktur bezogen auf Gebäudevolumina – Nutzung (links) und Bauperiode (rechts)
Durch die Zuordnung unterschiedlicher Materialmengen – abhängig von Größe, Bauperiode und Nutzung der Gebäude – entsteht zukünftig ein Ressourcenkataster, der in Kombination mit Informationen über die Abbruchaktivität auch Auskunft über Menge und Qualität von Baurestmassen geben kann (Bild 3).
Gebäudeinformation
Höhe m 17,7 Fläche m2 443 Volumen m3 7.823 Nutzung Wohnen Bauperiode vor 1918 Materialzusammensetzung t
Mineralisches Material 3.400
Stahl 23
Aluminium 0,66
Kupfer 0,74
PVC 2,3
Holz 67
Asbestzement 0,73
Diverse Kunststoffe 1,8
Andere 4,1
Industrie 14 %
Wohnen 59 % keine
Angabe 3 % Gewerbe 24 %
ab 1997 12 %
bis 1918 34 % 1946
bis 1976 24 % 1977 bis 1996 22 %
keine Angabe 2 %
1919 bis 1945 6 %
Bild 3: Ausblick – Materialinformation auf Gebäudeebene im Ressourcenkataster für Wien
5.4. Prognose zukünftig anfallender Baurestmassen
Zur Abschätzung zukünftig anfallender Materialmengen aus Gebäudeabbrüchen, wird im ersten Schritt versucht, genaue Informationen über die derzeitige Abbruchaktivität und jene der letzten Jahre zu sammeln. Durch Kombination der beschriebenen Infor- mationsquellen versprechen sich die Autoren eine verlässliche Abschätzung, wie sie aufgrund der derzeitigen Datenbasis nicht möglich ist.
Die Sichtung und Auswertung der Bauakte aller bei der Behörde angezeigten Abbrü- che sollte detaillierte Informationen über abgebrochene Gebäude ermöglichen. Nach ersten Auswertungen erscheint das abgebrochene Gebäudevolumen jedoch deutlich zu gering, um alle Abbrüche zu umfassen. Eigene Beobachtungen bestätigten dies, da mehrere durchgeführte Gebäudeabbrüche nicht in den Bauakten zu finden sind.
Mögliche Erklärungen sind fehlende Anzeigemoral der Abbruchunternehmen und Verzögerungen bei der Weitergabe der Bauakte von der Behörde an das Projektteam.
Anhand von Informationen über die Standorte von Neubauten für das Referenzjahr 2013 in Wien, in Kombination mit Orthofotos sowie der Flächenmehrzweckkarte der letzten Jahre wird versucht rückzuschließen, ob und welche Gebäude vor dem Neubau auf den jeweiligen Standorten vorhanden waren und im Zuge des Neubauprojekts abgebrochen wurden. Es ist anzunehmen, dass die meisten Gebäude, die abgebrochen werden, durch Neubauten ersetzt werden, da Wien stark wächst. Die Herangehenswei- se schien damit legitim. Erste Ergebnisse zeigen jedoch, dass es bei der angewandten Methode zu einer Unterschätzung der abgebrochenen Gebäudevolumina kommt.
Dies kann an der Unvollständigkeit der Daten über Neubauten sowie an möglichen zeitlichen Abständen zwischen Abbruch und Neubau liegen.
Durch die derzeitigen Tätigkeiten der Stadt Wien im Bereich der Fernerkundung bieten sich zukünftig Möglichkeiten Höhenunterschiede im Stadtgebiet mit Bildmatching flächendeckend zu lokalisieren und hinsichtlich Fläche und Höhenunterschied zu quantifizieren. Für die vorliegende Forschungsarbeit (Bestimmung der Abbruchakti- vitäten) könnten diese Arbeiten von Interesse sein.
6. Zusammenfassung
Informationen über das Materiallager von Gebäuden in Wien stellen eine wichtige Grundlage dar, um das Ressourcenpotenzial für eine anzustrebende Kreislaufwirtschaft einschätzen zu können. Diese Arbeit stellt eine Methode zur Charakterisierung der Materialzusammensetzung von Gebäuden vor. Weiters wird auf die Verwendbarkeit der generierten Daten bei der Abschätzung des gesamten Materiallagers in Wiens Gebäuden sowie zukünftig anfallenden Abfallmengen aus dem Gebäudeabbruch ein- gegangen. Die Verfügbarkeit von Daten sowohl über die Gebäudestruktur als auch über Gebäudeabbrüche spielen eine wichtige Rolle. Zur Bündelung der Informationen über den Gebäudebestand bietet sich die Verwendung eines Geoinformationssystems an.
7. Quellen
[1] Baccini, P.; Pedraza, A.: Bestimmung von Materialgehalten in Gebäuden, Bauwerke als Ressour- cennutzer und Ressourcenspender in der Langfristigen Entwicklung urbaner Systeme. Zürich:
vdf Hochschulverlag AG, 2006
[2] Bergsdal, H.; Bohne, R.A.; Brattebø, H.: Projection of Construction and Demolition Waste in Norway. Journal of Industrial Ecology 11, 2007, S. 27-39
[3] Blengini, G. A.: Life cycle of buildings, demolition and recycling potential: A case study in Turin, Italy. Building and Environment 44, 2009, S. 319-330
[4] Bundes-Abfallwirtschaftsplan: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMFLUW), Vienna, 2011
[5] Clement, D.; Hammer, K.; Schnöller, J.; Daxbeck, H.; Brunner, P.: Wert-und Schadstoffe in Wohn- gebäuden. Österreichische Wasser-und Abfallwirtschaft 63, 61-69, 2011
[6] European Comission: Construction and Demolition Waste (CDW). European Comission, 2014 [7] Görg, H.: Entwicklung eines Prognosemodells für Bauabfälle als Baustein von Stoffstrom- betrachtungen zur Kreislaufwirtschaft im Bauwesen. Verein zur Förderung des Instituts WAR – Wasserversorgung · Abwassertechnik · Abfalltechnik · Umwelt- und Raumplanung der TH Darmstadt, Germany, 1997
[8] Gruhler, K.; Böhm, R.; Deilmann, C.; Schiller, G.: Stofflich-energetische Gebäudesteckbriefe - Gebäudevergleiche und Hochrechnungen für Bebauungsstrukturen. Institut für ökologische Raumentwicklung Dresden, Germany, 2002
[9] Kleemann, F.; Aschenbrenner, P.; Lederer, J.: Methode zur Bestimmung der Materialzusammen- setzung von Gebäuden vor dem Abbruch. Österreichische Wasser-und Abfallwirtschaft 21-27, 2015
[10] Kleemann, F.; Lederer, J.; Aschenbrenner, P.; Rechberger, H.; Fellner, J.: A method for determining buildings’ material composition prior to demolition. Building Research & Information, 1-12, 2014
[11] Kohler, N.; Hassler, U.: The building stock as a research object. Building Research & Information 30, 226-236, 2002
[12] Kohler, N.; Yang, W.: Long-term management of building stocks. Building Research & Informa- tion 35, 351-362, 2007
[13] Lichtensteiger, T.; Baccini, P.: Exploration of urban stocks. Detail 5, 16, 2008
[14] Wiener Landtag: Gesetz über die Vermeidung und Behandlung von Abfällen und die Einhebung einer hiefür erforderlichen Abgabe im Gebiete des Landes Wien (Wiener Abfallwirtschaftsgesetz – Wr. AWG), 2012
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Recycling Kompostierung Verbrennung Deponierung 0
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Anteil
%
Anteil
%
EU 27
Deutschland Rumänien
Malta Polen ZypernLettland Tschechien Slowake
i Ungarn Slowenien
Irland Estland
Portugal Spanien Großbritannien
FinnlandItalien Frankreich Luxemburg Österreic
h Dänemark SchwedenNiederlande Belgien
Griechenland LitauenBulgarien
Abfallbehandlung in der EU-27 – Stand 2010
0 – 6 % 13 – 51 % 57 – 77 % 80 – 100 %
bereits erfüllt noch nicht erfüllt Ir-
land
Italien Litauen
Lettland
Luxem- burg Dänemark Nieder- lande
Belgien Frankreich
Spanien Groß- britannien Deutschland
Schweiz Tschechien Österreich Ungarn
Slowakei Slowenien
Polen
Griechen- land
Bulga- rien Rumänien Finnland
Schweden
Portugal
Est-land Norwegen
Österreich
Anteil % Belgien
Dänemark
Frankreich
Deutschland Niederlande
Schweiz USA
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
stoffliche Verwertung
(Recycling) energetische Verwertung Deponierung
Sperrmüll 6,4 % Hausmüll, hausmüll- ähnliche Gewerbeabfälle gemeinsam über die öffentliche Müllabfuhr eingesammelt 37,2 % Abfälle aus der Biotonne 11,6 % Garten- und Parkabfälle biologisch abbaubar
12,8 % Gemischte
Verpackungen/
Kunststoffe 6,8 %
Papier, Pappe Kartonagen 15,8 % Insgesamt 37,22 Millionen Tonnen
sonstige Abfälle 0,5 %
Glas 5,1 % Metalle, Holz Textilien 3,7 % andere
getrennt eingesammelte
Abfälle 31,4 %
85 75 65 105
90 95 100
80 70 Produktion Mio. t
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 60
Leichtverpackungs-Sammelware Grobzerkleinerung Konditionierung
> 220 mm < 20 mm
Leichtgut (MKS) Siebklassierung Windsichtung
Magnetscheidung sensorgestützte automatische Klaubung und
Wirbelstromscheidung
sensorgestützte automatische und ggf. manuelle Produktkontrolle
Kunststoff- Hohlkörper Folien
AluPE PPPS PETMisch- Sortierrest kunst- stoffe PPKEBS Flüssigkeits-
kartons Weißblech Schwergut
> 220 mm Leichtgut
> 220 mm
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar
Thomé-Kozmiensky, K. J. (Hrsg.): Mineralische Nebenprodukte und Abfälle 2 – Aschen, Schlacken, Stäube und Baurestmassen – ISBN 978-3-944310-21-3 TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky
Copyright: Professor Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky Alle Rechte vorbehalten
Verlag: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky • Neuruppin 2015
Redaktion und Lektorat: Professor Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky, Dr.-Ing. Stephanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc.
Erfassung und Layout: Ginette Teske, Sandra Peters, Janin Burbott, Claudia Naumann-Deppe, Anne Kuhlo
Druck: Mediengruppe Universal Grafische Betriebe München GmbH, München
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