Modellierung der Umweltwirkung von gentechnisch veränderten Pflanzen mit Hilfe von Expert-N
Christine Loos, Sabine Grundmann, Eckart Priesack Institut für Bodenökologie
GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit Ingolstädter Landstraße 1
85764 Neuherberg christine.loos@gsf.de sabine.grundmann@gsf.de
priesack@gsf.de
Abstract: Wie in der EU-Freisetzungsrichtlinie (2001/18/EG) gefordert, ist ein Monitoring der ökologischen Auswirkungen von gentechnisch veränderten Pflan- zen (GVP) notwendig. Der Anbau von herbizid-resistenten, gentechnisch veränder- ten Pflanzen kann zu einem mehrmals jährlichen und mehrjährigen Einsatz eines Herbizids führen. Die Zunahme an Herbizid-Applikationen kann zahlreiche Risi- ken bergen, wie Veränderung der Bodenfunktionen auf der Anbaufläche, erhöhte Herbizid-Verlagerung ins Grundwasser oder erhöhter Selektionsdruck auf Boden- mikroorganismen. Die in einer Lysimeter-Studie erarbeiteten Daten zum Bodenlö- sungstransport, Herbizid-Abbau und zur Pflanzenaufnahme werden integriert und analysiert, mit dem Ziel ein mathematisches Modellsystem zu entwickeln, mit des- sen Hilfe man die Umweltwirkung von gentechnisch veränderten Pflanzen be- schreiben und bewerten kann. Das modular aufgebaute Modellsystem EXPERT-N zur Beschreibung der Stickstoffdynamik im Boden wurde dazu mit einem Modul zum Stofftransport von Pestiziden erweitert. Insbesondere Pestizidabbau- und Transformationsprozesse durch Pflanzen und Bodenmikroorganismen werden im Modell im Hinblick auf eine veränderte Umweltwirkung durch den Anbau von GVP berücksichtigt.
1 Einleitung
Gentechnisch veränderte Pflanzen (GVP) sind Bestandteil moderner Landwirtschaft in Industrienationen [Fr01]. Vor allem für Sojabohne, Mais, Baumwolle und Raps existie- ren genetisch modifizierte Varietäten von wesentlicher Bedeutung, wobei die Modifizie- rungen Insektenresistenz und Herbizidresistenz dominieren. Der Anbau von GVP führt zu einer Veränderung landwirtschaftlicher Praktiken und bedarf deshalb einer Bewer- tung der möglichen Umweltwirkungen des Anbaus von GVP im Agro-Ökosystem. In der EU-Freisetzungsrichtlinie (2001/18/EG) [EC01] wird deshalb ein Monitoring des An- baus von GVP hinsichtlich Lebensmittelsicherheit, Biosicherheit und Nachhaltigkeit ge-
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fordert. Insbesondere der Anbau von herbizid-resistenten GVP ermöglicht einen mehr- mals jährlichen und mehrjährigen Einsatz eines Herbizids.
Die Zunahme an Herbizid-Applikationen führt möglicherweise zur Veränderung der Bodenfunktionen, zu erhöhter Herbizid-Verlagerung ins Grundwasser oder zu erhöhtem Selektionsdruck auf Bodenmikroorganismen. Die in einer Lysimeter-Studie erarbeiteten Daten zum Bodenlösungstransport und mikrobiellen Abbau des Totalherbizids Glypho- sat werden im modular aufgebauten Modellsystem EXPERT-N [St99] integriert und analysiert. Als Modellpflanze dient transgenes Soja, welches weltweit bereits 63 % des gesamten Soja-Anbaus ausmacht [Mo02].
2 Material und Methoden
In der Studie wurde auf 4 wägbaren Freiland-Lysimetern (Fläche 1 m², Tiefe 2 m) befüllt mit einem sandigen Bodentyp über 2 Vegetationsperioden transgenes Soja angebaut. Auf 2 Lysimetern wurde 14C markiertes Glyphosat im Jahr 2004 nach dem Auflaufen und im Jahr 2005 vor der Saat und nach dem Auflaufen der Sojapflanzen appliziert. Wasserge- halt, Saugspannung und Temperatur wurden kontinuierlich in 30, 50, 80, 155 und 190 cm Tiefe gemessen.
3 Modellstruktur
Das modular aufgebaute Modellsystem EXPERT-N wurde für die vorliegende Arbeit mit einem Modul zum Stofftransport und -verhalten von Pestiziden erweitert. Die für die Aufgabenstellung benötigten Prozessabbildungen sind in Abbildung 1 dargestellt.
Evapotranspiration and leaching BOUNDARY
PROCESS Volatilisation
and leaching
Transpiration and N-uptake
Gene transfer plants to microorganisms
Adsorption to soil matrix
Pesticide uptake by roots and leaves
Pesticide degradation Preferential flow
/ Dispersion PESTICIDE
RELATIONS
Generic crop growth equations
Microbial growth kinetics MAIN
EQUATIONS Richards equation
Convection- dispersion equation
Modelling of pesticide transport
Modelling of microbial degradation Modelling of
plant growth TOPIC Modelling of
water transport
Evapotranspiration and leaching BOUNDARY
PROCESS Volatilisation
and leaching
Transpiration and N-uptake
Gene transfer plants to microorganisms
Adsorption to soil matrix
Pesticide uptake by roots and leaves
Pesticide degradation Preferential flow
/ Dispersion PESTICIDE
RELATIONS
Generic crop growth equations
Microbial growth kinetics MAIN
EQUATIONS Richards equation
Convection- dispersion equation
Modelling of pesticide transport
Modelling of microbial degradation Modelling of
plant growth TOPIC Modelling of
water transport
Abbildung 1: Simulierte Prozesse des Pestizidverhaltens
Als Grundlage der Modellentwicklung dient das Pestizid-Transport-Modell LEACHP [HW92]. Insbesondere Pestizidabbau- und Transformationsprozesse durch Pflanzen und Bodenmikroorganismen werden im Hinblick auf den Anbau von GVP berücksichtigt.
Pflanzliche Pestizidaufnahme und Abbau wird durch das Modell PLANTX [Tr92] be- schrieben.
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Zur Simulation von Pflanzenentwicklung und –wachstum wird das Modell SUCROS [It03] herangezogen. Für Wassertransportberechnungen wurde das in Expert-N imple- mentierte Modell HYDRUS 6.0 [SHG98] verwendet. Bodenwärmetransport, N-Trans- port und N-Umsatz wurden nach den bereits implementierten Modellansätzen basierend auf dem Modell LEACHM [HW92] simuliert.
4 Ergebnisse
Mikrobielle Umsetzungsprozesse von Pestiziden im Boden werden durch Wassergehalt- und Temperaturverlauf beeinflusst [Kü04]. Die Ergebnisse der Lysimeterstudie haben gezeigt, dass über 90 % der 14C-Rückstände ein Jahr nach der Pestizidapplikation im Jahr 2004 und nach Unterarbeiten der Ernterückstände (bis 5 cm Tiefe) am Vegetation- sende im Bereich 0-5 cm zu finden waren. Deshalb sind vor allem die Wassergehalte in den obersten 30 cm des Bodens für den Pestizidabbau von Bedeutung.
0 5 10 15 20 25
1 26 51 76 101 126 151 176 201
Zeitraum 2005 [Tage]
Wassergehalt 30 cm [%]
Lysi. 1 Lysi. 2 Modell
Abbildung 2: Simulierte und gemessene Wassergehalte in 30 cm Januar bis Juli 2005 Abbildung 2 zeigt die in 2 Lysimetern mit TDR-Sonden gemessenen täglichen Wasser- gehalte im Vergleich zu den simulierten Werten. Die Messwerte für Lysimeter 1 weisen einen systematischen Messfehler auf, der zu einer konstanten Überschätzung der Was- sergehalte um ca. 4 % führt. In Abbildung 2 sind daher die korrigierten Werte darge- stellt. Die simulierten Werte stimmen bis auf den Zeitraum Januar bis März (Tag 1-72) gut mit den gemessenen Werten überein. Die Unterschiede deuten auf eine Überschät- zung der Evapotranspiration durch das Modell in den Wintermonaten hin.
Abbildung 3 zeigt, dass das Modell die Pestizidabbaurate direkt nach der Applikation unterschätzt. Dies deutet darauf hin, dass es im Feldversuch im Gegensatz zur Modell- annahme nicht erst zu einer Adaption der Mikroorganismen an die applizierte Substanz kommen muss. Für den restlichen Zeitraum stimmen simulierte und gemessene Raten gut überein. Im Vergleich zum mikrobiellen Pestizidabbau im Jahr 2004 unter der An- wesenheit von transgenem Soja konnte im Jahr 2005 für den Zeitraum vor der Aussaat kein veränderter Abbau beobachtet werden.
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0 5 10 15 20 25 30 35
143 151 159 167 175 183 191 199
Zeitraum 2005 [Tage]
NS [mm]
0 1 2 3 4
Abbaurate [% der appl. Menge]
NS Messwerte Modell
Abbildung 3: Simulierte und gemessene Abbauraten in % der applizierten Pestizidmenge und Niederschlag für den Zeitraum 23.05. bis 20.07.2005
Für die genauere Analyse des Einflusses der GVP müssen jedoch noch die Ergebnisse der 2. Pestizidapplikation im Jahr 2005 abgewartet werden.
Literaturverzeichnis
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[Tr92] Trapp, S.: Modellierung der Aufnahme anthropogener organischer Chemikalien in Pflanzen. Dissertation Technische Universität München, 1992.
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[Kü04] Kühn, S.: Bedeutung der Leistung mikrobieller Lebensgemeinschaften beim Umsatz und Abbau von Isoproturon in Böden und Möglichkeiten zur Steuerung des in-situ- Pestizidabbaus. Dissertation Technische Universität München, 2004.
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