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Heute auf Seite 3: Was Washington will

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UNABHÄNGIGE W O C H E N Z E I T U N G FÜR D E U T S C H L A N D

J a h r g a n g 50 - F o l g e 16 Erscheint wöchentlich

Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt 2 4 . A p r i l 1 9 9 9 Landsmannschaft Ostpreußen e.V. p R^sOA

Parkallee 84Ä6, 20144 Hamburg U

Bundesregierung:

L a f o n t a i n e s V e r t r a u t e g e f e u e r t

In Bonn deutet sich seit der „Staatsflucht" des Saarländers eine kleine Wende an

N a c h d e m Regierungswechsel i m vergangenen Herbst w a r häufiger v o m Politikwechsel die Rede gewe- sen. S P D u n d Grüne wollten die an- dere R e p u b l i k einführen. Doppelte Staatsbürgerschaften, Quasi-Ehen für Homosexuelle, U m v e r t e i l u n g i m Steuerrecht u n d eine feste Weltwirt- schaftsordnung. N a c h einem halben Jahr rotgrüner Koalition deutet sich in der Finanz- u n d Wirtschaftspolitik z w a r nicht unbedingt eine Rolle rückwärts, aber eine K u r s k o r r e k t u r an. In der „Staatsflucht" v o n Oskar Lafontaine aus allen politischen Äm- tern liegt der H a u p t g r u n d .

In der Öffentlichkeit herrscht oft der G l a u b e vor, die Bonner Minister würden die Politik bis ins Detail selbst bestimmen. Das ist nur be- dingt richtig. D i e Ministerien wer- den eigentlich v o n beamteten Staats- sekretären geleitet. Im wichtigen F i - nanzministerium hatte sich Lafontai- ne mit z w e i ausgeprägten Ideologen umgeben: C l a u s N o e , ein erfahrener Ministerialbeamter, stand als Steuer- rechtler für Umverteilung u n d büro- kratiefreundliche Lösungen. Heiner Flassbeck, früher Weltwirtschaftsex- perte b e i m DIW-Forschungsinstitut, vertrat das P r i n z i p der verstärkten Staatslenkung i n der Wirtschaft u n d wollte die Weltwirtschaft mit festen Wechselkursen überziehen.

A u f diese beiden Beamten, die i n Bonn bereits „Oskars Einflüsterer"

genannt w u r d e n , gehen die nach Ansicht fast aller Experten schweren Fehler s o w o h l i n der Steuerreform als auch i n anderen Bereichen, etwa bei d e n 630-Mark-Nebenjobs, z u - rück. Der neue Finanzminister H a n s Eichel, ein eher an der Praxis orien- tierter u n d nicht ideologisch festge- legter Politiker, traf gleich nach Amtsantritt eine für einen neuen M i -

DIESE WOCHE

Benes-Dekrete

Europa-Parlament fordert Prag heraus

Madeleine Albright

Peinliche Folgen eines Besuches an der Moldau

Skandal um Zwangsarbeiter

Polnische Stellen lassen Listen

deutscher Opfer verschwinden 6

Weizen von Spreu getrennt

Naive-Kunst-Galerie Köln

feiert 20jähriges Jubiläum 11

„Berlin - Moskau"

Wohltätigkeitsabend für

Königsberger Kinder 13

Fast alles vergessen

Lea Rabin machte eine Stippvisite

im Museum Stadt Königsberg 23

nister ungewöhnliche Entscheidung:

Er warf die beiden Beamten hinaus.

A l s neuen Staatssekretär für inter- nationale Finanzbeziehungen holte sich Eichel den Weltbank-Manager Calo Koch-Weser aus Washington.

Der Finanzmanager soll das lädierte Ansehen der Bundesrepublik Deutschland auf den internationalen Finanzmärkten wiederherstellen.

H i e r hatte Flassbeck mit seinem Ge- rede v o n staatlicher Kontrolle der freien Finanzwirtschaft ganze Arbeit geleistet.

Heribert Zitzelsberger, Eichels neuer M a n n für Steuern, k o m m t aus der Großindustrie (Bayer A G ) u n d hatte Lehraufträge für Steuerrecht an Universitäten. Bei Zitzelsberger, ei- nem ausgewiesenen Fachmann für Steuerrecnt, dürfte die Unterneh- menssteuerreform i n besseren Hän- den sein als bei N o e , der - statt Entla- stungen u n d Vereinfachungen durchzuführen - lieber die Bela- stungsfähigkeit der Wirtschaft testen wollte.

Das Ende der Lafontaine-Ära läßt auch Korrekturen an ideologisch motivierten Gesetzen w i e den N e u - regelungen gegen Scheinselbstän- digkeit u n d bei den 630-Mark-Jobs möglich werden. N a c h d e m bereits der aus der Großindustrie k o m m e n - de parteilose Wirtschaftsminister Werner Müller mehrfach laut über Änderungen nachgedacht hatte, regt sich jetzt auch Widerstand i n den Re- gierungsfraktionen.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Rezzo Schlauch verlangt Änderun- gen an den Scheinselbständigkeits- Gesetzen, w e i l d a d u r c h Existenz-

gründungen erschwert würden, u n d aus der niedersächsischen Landesre- gierung w i r d die Forderung laut, das bürokratische 630-Mark-Gesetz nachzubessern. Mancher Regie- rungsfunktionär dürfte bereits der Einschätzung v o n FDP-Generalse- kretär G u i d o Westerwelle zustim- men: „Die rotgrünen Gesetze z u den 630-Mark-Jobs u n d z u r Scheinselb- ständigkeit werden d e m Druck der Realität nicht standhalten."

Gegen einen anderen Druck der Realität ist die neue Mannschaft i m Finanzministerium aber ebenso hilf- los w i e das Lafontaine-Trio: Die Kas- sen bleiben leer, u n d das Defizit v o n 30 M i l l i a r d e n M a r k kann nicht ein- fach weggeredet werden. A u c h E i - chel steht vor d e m Problem, ob er Steuern erhöhen (Mehrwertsteuer) u n d damit die Konjunktur weiter dämpfen oder Leistungsgesetze (im Sozialbereich) beschneiden soll. Da noch Verbesserungen für die Famili- en ausstehen (mindestens zehn M i l l i - arden), w i r d Eichel vermutlich z u beiden Möglichkeiten greifen müs- sen.

Flassbeck u n d N o e , deren politi- sche Laufbahn z u Ende war, ehe sie richtig begonnen hatte, brauchen sich dennoch u m ihre Z u k u n f t keine Sorgen z u machen. Flassbeck stehen nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler für fünf Monate A m t s - zeit über z w e i M i l l i o n e n M a r k Über- gangsgelder u n d Ruhegehälter z u . Der 60)ährige N o e bekommt i n den nächsten fünf Jahren insgesamt 808 000 M a r k u n d anschließend eine monatliche Pension v o n 12194,75

M a r k . H L

D i e „ B e r l i n e r R e p u b l i k " hat b e g o n n e n : D e r R e i c h s t a g , das neue alte H e r z des p o l i t i s c h e n D e u t s c h l a n d Foto dpa

B i l d u n g s n o t /

I

m N o v e m b e r 1997 hielt B u n - despräsident H e r z o g eine Rede z u r B i l d u n g s p o l i t i k , i n der er d e n vielbespöttelten „ R u c k " for- derte, der d u r c h D e u t s c h l a n d ge- h e n müsse. D e r w o l l t e allerdings partout nicht k o m m e n . Satte, über- fütterte Bundesbürger schätzen keine r u c k a r t i g e n Veränderungen.

A b e r wenigstens ein Initiativkreis entstand, a n d e m sich maßgeblich die Bertelsmann-Stiftung beteilig- te, d i e außer e i n e m M e m o r a n d u m jetzt einen Bildungskongreß i n B o n n z u s t a n d e brachte. D i e V o r b e - reitungen f a n d e n ohne öffentliche A u f m e r k s a m k e i t statt, u n d das u n - terscheidet d i e heutige B i l d u n g s - p o l i t i k v o n der früheren. E i n k u r - zer Rückblick m ö g e d e n W a n d e l zeigen: D a s w a r e n n o c h Z e i t e n , als die B i l d u n g v o n erstrangiger Be-

Blair will Lords entmachten

Der Erbadel soll aus

dem Oberhaus fliegen 24

G y s i s T r u p p e a u f d e m R ü c k z u g

Die PDS geht einer Auseinandersetzung mit der Landsmannschaft aus dem Wege

Die S E D kämpft auch unter i h - rem neuen Firmenschild P D S nach w i e v o r für den Sieg des Sozialis- mus i n Deutschland. Parteien, Ver- bände u n d Institutionen, welche der Erreichung dieses Zieles be- sonders hinderlich sind, werden auf vielerlei Weise attackiert. D a - bei scheuen sich die K o m m u n i s t e n nicht, die Angeprangerten publizi- stisch i n jene Ecken z u stellen, i n denen die Öffentlichkeit notori- sche Bösewichte vermutet. Damit w i r d versucht, die demokratische u n d rechtsstaatliche Überzeugung der Angegriffenen z u untergra- ben. Im vergangenen Jahr gehörte die Landsmannschaft Ostpreußen wegen ihrer entschieden antikom- munistischen H a l t u n g z u den O p - fern solcher P D S - K a m p a g n e n : Sie w u r d e kräftig i n den Dunstkreis des Antisemitismus gerückt.

So heißt es i n der Broschüre

„PDS v o n A bis Z " , die über die A k - tivitäten der G y s i - G r u p p e i m 13.

Bundestag informieren sollte:

„Die A n z a h l der antisemitisch motivierten Straftaten ist 1997 er- neut gestiegen. K a u m ein Tag ver- geht, ohne daß über die Schändung

eines jüdischen Friedhofs berichtet w i r d . Organisationen, die antisemiti- sche Ideologie verbreiten, muß end- lich die Gemeinnützigkeit aberkannt werden, u n d sie dürfen keinerlei öf- fentliche Förderung erhalten. D a z u gehören unter anderem die Lands- mannschaft Ostpreußen u n d die Jun- ge Landsmannschaft Ostpreußen."

Es folgt der H i n w e i s auf die Bun- destagsdrucksachen 13/9737 u n d 13/9117, w o d u r c h der Eindruck er- weckt w i r d , daß die P D S i n einer Kleinen Anfrage an die Bundesregie- rung die Landsmannschaft Ostpreu- ßen i n entsprechender Weise charak- terisiert u n d die Bundesregierung - w i e i n solchen Fällen üblich - z u ei- ner Stellungnahme veranlaßt habe.

In Wirklichkeit jedoch w i r d die Landsmannschaft in der Kleinen Anfrage überhaupt nicht erwähnt.

A l s o gab es auch keine Stellungnah- me der Bundesregierung geben.

Die Landsmannschaft Ostpreußen verlangte v o n der PDS, künftig die Behauptung z u unterlassen, „die Landsmannschaft Ostpreußen e. V . habe etwas mit antisemitisch moti- vierten Straftaten z u tun u n d verbrei- te antisemitische Ideologien".

Daraufhin quälte sich die P D S eine interessante Rückzugserklä- rung ab - vermutlich aus der Er- kenntnis heraus, daß sie bei einem Rechtsstreit keine guten Karten hätte. So n a h m der Geschäftsfüh- rer der PDS-Fraktion, A n d r e N o - wak, die schwerwiegende Tatsa- chenbehauptung zurück, daß die Landsmannschaft Ostpreußen und die Junge Landsmannschaft z u denen gehören würden, denen

„wegen der Verbreitung antisemi- tischer Ideologien bestimmte öf- fentliche Fördermittel gestrichen werden sollten", indem er sie z u ei- ner Meinungsäußerung reduzier- te.

Des weiteren betonte der P D S - Genosse: In der Publikation „wer- de nicht behauptet, daß v o n den beiden genannten G r u p p e n antise- mitische Straftaten begangen w u r - den, sie d a z u angestiftet oder auf- gerufen hätten".

Schließlich erklärte N o w a k , daß die Broschüre „ihre Aktualität ver- loren" habe, die P D S keine Exem-

R

lare mehr besitze u n d „eine feuauflage... nicht vorgesehen"

sei. L O

Von Hans-Helmuth Knütter

d e u t u n g w a r . In d e n Jahren der Neoaufklärung z w i s c h e n 1965 u n d 1975 glaubte d i e B i l d u n g s l i n k e , eine neue, bessere Gesellschaft z u bauen, w e n n m a n gebildete M e n - schen heranzieht. D e s h a l b refor- mierte m a n das B i l d u n g s s y s t e m , schuf G e s a m t s c h u l e n u n d G e s a m t - h o c h s c h u l e n , strukturierte d e n Lehrkörper u m u n d ließ nichts so, w i e es w a r . E i n Spottgedicht n a h m diese hektische Reformsucht aufs K o r n : „Wir ändern m o r g e n , w i r än- d e r n heut, w i r ändern wütend u n d erfreut, w i r ändern, ohne z u v e r z a - gen, a n allen sieben W o c h e n t a -

f

;en... U n d ist der P l a n a u c h g u t g e - u n g e n , b e s t i m m t verträgt er Än- d e r u n g e n . "

Ja, m a c h n u r einen P l a n . D i e Jahre 1968 u n d 1969 brachten positive u n d negative N e u e r u n g e n . E u p h o - risch w u r d e n S c h u l e n u n d r i o c h - schulen materiell u n d personell ausgebaut. N o c h 1964 hatte G e o r g Picht, eine längst vergessene Grö- ße, v o n der „deutschen B i l d u n g s - katastrophe" gesprochen. D a r u n - ter verstand er d a m a l s einen M a n - el a n A k a d e m i k e r n . Folge dieser

r o p a g a n d a : Steigerung der A b - iturientenmassen.

A b e r d i e S t u d e n t e n z a h l e n ließen die Universitäten z u unregierbaren M o n s t e r n w e r d e n , unpersönlich, bürokratisiert, ineffektiv. Jetzt sprach m a n v o n verfehlter B i l - d u n g s p o l i t i k , das öffentliche Inter- esse erlahmte. W i e es m i t R e f o r m e n in D e u t s c h l a n d so ist: Es w i r d ge- quasselt, aber nicht gehandelt.

W e n n es l a n g w e i l i g w i r d , w e n d e t m a n sich ab u n d schwätzt v o n w a s a n d e r e m .

ie B i l d u n g s p o l i t i k k a m aus I der M o d e u n d w u r d e z u m Stiefkind, o b w o h l d o c h an- geblich die deutsche Z u k u n f t v o n m r a b h i n g . A b e r n u n haben Schule u n d H o c h s c h u l e w i e d e r K o n j u n k - tur. L a n g e g e n u g haben sie uns nicht gelangweilt u n d bieten einen gewissen N e u i g k e i t s w e r t . Deshalb finden Bundespräsident u n d B i l - dungskongreß eine begrenzte A u f - merksamkeit. D i e M e d i e n reagier- ten zurückhaltend. D i e B i l d u n g s - u t o p i e n v o n gestern - m a n könne d u r c h neue, bessere M e n s c h e n eine bessere Gesellschaft schaffen - ha- b e n sich als pädagogischer A l l -

D

(2)

Politik Das OfiprtufitnblPit

24. A p r i l 1999 - Folge 16 - Seite 2 m a c h t s w a h n erwiesen. A b e r w a s

ist heute s i n n v o l l u n d machbar?

U t o p i e n sollen auf das Mögliche zurechtgestutzt w e r d e n . Das geht nicht mit grünen Wirrköpfen u n d Unbelehrbaren, d i e i n d e r „Ge- werkschaft E r z i e h u n g u n d W i s - senschaft" v o r sich hinmiefen. D i e Eltern mögen w a c h s a m sein. D i e Schule s o l l f ü r die A n f o r d e r u n g e n der Gegenwart u n d Z u k u n f t fit machen. D a s geht nicht, w i e d i e Bildungsstürmer früherer Jahre wollten, d u r c h eine radikale E r - neuerung, sondern n u r m i t e i - n e m entschiedenen „Sowohl-Als- a u c h " : Traditionen u n d Fachaus- b i l d u n g . D i e A n t w o r t auf die exi- stentiellen G r u n d f r a g e n „Woher k o m m e ich?", „ W o stehe ich?",

„Wohin gehe i c h ? " erfordert G e - schichts- u n d Fortschrittsbewußt- sein. K l i n g t das z u allgemein? G e - wiß. A b e r w a r d e r B i l d u n g s k o n - greß nicht auch ziemlich v e r w a - schen?

E

inige Beispiele für n o t w e n d i - ge Verbesserungen: Intensi- ve Pflege der Muttersprache d u r c h Übung eines guten deut- schen Stils u n d Bekämpfung des anglisierten Pidgin-Deutsch. M e h r Verständnis für moderne elektro- nische M e d i e n nicht n u r i n techni- scher, sondern auch i n sozialer Hinsicht. Schließlich sollten d i e Universitäten endlich v o n d e r (zwangs-)verfaßten Studenten- schaft befreit w e r d e n . Einen V o r - teil v o n ihr haben n u r linke F u n k - tionäre, die sich angenehme Pfrün- de zuschanzen.

D i e Lösung liegt nicht i n einem Patentrezept, sondern i n tausend kleinen Schritten. A l l e s ändert sich rasend schnell, u n d die A n p a s s u n g an d i e Erfordernisse d e r Zeit ist überlebenswichtig. So mitreißend welterlösende V i s i o n e n sein m ö - gen - die kleinen Schritte der A n - passung sind wichtiger, mühsa- mer, aber auch erfolgversprechen- der. W e n n sich diese Einsicht durchsetzt, hat die neue Bildungs- diskussion Sinn. U n d v o r allem, ihr Bildungspolitiker: Quasselt nicht, handelt!

EU-Osterweiterung:

3 7 D a s O f i p r r u ß r n b l p u UNABHÄNGIGE W O C H E N - Z E I T U N G FÜR D E U T S C H L A N D Chefredakteur: ElimarSchubbe (Verantwortlich f. d. redaktionellen Teil) Politik, Zeitgeschehen, Feuilleton, Le- serbriefe: Peter Fischer, Hans Heckel;

Wehrwesen, Geopolitik: Generalmajor a. D. Gerd H. Komossa (Freier Mitarbei- ter); Kultur, Unterhaltung, Frauensei- te: Silke Osman; Geschichte, Landes- kunde, Literatur: Hans B. v. Sothen; Hei- matkreise, Gruppen, Aktuelles: Maike Mattern. Ostpreußische Familie: Ruth Geede; Östliches Mitteleuropa: Martin Schmidt (Freier Mitarbeiter).

Ständige Mitarbeiter: Alfred v. Arneth (Wien/Bozen), Wilfried Böhm (Melsun- gen), Jürgen Mathus (Bonn), Dr. Jaroslav Opocensky(Prag), Willy Fehling (Berlin).

Anschrift für alle: Parkallee 84/86, 20144 Hamburg. Verlag: Landsmannschaft Ost- preußen e.V., Parkallee 86, 20144 Ham- burg. Das Ostpreußenblatt ist das Organ der Landsmannschaft Ostpreußen und erscheint wöchentlich zur Information der Mitglieder des Förderkreises der Lands- mannschaft Ostpreußen. - Bezugspreis Inland 12,40 DM monatlich einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 15,80 DM monatlich, Luftpost 22,30 DM monatlich. Abbestellungen sind mit einer Frist von einem Monat zum Quartalsende schriftlich an den Verlag zu richten.

Konten: Landesbank Hamburg, BLZ 200 500 00, Konto-Nr. 192 344. Post- bank Hamburg, BLZ 200 100 20, Konto- Nr. 84 26-204 (für Vertrieb); Konto-Nr.

907 00-207 (für Anzeigen). - Für unver- langte Einsendungen wird nicht gehaftet.

Rücksendung erfolgt nur, wenn Porto bei- liegt. Für Anzeigen gilt Preisli- A ste Nr. 24. Druck: Rauten- / l \ berg Druck GmbH, 26787 / 0 & \ Leer (Ostfriesland). - ISSN

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S t r a ß b u r g f o r d e r t P r a g h e r a u s

Europa-Parlament setzt neue Maßstäbe für Beitrittsfähigkeit der Tschechei

Es kommt einer Sensation gleich, was dieser Tage das Europa-Parla- ment i n Straßburg beschlossen hat.

Z u m neuen Beitrittsgutachten der Eu- ropäischen Kommission über die Bei- trittsfähigkeit der Tschechischen Re- publik haben nämlich die Abgeord- neten i n der elsässischen Münster- stadt am Rhein eine umfangreiche Entschließung verabschiedet, in der neben anerkennenden Worten z u den Bemühungen Prags auch kritische Fragen und sogar handfeste Forde- rungen erhoben werden, die den Poli- tikern an der Moldau ganz und gar nicht schmecken dürften. Sie berüh- ren die Minderheitenproblematik und die berüchtigten BeneS-Dekrete, deren Annullierung ein zentrale For- derung der Vertriebenen ist.

So „bekräftigt" das Europa-Parla- ment „erneut die Bedeutung, die dem Schutz der Minderheiten u n d der Förderung ihrer Grundfreiheiten beizumessen ist". Daß das E P i n be- sonderem Maße auf die Untätigkeit der tschechischen Regierung i m H i n - blick auf die Situation der Roma- Minderheit abhebt, schmälert nicht den grundsätzlichen Charakter der EP-Forderung nach wirksamer Rea- lisierung des Minderheitenschutzes.

Daß dieser unzulänglich ist, spüren die i n der Tschechei verbliebenen Deutschen allzuoft.

V o n herausragender Bedeutung für die Sudetendeutschen, aber auch für die Rechtsgemeinschaft der Europäischen U n i o n ist die Stel- lungnahme z u r Fortdauer der völkerrechtswidrigen BeneS-Dekre- te. Wörtlich heißt es in dem auf A n - trag der CDU-Abgeordneten Nas- sauer und Pöttering in der E VP-Frak- tion eingebrachten u n d v o m Parla- ment angenommenen Entschlie- ßungstext:

„Das Europäische Parlament for- dert die tschechische Regierung i m Geiste gleichlautender versöhnli-

cher Erklärungen v o n Staatspräsi- dent Havel auf, fortbestehende Ge- setze u n d Dekrete aus den Jahren 1945 und 1946 aufzuheben, soweit sie sich auf die Vertreibung einzelner Volksgruppen i n der ehemaligen Tschechoslowakei beziehen." M i t anderen Worten: Das Europa-Parla- ment sieht die Beitrittsfähigkeit der Tschechischen Republik offenkun- dig erst dann für gegeben an, wenn die BeneS-Dekrete als rechtsungültig erklärt worden sind.

Bernd Posselt M d E P , der stellver- tretende Bundesvorsitzende der Su- detendeutschen Landsmannschaft, dankte den Abgeordneten Nassauer und Pöttering mit den Worten:

„Wenn Unrechtsdekrete i n eine Rechtsgemeinschaft eingeschleppt werden, so ist dies so, wie wenn man Computerviren i n ein Computersy- stem einschleppen würde. Das ge- fährdet das ganz System. Deshalb

müssen vor einem Beitritt Unrechts- dekrete beseitigt werden."

Nachdem das Europa-Parlament in dieser für die Glaubwürdigkeit der Wertegemeinschaft der Europäi- schen U n i o n so entscheidenden Fra- ge - auch i m Interesse der sudeten- teutschen Vertriebenen - eindeutig Position bezogen hat, sollte m a n auch von der Bundesregierung er- warten, daß sie sich dem Votum der Straßburger Abgeordneten an- schließt u n d deren Forderungen auch v o n sich aus in die Beitrittsver- handlungen einführt. Vielleicht hilft ihr da der Gedanke an den Europa- Wahl-Termin 13. Juni zur Erkennt- nis, daß das gemeinsame europäi- sche Haus nur dann sturmfest ge- macht werden kann, wenn es in ei- nem festgefügten Fundament veran- kert ist. Die BeneS-Dekrete wären eingebaute Sprengladungen i m Fun- dament. Elimar Schubbe

A f p / a

Zeichnung aus „Frankfurter Allgemeine'

M o m p e r s c h w i m m e n d i e F e l l e w e g

In Berlin zeichnet sich seit einigen Wochen ein Stimmungsumschwung ab

Noch dauert es annähernd sechs Monate bis zur Wahl z u m Berliner Abgeordnetenhaus. Dennoch ist förmlich z u spüren, wie die Luft hei- ßer und die Atmosphäre zwischen den Parteien gespannter wird - der Wahlkampf forciert seinen Tribut.

Gleichzeitig knistert es i m jeweiligen eigenen Gebälk, sei es in der C D U , in der S P D oder bei den Grünen. Flügel- rivalitäten bestimmen das Bild.

Noch vor gut drei Wochen schien man vor allem bei der SPD und bei den Grünen derlei Querelen ertragen und einfach aussitzen z u können, zeigten die Umfragen doch eine, wenn auch knappe Mehrheit für eine rotgrüne Koalition. Das war ganz im Sinne des SPD-Spitzenkandidaten und Parteilinken Walter Momper, der über den eher konservativen Klaus Böger einen Abstimmungssieg er- rang und sich damit im Sinne des gro- ßen Momper-Vorbildes Oskar Lafon- taine eigentlich sicher wie in Abra- hams Schoß wähnte.

Der Fortgang der Dinge, Lafontai- nes bisher als selbst inszeniert gelten- der tiefer Fall und die unbotmäßige Politik der Grünen auf Bundesebene, ist hinlänglich bekannt. Auch in Ber- lin wurde man sich immer deutlicher bewußt, was für ein dünnes Eis rot-

g

rüne Politik letztendlich für die Putschen insgesamt bedeutet. U n d so kam es, wie es kommen mußte:

„Die Wähler laufen Momper und der SPD davon", titelte dieser Tage eine große Berliner Tageszeitung. Tatsäch- lich steht die C D U in der Gunst der Berliner Wähler wieder bei 36 Pro- zent, sagt eine Umfrage. Danach büß- te die SPD gegenüber dem Vormonat März drei Punkte ein und käme, wä- ren jetzt Wahlen, auf nur noch 29 Pro- zent. Weiter geht aus der Umfrage

hervor, daß die Grünen und die kom- munistische PDS derzeit beide 13 Pro- zent erreichten.

Vorbei also das immer einen Hauch Häme beinhaltende siegessichere Lä- cheln des Walter Momper, Rotgrün hätte also zur Zeit keine Mehrheit mehr. Was den ehemaligen Ostteil der Stadt anbetrifft, so käme dort die PDS auf sage und schreibe 30 Prozent.

Allenthalben wird eine weitere Z u - nahme der Wanderung von Grünen zur PDS angenommen. Auch die SPD beklagt, nicht zuletzt nach Beginn der Kosovo-Ereignisse, zunehmend mehr Parteiaustritte.

Bemerkenswert sind in diesem Z u - sammenhang zwei Dinge. Z u m einen hat die Berliner C D U diesen beachtli- chen Aufschwung eigentlich durch kaum eine spektakulär zu nennende Aktion erreicht. Im Gegenteil: Sie ließ sich i n den vergangenen Monaten vornehmlich durch Berichte über Streit u m Pfründen neuer oder alter Art bei Kandidaturen vernehmen.

Eindrucksvolles Beispiel dafür, daß so altgediente Parteistrategen wie der ehemalige Finanzsenator Elmar Pie- roth von „jungen Garden" kurzer- hand ins Listenabseits geschoben wurde. Dennoch: Alles spricht dafür, daß die Berliner in der nicht selten als zurückhaltend geltenden Person des Regierenden Bürgermeisters Eber- hard Diepgen doch den größeren Ga- ranten für Sicherheit und Stabilität sehen als in Walter Momper.

Der bei der Wiedervereinigung einst zunächst so zögerliche Momper kennt den Abwärtstrend seiner Partei in Berlin offenbar schon seit geraumer Zeit und hat wohl angesichts dieser Erkenntnis zusammen mit seiner Führungsmannschaft, der sogenann- ten Quadriga, das dreizehn Punkte

umfassende M o d e r n i s i e r u n g s p r o - gramm für seine Partei mit unlieDsa- men Einschnitten und Privatisierun- gen vorgelegt. Geholfen hat dies, sieht man die Umfrage genauer an, wohl nicht. Übriggeblieben sind Flügel- kämpfe dazu in der SPD, die nur sehr schwer zu beseitigen sind.

Momper wäre aber nicht der Machtpolitiker Momper, hätte er nicht die Zeichen der Stunde verstan- den. Noch vor dem Bekanntwerden des Umfrageergebnisses verkündete der vor seinem Comeback über Jahre in der Immobilienwirtschaft tätig ge- wesene Politiker, er wolle eine Fort- setzung der Großen Koalition nach der Wahl im Oktober nicht ausschlie- ßen. „Der Wähler entscheidet, ob es für Rotgrün reicht oder nicht", sagte der alte Fuchs u n d fügte hinzu:

„Wenn es nicht reicht, dann wird es wieder eine Große Koalition geben müssen. Denn die Stadt muß regiert werden."

Bemerkenswert zurückhaltend hat sich die C D U z u dieser neuen Hal- tung Mompers verhalten. Die Grünen allerdings kritisierten, man könne Koalitionsaussagen nicht an Umfra- gen ausrichten. Die Grünen-Frakti- onschefin Michaela Schreyer warf der SPD sogar vor, sie habe nur das eine Ziel, wieder in die Regierung zu kom- men, und verzichte deswegen unter Umständen auch auf Konzepte, wie es eine rotgrüne Koalition erforder- lich mache.

Die Grünen, so meinen viele Beob- achter, lägen mit dieser Beurteilung nicht falsch. Das könnte unter U m - ständen bedeuten, daß es bei der Wahl im Oktober nur alten Wein in neuen Schläuchen z u konstatieren geben wird. Konrad Rost-Gaudenz

Kommentare

Das Recht auf die Heimat

Den Ostdeutschen - Ost- und West- preußen, Pommern, Schlesiern und Ost-Brandenburgern - sowie den Su- detendeutschen w i r d seit 54 Jahren das Recht auf die Heimat vorenthal- ten. Wer es in den vergangenen drei Jahrzehnten jemals anmahnte, wurde als Revanchist, kalter Krieger oder Kriegstreiber stigmatisiert.

Der Völkermord an den Kosovo- Albanern und ihre Vertreibung aus der angestammten Heimat Kosovo durch Serben ist heute nur deshalb möglich, weil der Völkermord an den Ostdeutschen 1945 u n d später nie aufgearbeitet wurde. Der damalige Leidensweg der Ostdeutschen wurde im eigenen Land tabuisiert. Hätte man nach 1945 in Europa den Geno- zid an den Ostdeutschen genau so geächtet wie den schrecklichen Holo- caust a m europäischen Judentum, wären die heutigen Ereignisse in der Provinz Kosovo undenkbar.

Anders als bei den Ostdeutschen nach 1945 w i r d in jüngster Zeit das Recht auf die Heimat für die Kosovo- Albananer thematisiert. Dies mag ein hoffnungsvolles Zeichen dafür sein, daß dem Menschenrecht „Recht auf die Heimat" i m 21. Jahrhundert Gel- tung verschafft w i r d . Völkermord u n d Vertreibung - verharmlosend als ethnische Säuberung bezeichnet - dürfen sich nicht lohnen. Die im Bündnis der Nato zusammenge- schlossenen Staaten Europas mit Nordamerika wollen mit ihren Kriegshandlungen gegen Serbien den Kosovo-Albanern die Rückkehr in ihre Heimat in Frieden und Freiheit ermöglichen. Das w i r d gelingen, wenn das Bündnis geschlossen und entschlossen bleibt. Die feste Haltung der Bundesregierung in dieser Frage verdient Anerkennung.

Eine Vertreibung - die Vertreibung von 15 Millionen Ostdeutschen - war eine Vertreibung zuviel. Möge den Kosovaren die Rückkehr in die ange- stammte Heimat schnell ermöglicht

werden. v . G .

Naumann und das Recht

Die Bundesregierung Schröder scheint die Enteignungspolitik der so- wjetischen Besatzungsmacht und ih- rer Kollaborateure i n Mitteldeutsch- land noch konsequenter fortsetzen zu wollen wie die Regierung Kohl. Diese hatte bekanntlich den kommunisti- schen Eigentumsraub der Jahre 1945 bis 1949 mit der Begründung als irre- versibel hingenommen, sonst hätte sich Moskau der deutschen Vereini- gung verweigert. Daß sowohl der da- malige Sowietpräsident Michail Gor- batschow als auch der DDR-Unter- händler bei den deutsch-deutschen V e r e i n i g u n g s b e r a t u n g e n , Günter Krause, diese Sowjetforderung längst abgestritten haben, bewog Bonn nicht zu einer entscheidenden Kurskorrek- tur. Die Regierung Kohl entschied sich lediglich zu minimalen Entschä- digungsregelungen. Das Unrecht selbst blieb unangetastet - zugunsten der Bundesfinanzen.

Z u den halbherzigen Korrekturen der sowjetischen Enteignungsmaß- nahmen gehört das Entschädigungs- und Leistungsausgleichsgesetz von 1994. Dieses sieht unter anderem vor, daß mitteldeutsche Adelsfamilien, deren Eigentum auf Moskauer Wei- sung konfisziert worden war, wenig- stens Anspruch auf die Rückgabe ih- rer beweglichen Güter haben sollen.

Dieses nun paßt dem Kulturstaatsmi- nister i m Bundeskanzleramt ganz und gar nicht. Michael Naumann ver- langt eine Neufassung dieses Geset- zes, damit den bisher Anspruchsbe- rechtigten die Rückgabe ihrer gestoh- lenen Kulturgüter verweigert werden kann. Aufgehängt hat Naumann sein Verlangen am Rechtsanspruch der Familie Sachsen-Weimar auf ihr Goe- the-Schiller-Archiv. Naumann hält deren gesetzlich untermauerte Rück- gabeforderung für absurd. Absurd ist nicht der Anspruch der Familie Sach- sen-Weimar: Absurd sind die Vorstel- lungen Naumanns v o m Rechtsstaat.

Darauf sollte ihn Bundeskanzler Schröder hinweisen, ehe sein Staats- minister in Eigentumsfragen weiter Unheil anrichtet. E. S.

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24. A p r i l 1999 - Folge 16 - Seite 3

Das DfiptcuBcnblati Thema

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ußland richtet seine Atomrake- ten wieder auf Nato-Territori- u m aus. Diese Ankündigung als Reaktion auf den gerade ausgebro- chenen Kosovo-Krieg sorgte für eini- ge U n r u h e i n Europa und den U S A . Z w a r dementierte M o s k a u diese Nachricht umgehend. Die Russen machten jedoch i m gleichen A t e m z u g klar, daß jener besorgniserregende Befehl sofort ausgeführt würde, wenn Präsident Jelzin dies anordnete.

Damit droht der Kosovo-Konflikt aus Sicht der Nato in eine militärische Sackeasse z u geraten, denn offiziell w i l l das Bündnis eine Eskalation ver- hindern. Dies w i r d auch zunehmend in d e n U S A selbst so gesehen. So schreibt beispielsweise der stellver- tretende Direktor des renommierten

„Center for Strategie and Internatio- nal Studies" (CSIS), Anthony H . C o r - desman, i n einer gerade erschienen Studie, es sei bereits jetzt deutlich, daß die Krise i m Kosovo nicht glücklich ausgehen könne. Selbst w e n n es der Nato gelingen sollte, einen Großteil der Vertriebenen zurückzuführen, dürfte die Saat des Hasses v o n Serbi- en u n d dem Kosovo auf den übrigen Balkan ausstrahlen.

Cordesman sieht drei verschiedene Modelle eines möglichen Kriegsen- des voraus. Das erste Szenario geht von einer Einstellung der Luftangriffe

Kosovo-Krieg:

W i e v i e l H u m a n i t ä t steckt w i r k l i c h h i n t e r s e i n e m E n g a g e m e n t ? US-Präsident Clinton Foto dpa

W a s W a s h i n g t o n w i l l

Balkan - Türkei - Kaukasus: Amerikas Schneise nach Zentralasien

Von STEFAN GELLNER

seitens der atlantischen Verbündeten aus, weil diese ihr militärisches Ziel, die weitgehende Ausschaltung des serbischen Militärapparates, für er- reicht halten. In diesem Fall aber blie- ben Hunderttausende Flüchtlinge i n den unterentwickelten Staaten A l b a - nien, Bosnien, Mazedonien sowie der jugoslawischen Teilrepublik Monte- negro zurück. E i n derartiger Kriegs- ausgang führte mit ziemlicher Sicher- heit z u ernsthaften ethnischen K o n - flikten zumindestens in Mazedonien u n d z u einer möglichen Destabilisie- rung Bosniens.

Ein weiteres Szenario beschreibt Cordesman als „Illusion v o n Ram- bouillet". Im Mittelpunkt dieses M o - dells steht die Absicht der Nato-Frie- denshüter, eine weitgehende Auto- nomie des Kosovo innerhalb Serbiens durchzusetzen. Die Flüchtlinge wür- den versuchen, so Cordesman, in ihre verwüstete Heimat zurückzukehren, die keinerlei ökonomischen Perspek- tiven mehr bietet. Daher bleibe mittel- fristig nur die A n b i n d u n g an die u n - terentwickelte mazedonische u n d / oder albanische Wirtschaft. Diese Konstellation w i r d aus der Sicht v o n Cordesman unweigerlich z u einer Teilung des Kosovo u n d damit z u dessen Unabhängigkeit führen. Cor- desman befürchtet bei einer Unab- hängigkeit jedoch ein Niemandsland

te, daß Belgrad den Kosovo räumen müßte. Diese Situation bedeute de facto die sofortige Unabhängigkeit des Kosovo v o n Rest-Jugoslawien.

A u c h i n diesem Fall werde es Nato- Einheiten bedürfen, die den Kosovo auf lange Zeit sichern, da die weiteren Folgen i m wesentlichen denen gli- chen, die i m vorausgegangenen A b - laufschema angesprochen wurden.

Die Frage, die sich an diesen Befund anschließt, lautet daher: War sich die Nato, insbesondere aber an ihrer Spit- ze die U S A , dieser Konsequenzen be- wußt? Oder ist sie in diesen Konflikt mehr oder weniger hineingerutscht, ohne die A u s w i r k u n g e n i m einzelnen exakt z u überdenken? Letzteres kann ausgeschlossen werden. Es sei in die- sem Zusammenhang nur an die These des ehemaligen Sicherheitsberaters der Regierung Carter, Zbigniew Brze- zinski, erinnert, der i n seinem Buch

„Die einzige Weltmacht" folgendes z u Protokoll gab: „Wie beim Schach müssen Amerikas globale Strategen etliche Züge i m voraus durchdenken und mögliche Züge des Gegners vor- wegnehmen."

Versuchen w i r also an dieser Stelle, jene „Schachzüge" nachzuvollziehen.

Der Konflikt im Kosovo läuft so oder so auf ein größeres Gewicht des Islam und damit der Türkei auf dem Balkan

Ankaras Einfluß wird wachsen

zwischen den serbischen u n d den al- banischen Einwohnern des Kosovo.

Dieses Niemandsland werde v o n Nato-Einheiten auf lange Zeit gesi- chert werden müssen, d a die serbi- sche Seite, unterstützt v o n Rußland, diesen Status nicht hinnähme. Eine solche Entwicklung ziehe weiter eine starke Aufrüstung der kosovo-albani- schen Guerillatruppe VCK nach sich, möglicherweise mit Unterstützung des Iran oder anderer islamischer Staaten. Weiter müsse auch in diesem Falle, so Cordesman, mit einer Desta- bilisierung Bosniens u n d Mazedoni- ens gerechnet werden.

Schließlich beleuchtet der US-Stra- tege einen möglichen militärischen Kollaps der Serben, der zur Folge hät-

hinaus. Peter Schöll-Latour schrieb in diesem Zusammenhang in der „Welt am Sonntag" (11. April), daß der Is- lam auf dem südlichen Balkan „als Folge der ethnisch-religiösen Ausein- andersetzungen mit den slawisch-or- thodoxen Erbfeinden eine politische Wiedergeburt erleben" werde, „auf die sich die Europäer einzurichten haben".

Im Zuge dieser Entwicklung w i r d aber auch der Einfluß der Türkei auf Europa steigen, dem die Serben mit ihrer Obstruktionspolitik gegenüber den Kosovo-Albanern bisner i m Wege standen. Derlei mögliche Ein- flußerweiterungen erklärt die immer unduldsamere Haltung der Russen auf dem Balkan, die wie die Serben

keinerlei Interesse an einer Ausdeh- nung des Islam auf dem Balkan ha- ben. „Die feindselige Haltung der Russen gegenüber d e n Türken", schreibt Brzezinski, nehme „fast schon obsessive Züge an: Das Bild, das die russischen Medien von ihren südlichen Nachbarn entwerfen, zeigt eine Türkei, die die ganze Region u n - ter ihre Knute zwingen w i l l und die Sicherheit Rußlands i n einem Maße bedroht, das in keinem Verhältnis z u ihren tatsächlichen Möglichkeiten steht".

Die „tatsächlichen Möglichkeiten"

der Türkei sind allerdings wesentlich größer, als es Brzezinski an dieser Stelle seines Beitrags einräumen w i l l . So erklärt er i m selben Buch an ande- rem Ort, daß die Türkei einen „geopo- litischen Angelpunkt v o n entschei- dender Bedeutung" darstelle. D i e Türkei stabilisiere das Gebiet u m das Schwarze Meer, „kontrolliert den Z u -

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ang v o n diesem z u m Mittelmeer, ietet Rußland i m Kaukasus Paroli, bildet immer noch ein Gegengewicht z u m islamischen Fundamentalismus und dient als der südliche Anker der Nato".

Entscheidend ist in diesem Zusam- menhang der Hinweis auf den K a u - kasus. U m das Kaspische Meer herum werden beträchtliche Erdgas- u n d Erdölvorkommen erwartet. Brzezin- ski meint sogar, daß „die zentralasia- tische Region u n d das Kaspische Bek- ken über Erdgas- und Erdölvorräte verfügen, die jene Kuweits, des Golfs von Mexiko oder der Nordsee in den Schatten stellen", obwohl Wissen- schaftler hier noch zweifeln.

Der Kampf u m die Vormachtstel- lung in der Kaukasus-Region bezie- hungsweise Zentralasien (von Brze- zinski als „eurasischer Balkan" be- zeichnet) w i r d aus der Sicht des ein- stigen Pr^sidentenberaters zwischen dem Iran, der Türkei und Rußland ausgetragen. In dieser Region habe Amerika nicht nur Interesse an einer stabilen, prowestlichen Türkei, son- dern auch an guten Beziehungen mit dem Iran und mit China. „Eine all- mähliche Verbesserung in den ameri- kanisch-iranischen Beziehungen", so Brzezinski, „würde den globalen Z u - gang z u r Region erheblich erwei- tern." U n d : „Ausschlaggebend für

die Zukunft der Kaukasusrepubliken dürfte die weitere Entwicklung u n d politische Orientierung der Türkei sein. Wenn sie ihren Kurs auf Europa beibehält - u n d wenn Europa ihr nicht die Türen zuschlägt - , werden die Kaukasusstaaten vermutlich i n den Einflußbereich Europas streben, eine Aussicht, die sie glühend herbei- sehnen."

Hier liegt denn auch der G r u n d für den zunehmenden Druck der A m e r i - kaner auf die E U , die Türkei als V o l l - mitglied i n die Gemeinschaft aufzu- nehmen. Amerika müsse, so Brzezin- ski, seinen Einfluß auf Europa für ei- nen Beitritt der Türkei geltend m a - chen u n d darauf achten, daß „die Tür- kei als europäischer Staat (!) behan- delt w i r d " . A u c h hier stehen geostra-

reserven u m das Kaspische Meer.

Weiter w i r d der Einfluß der Türkei auf dem Balkan erhöht und damit der Druck auf die E U , die Türkei als pro- westlichen Ordnungsfaktor in d i e Gemeinschaft z u integrieren. Dar- über hinaus erlaubt die Konfliktlage auf dem Balkan den Amerikanern die dauernde Stationierung von großen Truppenkontingenten in Europa.

Dies alles erklärt i n der Summe, warum die Amerikaner i m Kosovo eine völlig unzulängliche Militär- Strategie anwenden, deren Sinn nur dem Nichteingeweihten immer frag- würdiger w i r d .

Beim „Großen Spiel" auf dem „eu- rasischen Balkan' sollen allerdings nicht nur die Russen außen vor blei- ben. A u c h die Europäer sind als K o n - kurrenten nicht erwünscht. U r - sprünglich waren i m Rahmen des Pipeline-Systems (siehe auch Seite 5), mit dem die erwarteten Erdöl- und Erdgasreserven u m das Kaspische Meer herum transportiert werden sol- len, Jianliung i n China u n d Rotter- dam i n den Niederlanden als Eck- punkte geplant. Die Amerikaner pla- nen aber i m Rahmen des „New Silk Road Land Bridge Project" (Land- brückenprojekt Neue Seidenstraße), sowohl russisches als auch europäi- sches Territorium z u umgehen. Nach ihren Plänen sollen die Erdölleitun- gen aus Zentralasien durch das Kas- pische Meer, Georgien, Aserbeid- schan in die Türkei (Endpunkt Mittel- meerhafen Ceyhan) geführt werden.

Die Endkontrolle über das geförderte Erdgas und -öl läge dann bei der Tür- kei. Damit hätten die Amerikaner ei- nen entscheidenden Schritt hin z u ei- ner langfristigen Zementierung ihrer globalen Vorherrschaft getan.

Die zentrale geostrategische Rolle der Türkei in Eurasien soll aus Sicht der U S A aber noch weiter ausgedehnt werden. Es sei in diesem Zusammen- hang auf eine bemerkenswerte Stel- lungnahme von Ägyptens Präsident Hosni Mubarak z u m Irak-Konflikt Mitte Februar 1998 verwiesen. M u b a - rak warnte damals die U S A vor einer Teilung des Irak, da dies z u einem Kreislauf der Gewalt führe. Augen- scheinlich planten die U S A mittel- oder langfristig eine Spaltung des Zweistromlandes - auch wenn sie dies umgehend dementiert haben. Da Mubarak aber ein enger Vertrauter der U S A ist, spricht einiges für die Wahrscheinlichkeit seiner Befürch- tungen. Danach soll der südliche, schiitisch dominierte Teil an den Iran abgetreten werden. Die nördliche (kurdische) Region des Irak soll der Türkei zufallen.

Derlei Vorhaben kämen nicht v o n ungefähr. Eine kürzlich i n den U S A erschienene geologische Untersu- chung des Irak hat ergeben, daß das Land über Erdölvorräte verfügt, die denen Saudi-Arabiens gleichkom-

Brzezinski: Europa ist unser „Vasall"

tegische Ziele seitens der U S A i m Vor- dergrund, erweitert doch ein größe- res Europa aus der Sicht Brzezinskis den Einflußbereich Washingtons.

Daß die Interessen der EU-Staaten i m

„globalen Ordnungssystem der U S A " eine eher untergordnete Rolle spielen, bringt Brzezinski mit seltener Deutlichkeit z u m Ausdruck: „Tatsa- che ist schlicht und einfach, daß West- europa u n d zunehmend Mitteleuro-

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a weitgehend ein amerikanisches rotektorat (!) bleiben, dessen alliierte Staaten an Vasallen u n d Tributpflich- tige von einst erinnern."

U m an dieser Stelle auf den Kosovo- Krieg zurückzulenken: Die U S A er- reichen durch den Krieg auf dem Bal- kan, der eindeutig z u Lasten der E u - ropäer geht, mehrere Ziele auf ein- mal: Die russische Einflußsphäre w i r d weiter zurückgedrängt. In die- sem Zusammenhang sei auch auf das Ausscheiden der drei GUS-Mitglie- der Georgien, Usbekistan und Aser- beidschan aus dem 1994 geschaffenen

„Kollektiven Sicherheitspakt" A n - fang A p r i l dieses Jahres verwiesen.

Damit gehören nur noch sechs der ur- sprünglich zwölf GUS-Staaten dem Beistandspakt an. Die drei ausge- schiedenen GUS-Staaten sind wichti- ge Domino-Steine der U S A i m „Gro- ßen Spiel" u m die Erdgas- und Erdöl-

men. Bemerkenswerterweise liegen die bedeutendsten V o r k o m m e n i m Norden, der den von Mubarak den U S A vorgeworfenen Teilungsplänen gemäß an die Türkei fiele.

Dieser Hintergrund könnte den laufenden Kosovo-Konflikt erst i n seiner eigentlichen Dimension be- greifbar machen. Was von einer der- artigen Politik z u halten ist, hat der deutsche Staatsrechtler Carl Schmitt bereits 1943 in seiner Studie „Die letz- te globale L i n i e " mit nach w i e v or gültigen Worten z u Papier gebracht:

„Die Aufhebung aller Maße u n d Grenzen", so schrieb Schmitt damals,

„die den amerikanischen Plan-Inter- ventionismus kennzeichnet, ist nicht nur global, sondern auch total. Sie be- trifft auch die inneren Angelegenhei- ten, soziale, wirtschaftliche und kul- turelle Verhältnisse und geht mitten durch die Völker und Staaten hin- durch." U n d weiter: „Indem die Re- gierung v o n Washington den A n - spruch erhebt, jeden politischen Geg- ner zu disqualifizieren und zu diffa- mieren, erhebt sie den Anspruch, die Menschen mit einer völkerrechtlich neuen A r t von Krieg zu überziehen."

Ist es jene „völkerrechtlich neue A r t von Krieg", welche heute als „huma- nitäre Intervention" die Schlagzeilen füllt?

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Politik Das £>nprcu&tnb*laii

24. A p r i l 1999 - Folge 16 - Seite 4

Madeleine Albright:

E i n P r a g - B e s u c h m i t p e i n l i c h e n F o l g e n

Von tschechischen Kommunisten gestohlene Kunstwerke bei der Familie der amerikanischen Außenministerin entdeckt

Z u den zahlreichen deutschen Fa- milien, die u m die Jahrhundertwen- de in dem damals zur k. u. k. Monar- chie gehörenden Prag wirtschaftlich erfolgreich waren, gehörten die Ne- brichs. Die aus Hessen stammende Industriellen-Dynastie hatte in Prag mehrere Maschinenfabriken gegrün- det und erfolgreich geleitet u n d war damit z u Ansehen und einem be- trächtlichen Vermögen gelangt.

Die Familie lebte in einer prächti- gen Villa am Hradschinplatz 11, die auch Sitz der Sammlung wertvoller Gemälde aus verschiedenen Epo- chen europäischer Kunst war, wel- che die Familie i m Laufe vieler Jahre erworben hatte. Das „Triptychon"

von Gerard David allein hat heute ei- nen Wert von 1,5 Millionen Mark.

1932 verstarb das Familienober- haupt Karl Nebrich. Seine Angehöri- gen lebten weiter in der Villa am Hradschinplatz und konnten dank des hinterlassenen Vermögens einen standesgemäßen Lebensstandard aufrechterhalten. Dann kam das Kriegsende. Die Rote Armee erober- te Prag. Die tschechischen Nationali- sten übernahmen die Macht und ver- wirklichten, was sie seit vielen Jah- ren geplant hatten: Alle Deutschen wurden aus der Tschechoslowakei vertrieben, gleichgültig, ob vermö- gende Grofsbürger oder besitzlose Arbeiter.

In den BeneS-Dekreten v o m 10.

August 1945, jenen allem Völker- recht hohnsprechenden, heute noch geltenden Gesetzen, las man, daß Wertpapiere, Wert- u n d Kunstge- genstände der Deutschen entschädi- gungslos enteignet werden. 1946 be- stimmte das Restitutionsgesetz der CSR, daß enteigneter deutscher Be- sitz an „national zuverlässige Perso- nen" auszuhändigen sei.

Einer dieser i m Sinne der tschechi- schen Nationalisten „zuverlässigen"

Personen war der jüdische Emigrant Josef Körbl, Beamter i m tschechi- schen Außenministerium. Er war zurückgekehrt u n d meinte nun, wie die „Passaue? Neue Presse" sich aus- drückt, „vielleicht so etwas wie ein moralisches Recht auf seinen Anteil an der Kriegsbeute verspürt" z u ha- ben.

So eignete sich Körbl das Renais- sance-Mobiliar, die echten Teppiche und das Familiensilber der Nebrichs sowie dreißig Gemälde aus der Pri- vatsammlung der Familie an. Er stieg in der Hierarchie des tschechischen Unrechtsstaates empor u n d brachte es bis z u m tschechischen Botschafter in Jugoslawien. 1948 wanderte er unter Mitnahme seines gesamten ihm v o m tschechischen Staat über- lassenen geraubten ehemals deut- schen Vermögens in die U S A aus und änderte seinen Namen.

Die Töchter des Fabrikanten Ne- brich wohnten als Vertriebene in Österreich und suchten nach dem ihnen völkerrechtswidrig wegge- nommenen Privatvermögen - jahr- zehntelang ohne Erfolg. D a stießen sie 1996 auf eine Spur: Die damalige Uno-Botschafterin der U S A , Made- leine Albright, besuchte Prag und erzählte den Medien von ihrer K i n d - heit in der ehemals deutschen Villa am Hradschinplatz 11. Die jetzige US-Außenministerin trägt den offizi- ellen Mädchennamen Korbel; wie sich herausstellte, war das die ameri- kanisierte Form des Namens des ehe- maligen tschechischen Botschafters Körbl.

Die Nebrich-Familie schrieb an Madeleine Albright und meldete den Anspruch auf Rückgabe des geraub- ten Vermögens an. Die inzwischen zur Außenministerin avancierte D i - plomatin stellte sich zunächst tot und beantwortete den Brief nicht. Als die rechtmäßigen Erben des Vermögens nachdrücklich wurden, wich sie aus:

E r b i n gestohlener B i l d e r : Made- leine Albright Foto dpa sie habe keine Zeit, sich mit dem The- ma z u beschäftigen, doch werde ihr Bruder John sich des Problems an- nehmen.

Der lehnte die Rückgabe ab und schaltete einen amerikanischen A n - walt ein. Wie die „Passauer Neue Presse" zitiert, schrieb dieser an den mit der Interessenwahrnehmung der Familie Nebrich beauftragten Sohn einer der Schwestern: „Es besteht kein G r u n d z u der Annahme, daß ir- gendein Kunstwerk unrechtmäßig in den Besitz des früheren Botschafters Korbel gelangt ist." U n d weiter: „Ihr (Nebricnts) Eigentum fiel unter die sogenannten Benes"-Dekrete, welche die Enteignung von deutschem E i - gentum vorsahen." Damit beruft sich der Anwalt der amerikanischen A u - ßenministerin auf Gesetze, die von Anfang an völkerrechtswidrig w a - ren.

Beantwortet ist inzwischen auch die Frage, ob die Familie Albright noch die von den Tschechen geraub- ten Gemälde besitzt. Wie die „Pas-

sauer Neue Presse" erfuhr, bestätigt der US-Journalist Michael Dobbs, der an einer Biographie Madeleine Albrights arbeitet, zwei der Bilder i m Haus der Außenministerin gesehen zu haben. Ihr Bruder John Korbel mußte zugeben, sechs weitere Bilder aus dem Besitz der Familie Nebrichs z u haben.

Die rechtmäßigen Erben wollen nicht aufgeben. Trotz Warnungen des Albright-Anwaltes Jaffe wollen sie die Familien Albright u n d Korbel verklagen. Sie haben gute A r g u m e n - te. Immerhin hat i m vorigen Jahr das US-Repräsentantenhaus in einer Re- solution alle ehemaligen k o m m u n i - stischen Staaten aufgefordert, Ent- eignungen rückgängig z u machen und die entsprechenden Gesetze, also auch die Beneg-Dekrete, auf die sich Madeleine Albright beruft, auf- zuheben.

U n d noch ein Argument dürfte politisch brisant sein: Jüdische ehe- malige Verfolgte haben es in der jüngsten Vergangenheit erreicht, daß Kunstwerke, die i m Zweiten Weltkrieg aufgrund damals gelten- der Vorschriften den jüdischen Besit- zern weggenommen wurden, in großzügiger Weise zurückgegeben werden. Gerade Österreich hat in diesen Tagen den Rothschilds auch solche Gemälde zurückerstattet, die nach rechtsgültigen österreichischen Gesetzen österreichischen Museen gewidmet waren.

Der amerikanische Anwalt der Außenministerin ist empört über die Andeutung, der Nebrich-Familie bleibe angesichts der halsstarrigen Haltung von Madeleine Albright nichts anderes übrig, als sich an die Öffentlichkeit z u wenden. Er wertet das als „Erpressungsversuch". Die Nebrich-Familie bleibt aber hart, und man kann ihr nur wünschen, daß sie standhaft auf ihrem Recht beharrt. Hans-Joachim v. Leesen

Seltsame Dementis

Ernst Reuter, Berlins legendärer Regierender Bürgermeister, nann- te sie einst die „jüngsten Botschaf- ter v o n B e r l i n . " D i e mit solcherlei E h r e n u n d Referenzen ausgestatte- ten Schöneberger Sängerknaben hätten der Feier z u r ersten Tagung des deutschen Parlaments i m re- staurierten u n d umgebauten Reichstagsgebäude sehr w o h l eine besondere N o t e verliehen. Aber nicht die hellen K n a b e n s t i m m e n , sondern die Klänge einer jungen Bläsergruppe aus d e m Westen Deutschlands w a r e n a m 19. A p r i l unter der neuen K u p p e l des Reichstags z u hören.

So weit, so gut, wäre d a nicht jene angebliche u n d so peinliche Aussa- ge des Parlamentspräsidenten W o l f g a n g Thierse (SPD) i m R a u m , w o n a c h der nach e i n e m entspre- chenden V o r s c h l a g gesagt haben soll, die Sängerknaben seien i h m

„zu sehr W e s t - B e r l i n " . Solches aber rief nach der Veröffentlichung in d e n M e d i e n d i e Berliner C D U auf d e n P l a n . Es hagelte Vorwürfe an die A d r e s s e v o n Thierse, die bis zur F o r m u l i e r u n g w i e „unschöner K o - lonialherrenstil" reichten.

Thierse w i e d e r u m w u r d e vor W u t rot i m Gesicht u n d bezeichne- te seine kritisierte A u s s a g e als „frei e r f u n d e n " . So recht w o l l e n viele Berliner d e m G e n o s s e n aus dem Prenzlauer Berg seine Beteuerun- gen allerdings nicht abnehmen, hatte er d o c h bereits b e i m Gerangel u m die Beibehaltung des N a m e n s

„Reichstag" Befremdliches geäu- ßert u n d danach, als die Bürger protestierten, einen Rückzieher u n t e r n o m m e n . Z w e i Fälle sind das jetzt schon, die letztlich mit deut- scher Geschichte z u t u n haben. Das läßt nicht viel G u t e s ahnen. So war es auch kein W u n d e r , daß Thierse in seiner ersten Rede i m Reichstag mit erschreckender Vereinfachung den Begriffen N a t i o n u n d v o r al- l e m Preußen eine unmißverständ-

liche A b s a g e erteilte. K R G

E u r o p a m u ß u m d e n k e n . . . ... will es den Osten begreifen / Von Wilfried Böhm

„Wenn auch u n - sere Mauern bre- chen, unsere Her- z e n b r e c h e n

\ **9*£JKLnulit"' ,H',H>n n a _

t i o n a l s o z i a l i s t i - sche Kreis- und O r t s g r u p p e n l e i - ter i m Zweiten Weltkrieg auf die Ruinen der bom- bardierten deutschen Städte schrei- ben. M i t dieser Propaganda waren sie gar nicht weit von den damaligen Gefühlen der Menschen entfernt, die unter den Flächenbombardements zu leiden hatten und deren Wut und Empörung sich nicht, wie beabsich- tigt, gegen Hitler und seinen Krieg, sondern gegen Churchill und seine Terrorangriffe richtete.

Seitdem gilt die auch i m Falle des irakischen Diktators Saddam Hus- sein und bei anderen kriegerischen Ereignissen in den letzten fünfzig Jahren bekräftigte Erkenntnis, daß Luftkrieg allein, auch wenn er nicht als Flächenbombardement, sondern gegen ausgewählte militärische und strategische Ziele geführt w i r d , eher zu einer Solidarisierung der Bevölke- rung mit dem herrschenden System und seinem Führer beiträgt, als z u dessen Sturz.

Gingen vor Monaten noch viele Zehntausende gegen Milosevic" auf die Straße, steht heute auch die O p - position in einer auf ihn eingeschwo- renen serbischen Einheitsfront z u ihm und gegen die Nato. Die totalitä- re Propagandamaschinerie des kom- munistischen Systems versteht es wieder einmal, serbischen Patriotis- mus zu blindem nationalistischen Wahn umzufunktionieren. Diese

Gefahr hätte den Verantwortlichen i m Westen bekannt sein müssen, wenn sie sich denn ernsthaft mit den Mechanismen des roten und des braunen Totalitarismus als den ver- wandten Grundübeln dieses Jahr- hunderts auseinandergesetzt hätten.

Zeigte der Zusammenbruch des Kommunismus doch erneut, daß der Plan eines zentralistischen und büro- kratischen Zusammenfügens von Völkern und Nationen nicht auf Dauer verwirklicht werden konnte, gleichgültig ob er von Moskau, Ber- lin oder den Pariser Vorortverträgen nach dem Ersten Weltkrieg ausging.

Die Rückkehr dieser Völker u n d N a - tionen als geschichtliche Größen in die Gegenwart legte die in Jahrhun- derten gewachsenen historischen, kulturellen, religiösen und ethni- schen Strukturen wieder frei, die ne- ben den wirtschaftlichen und sozia- len Gegebenheiten bei der Organisa- tion des Zusammenlebens der M e n - schen bedacht werden müssen.

M i t dem Zusammenbruch des Kommunismus und damit des Sy- stems von Jalta konnte i m Osten und Südosten Europas die Bildung oder Wiederherstellung von National- staaten erfolgen, die i m Westen des Kontinents vor zweihundert Jahren begonnen hatte, i m vorigen Jahrhun- dert die Mitte Europas umgestaltete und i m Osten durch K o m m u n i s m u s und Nationalsozialismus bisher nicht zur demokratischen Entfaltung hatte kommen können.

Während sich nach dem Zweiten Weltkrieg im Westen Europas i m Bündnis mit den U S A ein von A u s - nahmen (Baskenland, Nordirland, Korsika) abgesehen funktionsfähi-

ges System demokratischer Natio- nalstaaten entwickelte, das die Be- reitschaft zur Integration u n d zur Übertragung v o n Souveränitätsrech- ten in bestimmten Politikbereichen mit sich brachte, entstanden i m Osten und Südosten erst mit dem Zusammenbruch des Kommunis- mus die Voraussetzungen zur Ent- wicklung demokratischer National- staaten als den Instrumenten zur freien politischen Willensbildung i m überschaubaren Raum.

Offensichtlich hat die vielzitierte

„Westliche Wertegemeinschaft" kei- nen G r u n d gesehen, eine solche Ent- wicklung i m Osten u n d Südosten Europas nachhaltig z u fördern, son- dern ist Phantomgebilden wie der

„Gemeinschaft Unabhängiger Staa- ten" (GUS) nachgerannt, hat „Jugo- slawien" als hochgerüstete k o m m u - nistische Militärmaschinerie künst- lich am Leben gehalten, nur sehr zö- gernd die Trennung von Tschechen und Slowaken hingenommen und die Balten in Unsicherheit über ihr künftiges Schicksal gelassen.

Die „Westliche Wertegemein- schaft" hat überdies die grausame Massenvernichtung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs nicht nur hingenommen, sondern lädt jetzt die Vertreiberstaaten z u m Mittun in dieser Wertegemeinschaft ein, so als sei nichts geschehen. Die Phantasien Milos*evkfs mag das alles beflügelt haben, auch daß von deut- schen Politikern die Heimatvertrie- benen i m eigenen Land als* „Revisio- nisten" und „Ewiggestrige" be- schimpft wurden. Sie teilen damit das Schicksal der Soldaten, die noch vor kurzem als „Mörder" beschimpft wurden und für die jetzt ein neues Ehrenzeichen für den Einsatz im K o - sovo-Krieg geschaffen werden soll.

In der Tat: Es gibt vieles aufzuar- beiten in Europa und in unserem Land.

Baden-Württemberg:

D i e G o l d h e n n e v o n d e r O o s Teure Provinzposse um ein Festspielhaus

Vor Jahren warb die Stadt Baden- Baden mit dem Motto „Baden-Ba- den, Ihr N i v e a u " . Dieses Motto stand wohl auch Pate, als man sich in der

„gerontologischen Metropole der Republik" (Spiegel) entscnloß, den ganz großen C o u p z u landen. In Ba- den-Baden sollte der Rolls Royce unter den europäischen Festspiel- häusern entstehen. Für insgesamt 120 Millionen D - M a r k w u r d e mit 2500 Sitzplätzen das in Europa zweitgrößte Festspielhaus aus dem Boden gestampft, das ein Musterbei- spiel privat finanzierter Hochkultur werden sollte. Ein Hauptdrahtzieher für die Durchsetzung dieses Projek- tes, der Baden-Badener Ex-OB Ulrich Wendt (CDU), kündigte großspurig an, daß die „Festspiele" eine Flenne werden, die „goldene Eier für Stutt- gart" lege.

K a u m war der Festspielhausbe- trieb aufgenommen, da erwies sich

„die H e n n e " als dermaßen legeun- willig, daß eine Notschlachtung die natürliche Folge hätte sein müssen.

Die anfängliche Betreibergesell- schaft, eine Tochter des Stuttgarter Dekra-Konzernes, machte sich ange- sichts der sich abzeichnenden Misere schnellstens aus dem Staube. A n Ihre Stelle trat, da ein privater Betreiber sich kaum noch finden dürfte, mehr oder weniger freiwillig, die Stadt Baden-Baden.

Summa summarum fuhr das Fest- spielhaus i m ersten Jahr ein M i n u s von sage und schreibe 10,5 Millionen D-Mark ein. Ein fragwürdiges Gut- achten der Unternehmensbera- tungsfirma McKinsey, deren Chef Henzler, wen wundert es noch, mit dem Vorsitzenden des „Freundes-

kreis Festspielhaus", Lothar „Clever- le" Späth, befreundet ist, hat dafür gesorgt, daß die anämische „Henne"

an der Oos eine erneute Aufbausprit- ze aus öffentlichen Mitteln ernält.

Angeblich soll die „Henne" ab dem Jahre 2002 goldene Eier legen. Dies behauptet, nicht ganz uneigennüt- zig, der Festspielhausintendant Mölich-Zebhauser, dessen Vertrag gut und gerne 500 000 D - M a r k pro Jahr schwer ist. Damit gibt es in Ba- den-Baden wenigstens einen, der sich mit dem Festspielhaus eine gol- dene Nase verdient.

Der Großteil der Finanzausschuß- mitglieder i m Landtag ist sich einig, daß die Baden-Badener „Henne"

bald eine neue Aufbauspritze benöti- gen w i r d . Das hinderte diesen frei- lich nicht, die „Henne" weiterzupäp- peln. Jede andere Alternative würde noch teurer werden. Den Baden-Ba- denern ist unterdessen die Lust auf Wendts „Goldene Eier" gründlich vergangen. O b w o h l der Haushalt der Stadt bis auf das äußerste ausge- reizt ist, müssen jetzt seitens der Stadt erneut 4,1 Millionen für den Musentempel bereitgestellt werden.

Es hätte allerdings noch schlimmer kommen können: Hätte Stuttgart den W e g für einen Landeszuschuß in Höhe von 6,5 Millionen M a r k nicht freigemacht, hätte Baden-Baden als hauptverantwortlicher Betreiber des Festspielhauses die Deckungslücke von 13 Millionen M a r k alleine tragen und „Konkurs" anmelden müssen.

Die Provinzposse, die sich innerhalb der Mauern des angeblichen Welt- kurortes an der Oos abspielt, droht diesen jedenfalls nachhaltig zu rui- nieren. Stefan Gellner

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