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146 DIE PTA IN DER APOTHEKE | November 2016 | www.diepta.de

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mitrij litt unter perma- nenter Übelkeit, Rü- ckenschmerzen und wurde zwischendurch auch schon einmal ohnmächtig. Im Dezember 2011 erhielt der damals 20jährige dann die Diagnose: bös- artige Zellwucherungen im Gehirn.

Erleichtert darüber, die Ursache für die quälenden Beschwerden zu kennen, trat er die Operation an, es folgten zahlreiche Bestrahlungen

und Chemotherapien. „Wäre nicht schlecht, wenn es an dieser Stelle enden könnte“, schreibt er in seinem Blog. Doch nach zwei krebsfreien Jahren kommt es zum Rückfall, Ende 2015 wurde zudem bei einer Unter- suchung des Nervenwassers festge- stellt, dass bereits Hirnmetastasen vorliegen.

Klassifikation Dmitrij ist an einem sogenannten Medulloblastom, einem

bösartigen embryonalen Tumor des Kleinhirns, erkrankt. Meist tritt er im Kleinkindes- oder Kindesalter auf und gilt als häufigster bösartiger Ge- hirntumor in dieser Altersstufe. Bei Erwachsenen ist das Medulloblastom relativ selten und macht nur etwa ein Prozent aller Hirntumoren aus. Laut der Gliederung der Weltgesund- heitsorganisation (WHO) zählt die Wucherung zu den Tumoren des zentralen Nervensystems (Grad IV).

Sterben mit Ansage

„Hallo. Ich heiße Dmitrij Panov und ich werde bald sterben. Klingt komisch, ist aber so.“ Am ersten Februar stellte der 25-jährige diese Botschaft auf seinen Blog, seitdem lässt er alle Interessierten in seinem Online-Tagebuch mitlesen.

© sudok1 / iStock / Thinkstock

PRAXIS HIRNTUMOR

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | November 2016 | www.diepta.de

Verwandte Formen Wie auch die primitiven neuroektodermalen Tu- moren des Zentralnervensystems (ZNS-PNET oder CNS-PENT) und das Pineoblastom gehört das Me- dulloblastom zu den Tumoren, die sich durch die Entartung von Zellen des Gehirns oder des Rückenmarks entwickeln. Da sie dem Rückenmark entspringen, werden sie als primäre ZNS-Tumoren bezeichnet. Bei den drei sehr ähnlichen Arten handelt es sich um embryonale Tumoren, da sie sich aus extrem unreifen und undif- ferenzierten Zellen des ZNS bilden, bevor sie rasch wachsen. Sie unter- scheiden sich dadurch, dass das Me- dulloblastom das Kleinhirn betrifft, während die Pineoblastome aus der Zirbeldrüse stammen und das ZNS- PNET oberhalb des Kleinhirnzeltes auftritt.

Das Medulloblastom kann weiter differenziert werden, die Subtypen sind mit verschiedenen Prognosen verbunden. In der Regel verbreiten sich Medulloblastome unkontrolliert (bspw. befallen sie den Hirnstamm oder die Hirnkammern). Streuen die Tumorzellen über die Gehirn- Rückenmarks-Flüssigkeit, bilden sich innerhalb des ZNS Metastasen.

Die Tumorabsiedlungen werden bei einem Drittel der Betroffenen bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose ge- funden. ZNS-PNET und Pineoblas- tome weisen im Gegensatz zu Me- dulloblastomen ein aggressiveres Wachstumsverhalten auf. Häufig wandern sie in die andere Großhirn- hälfte oder in die Hirnhäute.

(Un)spezifische Anzeichen Die Tumoren gehen mit unterschiedli- chen Symptomen einher: Zu den unspezifischen Beschwerden zäh- len Kopf- und Rückenschmerzen, Schwindel, Erbrechen, Übelkeit, Mü- digkeit, Gewichtsverlust, Appetit- losigkeit, Wesensveränderungen, Entwicklungsverzögerungen oder Konzentrationsstörungen. Die Ursa- che liegt in einer Druckzunahme im Inneren des Schädels, der entweder direkt durch den Tumor oder durch Abflussstörungen der Gehirn-

Rückenmark-Flüssigkeit entsteht.

Medulloblastome können weiterhin Gleichgewichts- und Gangstörungen hervorrufen, da das Cerebellum für die Motorik zuständig ist, während Tumoren des Großhirns hingegen mit Krampfanfällen oder Lähmungs- erscheinungen einhergehen. Oftmals kommt es auch zu Seh-, Schlaf- oder Bewusstseinsstörungen, auch diese Anzeichen weisen auf die Lage des Tumors hin.

Hilfe für Betroffene Die Therapie beinhaltet die Möglichkeit der Ope- ration, der Bestrahlung und der Chemotherapie. Ziel des operativen Eingriffs ist die vollständige Entfer- nung des Tumorgewebes. Ein Me- dulloblastom wird in der Hälfte der Fälle komplett beseitigt, die beiden anderen Tumorarten sind aufgrund ihrer ungünstigen Lage oft schlechter zu entnehmen. Im Rahmen des Ein- griffs können bestehende Abflussstö- rungen des Liquors behoben werden, bei einigen Patienten ist unter Um- ständen ein bleibendes Drainagesys- tem erforderlich.

Auf die Operation folgen Chemo- oder Strahlentherapie, die Entschei- dung dafür hängt vom histologischen

Subtyp des Tumors, vom Erfolg der Operation, von der Metastasierung sowie von bestehenden Risikofakto- ren ab. Einige Betroffene erhalten neben der Hochdosis-Chemothera- pie eine autologe Stammzellentrans- plantation, bei der eigene Zellen, die zuvor dem Knochenmark oder Blut entnommen wurden, zurück über- tragen werden. Der Umgang mit Re- zidiven hängt vom Allgemeinzustand und der Vorbehandlung des Patien-

ten sowie von der Wirksamkeit der Chemotherapie ab.

Für Dmitrij ist es zu spät, eine wei- tere Operation kommt nicht mehr in Betracht. Sein letzter Eintrag (zum Verfassungszeitpunkt des Artikels) war am 11. September: „Bin jetzt im Hospiz. Bin also weiterhin da, nur sehr müde.“ ■

Martina Görz, PTA, B. Sc. und Fachjournalistin

Anm. d. Redaktion: Dmitrij Panov ist am 8. Oktober 2016 gestorben.

EXKURS GEHIRN

Das Telenzephalon (Großhirn) befindet sich oberhalb der anderen Hirnabschnitte. Es verfügt über zahlreiche Windungen (Gyri) und Furchen (Sulci) und ist durch eine große Vertiefung in zwei Hemisphären eingeteilt. In der äußeren Schicht des Telenzephalons liegt das Groß- hirnmark, welches die Bewegungen koordiniert. Zum dort ebenfalls befindlichen limbischen System gehören der Hippocampus (Lern- und Gedächtnisprozesse, Aggression, Motivation), der Gyrus cinguli (vegetative, psychomotorische und emotionale Funktionen) und die Amygdala (Angsterleben, Speicherung emotionaler Gedächtnisinhalte).

Das Kleinhirn (Cerebellum) ist ein Anhang des Gehirns im Hinterhaupt und besteht ebenfalls aus zwei Hemisphären. Seine Aufgabe ist die Feinabstimmung der Motorik, außerdem ist es an Lernvorgängen und der Steuerung vegetativer Reaktionen beteiligt.

Referenzen

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