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Wissenschaftszentrum Berlin

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GS - 1 9 7 9 /2

D o r is J a n sh e n

M a t e r i a l i e n z u r I n s t i t u t i o n a l i s i e r u n g d e s W is s e n s c h a f t s z e n t r u m s B e r l i n

W i s s e n s c h a f t s z e n t r u m B e r l i n GmbH

G r ie g s t r a ß e 5 -7 1ooo B e r l i n 33 T e l . : 826 3o 71

(2)

Der nachstehend abgedruckte Text zur Institutionalisierung des Wissenschaftszentrums Berlin ist Teil einer wissen­

schaftssoziologischen Untersuchung zu den Veränderungen sozialwissenschaftlicher Forschung in der Gegenwart.

Er stützt sich auf Dokumente und Materialien des Wissen­

schaftszentrums und auf eine Vielzahl von Gesprächen und Interviews mit Mitarbeitern und Persönlichkeiten, die den Gründungsprozeß und die Entwicklung der Institution wesent­

lich mitbestimmt haben. Die vorliegende Arbeit bildet das Ergebnis von Recherchen der Verfasserin ab, nicht aber han­

delt es sich um eine offizielle Selbstdarstellung des Wissenschaftszentrums Berlin.

Der Aufbau einer Institution wird dargestellt; dabei wird deutlich, daß auch das WZB, wie auch andere forschungspoli­

tische Institutionen, eine Vielzahl von Schwierigkeiten in der Anfangsphase zu bewältigen hatte.

Nach einer nunmehr 1o-jährigen Entwicklung des Wissenschafts­

zentrums Berlin halte ich es für sinnvoll, wenn die Probleme der Institutionalisierung in einer wissenschaftlichen Analyse sichtbar gemacht und zur Diskussion gestellt werden.

Dr. ' ' J. ( • \ ' Helmut G. Meier

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I. GRÜNDUNGSIDEE VOM HERBST 1968 1 - 6

II. DURCHSETZUNG DER KONZEPTION BIS

FEBRUAR 1969 ' 6 - 7

III. EINRICHTUNG DES WZB BIS ZUR ARBEITSAUFNAHME DES INTERNATIO­

NALEN INSTITUTS FÜR MANAGEMENT

UND VERWALTUNG AUGUST 1 97o 8-11

IV. AUFBAU DES WZB BIS ENDE 1974 11 -17

V. AUSBAU UND KONSOLIDIERUNG 18 -2o

VI. ANMERKUNGEN 21

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Der Gründungsgedanke für das heute existierende Wissenschafts­

zentrum geht auf eine Konzeption mit im Ganzen 8 Teilpro­

jekten zurück, die von zwei tragenden Ideen bestimmt sind.

Zunächst handelt es sich um eine Variation eines Vorschlages, den der Initiator die,ser Konzeption bereits zwei Jahre zuvor

(1966) dem Forschungsminister angetragen hatte, als er zur Stärkung der politischen Situation Berlins die Einrichtung einer internationalen Universität vorschlug. Diese Inter­

nationale Universität sollte Wissenschaftlern aller Länder aus den Disziplinen Soziologie, Zeitungswissenschaften, Inter­

nationales Recht und Raumfahrt die Erlangung eines internatio­

nal gültigen' zusätzlichen Doktorgrades einräumen. Dieser Vorschlag, der sich an dem Vorbild des Princeton Institute

of Advanced Study orientiert hatte, war im Forschungsministerium in einer Phase der Rezeption amerikanischer Forschungspolitik - eine Reaktion auf das sogenannte technological gap - zu­

nächst wohlwollend aufgenommen worden, was dazu geführt haben mag, daß er in der grundlegenden Konzeption vierfach ex­

pliziert worden ist. Vorgeschlagen werden dort:

1) Deutsche Fakultät

Dabei handelt es sich um eine Schutzinstitution für deutsche

Wissenschaftler im Ausland, die beamtenrechtlich an der Deutschen Fakultät verankert.werden sollten, um die Abwanderung quali­

fizierter Wissenschaftler zu verhindern und diesen die Vorteile

"einer nomalen deutschen Universitätslaufbahn" zu erhalten.

2) Deutsches Kolleg

Seim Deutschen Kolleg handelt es sich um einen Kreis von 12 - 15 Wissenschaftlern, die ähnlichen Gepflogenheiten am

College de France und der Princeton School for Advanced Studies folgend, aus verschiedenen Disziplinen kommen und auf Lebens­

zeit berufen werden."Die Mitglieder des Deutschen Kollegs haben die Möglichkeit, in materieller Unabhängigkeit und frei von Belastungen normaler Universität-, Lehr und Prüfungsver­

pflichtungen Forschung betreiben. Sie sollen deshalb lediglich

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Vorlesungen sind öffentlich, damit unter anderem die Studenten der Berliner Universitäten an ihnen teilnehmen können. Außer­

dem sollen sie einmal monatlich ein öffentliches Colloquium mit einem - oder mehreren - Kollegen aus einer anderen Dis­

ziplin abhalten. Diese Colloquien ließen sich wahrschein- lieh um bestimmte Themenzyklen herum organisieren." '

3) Internationales Zenbrum für fortgeschrittene Studien

"Bei dieser Institution handelt es sich um eine Institution des Study Center for Advanced Behavioural Research, das sich in Palo Alto bei San Francisco befindet. In Palo Alto kommen für ein Jahr etwa 30 - 50 jüngere Wissenschaftler zusammen, die von den Universitäten als besonders qualifiziert vorge­

schlagen werden. Sie erhalten vom Center ein relativ gutes Gehalt. Für dieses Jahr bietet das Center den teilnehmenden Wissenschaftlern sowohl die Freiheit, die sie für ihre

Studien brauchen, als auch die Möglichkeit der Zusammen­

arbeit mit Kollegen aus den selben oder anderen Disziplinen.

Ihre einzig offizielle Verpflichtung besteht darin, täglich das Mittagessen gemeinsam einzunehmen. Tatsächlich organisieren diese Wissenschaftler nach kurzer Zeit Arbeitsgruppen, Vor­

lesungsreihen, Colloquien usw. Die Erfahrung hat gezeigt, daß dieses Zentrum eine der geistig produktivsten Stätten der

Welt ist. Das Berliner Zentrum müßte nach den gleichen Prin- zipien gestaltet werden".2)

4) Berlin-Preis der Deutschen Wissenschaft

Unter diesem Titel sollten jährlich drei mal 100 000 DM als Preis für besonders gute Leistungen in der Wissenschaft ver­

liehen werden. Und zwar an Wissenschaftler des In- und Aus­

landes .

Keiner dieser ersten Vorschläge ist realisiert worden. Ernst­

haft in Betracht gezogen wurde nur der unter 4) genannte Berlinpreis. Doch noch vor.der konstituierenden Gesellschaf­

terversammlung im März 1969 war man übereingekommen, seine Ausschreibung bis zu einem Zeitpunkt zu verschieben, an dem das Wissenschaftszentrum bereits über mehrere Institute ver-

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füge. Das Deutsche Kolleg und die Deutsche Fakultät waren in der Phase der Vorklärung von einzelnen Ministern mit Skepsis aufgenommen worden. Man kam zu der Auffassung, daß es sich überdies über ein langfristiges und nicht nur regional zu lösendes Problem handele, das ein größeres und einfluß­

reicheres Wissenschaftszentrum voraussetze. Berlin-Preis und der Vorschlag des Internationalen Zentrums für fortgeschrit­

tene Studien, der 1970 noch einmal aufgegriffen wurde, waren jedoch zu diesem Zeitpunkt,als das Konfliktfeld um das WZB herum die Diskussion bestimmte, nicht mehr durchzusetzen.

Bei den restlichen vier Vorschlägen handelt es sich um gebiets spezifische Institutsgründungen im Umfeld der Sozialwissen­

schaften:

1) Institut für Management und Verwaltung

3ei dieser Gründung wird von der zunehmenden Bedeutung organi­

sierender Tätigkeiten, mithin bürokratischen Handelns in der hochindustrialisierten Gesellschaft ausgegangen. Um so mehr, so die Argumentation, fielen der Mangel eines Nachwuchses für modernes Management auf der einen Seite und fehlende Kenntnisse das modernen Management innerhalb der staatlichen Bürokratie auf. Die eben gegründete Verwaltungsakademie in Bonn solle das Problem der Aus- und Fortbildung des Ver­

waltungspersonals lösen, für die das Institut Zuarbeit leisten könne. Aus diesen Überlegungen werden drei Aufgabenbereiche für das Institut für Management und Verwaltung abgeleitet:

1. Postuniversitäre Ausbildung für Management in Wirtschaft und Verwaltung

2. Forschung zur vollen Erfassung der in Verwaltung und Wirt­

schaft anstehenden Management-Probleme und der Methoden ihrer Lösung

3. Clearingstelle für die Verwaltungsreform in Deutschland in enger Zusammenarbeit mit den politischen und adminis­

trativen Spitzen.

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2) Institut für Friedensforschung

"Ein zentrales Institut für Friedensforschung soll Modelle der Konfliktlösung, also sachgerechte Prognosen, die den ver­

schiedenen Möglichkeiten der Entwicklung Rechnung tragen und langfristige Friedensstrategien als politische Entscheidungs­

hilfe erarbeiten. Die Ergebnisse der Arbeiten müssen für eine Beratung bei unmittelbaren Krisen wie auch für eine länger­

fristige politische Strategie von den politischen Entschei­

dungsträgern abrufbar s e i n " E s wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß diese Forschungs- und Beratungsabsichten nur durch eine interdisziplinäre und internationale Institutsbe­

setzung erreicht werden können.

3) Institut für Linguistik und Lebensweltforschung

Diese Institutsidee geht von dem strukturellen Zusammenhang von Sprache, Denken und Handeln aus, der in seinen Differen­

zierungen und Grundstrukturen erforscht werden müsse, "um eines Tages unter Umständen und- wenigstens teilweise dazu zu gelangen, gesellschaftliche Probleme mit Hilfe von Elektronen­

gehirnen zu bearbeiten, also mit Hilfe von Computern, die eine differenziertere und komplexere Sprache "verstehen", als die heutigen Computer". In diesem Institut sollen Sprachforscher, Psychologen, Philosophen, Mathematiker und Anthropologen Zusammenarbeiten. Es wird darauf hingewiesen, daß es möglicherweise organisatorische Schwierigkeiten bereiten könnte, die wenigen Wissenschaftler, die auf diesem Gebiet

arbeiten, in Berlin zusammenzuführen.

4) Institut für Urbanistik

Der Gedanke dieses Instituts geht vom Verstädterungsprozeß und den damit verbundenen sozialen Verfallerscheinungen im urbanen Raum aus und nennt als die zentralen Aufgaben des Instituts "die Erforschung der räumlich-architektonischen Gestalt, der Wirtschaftsstruktur und der Administration mo­

derner Stadtgebiete".

(8)

Von den Institutsgründungsvorschlägen ist nur einer reali­

siert worden, und auch dieser in Abweichung von den ur­

sprünglichen Gründungsintentionen. Bei der konstituierenden Sitzung der Gesellschafter war das Institut für iManagement und Verwaltung” auf Platz eins der Prioritätenliste gesetzt worden, da es die größten Chancen der Durchsetzung hatte.

Einmal wegen des Inte'r'esses des Forschungsministeriums, dies Institut mit der eben gegründeten Bonner Verwaltungsakademie Zusammenarbeiten zu lassen und zum zweiten wegen der ange­

kündigten Bereitschaft der Ford Foundation ein solches Institut zu gleichen Teilen mit der Bundesrepublik zu finanzieren.

Das auf dem zweiten Platz der Prioritätenliste rangierende Projekt der -Konflikt- und Friedensforschung wurde schließ­

lich fallengelassen. Es war noch längere Zeit versucht wor­

den, es gegen die sich wiederholenden Vorbehalte des Wissen­

schaftsrates durchzusetzen. Man ließ dann davon ab, als das Institut wegen der politischen Kritik auch der beteiligten Wissenschaftler in der Öffentlichkeit recht kontrovers disku­

tiert wurde. So ist schließlich 1972 aus der vom Wissenschafts­

rat angeregten Neukonzipierung des Internationalen Instituts .für Konflikt- und Friedensforschung ein völlig neuer Plan

entstanden mit dem Titel "Internationales Institut für Ver­

gleichende Gesellschaftsforschung".Das 1975 in die Planungs­

phase eingetretene Institut, für Umwelt und Gesellschaft steht noch in der gedanklichen Nachfolge des Urbanistik-Instituts.

Daß die seinerzeit genannten Gründungsideen sozusagen in der Luft lagen, belegt die .Tatsache, daß sie auch an anderer Stelle entdeckt und realisiert worden sind. Ein Institut für Urbanistik ist inzwischen in Berlin aus einem kommunalwissen­

schaftlichen Institut entstanden. Am Aspen-Institut Berlin wird derzeit ein Center for Advanced Studies geplant und an der Freien Universität werden die seinerzeit bereits vor­

handenen Ansätze zur Friedensforschung realisiert.

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Von dem Gedanken, daß mit diesen Instituten ein neuer For­

schungstyp etabliert würde, wie dies in den theoretischen Erörterungen darzulegen versucht wurde, sind die Planungen der ersten Stunde kaum beseelt. Eher von der Überlegung

getragen, daß eine Notwendigkeit zur Erforschung eben dieser gesellschaftlichen Problembereiche bestünde. Die Art der

Forschung wird konzeptionell nur gestreift: Von der bisherigen Praxis der Forschungsinstitute an den Universitäten unterscheiden sie sich vor allem dadurch, daß ausländische Mitarbeiter

einbezogen werden sollen. Die Arbeitsthemen sollen von der

"Grundlagenforschung bis zur angewandten Forschung reichen", ohne daß jedoch das in dieser Forderung enthaltene struktu­

relle Problem thematisiert würde. Der Praxisbezug soll durch die Errichtung von 20 % Leerstellen gesichert werden,

"damit eine .personelle Rotation zwischen Verwaltung, Wirt­

schaft und Wissenschaft möglich wird". Diese Empfehlung, die ebenfalls wegen der späteren politischen Auseinandersetzungen nicht verwirklicht worden ist, führt über die gegenwärtig am WZB praktizierte Form anwendungsbezogener Sozialforschung weit hinaus, da sie nicht nur eine problembezogene Verschrän­

kung sondern auch personenbezogene Verschränkung zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen beabsichtigt.

II. DURCHSETZUNG DER KONZEPTION BIS FEBRUAR 1969

Der von der Gründungskonzeption ausgehende Eindruck, daß diese weniger von immanent wissenschaftlichen als vielmehr politik­

nahen Bedürfnissen bestimmt ist, wird bestätigt durch die Art der Durchsetzung. Denn wenngleich der Gründungsgedanke auch auf eine einzelne Person zurückzuführen ist, muß man Gründung und Einrichtung alsein Ergebnis zunächst konservativer, dann übergreifender Parteiinteressen betrachten. - Nach­

dem die Konzeption Herbst 68 von der Arbeitsgruppe Berlin der CDU/CSU-Fraktion des Bundestages zustimmend aufgenommen worden waren, fanden integrierende Gespräche mit Personen auf gehobenem Parteiniveau statt. Vor allem mit der SPD, denn diese Phase fällt noch in die Zeit der Großen Koalition.

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Für die rein politische Vorklärung wandte man sich an den da­

maligen Bundeskanzler Kiesinger und den BM f. gesamtdtsche Fragen Wehner. Wissenschaftspolitische Absprachen wurden mit dem

Wissenschaftsminister Stoltenberg getroffen. Nach deren beiden Zustimmung wurde im Februar 1969 eine GmbH gegründet, die die Aufgabe hatte, den Iristitutsaufbau zu betreiben und sich da­

nach wieder aufzulösen, um die Gesellschafteranteile an Bund und Land zu übertragen. Bei der Auswahl der Gesellschafter wurde auf Landtags- bzw. Bundestagsabgeordnete Wert gelegt, da man sich davon eine größere Durchsetzungschance erhoffte.

Im Großen und Ganzen handelt es sich um dieselben Personen des interfraktionellen Berlinausschusses, die das Wissen­

schaftszentrum bereits in die politische Diskussion eingebracht hatten.

Die Gründe für die schnelle Zustimmung sind also weniger in wissenschaftlichen oder auch wissenschaftspolitischen Argu­

mentationsketten zu suchen, als vielmehr in explizit poli­

tischen Motivationen, die später auch zu eineriwenngleich zögernden,Zustimmung auch des Berliner Senats geführt haben.

Es war vor 1968 schon verschiedentlich von Berliner Politi­

kern und Bürokraten versucht worden, Projekte auf Bundes­

ebene durchzusetzen, die die Attraktivität Berlins erhöhen könnten. Allerdings mit geringem Erfolg. Daß die Einwilligung der Bonner Politiker im Falle des WZB so leicht zu erhalten war, ist nach Einschätzung eines Berliner Verwaltungsbeamten darauf zurückzuführen, daß es sich hier um eine "Idee von oben" handelte. Eine wesentliche Rolle spielte dabei, daß die Benachteiligung Berlins unter dem Eindruck des eben erfolgten Einmarsches der UDSSR-Truppen in die CSSR gerade wieder nachdrücklich ins öffentliche und politische Be­

wußtsein gedrungen war, was die Durchsetzung erleichterte.

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II. EINRICHTUNG DES WZB -BIS ZUR ARBEITSAUFNAHME DES ' INTERNATIONALEN INSTITUTS FÜR MANAGEMENT UND VER­

WALTUNG AUGUST 1970

Was sich für die Geburtsstunde als positiv erwies, die Anwalt­

schaft hoher Politiker für die Durchsetzung der Konzeption

hat, hat für die Weiterentwicklung des Wissenschaftszentrums in der Folge strukturelle und vor allem weitreichende negative Folgen gezeitigt. Denn dadurch wurden die Grundlagen für ein breit angelegtes Konfliktfeld und für die Schwierigkeiten ihrer Behebung gleichermaßen angelegt. Struktur und Aus­

maß haben dazu geführt, daß die Absicht der Initiatoren

"insgesamt ein Bündel an wissenschaftlichen Institutionen zu schaffen" in die Anstrengung verkehrt wurde, den Stand zu wahren bzw. das Wissenschaftszentrum vor der Auflösung zu bewahren. Die Politiküberlastigkeit der Gründungsphase be­

förderte die Gefahr einer einseitigen Abhängigkeit von kurz­

fristigen politischen Entscheidungen sowie eine Immobili­

tät gegenüber einer schnell veränderten politischen Situation.

Seit Anbeginn der WZB-Planungen, so ist den Dokumenten zu entnehmen, war von den Initiatoren beabsichtigt gewesen, mit dem Projekt erst dann an die Öffentlichkeit zu treten, wenn die Pläne sich in Tatsachen verwandelt hätten. Die prag­

matische Richtigkeit dieses•Vorgehens hat sich bis Anfang 1970 bestätigt, dann jedoch in ihr Gegenteil verkehrt. Bis dahin freilich wurden relativ zügig der Gründungsplan des Managements­

instituts (8. Juli 1969) fertiggestellt, Vorentscheidungen

über den zukünftigen amerikanischen Direktor gefunden (Sommer 69) Kooperationsabsprachen mit den amerikanischen Instituten ge­

troffen und eine Arbeitsgruppe für das Internationale Institut für Konflikt-.und Friedensforschung gebildet (Dezember 1969).

Im Januar 1970 schließlich traf zunächst die Zusage des ameri­

kanischen Gründungsdirektors ein, dann befürwortete der Wissenschaftsrat - mit leichten Vorbehalten allerdings - die

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Gründung des Managementsinstitutes. Jetzt aber wurde das

Wissenschaftszentrum zu Beginn der Studentenbewegung zu einem heftig befehdeten Symbol für Forschungsaktivitäten der

"herrschenden Klasse", die zur Stabilisierung des vorfind- lichen Herrschaftsapparates beitragen sollen. Nun ist ein ein­

geschränktes Praxisverständnis, das sich auf die "Bedürfnisse"

von Institutionen reduzieren läßt - der personellen Zusammen­

setzung der planenden Gruppe entsprechend - sicher nicht zu übersehen. Dies produzierte scharfe, nicht immer berechtigte Ideologiekritik. Die planende Gruppe reagierte darauf zwar mit einer internen Reflexion des zu etablierenden Forschungs­

typs, aber der emphatische Demokratiebegriff der frühen Studentenbewegung wurde als äußerlich und nur provokativ ab­

gewehrt. Betrachtet man heute die Dokumente des Konfliktes, so fällt auf Seiten der kritisierenden Sozialwissenschaftler der Universitäten bei aller Emphase für "gesellschaftliche Praxis" ein Mangel an realitätsnahem Praxisverständnis ins Auge; so waren sie aus dem antiautoritären, Distanz hei­

schenden Gestus heraus nicht in der Lage, auch die politische Chance, die eine solche Sozialwissenschaft für ihre politischen Interessen hätte darstellen können, wahrzunehmen. Auf Seiten der planenden Politiker dagegen frappiert die positivistische Blindheit für die auch einfach nur strukturelle Notwendig­

keit des neu aufkommenden Demokratieverständnisses. Den

Austritt "fortschrittlicher Wissenschaftler" aus der Arbeits­

gruppe des Instituts für Friedens- und Konfliktforschung, der nicht unerheblich zum Scheitern dieses Projektes beigetragen hat, läßt sich zum Beispiel aus dieser wechselseitigen Scheu­

klappenblindheit erklären.

Informationen über das Wissenschaftszentrum waren mehr zu­

fällig über das Berliner Abgeordnetenhaus an die Öffentlich­

keit geraten. Doch in einer Zeit, in der eine antiparlamen­

tarische Opposition das Meinungsbild der Intellektuellen be­

stimmte, mußte eine Planung hinter verschlossenen Türen in

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höchstem Maße politischen Verdacht erregen. Hier solle For­

schung für die Mächtigen betrieben werden, um fern der Kon­

trolle durch demokratische Gremien, wie sie für die Universi­

täten gerade neu gebildet werden sollten, den Austausch der politischen und wissenschaftlichen Eliten nicht zu stören.

Das Wissenschaftszentrum bestätige einen Trend zur Ausver­

lagerung der Forschung aus den Universitäten und befördere damit auf der Ebene postuniversitärer Eliten die Trennung von Forschung und Leh'r'e. Die Ausbildungsmöglichkeiten wurden dem Zentrum als Konsequenz dieses Konfliktes denn auch ab­

gesprochen. Die Bundesassistentenkonferenz rief zum Boykott gegen jene Wissenschaftler auf, die das WZB weiter unter­

stützten und die sonst eher zurückhaltende Westdeutsche Rektoren konferenz distanzierte sich von dem Projekt. Man sprach von

"Gegenuniversität", denn die Gründung der GmbH ließ die Furcht vor einer privaten Monopolisierung von Forschung aufkommen.

Eine privatwirtschaftliche Interessenorientierung war jedoch, das lassen die Unterlagen erkennen, nie intendiert. Die For­

derung der Berliner Universitätspräsidenten, die "Gegenuniversi­

tät" in die Universitäten einzubeziehen, stieß auf weite Zu­

stimmung. Dabei mag man es für einen ironischen Wimpernschlag der Geschichte halten, daß nun der Begriff "Gegenuniversität", der 1967 von den Ersten der Studentenbewegung in Berlin als ein Protestbegriff im Munde geführt worden, war, jetzt zu einem diffamatorischen Terminus avancierte.

Als besonders verhängnisvoll.erwies sich für die Folge ein Brief der Universitätspräsidenten an den Vorsitzenden des Wissenschaftsrates, in dem diese auf die vom Wissenschafts­

zentrum ausgehenden Gefahren hinweisen. Der Wissenschafts­

rat wehrte zwar ab, daß es sich um die Gründung einer

"Gegenuniversität" handele, aber in den nachfolgenden Jahren sind die Anträge auf Institutsgründung überproportional häufig zurückgewiesen worden, da,wie ein teilnehmendes Mitglied

aussagte, sich ein Widerstand der akademisch verfaßten Wissen­

schaften gegen das Wissenschaftszentrum hergestellt hatte.

1974 erst fand die offizielle Aussöhnung mit den Universi­

täten statt, die 1977 in einen Kooperationsvertrag überführt wurde.

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In dieser Situation war auch die Unterstützung von seiten der offiziellen Politik - zumal nach Regierungs- und Minister­

wechsel - geringer geworden. Im entscheidenden Kabinettsbe­

schluß der Regierung heißt es: "Die Bundesregierung fördert das Internationale Institut für Management und Verwaltung unter der Voraussetzung, daß das Wissenschaftszentrum Berlin, sich intensiv um eine sachgerechte Regelung der Zusammenarbeit mit den Berliner Universitäten bemüht"^Noch zurückhaltender

in seiner Unterstützung wurde der Senator für Wissenschaft und Kunst, in dessen Hause erst nachdem das WZB wirklich

gesichert war, wieder größere Hilfsmaßnahmen getroffen wurden.

IV. AUFBAU DES- WZB BIS ENDE 197 4

Jeder Anfang macht Schwierigkeiten. Doch mußte es sich als geradezu verhängnisvoll erweisen, daß die Aufnahme der wissen­

schaftlichen Arbeit im Internationalen Institut für Management und Verwaltung im Spannungsfeld sich überlagernder Konflikt­

felder stattfinden mußte. In einer Zeit, als es ursprünglich nicht nur um den Aufbau des IIMV gehen sollte, sondern darüber- hinaus um den Ausbau des Wissenschaftszentrums zu einer Träger­

einrichtung unterschiedlicher wissenschaftlicher Einrich­

tungen, verblieb das WZB auf seiner Talfahrt, so daß am Ende der Amtszeit des ersten Direktors seine Weiterexistenz nicht mehr gesichert war.

Die erste Etappe des WZB-Aufbaus 1971/72 stand unter dem Zeichen sich ausweitender Differenzen zwischen den For­

derungen der wissenschaftlichen Leitung und dem politisch­

bürokratischen Zuwendungsgebern. Die Struktur der Ausgangs­

situation hat dazu nicht unerheblich beigetragen. Zu einem Zeitpunkt, als in der Bonner Ministerialbürokratie wegen der geschilderten politischen Konflikte und auch aufgrund des

Regierungswechsels die Haltung zum WZ3 von größeren Vorbehalten bestimmt war, nahm der ausländische Gründungsdirektor

- dessen ungeachtet von den anspruchsvollen Planungen der

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Unangefochten durch die schwierige Lage des WZB innerhalb

der Bundesrepublik wurde an dem Ziel festgehalten, in kürzester Zeit ein Institut von supranationaler Bedeutung aufzubauen.

Relativ große Arbeitsenergie wurde deshalb auf den Ausbau eines internationalen Kooperations- und Kontaktfeldes ver­

wandt. Dabei handelte es sich sowohl um die Kontaktaufnahme mit ausländischen Spitzenpolitikern, hohen Behörden und Insti­

tutionen als auch mit ausländischen Wissenschaftlern und Förde­

rungsinstitutionen. Es entstanden Überlegungen und seit 1972 auch erste Maßnahmen, die darauf abzielten, die Internatio­

nalisierung des WZB durch Einbeziehung der Europäischen Ge­

meinschaften zu befördern. Man war bemüht, Funktionen für die Europäische Gemeinschaft zu übernehmen, wissenschaftspolitische und direkte Forschungsaufgaben und spielte mit dem Gedanken, aus dem WZB ein Europäisches Wissenschaftszentrum zu machen.

Solche Gedanken wurden jedoch drastisch abgeschnitten, als das Forschungsministerium seit 1973, nunmehr auch inhaltlich planend, verstärkt nationale Belange in den WZB-Auf- und Aus­

bau einbrachte. Die nun gefundene Sprachregelung "deutsche Einrichtung mit internationaler Ausrichtung" ist ein Hinweis für Anstrengungen, die WZB-Forschung stärker in den Dienst bundesdeutscher Bedürfnisse zu stellen. Dies ist eine Ten­

denz, die sich bis in die gegenwärtige Diskussion, ob das WZB sich in Richtung eines Strukturprognoseinstituts entwickeln soll, fortzeichnen läßt.

Doch noch einmal zurück zu der Absicht der Internationalisierung und der damit verbundenen Personalrecrutierungspolitik. In dem

"Bericht zur Lage des WZB", vom Dezember 1970 heißt es: "Für eine rasche Lösung (der gesellschaftlichen Probleme D.J.) wird es darauf ankommen, kurzfristig und in den meisten Fällen zeit­

lich begrenzt, die besten erreichbaren Wissenschaftler aus aller Welt zusammenzubringen" . • -Dem For.schungstypmerkmal 1 Inter­

nationalität1 wird bei der Aquisition der Wissenschaftler zentrale Beachtung geschenkt. Doch bemerkenswert ist dabei, daß Internationalität in dieser Phase nicht als ein Ergebnis

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von gezielter Kooperation und damit von Forschungsplanung reflektiert wird. Es erscheint zureichend, Wissenschaftler aus verschiedenen Nationen zusammenzuführen - Ende 1971 sind es bereits 24 Wissenschaftler aus 9 Ländern - um ethnische und nationale Beschränkungen in der Forschungsarbeit zu relativieren. Dafür aufschlußreich sind die Bemerkungen zur Forschungsorganisation vom April 1971 :

’’For this Institute I reject the university model either as

a source of research questions or organizational form. Similarly we- do not have to adopt the contract form, even though it

has some advantages. Instead, we will adopt the organization implied by these two axioms:

(1) every scientist has the right to do research on questions of his own choice without outside control, and

(2) the greater part of the activity of any researcher must be conducted in collaboration with one or more of his

colleagues.

In other words, we seek to protect the right of self-

determination and freedom of research, while at the same time securing some of the huge benefits accuring from the intellectual interaction of working intimately and extensively with others.

Selection of research problems and formation of self-selected research groups will interact, one with the orther".

Diese Äußerungen zur Forschungsorganisation machen zweierlei deutlich. Einmal, daß neben dem Forschungsmerkmal 'Inter- nationalität' dem Merkmal 'Grundlagenforschung', besetzt mit der Assoziation von theoretischer Fortentwicklung und Einzelforschung, besonderes Gewicht zukommt. In demselben Bericht heißt es bezeichnender Weise zum Thema Anwendungs­

bezug :

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"There are two other guidelines for our research. One is the contractual one by which staff members are obliged to do scholarly research of a publishable quality in or.on contem­

porary problems of management, public or private. The second is simply an influence represented by my bias for research on large, complex, real, important, and perhaps ambiguous problems, since I have expressed this preference on every possible occasion when interviewing potential staff. Although the improvement of theory or the expansion of knowledge must be the result of our research, it should occur within an

environment in which our attention and much of our energies are focussed on real and contemporary problems".9)

Internationale und theoretische Verallgemeinerbarkeit der Forschungsergebnisse haben tendenziell Vorrang vor Anwendungs­

bezug, Politikorientierung und Interdisziplinarität. Ver­

bunden mit der Strategie, Wissenschaftler anzuwerben, die

ihre Projekte und Bücher vorformuliert "in der Tasche hatten", entwickelte sich in dieser Phase eine sich durchsetzende

Tendenz zur Einzelforschung. Bei der auch supranationalen

Reputationsorientierung mußten sowohl das Konfliktfeld, in dem das WZB sich seinerzeit befand, als auch die Einwände der

Ministerialbürokratie gegen Kosten und Abgehobenheit dieser Programmatik als in der Tendenz lästig und böswillig erschei­

nen. Verdeutlichend noch einmal der bereits zitierte Bericht:

"As suggested by my remarks earlier on research organization, the fellows of the Institute will not be organized in

departments or formal groups. Nor are we hiring or organzing according to preconceptions about specific duties or special expertise. That is, we may hire someone who is a specialist in accounting and information systems more because he is

very able, committed researcher than because of his speciality.

At the end of his term he might be replaced by an organizational specialist or expert on production management. This approach is causing distress amoung some civil servants in Bonn who see our organization in terms of job descriptions involving duties

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and skills. We also have had to argue vigorously in Bonn for our concept of relatively short-term appointments and high staff turnover. This is expensive in terms of higher salaries and other costs, but the alternative cost of career and

tenured researchers is very much higher. In addition, the very concept of the Institute is predicated on the benefits of having here in Berlin a center which would be an integral part of the world community of scholarship in the field of management sciences, and this necessarily means high staff turnover. The subject or our research is too broad, complex, diverse, and dynamic to permit for a minute the notion of a permanent, career research group changing only through natural attrition".

Der elitäre supranationale Anspruch stößt auf Widerstände bei den finanzierenden nationalen Behörden, für die die pragmatische Frage der Umsetzung von Forschungsergebnissen in gesellschaftliches Handels größere Relevanz hat, als die internationale Reputation, und die den daraus resultierenden hohen und spezialisierten Finanzforderungen wenig Verständnis entgegenbringen. Ergebnis dieser mit vielen Details ge­

spickten Polarisation waren Finanzprobleme, die das gesamte Projekt fast hätten scheitern lassen, Differenzen zwischen organisatorischer und wissenschaftlicher Leitung des W Z B , Mißverständnisse mit der Bürokratie, immer noch ein Mangel einer forschungspolitisch und forschungspraktisch tragbaren Konzeption. Der Gründungsdirektor verläßt Berlin und das Forschungsministerium zeigt rotes Licht für das WZB. "In dieser Situation", schreibt der Generalsekretär Juni 1972,

"scheint es Anzeichen dafür zu geben, daß man unter Umständen versuchen wird, das Wissenschaftszentrum auf stille Weise auf das IIMV zu reduzieren und damit praktisch auszulöschen.

Vor der Gefahr der Einrichtung eines zweiten Instituts und damit eines Durchbruchs wird die schwierige Situation, in der

sich die- Verwaltung befindet, hochgespielt".

Doch diesmal bringt die Politikabhängigkeit dem WZB eine

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positive Wende. Wieder ein Regierungswechsel, der auch Personalwechsel im Forschungsministerium nach sich zieht, ein Wechsel, der diesmal für den Fortbestand des WZB ein konstruktives Aufbauinteresse einbringt. Bezeichnend eine Äußerung des BMFT-Sprechers auf der zweiten Kuratoriums­

sitzung am 15.3.1973:

"Zunächst widerspreche ich allen Meldungen, die behaupten, daß das Bundesmninsterium für Forschung und Technologie beabsichtige, das Wissenschaftszentrum Berlin nicht mehr zu fördern. Im Gegenteil: Ich bin der Meinung,daß das Wissen­

schaftszentrum 3erlin unter bestimmten Voraussetzungen auf­

gebaut werden sollte, weil damit die wissenschaftliche For­

schung in ihrer internationalen Verflechtung nachhaltig ge­

fördert wird".12)

Damit begann 1973/74 eine Phase des systematischen Aufbaus des WZB, die im intensiven Dialog zwischen Bürokratie und den verantwortlichen Wissenschaftlern vorangetrieben wurde.

Politisch-klimatischer Hintergrund ist ein gewachsenes Be­

wußtsein von der Bedeutung sozialwissenschaftlichen Wissens für die Entwicklung der Gesellschaft in der offiziellen Politik. Seit 1971 war nämlich in der Bundesrepublik ein be­

merkenswerter Anstieg des Ansehens sozialwissenschaftlicher

Forschung zu konstatieren, was sich zum Beispiel dem zunehmenden Einfluß sozialwissenschaftlicher Disziplinen in forschungs­

politische Auseinandersetzungen ablesen läßt. Wesentlicher Anlaß bzw. Promoter in diesem Prozeß war die Antwort der OECD-Wissenschaftsminister auf den "Brooksreport" (Science Growth and Society). Die Minister forderten damals, daß in internationaler Arbeitsteilung die positiven und negativen Konsequenzen technologischer Innovation untersucht werden müßten und daß deshalb ein Ausbau der sozialwissenschaft­

lichen Disziplinen vonnöten sei. Solche Forderungen wurden bereits im Bundesbericht "‘Forschung IV" vom Jahre 1972 aufgegriffen und es wird der "Aufbau von Zentren sozial­

wissenschaftlicher Forschung" angekündigt. Für den Ausbau des WZB war es dabei nicht unerheblich, daß etwa zur gleichen

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Zeit in einer hausinternen Studie des BMBW festgestellt wurde, daß die Forschungskapazitäten der Sozialwissen­

schaften an 'den Hochschulen - gemessen an den für die Ge­

sellschaft zu lösenden Forschungsaufgaben - zu klein seien und im übrigen für problem- und anwendungsbezogene Sozial­

wissenschaft weder motiviert noch ausgestattet seien. Neben dem WZB kam diese Einsicht zwei überregional organisierten

»I

Projektschwerpunkten zugute, in denen exemplarisch inter­

disziplinäre und anwendungsbezogene Grundlagenforschung be­

trieben werden sollte.

Doch während die sogenannte Ölkrise zu einer Schrumpfung dieser Schwerpunkte geführt hat, überhaupt wieder zu einer Einschränkung sozialwissenschaftlicher Förderungsprogramme geführt hat, ist der Ausbau des Wissenschaftszentrums zügig vorangetrieben worden. Nicht unbeeinflußt von den politischen

Zeichen der Zeit findet eine starke Umorientierung auf an­

wendungsbezogene und politiknahe Sozialwissenschaft statt, die sich dem Problem der Umsetzung stellt. Die im Herbst 1974 durch das WZB in der Zusammenarbeit mit der OECD durch­

geführte Tagung über theoretische und praktische Probleme anwendungsbezognener Sozialwissenschaft, auf der Praktiker und Wissenschaftler Erfahrungen mit diesem Forschungstyp

diskutierten, ist als ein markantes Zeichen für die inzwischen' durchgeführte innerinstitutionelle Abklärung zu werten. Im Laufe des Jahres 1974 sind überhaupt die Ergebnisse von Auf­

bautendenzen, die von externen zu internen Kooperationsstruk­

turen führten, allmählich erkennbar: Im IIMV wird eine weit­

reichende Umstellung von Einzel- zur Teamforschung festge­

stellt, ein mittelfristiges Forschungsprogramm, das die 'Identität von Instituts- und Forschungstyp nach innen und

außen sichern soll, ist entwickelt worden, und es werden erste Pläne für eine Erfolgskontrolle erwogen. Bund und Land Berlin haben sich für den weiteren Ausbau des WZB stark engagiert und die Konzeption des WZB als Trägerorganisation internationaler Institute anwendungsbezogener Sozialwissenschaft gewinnt in den neuen Gründungsplänen an Klarheit.

(21)

V. AUSBAU UND KONSOLIDIERUNG

Seit etwa 1975 läßt sich von einer Konsolidierung des Wissen­

schaf ts Zentrums sprechen, einer Sicherung, die die Reflexion und Befestigung von Institutsstrukturen und systematischen Überlegungen zur Umsetzung wissenschaftlicher Ergebnisse seit 1976 bedingten. Wichtigste Weichenstellung auf diesem Wege war eine sich allmählich verändernde Haltung der Gremien des Wissenschaftsrates, der sich vorher angesichts der hartnäckig immer wieder neu eingereichten Institutsgründungspläne wieder­

holt an seinen Vorschlag von 1970 erinnert hatte, das IIMV

einer der Berliner Universitäten einzugliedern und entsprechend zögernd beschieden hatte. Insofern war seine Entscheidung für den Aufbau des Internationalen Instituts für Vergleichende Ge­

sellschaftsforschung im Frühjahr 1974 gleichbedeutend mit einem Votum für den Ausbau des WZB zu einer Trägergesellschaft ver­

schiedener wissenschaftlicher Einrichtungen. Nachdem dann im August desselben Jahres sicher war, daß der designierte Insti­

tutsleiter doch nicht zur Verfügung stehen würde, stand man zu­

nächst vor dem Problem, die Gründung ohne Leiter voranzutreiben.

In dieser Situation entschloß man sich, ein bereits arbeitendes Team zur Gastarbeiterforschung für die 1omonatige Gründungs­

phase einzusetzen. Seit Juli 1977 wird das Institut durch einen deutschen und ausländischen Direktor geleitet.

Größere Schwierigkeiten bereitete die Durchsetzung des Inter­

nationalen Instituts für Umwelt und Gesellschaft. Ein erster Gründungsplan für dieses Institut hatte immerhin bereits An­

fang 1971 Vorgelegen, doch nach zahlreichen Änderungen dieses Planes wurde 1974 vom Wissenschaftsrat noch immer nicht die Gründung, sondern vorsichtiger die nur erprobende Ausnahme der Umweltforschung mit einem Projekt vorgeschlagen. Dies ge­

schah Herbst 1975 mit einer kleinen Gruppe und dem späteren Direktor des Instituts. Es* wurde währenddessen ein mittel­

fristiges Forschungsprogramm entwickelt, das Ende 1976 von den zu konsultierenden Ministerien gutgeheißen wurde, so daß das Institut 1977 offiziell seine Arbeit aufnehmen konnte.

(22)

Der mit diesen beiden Institutsgründungen erfolgte Ausbau wird derzeitig mit Plänen zu Forschungen auf dem Dienst­

leistungssektor - im vergangenen Jahr hat zu diesem Themen­

komplex bereits eine internationale Tagung stattgefunden - fortgesetzt.

Die Darsteilung des a-n. diesen verschiedenen Instituten bzw. Institutsteilen realisierten Forschungstyps bedarf - das ist offenkundig - weiterer wissenschaftlicher Un­

tersuchungen. Auf das Faktum verschiedener Ausprägungen, die nicht nur auf die unterschiedliche Dauer der Forschungsbe­

reiche zurückzuführen sind, kann man jedoch schon hier auf­

merksam machen. Kein Institut nämlich, das sämtliche Merk­

male in seiner Arbeit mit gleichem Gewicht versieht. Alle Institute sind von der Stellenbesetzung interdi sziplinär angelegt, doch was die übrigen Merkmale anbelangt, so läßt sich vorsichtig vermuten, daß der Grundlagenforschung zukom­

mende Allgemeinheitsanspruch sich bislang noch schwer mit einem kurzfristigen Anwendungsbezug und Politik- und Praxis­

nähe verbinden läßt, dafür aber geringere Schwierigkeiten be­

stehen für eine Verbindung mit dem Aspekt Internationalität, der unserem Vorverständnis entsprechend eine empirische Ver- allgemeinerbarkeit bewirkt. Schwieriger ist es demgegenüber wiederum, die Arbeit ausländischer Kollegen nicht vergleichend sondern eher komplementär in Projekte einzubringen, die auf eine kurz- oder mittelfristige Beeinflussung des jeweiligen Be­

reichs der Gesellschaft hinarbeiten. Entsprechend unterschied­

lich ist der Orientierungsrahmen der Institute auf die Öffent­

lichkeit, was sich in Umgang mit den Adressaten der Forschung, in Publikationsabsichten usw. ausdrückt. Diesen Unterschieden wird sich die Hauptuntersuchung extensiv und differenziert zugleich widmen müssen.

Sie bilden sich zum Teil bereits ab in der durch das Forschungs­

ministerium Ende 1976 angeregten sogenannten Strukturdebatte, die man bezogen auf die gesamte bisherige Geschichte des

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Konsolidierung auffassen muß. Denn wenngleich die Verschieden artigkeit des Forschungstyps hier auch an Kontur gewinnt, so ist diese Auseinandersetzung auch als ein Bemühen um ge­

meinsame Strukturmerkmale für die Forschungsarbeit zu werten.

(24)

1) Projekt Deutsches GmbH, 1968, S:*6

Wissenschaftszentrum Berlin 2) op.cit. s, 8

3) op.cit. s. 1 4 4) op.cit. s . 2o 5) op.cit. s . 22

6) Kabinettsbeschluß vom 25.6.197o 7) Bericht

Dezember

zur Lages

■ 197o, S .

des Wissenschaftszentrums, 4

8) Report by the Director-General to Advisory Borad of the International Institute of Managanent, Berlin, 16. April 1971, S. 6 9) op.cit. S. 7

10) op.cit. S. 15

11) Aufzeichnung des Generalsekretärs vom.

Juni 1972, S. 8

12) Unterlagen zur Kuratoriumssitzung vom 1 5.3.1973

Referenzen

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