Sterbehilfe und assistierter Suizid
Lisa Stiller
Zur Bedeutung des Patientenwillens für die
Rechtfertigung von Sterbehilfe und Suizidassistenz
Nomos
Studien zum Strafrecht Band 104
Herausgegeben von
Prof. Dr. Martin Böse, Universität Bonn
Prof. Dr. Gunnar Duttge, Universität Göttingen
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Urs Kindhäuser, Universität Bonn Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Claus Kreß, LL.M., Universität zu Köln Prof. Dr. Hans Kudlich, Universität Erlangen-Nürnberg Prof. Dr. Dr. h.c. Lothar Kuhlen, Universität Mannheim Prof. Dr. Ursula Nelles, Universität Münster
Prof. Dr. Dres. h.c. Ulfrid Neumann, Universität Frankfurt a. M.
Prof. Dr. Henning Radtke, Universität Hannover Prof. Dr. Klaus Rogall, Freie Universität Berlin Prof. Dr. Frank Saliger, Universität München Prof. Dr. Helmut Satzger, Universität München Prof. Dr. Brigitte Tag, Universität Zürich Prof. Dr. Thomas Weigend, Universität Köln Prof. Dr. Wolfgang Wohlers, Universität Basel Prof. Dr. Rainer Zaczyk, Universität Bonn
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Lisa Stiller
Sterbehilfe und assistierter Suizid
Zur Bedeutung des Patientenwillens für die
Rechtfertigung von Sterbehilfe und Suizidassistenz
Nomos
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Zugl.: Frankfurt am Main, Univ., Diss., 2018
u.d.T.: „Sterbehilfe und assistierter Suizid – Zur Bedeutung des Patientenwillens für die Rechtfertigung von Sterbehilfemaßnahmen und der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“
ISBN 978-3-8487-5961-3 (Print) ISBN 978-3-7489-0088-7 (ePDF)
ISBN 978-3-03891-218-7 (Dike Verlag Zürich/St. Gallen)
1. Auflage 2020
© Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2020. Gedruckt in Deutschland. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
Onlineversion Nomos eLibrary
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Meinen Eltern
Vorwort
Diese Arbeit wurde im Wintersemester 2018/2019 von der juristischen Fa- kultät der Goethe Universität Frankfurt am Main als Dissertation ange- nommen. Die Literaturbeiträge und Rechtsprechung wurden für die Ver- öffentlichtung bis November 2019 berücksichtigt.
Mein herzlicher Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Prof. em. Dr. Dres. h.c. Ulfrid Neumann, für seine wertvollen Anregungen im Rahmen von vielen Diskussionen im Postgraduierten- seminar sowie für seine fachliche und persönliche Unterstützung bei der Entstehung dieser Arbeit.
Herrn Prof. Dr. Cornelius Prittwitz danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens.
Außerdem danke ich meinen Brüdern, Philip und Lucas Stiller, die mir besonders in den letzten Zügen dieser Arbeit und während des Prüfungs- verfahrens zur Seite gestanden haben.
Mein größter Dank gilt schließlich meinen Eltern, Heiderose und Günther Stiller, für ihre liebevolle und vorbehaltlose Unterstützung.
Ihnen ist diese Arbeit in Liebe gewidmet.
Frankfurt am Main im Dezember 2019 Lisa Franziska Lavinia Stiller
7
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis 15
Einführung in die Problematik – Grundlagen und Rechtshistorie der Sterbehilfe
1. Teil:
21 Einleitung
A. 21
Begriffsbestimmung Sterbehilfe
B. 22
Rechtshistorie der Sterbe- und Suizidbeihilfe in Deutschland
C. 24
Sterbe- und Suizidbeihilfe als intradisziplinäre Regelungsmaterie
D. 40
Verfassungsrechtliche Grundlagen
I. 41
Menschenwürde
1. 41
Körperliche Unversehrtheit und Recht auf Leben
2. 43
Allgemeine Handlungsfreiheit und allgemeines Persönlichkeitsrecht
3.
43 Schutz von Ehe und Familie
4. 45
Glaubens- und Gewissensfreiheit
5. 45
Berufsfreiheit
6. 47
Vereinigungsfreiheit
7. 48
Strafrechtliche Grundlagen
II. 49
Der ärztliche Heileingriff und seine strafrechtliche Einordnung
1.
49 Rechtsprechung
a. 50
Literatur
b. 51
Stellungnahme
c. 52
Die Rechtfertigung des ärztlichen Heileingriffs
2. 54
Sterbehilfe und die §§ 211 ff. StGB
3. 55
Beginn des menschlichen Lebens im Strafrecht
a. 56
Ende des menschlichen Lebens im Strafrecht
b. 57
Die tradierte Sterbehilfedogmatik
4. 60
Aktive Sterbehilfe
a. 60
Indirekte Sterbehilfe
b. 60
Lösungsansätze auf Tatbestandsebene
(1) 61
Lösungsansätze auf Rechtfertigungsebene
(2) 63
Passive Sterbehilfe
c. 63
9
Beihilfe zum Suizid
5. 66
Freiverantwortlichkeit der Selbsttötung
a. 66
Suizidteilnahme durch Unterlassen eines Garanten
b. 70
Suizidteilnahme durch Unterlassen eines Arztes
c. 72
Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung
d. 74
Strafbarkeit nach dem Betäubungsmittel- und dem Arzneimittelgesetz
e.
75 Abgrenzung zwischen Tötung auf Verlangen und
Beihilfe zum Suizid f.
77 Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung
6. 79
Zivilrechtliche Grundlagen
III. 87
Das Arzt-Patienten-Verhältnis
1. 87
Gesundheitsfürsorge durch den Betreuer
2. 91
Das 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz
3. 92
§ 1901 a BGB
a. 93
§ 1901 b BGB
b. 96
§ 1904 BGB
c. 98
Die Neuregelung durch den Bundesgerichtshof
2. Teil: 100
Der Fuldaer Fall
A. 100
Sachverhalt
I. 100
Entscheidung
II. 101
Der Kölner Fall
B. 104
Sachverhalt
I. 104
Entscheidung
II. 106
Behandlungsabbruch statt passiver Sterbehilfe
C. 107
Eingrenzung des Begriffs „Behandlungsabbruch“ als Grundlage für diese Arbeit
I.
109 Qualifizierung des Behandlungsabbruchs als Tun oder
Unterlassen II.
109 Zusammenfassung
III. 118
Straflosigkeit des Behandlungsabbruchs aufgrund des Patientenwillens unter Berücksichtigung der
§§ 1901 a ff. BGB 3. Teil:
120 Behandlungsabbruch durch Unterlassen
A. 120
Garantenstellung
I. 121
Beginn der Garantenstellung des Arztes
1. 122
Inhaltsverzeichnis
10
Ende der Garantenstellung des Arztes
2. 123
Umfang und Grenzen der Garantenpflicht des Arztes
II. 125
Vereinbarkeit mit § 216 StGB und der Einwilligungssperre
III. 128
Zusammenfassung
IV. 130
Behandlungsabbruch durch Tun
B. 131
Tätiger Behandlungsabbruch durch den behandelnden Arzt mit Einwilligung des Patienten oder unter Mitwirkung des Betreuers
I.
132 Die Einwilligung des Patienten als Grundlage für die
Rechtmäßigkeit ärztlicher Behandlungsmaßnahmen II.
132 Wirksame tatsächliche Einwilligung des äußerungs- und
einwilligungsfähigen Patienten 1.
133 Rechtsnatur und dogmatische Einordnung der
Einwilligung a.
133 Voraussetzungen einer wirksamen tatsächlichen
Einwilligung b.
135 Disponibilität des Rechtsguts
(1) 135
Einwilligungsfähigkeit des Patienten
(2) 136
Vorstellung der Gefahr durch ärztliche Aufklärung
(3) 137
Freiwilligkeit der Zustimmung und Freiheit von Willensmängeln
(4)
139 Zustimmungserklärung
(5) 139
Antizipierte Willensäußerung des einwilligungsfähigen Patienten durch eine Patientenverfügung für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit
2.
140 Begriff und Definition der Patientenverfügung
a. 140
Abgrenzung von anderen Vorausverfügungen
b. 141
Betreuungsverfügung
(1) 141
Vorsorgevollmacht
(2) 142
Rechtsnatur der Patientenverfügung
c. 142
Persönlicher Anwendungsbereich und Formvoraussetzungen der Patientenverfügung d.
145 Einwilligungsfähigkeit
(1) 145
Volljährigkeit
(2) 146
Willensmängelfreiheit
(3) 147
Schriftform
(4) 147
Inhaltliche Anforderungen an eine Patientenverfügung
e. 149
Bestimmtheit
(1) 149
Inhaltliche Grenzen
(2) 151
11
Reichweitenbegrenzung der Patientenverfügung bzw.
des Patientenwillens f.
153 Adressatenkreis und Bindungswirkung der
Patientenverfügung g.
156 Betreuungsgerichtliches Genehmigungserfordernis
h. 160
Widerruf der Patientenverfügung
i. 161
Nichteinhaltung der betreuungsrechtlichen Verfahrensvorschriften
j.
163 Zusammenfassung
k. 164
Stellvertretende Einwilligung durch den Betreuer
3. 166
Ermittlung und Umsetzung des Patientenwillens gemäß § 1901 a Abs. 2 i.V.m. § 1901 b BGB a.
167 Behandlungswünsche
(1) 167
Mutmaßlicher Wille
(2) 169
Die betreuungsgerichtliche Genehmigung der stellvertretenden Einwilligung des Betreuers gemäß
§ 1904 BGB i.V.m. §§ 287 Abs. 3, 298 FamFG b.
170 Verfahren zur Erteilung der
betreuungsgerichtlichen Genehmigung (1)
171 Rechtlicher Charakter der betreuungsgerichtlichen Genehmigung
(2)
172 Genehmigungsfreie stellvertretende Einwilligung
des Betreuers (3)
175 Bindungswirkung der betreuungsgerichtlichen
Genehmigungsentscheidung im Strafverfahren (4)
177 Prozeduralisierung
c. 179
Strafrechtliche prozedurale Legitimation
(1) 183
Auswirkungen der stellvertretenden Einwilligung im Strafrecht
(2)
184 Irrtümer über den Willen des Betroffenen
d. 186
Zusammenfassung
e. 189
Mutmaßliche Einwilligung des Patienten
4. 189
Rechtsnatur und dogmatische Einordnung
a. 190
Kritik an der Rechtsfigur des mutmaßlichen Willens
b. 191
Ermittlung des mutmaßlichen Willens durch den behandelnden Arzt bei fehlender Betreuerbestellung oder Nichterreichbarkeit des Betreuers
c.
193
„Strenge Anforderungen“ an die mutmaßliche Einwilligung in den Behandlungsabbruch d.
195 Inhaltsverzeichnis
12
Das Verhältnis der stellvertretenden und der mutmaßlichen Einwilligung
e.
196 Freie Konkurrenz der stellvertretenden und
mutmaßlichen Einwilligung (1)
197 Vorrang der mutmaßlichen Einwilligung
(2) 198
Spezialität der stellvertretenden Einwilligung
(3) 199
Stellungnahme
(4) 200
Nichtfeststellbarkeit des individuell-mutmaßlichen Patientenwillens
5.
203 Zusammenfassung
6. 206
Die Einwilligungslösung des Bundesgerichtshofs
III. 208
Ratio legis des § 216 StGB
1. 208
Die Argumentation des Bundesgerichtshofs
2. 211
Straflosigkeit des Behandlungsabbruchs trotz Einwilligungssperre
IV.
212 Tatbestandslosigkeit des willensgemäßen tätigen
Behandlungsabbruchs 1.
213 Stellungnahme
2. 220
Rechtfertigung durch § 34 StGB
3. 223
Anwendbarkeit auf interne Interessenkollisionen
a. 224
Fehlendes Erhaltungsinteresse
b. 225
Fehlendes Eingriffsinteresse
c. 226
Unabwägbarkeit des Rechtsguts Leben
d. 229
Einwilligung und subjektive Präferenzen des Betroffenen
e.
237 Umgehung der Einwilligungssperre
f. 241
Ergebnis
g. 241
Tätiger Behandlungsabbruch durch einen Dritten
V. 242
Notwehr in Form der Nothilfe
1. 244
Notstand in Form der Notstandshilfe
2. 246
Ergebnis
3. 247
Übertragung der gewonnenen Ergebnisse auf die Rechtfertigung der indirekten Sterbehilfe
C.
247 Übertragung der gewonnenen Ergebnisse auf die Rechtfertigung der aktiven Sterbehilfe
D.
248
13
Die geschäftsmäßige Beihilfe zum Suizid gemäß § 217 StGB und Möglichkeiten der Straflosigkeit
4. Teil:
251 Verfassungsrechtliche Kritik an § 217 StGB
A. 251
Die Strafwürdigkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung und der Schutzzweck des § 217 StGB I.
252 Die Strafbedürftigkeit der geschäftsmäßigen Förderung der
Selbsttötung II.
257 Verbot der Werbung für die assistierte Selbsttötung
1. 257
Staatliche Kontrolle von Sterbehilfeorganisationen
2. 260
Gesetzliche Freigabe des ärztlich assistierten Suizids
3. 262
Ausbau von Palliativmedizin und Hospizen
4. 265
Zwischenergebnis
5. 267
Ausgestaltung des § 217 StGB und Bestimmtheitsgebot
III. 268
Zusammenfassung
IV. 269
Rechtfertigung der Beihilfe zum Suizid trotz § 217 StGB
B. 271
Rechtfertigung durch Einwilligung
I. 271
Rechtfertigung durch § 34 StGB
II. 272
Schlussbetrachtung
5. Teil: 276
Literaturverzeichnis 281
Inhaltsverzeichnis
14
Abkürzungsverzeichnis
a.A. anderer Ansicht
Abs. Absatz
AE Alternativentwurf
AE-StB Alternativ-Entwurf Sterbebegleitung
AG Amtsgericht
ALR Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten Alt. Alternative
AMG Arzneimittelgesetz
Anm. Anmerkung
Art. Artikel
BÄK Bundesärztekammer
BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof
BGHSt Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BR-Drs. Bundesratsdrucksache
BT-Drs. Bundestagsdrucksache
BtÄndG Betreuungsrechtsänderungsgesetz BtMG Betäubungsmittelgesetz
BVerfG Bundesverfassungsgericht
BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bzgl. bezüglich
bzw. beziehungsweise
CCC Constitutio Criminalis Carolina DÄBl Deutsches Ärzteblatt
ders. derselbe
d.h. das heißt
DJT Deutscher Juristentag et al. et alii, et aliae
etc. et cetera
15
f. folgende
FamFG Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenhei- ten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
ff. fortfolgende
Fn. Fußnote
FS Festschrift
GG Grundgesetz
i.d.R. in der Regel i.V.m. in Verbindung mit JGG Jugendgerichtsgesetz
Kap. Kapitel
KastrG Kastrationsgesetz krit. kritisch
LG Landgericht
MBO Musterberufsordnung m.w.N. mit weiteren Nachweisen
n.F. neue Fassung
Nr. Nummer
OLG Oberlandesgericht
PEG perkutane endoskopische Gastrostomie
RG Reichsgericht
RGSt Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen RStGB Reichsstrafgesetzbuch
Rn. Randnummer
s. siehe
S. Seite
SGB V Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung SGB XI Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung StGB Strafgesetzbuch
StPO Strafprozessordnung
StR Strafrecht
StrÄG Strafrechtsänderungsgesetz TPG Transplantationsgesetz
u.a. und andere
Überbl. Überblick
Urt. Urteil
Abkürzungsverzeichnis
16
v. von, vom vgl. vergleiche
Vorb. Vorbemerkung
z.B. zum Beispiel
Die Abkürzungen folgen:
Kirchner, Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 9. Auflage, Berlin 2019.
17
Faust: Und so ist mir das Dasein eine Last,
Der Tod erwünscht, das Leben mir verhasst.
Mephistopheles: Und doch ist nie der Tod ein ganz willkommner Gast.
Johann Wolfgang von Goethe, Faust. Der Tragödie erster Teil