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Erfahrungen mit Rekommunalisierungen in den Bereichen Energie, Wasser und Abfallwirtschaft

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Academic year: 2022

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tsches Institut für Urbanistik

Erfahrungen mit Rekommunalisierungen in den Bereichen Energie, Wasser und Abfallwirtschaft

Jens Libbe

Deutsches Institut für Urbanistik (Difu)

Fachtagung

„Zurück zur öffentlichen Hand. Chancen und Formen der Rekommunalisierung“

am 10. Januar 2012 in Berlin

(2)

hes Institut für Urbanistik

2

Inhalt

I.

Definition und Formen

II.

Anlass und Begründung der Rekommunalisierung

III.

Empirische Belege der Rekommunalisierung

IV.

Rechtlicher Bezugsrahmen der Organisationsentscheidung

V.

Ökonomischer Bezugsrahmen der Organisationsentscheidung

VI.

Chancen und Erfolgsfaktoren der Rekommunalisierug

VII.

Schlussfolgerungen

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tsches Institut für Urbanistik

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Rekommunalisierung bedeutet im Grundsatz die Rückübertragung der Erfüllungsverantwortung (Aufgabenerledigung) auf die Kommune. Zu unterscheiden ist

das Wiederaufgreifen von Aufgaben durch einen Verwaltungsträger (als Konkurrent oder Monopolist),

die Neugründung von Eigengesellschaften zum Aufgreifen von Aufgaben (als Konkurrent oder Monopolist),

Rückübertragung operativer Dienstleistungen,

die Überführung von Kapitalgesellschaften in öffentlich-rechtliche Organisationsformen,

die Erhöhung des Gesellschaftsanteils an gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen.

→ Rekommunalisierung erfasst auch Sachverhalte, die unter die Begriffe

„formelle“ oder auch „funktionale“ Privatisierung gefasst werden,

I. Definition und Formen

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hes Institut für Urbanistik

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Niedrigere Kosten im operativen Geschäft

Regionales Marktversagen

Stärkung des regionalen Arbeitsmarkts

Stärkung der lokalen Wirtschaft durch Vermeidung von Lohndumping

Zunehmende Kritik aus der Bevölkerung an Privatisierungsmaßnahmen

Rückgewinnung von politischem Einfluss

Relative Bürgernähe, Vertrauensvorschuss bei den Endverbrauchern

Qualität und Sicherung der Leistungserstellung

II. Anlass und Begründung der Rekommunalisierung

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tsches Institut für Urbanistik

5

Auslastung kommunaler Anlagen

Ökologie und Ressourcenaspekte

Generelle „Renaissance des Staates“ im Zuge der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise

Rechtliche Argumente (z.B. EuGH Inhouse-Vergabe)

 dazu später

Reaktion auf und Teil einer Ausdifferenzierung der Organisations- und Aufgabenstruktur

II. Anlass und Begründung der Rekommunalisierung

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hes Institut für Urbanistik

6

Empirische Belege der Rekommunalisierung

Rekommunalisierung ist ein energiewirtschaftliches Thema

Treiber sind

a) energiepolitischer Rahmen

b) auslaufende Konzessionsverträge

1. Energieversorgung

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tsches Institut für Urbanistik

Umfeld: Energiepolitischer Rahmen

» Senkung der CO2-Emissionen um mindestens 80%

» Ausbau erneuerbarer Energien (Wärme und Strom) auf

mindestens 60%

» Primärenergieneinsparung um mindestens 50%

(gegenüber 2008)

Energiepolitische Ziele 2050

Einzelne Erzeugungseinheiten werden kleiner und es gibt deren viele.

Versorgung wird kleinräumiger, d.h. räumlich kleinere

Siedlungseinheiten versorgen sich in größerem Maße selbst.

Systemintegration“ dezentraler Optionen

Trend zu dezentraler Versorgung

Notwendigkeit und Chance für kommunale Strukturen

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hes Institut für Urbanistik

Es gibt in Deutschland mindestens 20.000 Strom- und Gaskonzessionen.

Die Mehrzahl endet bis 2015/2016; mehr als 3.000 seit 2008

Zunehmende Konkurrenz zwischen Regionaltöchtern der „großen Vier“ und Stadtwerken um Konzessionen als Zeichen für zunehmenden Wettbewerb im

Energiemarkt.

Auch ohne Rekommunalisierung des Netzes:

Kommune kann das für sie beste Angebot auswählen.

Historisch niedriges Zinsniveau.

Zahlreiche Praxisbeispiele.

Umfeld: Konzessionen

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tsches Institut für Urbanistik

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Seit 2007 wurden ca. 50 neue Stadtwerke gegründet.

Absolute Zahlen nicht vorhanden, Näherungswert

Lt. VKU wird mit zahlreichen weiteren neuen Stadtwerken gerechnet.

Gründung häufig in Kooperation mit leistungsfähigen öffentlichen oder privaten Partnern.

Regionale Schwerpunkte im Norden Deutschlands (Schleswig-Holstein), und im Süden (Baden-Würt- temberg).

Rund 150 Konzessionsübernahmen durch Stadtwerke

sind erfolgt.

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hes Institut für Urbanistik

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Empirische Belege der Rekommunalisierung

Keine breite Rekommunalisierungsbewegung

Der Anteil privater rein Anbieter ist gering; in der

Abwasserentsorgung dominieren öffentlich-rechtliche Unternehmen

ÖPP ist verbreitet; Betriebsführungs- Betreiber- und Kooperationsmodelle

Prominente Beispiele:

Rückkauf der Stuttgarter Wasserversorgung

Forderung nach Rückkauf teilprivatisierter Anteile der Berliner Wasserbetriebe

Entscheidung „enwag Wetzlar: „Flucht in öffentlich-

2. Wasserversorgung und Abwasserentsorgung

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tsches Institut für Urbanistik

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Empirische Belege der Rekommunalisierung

Zunahme von Insourcing-Entscheidungen, aber kein Roll-back

Insourcing überwiegend für Sammeln und Transport;

Outsourcing bei kapitalintensiven Anlagen

Beispiele:

Bergkamen, Aachen

Landkreis Böblingen, Landkreis Lüneburg, Landkreis Uckermark, Rhein-Hunsrück-Kreis, Rhein-Sieg-Kreis

Geschäftsfeld der Abfallsammlung und Vermarktung wird zunehmend lukrativ.

3. Abfallentsorgung

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tsches Institut für Urbanistik

IV. Rechtlicher Bezugsrahmen der

Organisationsentscheidung - Ausgangspunkt

Organisationshoheit nach Art. 28 II GG (frei bezüglich des „Ob“ und „Wie“

der Aufgabenerfüllung)

= Politische Festlegung des öffentlichen Zwecks und des Modus der Erfüllung (nur eingeschränkt überprüfbarer Einschätzungsspielraum)

Erfüllungsverantwortung contra Gewährleistungsverantwortung

Gewährleistungsverantwortung kann nicht aufgegeben werden

„keine Flucht ins Privatrecht“

beinhaltet Kontroll- und Schutzpflichten und erfordert (auch) qualifiziertes Personal und finanzielle Mittel

Zivilrechtliches contra öffentlich-rechtliches Rechtsregime

NEU: Flucht ins Öffentliche Recht?

Anlass: BGH zu enwag Wetzlar (Kartellrecht zwingt zur Preissenkung um 30 %)

Ausschreibungswettbewerb contra Inhouse-Vergabe

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tsches Institut für Urbanistik

Rechtlicher Bezugsrahmen der

Organisationsentscheidung - Grenzen

Die Entscheidung für Rekommunalisierung unterliegt rechtlichen Rahmenbedingungen/ Grenzen:

Selbstverwaltungsgarantie: Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft

Demokratieprinzip

Wirtschaftlichkeitsgrundsatz

Schrankentrias der Gemeindeordnungen

Beihilfe- und Vergaberecht

u.v.m.

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V. Ökonomischer Bezugsrahmen der Organisationsentscheidung

1. Wahl der Organisationsform und ökonomische Theorie (NIÖ):

Eine generelle Überlegenheit einer spezifischen

Kooperationsform zur Erbringung öffentlicher Dienstleistungen lässt sich nicht begründen.

Keine generelle Überlegenheit öffentlicher Unternehmen gegenüber Privatunternehmen (im regulierten Markt)

Transaktionskosten als wichtiges Entscheidungskriterium (bei komplexen Ausschreibungen und Verträgen öff. Dienstleistung ggf. vorteilhafter)

Eigenproduktion tendenziell vorteilhafter bei hoher Spezifität der Investition, großer Unsicherheit bei geplanten

Vertragsbeziehungen und komplex notwendigen Absicherungsmaßnahmen.

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Ökonomischer Bezugsrahmen der Organisationsentscheidung

2. Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt

Ausgabenseite: kleinere Kommunen werden durch komplexe Ausschreibungsregelungen und komplexe Vertragsbeziehungen vor Probleme gestellt.

Einnahmeseite: Frage, ob kommunale Unternehmen Gewinne erwirtschaften dürfen, wie sie diese verwenden dürfen (Stichwort:

Querverbund) und welche Gewinndimensionen den Nebenzweck der Gewinnerzielung in einen Hauptzweck umschlagen lassen.

Gewinnabführung und die Konzessionsabgabe kann bei einem Stadtwerk einer deutschen Großstadt schnell mehrere

Zehnmillionen Euro und mehr ausmachen.

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hes Institut für Urbanistik

VI. Erfolgsfaktoren von (Re-)Kommunalisierungsprojekten

Entscheidungsfindung

Klare politische und wirtschaftliche Ziele

Prüfung verschiedener Optionen anhand qualitativer und quantitativer Kriterien

Öffentliche Transparenz der Entscheidung

Breite politische Unterstützung

Professionelles Management

ggf.: strategische Partner und externe Berater

Endschaftsregelung Konzessionsvertrag

Kundenstruktur, Wettbewerber, allg.

übergeordnete Entwicklung

Unternehmensvergleich, interkom. Vergleich

Nutzung vorhandener Strukturen

Professionelle Umsetzung Wirtschaftlicher Erfolg

Kaufpreis Netze

Steuerlicher Querverbund

Lokal passende Unternehmensstrategie

Große Interessenschnittmengen bei strategischen Partnerschaften und Kooperationen

Qualität der Versorgung (Service & Preise)

Wirtschaftlichkeit und Wertschöpfung

Attraktivität als Arbeitgeber

Langfr. Ziele (Gebühren- höhe, Investitionsvolumen, Nachhaltigkeit) vor kurzfr.

Ziele (Finanzbedarf)

Öffentlicher Zweck und übergeordnete (z.B.

energiewirtschaftliche) Zielsetzungen

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Schlussfolgerung I:

Rekommunalisierung ist eine strategische Option, die jedoch nicht für alle Kommunen und in jedem

Infrastrukturbereich gleichermaßen bedeutsam ist

Rekommunalisierung ist eine zu prüfende Option vor allem dann, wenn Verträge mit privaten Dritten auslaufen.

Rekommunalisierung ist neben (oder mit) Kooperation und

strategischen Allianzen eine Option, wieder mehr Einfluss auf die Leistungserbringung zu gewinnen.

Von einem „Trend“ zur Rekommunalisierung kann vor allem in Hinblick auf die Energiewirtschaft gesprochen werden.

Fehlt es an funktionierendem Wettbewerb, sind die

Transaktionskosten hoch oder die Sensibilität der Bevölkerung ausgeprägt, spricht dies für die öffentliche Leistungserbringung.

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Schlussfolgerung II:

Transparente Entscheidungsfindung und

mehrdimensionale Steuerung zur Wahrung öffentlicher Interessen

Entscheidungsfragen zur Organisationsformenwahl sollten generell in einer schlüssigen Kaskade und ressortübergreifend erfolgen.

Rekommunalisierung muss mit der Besinnung auf die Erfüllung öffentlicher Zwecke einhergehen. Dabei spielt die Steuerung durch die Kommune eine essentielle Rolle.

Die Gemeinwohlorientierung und Örtlichkeit sind die zentralen Unterscheidungskriterien zwischen kommunalen und privaten Unternehmen. Das sieht auch der EuGH zunehmend so und orientiert daran seine Rechtsprechung.

Die Mehrdimensionalität des öffentlichen Zwecks sollte

herausgestellt und die Bürgerinnen und Bürger darüber informiert werden.

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tsches Institut für Urbanistik

Kontakt

Jens Libbe

Deutsches Institut für Urbanistik (Difu) Zimmerstrasse 13-15

10969 Berlin

Tel. 030/39001-115 libbe@difu.de

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