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Protokolle zur Bibel

Im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der AssistentInnen an bibelwissenschaftlichen Instituten in Österreich

hg.v. Konrad Huber, Ursula Rapp und Johannes Schiller

Jahrgang 18 Heft 1 2009

J. Malmes: Die Erzählung von Jiftach und seiner Tochter (Ri 11,29–40).

Eine empirische Lesestudie 1

W. Urbanz: Die Gebetsschule des Jesus Sirach. Bemerkungen zu Inhalten, Subjekten und Methoden des Gebets im Sirachbuch 31 B. Repschinski: Warum mussten Hananias und Saphira sterben? 49 A. Heindl: Findet Judas im paulinischen Schrifttum Erwähnung? Versuch

einer Antwort auf eine selten gestellte Frage 63

Österreichisches Katholisches Bibelwerk Klosterneuburg

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Protokolle zur Bibel – PzB

Herausgegeben im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der AssistentInnen an bibelwissenschaftlichen Instituten in Österreich

Schriftleitung

Dr. Konrad HUBER Institut für Bibelwissenschaften und Historische Theologie

konrad.huber@uibk.ac.at Karl-Rahner-Platz 1, A-6020 Innsbruck

Dr. Ursula RAPP

ursula.rapp@aon.at Kirchweg 12, A-6800 Feldkirch

Dr. Johannes SCHILLER Institut für Alttestamentliche Bibelwissenschaft

johannes.schiller@uni-graz.at Heinrichstraße 78, A-8010 Graz

Adressen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Mag. Andreas HEINDL Institut für Neutestamentliche Bibelwissenschaft

andreas.heindl@univie.ac.at Schenkenstraße 8-10, A-1010 Wien

Stud.Ref. Judith MALMES

judithmal@gmx.de Oppenhoffallee 29, D-52066 Aachen

Dr. Boris REPSCHINSKI Institut für Bibelwissenschaften und Historische Theologie boris.repschinski@uibk.ac.at Karl-Rahner-Platz 1, A-6020 Innsbruck

Dr. Werner URBANZ Institut für Bibelwissenschaft des Alten und w.urbanz@ktu-linz.ac.at Neuen Testaments, Bethlehemstraße 20, A-4020 Linz

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Erscheinungsweise: zweimal jährlich (Frühjahr und Herbst) Umfang: je Heft ca. 70 Seiten

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Die Schriftleitung ist nicht verpflichtet, unangeforderte Rezensionsexemplare zu besprechen. Rücksendung erfolgt nur, wenn Porto beigefügt ist.

Die Zeitschrift „Protokolle zur Bibel“ ist das Publikationsorgan der Arbeitsgemeinschaft der AssistentInnen

an bibelwissenschaftlichen Instituten in Österreich.

Internet: http://www.bibelwerk.at/argeass/pzb/

© 2009 Österreichisches Katholisches Bibelwerk, Klosterneuburg Alle Rechte vorbehalten.

ISSN 1996-0042

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Protokolle zur Bibel 18 (2009) 49–61

W ARUM MUSSTEN H ANANIAS UND S APHIRA STERBEN ?

Boris Repschinski, Innsbruck

Abstract: The narrative of Ananias and Saphira always presented interpreters of Acts with enormous difficulties. Here it is argued that the narrative makes sense in the recounting of the „golden age“ of the Christian community in Jerusalem as a judicial proceeding contras- ting the two trials of the apostles before the Jewish leaders of the temple. The narrative functions as an argument for the substitution of the judicial authority of the temple leaders through the community lead by the apostles and prepares for the turn towards the Gentiles later in Acts.

Die Geschichte von Hananias und Saphira in Apg 5,1–11 ist vielleicht eine der merkwürdigsten Erzählungen des Neuen Testaments. Inhaltlich scheint sie so gar nicht in den Kontext der idyllischen Beschreibung der Jerusalemer Urge- meinde zu passen. Inmitten des Porträts einer Gemeinde, die „ein Herz und eine Seele“ (Apg 4,32) ist, wo keine Not herrscht (Apg 4,34) und wo die Apostel die Auferstehung bezeugen (Apg 4,33) und große Zeichen und Wunder tun (Apg 5,12), inmitten einer Gemeinde also, die wächst und gedeiht und in der alle Krankheiten geheilt werden (Apg 5,14–16), da fallen plötzlich zwei Menschen tot um.1 Die Geschichte ist tragisch2 und erscheint heutigen Leserinnen und Lesern oft befremdlich und moderner Sensibilität wenig angemessen.3 Dies fällt umso mehr auf, da die Apostelgeschichte sich hier von ihrer Gewohnheit

1 Die Strafe scheint ausgesprochen hart. Selbst die sonst nicht zimperlichen Qumrantexte kennen zwar eine harte Bestrafung für Mitglieder, die falsche Angaben über ihren Vermögensstand machen, doch ist die Strafe weder Tod noch Ausschluss aus der Gruppe, sondern Degradierung (vgl. 1QS 6,24–25; CD 14,20–21).

2 So schreibt Daniel Marguerat, The First Christian Historian. Writing the „Acts of the Apostles“

(MSSNTS 121), Cambridge 2002, 155, es handle sich hier um „the most tragic episode in the book of Acts“.

3 Vgl. Peter Dschulnigg, Die Erzählung über Hananias und Saphira (Apg 5,1–11) und die Ekkle- siologie der Apostelgeschichte, in: Heinrich J.F. Reinhardt (Hg.), Theologia et Jus Canonicum.

Festgabe für Heribert Heinemann zur Vollendung seines 70. Lebensjahres, Essen 1995, 59–71:

60: „Allerdings darf diese archaische Erzählung schwerlich mit neuzeitlichen Maßstäben gemes- sen werden.“ Gleichzeitig ist auch bemerkenswert, dass schon in frühchristlicher Zeit die Erzäh- lung mit einiger Skepsis betrachtet wurde. Die Manichäer lehnten die Apostelgeschichte aufgrund dieser Erzählung ab mit der Begründung, solche Taten seien Gottes unwürdig. Für Por- phyrius gab die Erzählung Anlass zu heftiger Kritik an den Christen. Zur Diskussion und weite- rer Literatur siehe Richard I. Pervo, Acts. A Commentary (Hermeneia), Minneapolis 2009, 131.

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entfernt, innerkirchliche Konflikte abzuschwächen und Kompromissbereit- schaft zu betonen (vgl. Apg 6,1–6; 15,7–35). Gleichzeitig fehlt das für die Apostelgeschichte sonst so typische Angebot der meta,noia, die selbst in schwerwiegendsten Umständen möglich scheint (z.B. Apg 5,31).4 Bei der Ge- schichte von Hananias und Saphira handelt es sich also nicht nur um einen Bruch in der Beschreibung des „goldenen Zeitalters“ der Kirche in Jerusalem, sondern auch um eine Anomalie im gesamten Erzählwerk.5

Auch im Neuen Testament hat die Geschichte Ausnahmecharakter. Für Gerd Theißen ist sie ein Beispiel eines Strafwunders, einer Untergruppe von Normenwundern, die heilige Forderungen durchsetzen soll.6 Doch selbst wenn man Theißens gattungskritische Festlegung ablehnt,7 bleibt zumindest noch die Einsicht, dass im Neuen Testament solche Geschichten, in denen das wunder- bare Zeichen einer Strafe ähnelt, im Vergleich zu alttestamentlicher, zwischen- testamentlicher und hellenistischer Literatur selten sind.8 In der synoptischen Tradition findet sich lediglich die Verfluchung des Feigenbaums (Mk 11,12–

14.20–25 par.). Die Apostelgeschichte berichtet hingegen noch einmal von einem ähnlichen Wunder in der Blindheit des Magiers Elymas auf Zypern (Apg 13,8–12).9

Mit diesen Auffälligkeiten lag es nahe, mit Hilfe traditionsgeschichtlicher Methoden die Erzählung unter die Quellen für die Apostelgeschichte zu ver- bannen und ihr so die Schärfe zu nehmen.10 In diesen Rekonstruktionen wird

4 Vgl. Ian H. Marshall, The Acts of the Apostles. An Introduction and Commentary (TNTC 5), Grand Rapids 1980, 110.

5 Vgl. Marguerat, First Christian Historian (Anm. 2) 155.

6 Vgl. Gerd Theißen, Urchristliche Wundergeschichten. Ein Beitrag zur formgeschichtlichen Er- forschung der synoptischen Evangelien (StNT 8), Gütersloh 61990, 114–120.

7 Vgl. Klaus Berger, Formgeschichte des Neuen Testaments, Heidelberg 1984, 305–320. Berger setzt sich auch mit Theißens Kriterien auseinander. Diese Diskussion soll allerdings hier nicht aufgerollt werden. Bemerkenswert ist jedoch Bergers Beobachtung, dass bei den meisten Wun- dergeschichten nicht die Tat selber im Vordergrund steht. Dies dürfte, wie noch zu sehen sein wird, auch hier der Fall sein.

8 Für Beispiele von Strafwundern aus dem Alten Testament und dem jüdischen und hellenisti- schen Umfeld siehe Alfons Weiser, Die Apostelgeschichte, 1. Kapitel 1–12 (ÖTBK 5/1), Würz- burg 1981, 140–142.

9 Dschulnigg, Erzählung (Anm. 3) 60, führt darüber hinaus noch Simon Magus an (Apg 8,18–24).

Doch wird dort zwar eine Verfluchung ausgesprochen, aber eine wunderbare Erfüllung tritt nicht ein, sondern die Bitte Simons um das Gebet der Apostel, die wohl als Vergebungsbitte zu inter- pretieren ist. Pervo, Acts (Anm. 3) 52–53, nennt noch den Bericht über den Tod des Judas (Apg 1,18) den Tod des Herodes (Apg 12,20–23), die Blindheit des Paulus (Apg 9,1–19) und die Be- strafung der Söhne des Skeuas (Apg 19,13–17).

10 Die Argumente sind ausgezeichnet zusammengefasst von Gerhard Schneider, Die Apostelge- schichte, 1. Einleitung. Kommentar zu Kap. 1,1–8,40 (HThK 5/1), Freiburg/Br. 1980, 369–372,

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Warum mussten Hananias und Saphira sterben? 51

zumeist auf Apg 5,4 als ein lukanischer, entschärfender Kommentar zu einer traditionellen Erzählung verwiesen. Solche Rekonstruktionen sind durchaus gut begründet und plausibel, doch lösen sie nicht die Frage nach dem Stellenwert der Erzählung im Kontext. Warum nimmt Lukas diese Geschichte auf, wenn sie so stark seinen eigentlichen Anliegen widerspricht? Und wie soll der Vorwurf der Lüge gegen Gott (Apg 5,4) eine Entschärfung sein? Noch schwieriger wird es, betrachtet man die Struktur der Erzählung als eine Art Diptychon, die eine sorgfältige Überarbeitung im Dienst einer literarischen Steigerung vorweist.

Hananias (Apg 5,1–6) und Saphira (Apg 5,7–11) werden nicht nur nacheinan- der Petrus gegenübergestellt. Das Porträt der Saphira zeigt auch eine Intensivie- rung der Schandtaten gegenüber dem Porträt des Hananias. Gerade diese Stei- gerung zeigt das Scheitern solcher Versuche, die Geschichte als ein Überbleib- sel aus der Tradition zu verharmlosen. Und der Höhepunkt der Steigerung in der Gottesfurcht evfV o[lhn th.n evkklhsi,an kai. evpi. pa,ntaj tou.j avkou,ontaj tau/ta (Apg 5,11) deutet schon an, dass das lukanische Interesse an dieser Geschichte ekklesiologischer Natur sein wird.

1. Forschungsbericht

Ist die Traditionsgeschichte keine große Hilfe in der Interpretation, sind es an- dere Ansätze ebenfalls nicht.11 Das ätiologische Modell sieht die Geschichte als eine legendenhafte Antwort auf die Fragen nach den vor der Parusie Verstorbe- nen, wie sie von 1Thess 4,13–17 gestellt werden. Ein weiteres Modell bezieht sich auf Parallelen in der Qumranliteratur und die dortigen Disziplinarmaßnah- men. Andere setzen die Geschichte mit dem Diebstahl Achans in Jos 7 in Ver- bindung und sehen in Apg 5,1–11 eine alttestamentliche Typologie wiederbe- lebt. Modelle, die sich mit der Kirche als Institution beschäftigen, sehen hier eine Legitimation der Exkommunikation, wie sie sich in 1Kor 5,13 findet.12 Andere Interpretationen sehen im Verbrechen des Ehepaars einen Versuch, die Taten des Heiligen Geistes zu verhindern und so die Heilsgeschichte zu stören.

All diesen Interpretationsversuchen ist zwar nicht unbedingt ihre Plausibilität

und müssen hier nicht wiederholt werden. Festgehalten wird nur, dass in den meisten Rekon- struktionen Apg 5,4 als lukanische Glosse behalten wird. In neuerer Zeit schließen sich dieser These an: Rudolf Pesch, Die Apostelgeschichte, 1. Apg 1–12 (EKK 5/1), Neukirchen-Vluyn 1986, 196; Jacob Jervell, Die Apostelgeschichte (KEK 3), Göttingen 1998, 197–199. Lediglich Ernst Haenchen, Die Apostelgeschichte (KEK 3), Göttingen 71977, 237, und einige seiner Nach- folger sehen in Apg 5,7–11 eine lukanische Erweiterung einer primitiven Geschichte.

11 Marguerat, First Christian Historian (Anm. 2) 156–158, unterscheidet die folgenden fünf inter- pretatorischen Ansätze und gibt entsprechende Literaturhinweise.

12 Über die von Marguerat genannten Forscher hinaus siehe auch Ivoni Richter Reimer, Women in the Acts of the Apostles. A Feminist Liberation Perspective, Minneapolis 1995, 1–29.

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abzusprechen, doch ist ihnen auch gemeinsam, dass sie ihre Erklärungsmuster außerhalb der Apostelgeschichte suchen müssen. Dies bedeutet, dass solche Versuche nicht die Stellung der Erzählung innerhalb der Apostelgeschichte er- hellen. Einige weitere Ansätze suchen Erklärungen innerhalb des lukanischen Geschichtswerks. Daniel Marguerat meint, Lukas stelle eine Verbindung zu Adam und Eva her, um eine Art Ursünde in der Gemeinde zu porträtieren.13 Laut Robert C. Tannehill wird die Urgemeinde entidealisiert.14 Ian H. Marshall rationalisiert, Hananias hätte einen durch den Schock ausgelösten Herzanfall bekommen.15 Gelegentlich findet man auch Kommentare, die die theologischen Implikationen der Geschichte einfach ausblenden16 oder die sich auf Bemer- kungen zum Wohlergehen der Gemeinde beschränken, hinter das individuelle Schicksale zurücktreten müssen.17 Letztlich finden sich auch immer wieder Er- klärungen, die auf den Kontext Apg 4,32–37 verweisen und das Porträt der Urgemeinde durch zwei Beispiele angereichert sehen: das positive Beispiel des Barnabas (Apg 4,36–37) und das negative Beispiel des Hananias und der Saphira.18

Gerade letztere Erklärung verdient Aufmerksamkeit, da sie die Schwierig- keiten der Interpretation binnentextlich zu lösen versucht, indem sie auf den er- zählerischen Kontext der Geschichte eingeht. Tatsächlich sind die Berichte von Barnabas wie auch von Hananias und Saphira abhängig von der generellen Zu- sammenfassung, die Gemeindemitglieder legten all ihre Habe den Aposteln zu Füßen (Apg 4,35), eine Bemerkung, die in ähnlichem Wortlaut bei Barnabas und Hananias wieder auftaucht19 und die im Fall der Saphira pro.j tou.j po,daj auvtou/ kai. evxe,yuxen schließlich wunderbar ironisiert wird. Sowohl Barnabas wie auch Hananias und Saphira verkaufen ein Stück Land, um den Erlös den Apos-

13 Vgl. Marguerat, First Christian Historian (Anm. 2) 172–176.

14 Vgl. Robert C. Tannehill, The Narrative Unity of Luke-Acts. A Literary Interpretation, 2. The Acts of the Apostles, Minneapolis 1990, 79. Vgl. ebenfalls Marcello del Verme, La comunione dei beni nella comunità primitiva di Gerusalemme, RivBib 23 (1975) 353–382: 371. Jedoch be- merkt Pervo, Acts (Anm. 3) 132, völlig zu Recht, wenig sei „more idealised than a world in which vice is promptly punished and virtue properly rewarded“.

15 Vgl. Marshall, Acts (Anm. 4) 112. Saphira wird dann wohl auch ein schwaches Herz gehabt haben.

16 Haenchen, Apg (Anm. 10) 234–237, beschränkt sich darauf, die Geschichte in ihren Unstimmig- keiten sowohl in sich als auch im Kontext zu dekonstruieren. Ähnlich auch Ben Witherington, The Acts of the Apostles. A Socio-Rhetorical Commentary, Grand Rapids 1998, 214–220.

17 Vgl. Pervo, Acts (Anm. 3) 132.

18 Diese Parallelisierung findet sich in der Sekundärliteratur häufig. Ein besonders gut ausgearbei- tetes Beispiel bietet Hans G. Gradl, Zwischen Arm und Reich. Das lukanische Doppelwerk in leserorientierter und textpragmatischer Perspektive (FzB 107), Würzburg 2005, 359–394.

19 In Apg 4,35 ist die Präposition para,, in Apg 4,37 jedoch pro,j. In Apg 5,2 heißt es wieder para,.

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teln zu geben.20 Aber damit erschöpfen sich die Parallelen auch schon. Die Bar- nabaserzählung ist sehr viel kürzer und besteht zur Hälfte aus der Erklärung seines Namens und seiner Vorstellung. Sie dient also hauptsächlich der Einfüh- rung eines wichtigen Charakters für den weiteren Erzählverlauf. Der Verkauf und die Geldübergabe bekommen dabei einen fast schon beiläufigen Charakter.

Zudem endet die Vorstellung des Barnabas mit Verkauf und Geldübergabe; es wird keinerlei Reaktion berichtet. In der Geschichte um das Ehepaar jedoch ist gerade die der Geldübergabe folgende Auseinandersetzung von entscheiden- dem Gewicht für die Erzählung, zumal sie ja in der Doppelung von Hananias und von Saphira berichtet wird. Es lässt sich festhalten, dass der Vergleich mit Barnabas zwar einige Attraktivität besitzt, die sich auf inhaltlicher und textli- cher Ebene jedoch lediglich um Verkauf und Geldübergabe dreht. Daher ist es unbefriedigend, die Interpretation zu stark vom Vergleich mit Barnabas abhän- gig zu machen. Umfang und Dramatik der Erzählung legen nahe, dass es um mehr als nur ein negatives Beispiel für die Einheit der Gemeinde geht.

Daniel Marguerat versucht ebenfalls, die Geschichte durch eine stärkere Verortung im Kontext zu erklären. Er bindet die Erzählung in den Abschnitt Apg 2–5 ein, den er als eine literarische Sequenz mit erkennbaren Grenzen be- zeichnet, „devoted to the ,golden age‘ of the first Christian community“21. Der Abschnitt wird immer wieder durch Summarien unterbrochen (Apg 2,42–47;

4,32–35; 5,12–16; 5,41–42). Marguerat geht noch einen Schritt weiter und be- schreibt ein wiederkehrendes Schema, in dem dem Summarium jeweils ein Ereignis und eine Rede mit einem Ergebnis in zwei kontrastierenden Szenen folgt. Mit Variationen sieht Marguerat dieses Schema viermal in Apg 2–5.22 Allerdings birgt die Analyse Marguerats so viele Unregelmäßigkeiten, dass ihre Gültigkeit in Frage gestellt werden muss. Der Abschnitt Apg 2,42–4,4 ent- spricht dem Schema. Nach dem Summarium folgt ein Ereignis (Apg 3,1–10), das in einer Rede interpretiert wird (Apg 3,11–26) und zu zwei kontrastieren- den Reaktionen führt (Apg 4,1–3; 4,4). Doch schon im zweiten Abschnitt (Apg 4,5–31) entfällt – wie auch im vierten Abschnitt (Apg 5,21b–40) – das

20 Allerdings verkauft Barnabas einen avgro,j, also ein landwirtschaftlich nutzbares Stück Land, während Hananias und Saphira ein kth/ma verkaufen, also ein nicht weiter bestimmtes Stück Grundbesitz, dem auch der Gebrauch von cwri,on in Apg 5,3.8 entspricht. Möglich ist, dass Lukas schon beim jeweils verkauften Land andeutet, wessen Gabe Frucht bringen wird.

21 Vgl. Marguerat, First Christian Historian (Anm. 2) 158–164: 159. Dabei betont Marguerat be- sonders die Inclusio zwischen der Zusammenfassung Apg 2,42–47 und dem Abschluss in Apg 5,42. Neben den Wortwiederholungen findet sich auch der synthetische Erzählstil in durativem Imperfekt in Form einer zusammenfassenden Rekapitulation der vorangehenden Ereignisse als Gemeinsamkeit.

22 Vgl. Marguerat, First Christian Historian (Anm. 2) 159–160, mit einer erklärenden Grafik auf S. 160.

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Summarium, während im dritten Abschnitt (Apg 4,32–5,21a) das Schema völ- lig zerfällt. Doch selbst wenn Marguerat in der Kontextanalyse wenig überzeu- gen kann, bleiben seine Ergebnisse für die Passage Apg 4,32–5,11 durchaus gültig: Letztlich geht es um die Gemeinde23 als Ort wunderbaren Wachstums, die im größeren Kontext einen Konflikt mit den Führern Israels erlebt. Das Problem mit Hananias und Saphira ist der Effekt, den der Betrug des Ehepaares auf das Volk Israel haben könnte, das die Apostel und die Gemeinde verehrt (Apg 5,13). Die Erzählung von Hananias und Saphira stellt also laut Marguerat nicht die Frage gemeindeinterner Disziplin, wie es die Qumrantexte tun, son- dern thematisiert den Effekt auf die machtvolle Mission der Gemeinde (Apg 5,14). Daher ist auch die eher lockere Assoziation mit dem Sündenfall in Gen 3 durchaus plausibel.24 Wenn Apg 2–5 tatsächlich so etwas wie eine Urgeschich- te der Kirche darstellt, so ist die Sünde des Hananias und der Saphira die Ur- sünde dieser Kirche. Doch um diese Vermutungen zu erweisen, ist zunächst ein Blick auf die Erzählung, ihre Schwierigkeiten und Schwerpunkte angebracht.

2. Die Erzählung

Der Beginn der Erzählung von Hananias und Saphira legt eine Parallele zur Barnabaserzählung nahe. Hananias zusammen mit seiner Frau25 verkauft ein Grundstück und legt einen Teil des Ertrages den Aposteln zu Füßen (Apg 5,1–

2). Doch schon das Verb evnosfi,sato (Apg 5,2) macht deutlich, dass hier etwas Verwerfliches passiert.26 Über die Gründe des Ehepaars wird nichts weiter ge- sagt.27 Auch die Apostel als Verwalter des gemeinsamen Gutes,28 das Wissen

23 Beachtenswert ist das erstmalige Vorkommen des Begriffs evkklhsi,a in Apg 5,11, sieht man ein- mal von Apg 2,47 ab, wo der Begriff eine Einfügung westlicher Texttraditionen ist. Vgl. Bruce M. Metzger, A Textual Commentary to the Greek New Testament, London 21994, 263–264.

24 Vgl. Marguerat, First Christian Historian (Anm. 2) 176–178. Marguerat greift hier die in den Andreasakten B 5 erkennbare Typologie von Adam und Eva auf.

25 Die Erwähnung der Frau schon an dieser Stelle mag jüdisches Gesetz reflektieren, nach dem die Frau vom Vergehen wissen muss, um schuldig gesprochen werden zu können; vgl. Lev 5,1; CD 14,20–21; 1QS 6,24–25.

26 Vgl. Henry G. Liddell/Robert Scott/Henry S. Jones/Roderick McKenzie, A Greek-English Lexi- con. With a Revised Supplement, Oxford 91996, 1182.

27 Jedoch gibt es in der Sekundärliteratur reichlich Spekulationen. So schreibt Schuyler Brown, Apostasy and Perseverance in the Theology of Luke (AnBib 36), Rome 1969, 99, wenn solche Gaben wie die des Barnabas tatsächlich freiwillig waren, so hätte eigentlich jeder Betrag genü- gen müssen. Da es aber im Falle von Hananias und Saphira offensichtlich nicht so war, ver- schweigt Lukas, dass die Gönner der Gemeinde einen besonderen Status besaßen. Haenchen, Apg (Anm. 10) 232–233, argumentiert ähnlich, wenn er ausführt, dass Apg 5,4 nicht mit Apg 4,32.34 in Übereinstimmung zu bringen ist. Pervo, Acts (Anm. 3) 133, bemerkt wohl sehr rich- tig, „speculation about the matter will not enhance the credibility of the story“.

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des Petrus oder seine Rolle als Sprecher der Apostel werden nicht weiter expli- ziert. Damit konzentriert sich die Erzählung nun auf die Anklage des Petrus, die in dramatisierend verschachtelter Syntax29 dargelegt wird (Apg 5,3–4). Ge- rahmt wird die Anklage von der zweimaligen Erwähnung des Herzens und des Lügens. Satan hat das Herz des Hananias erfüllt, so dass er sich in seinem Her- zen etwas vornimmt; Hananias belügt den Heiligen Geist und belügt Gott. Mit letzterem Vorwurf endet die Anklage klimaktisch: ouvk evyeu,sw avnqrw,poij avlla.

tw/| qew/| (Apg 5,4). Dabei hätte Hananias alternative Möglichkeiten gehabt.

Petrus stellt keine Fragen und vernimmt keine Zeugen, sondern er klagt an und stellt als Faktum dar, dass Hananias den Heiligen Geist und Gott belogen hat.

Damit hat er die im lukanischen Doppelwerk schon erwähnte Sünde wider den Geist begangen (Lk 12,10). Hananias antwortet, indem er tot umfällt. Die Furcht der Zuhörer (Apg 5,5) ist eine dem Wunder angemessene Reaktion, wie auch die unaufgeforderte Handlung der new,teroi im Begräbnis des Hananias.

Der zweite Teil der Geschichte befasst sich nun mit Saphira (Apg 5,7–11).

Wiederum werden nur die notwendigsten äußeren Umstände geschildert: eine Zeitangabe von drei Stunden und das Unwissen Saphiras um den Tod ihres Mannes. Sofort beginnt Petrus mit seiner Anklage, nach der Saphira stirbt.

Wiederum betrifft die Anklage eine Sünde gegen den Geist. Der zweite Teil enthält einige erzählerische Steigerungen: i) Petrus klagt Hananias an, befragt aber Saphira;30 ii) Hananias schweigt, während Saphira Petrus belügt; iii) Hana- nias lügt gegen den Heiligen Geist, während Saphira den Geist versucht; iv) Pe- trus prophezeit nicht den Tod des Hananias, aber den Tod der Saphira; v) Hana- nias hört, fällt und stirbt, während Saphira paracrh/ma pro.j tou.j po,daj auvtou/

fällt und stirbt; vi) nach dem Tod des Hananias befällt große Furcht die Ohren- zeugen (evpi. pa,ntaj tou.j avkou,ontaj), während nach dem Tod der Saphira große Furcht evfV o[lhn th.n evkklhsi,an kai. evpi. pa,ntaj tou.j avkou,ontaj tau/ta31 fällt.

28 Dies wird ebenfalls in Apg 4,35 nicht ausgeführt; erst in Apg 6,2 wird deutlich, dass die Apostel wohl zumindest bei den Mahlzeiten die Güterverteilung organisierten.

29 Haenchen, Apg (Anm. 10) 234, weist auf eine Tendenz des Lukas hin, zwei Ideen in eine Frage zu kondensieren; hier sind es die Frage „Warum hast du dies getan?“ und die Antwort „Satan hat dein Herz erfüllt“.

30 Gelegentlich wird die Frage des Petrus als eine Möglichkeit zur Umkehr für Saphira bewertet;

vgl. Marshall, Acts (Anm. 4) 113; Witherington, Acts (Anm. 16) 217. Doch bemerkt Pervo, Acts (Anm. 3) 134, sehr richtig, dass dies nicht im Interesse der Erzählung liegt.

31 Zu evkklhsi,a siehe Anm. 22. Gelegentlich wird argumentiert, pa,ntaj tou.j avkou,ontaj beziehe sich auf Menschen außerhalb der Gemeinde und bereite Apg 5,13 vor. Möglich ist dies natürlich; vgl.

Pervo, Acts (Anm. 3) 134. Dies müsste dann allerdings auch für Apg 5,5 gelten, wo diese Grup- pe ebenfalls auftritt. Das scheint mir allerdings unwahrscheinlich. Die ekklesiologische Ausrich- tung der ganzen Erzählung legt das nicht nahe. Vgl. auch Dschulnigg, Erzählung (Anm. 3) 64.

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Die Erzählung von Hananias und Saphira macht somit trotz der von Ernst Haenchen genannten Inkonsistenzen einen äußerst geschlossenen Eindruck.

Zudem entbehrt sie nicht einer gewissen poetischen Gerechtigkeit, wenn Saphi- ra schließlich zu Füßen des Apostels stirbt, wo auch schon die Gaben der Ge- meinde, des Barnabas und schließlich auch ihr und ihres Gatten Geld niederge- legt wurden. Auffällig ist an der Geschichte die Konzentration beider Teile auf drei Elemente, die durch die Auslassung anderer Details betont werden. Zum Ersten ist dies die ausführliche Anklage des Petrus, zum Zweiten die sofortige Reaktion im Tod der beiden Angeklagten, und zum Dritten die Bestätigung des Wunders durch die große Furcht (fo,boj me,gaj [Apg 5,5.11]) der Zuhörer und der Kirche. Gerade die Furcht ist ein wichtiger Hinweis auf die Deutung der Geschichte. Im lukanischen Doppelwerk ist fo,boj ein Begriff, der die Gegen- wart Gottes signalisiert, die zumeist in Wundern sichtbar wird.32 Damit wird also zweimal angedeutet, dass der Tod der Eheleute ein Zeichen des machtvol- len Wirkens Gottes ist. Letztlich ist nicht Petrus der Richter, sondern Gott selbst.33 Die ekklesiologische Dimension der Geschichte gewinnt somit deut- lich an Gewicht. Doch bleibt offen, warum die Apostelgeschichte die gemeind- liche Disziplin mit einer solchen Geschichte zu untermauern sucht. Darüber wird der Kontext Auskunft geben müssen.

3. Der Kontext

Im Forschungsüberblick wurde bemerkt, dass die Kontextanalyse Marguerats äußerst kompliziert ist und mit zu vielen Unregelmäßigkeiten rechnet. Als Kon- sequenz ergab sich auch, dass Marguerats Interpretation letztlich vom Kontext relativ unabhängig war. Daher scheint es zielführender, einen relativ einfachen Vorschlag zu unterbreiten, der den gesamten Abschnitt Apg 2–5 stärker in die Überlegung mit einbezieht. Dabei soll allerdings auch nicht verschwiegen wer- den, dass der hier vorgelegte Entwurf ebenfalls mit einigem Ungleichgewicht rechnen muss. Dies ist in der äußerst flüssigen Erzähltechnik der Apostelge- schichte begründet, die mit Überschneidungen arbeitet.34 So ist Apg 1 sicher

32 Dschulnigg, Erzählung (Anm. 3) 62, spricht von einem „Admirationsmotiv“. Diese Furcht wird als Gottesfurcht zu werten sein, wie sie als würdige Reaktion auf die Gegenwart Gottes auch in Lk 1,12 auftaucht. Vgl. auch Lk 1,65; 2,9; 5,26; 7,16; Apg 2,43; 9,31; 19,17; anders möglicher- weise Lk 8,37; 21,26.

33 Dies ist unumstritten. Vgl. beispielsweise Schneider, Apg (Anm. 10) 372; Dschulnigg, Erzäh- lung (Anm. 3) 64: „vielmehr ist der Tod wie zuvor Tat-Folge ihrer eigenen Lüge, in der sich auch Gottes Gericht erweist“; Pervo, Acts (Anm. 3) 134: „God is the ultimate cause; Peter is God’s human agent“.

34 Siehe dazu besonders Giuseppe Betori, La strutturazione del libro degli Atti. Un proposta, RivBib 42 (1994) 3–34; Bruce W. Longenecker, Lukan Aversion to Humps and Hollows. The

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Warum mussten Hananias und Saphira sterben? 57

ein Prolog zur lukanischen Geschichte, doch geht die Wahl des Matthias auch über die Wiederaufnahme des Evangeliums zu Beginn der Apostelgeschichte weit hinaus und spiegelt schon die Art des Vorgehens in den Gemeinden, wie sie eigentlich erst nach dem Pfingstereignis zur Regel wird. Auch die Stepha- nusgeschichte, die sowohl durch die an die Erwählung des Matthias erinnernde Wahl der Diakone und die deutliche literarische Absetzung durch evn de. tai/j h`me,raij tau,taij (Apg 6,1) einen strukturellen Einschnitt in der Erzählung mar- kiert, ist dennoch auch stark mit den Prozessgeschichten um die Apostel (Apg 3–5) verknüpft. Doch trotz dieser Unschärfen lassen sich einige Beobachtungen machen, die den Abschnitt kohärent erscheinen lassen.

Apg 2–5 beginnt mit der Pfingsterzählung, deren zentrales Ereignis die Er- füllung mit dem Heiligen Geist ist (Apg 2,4). Das Geistereignis wird begleitet von den Zeichen von Feuerzungen und einem Brausen. Letzeres wird gleich doppelt erwähnt (Apg 2,2.6) und damit auch für Außenstehende als wahrnehm- bar gekennzeichnet. In kleinerer Form wird ein solches Pfingstereignis auch in Apg 4,31 erzählt. Bemerkenswert bei der kleinen Wiederholung ist nicht nur, dass wiederum ein Naturereignis eine Begleiterscheinung bildet, sondern auch die fast identische Formulierung der Geisterfüllung.35 Zudem ist die unmittel- bare Wirkung des Pfingstereignisses in beiden Fällen ähnlich. In Apg 2,4 wird das Sprechen (h;rxanto lalei/n) in unterschiedlichen Sprachen erwähnt, das etwas später noch mit Inhalt gefüllt wird (megalei/a tou/ qeou/ [Apg 2,11]) und schließlich in der Predigt des Petrus (Apg 2,14–36) ausgeführt wird. Auch die zweite Geistausgießung hat ähnliche Konsequenzen, wenn berichtet wird, dass sie das Wort Gottes redeten (evla,loun to.n lo,gon tou/ qeou/). Die Apostelgeschich- te führt an dieser Stelle nicht wiederum eine lange Rede ein, sondern begnügt sich mit dem Hinweis auf das Sprechen meta. parrhsi,aj.36

Case of Acts 11.27–12.25, NTS 50 (2004) 185–204. Pervo, Acts (Anm. 3) 20–21, führt aus, wie diese Erzähltechnik zu äußerst verschiedenartigen Strukturanalysen führt, je nachdem ob man thematische, geographische oder literarische Kriterien anwendet.

35 In Apg 2,4 heißt es evplh,sqhsan pa,ntej pneu,matoj a`gi,ou, in Apg 4,31 evplh,sqhsan a[pantej tou/

a`gi,ou pneu,matoj.

36 Es handelt sich hier um ein äußerst wichtiges Konzept hellenistischer Rhetorik und auch in der Apostelgeschichte. Freimut ist eine Eigenschaft, die einen Freund und aufrechten Menschen von einem Schmeichler unterscheidet. Siehe besonders Sara C. Winter, PARRHSIA in Acts, in: John T. Fitzgerald (Ed.), Friendship, Flattery, and Frankness of Speech. Studies on Friendship in the New Testament World (NT.S 82), Leiden 1996, 185–202; auch die anderen Artikel in diesem Band sind empfehlenswert. Zusammenfassende Bemerkungen finden sich bei Boris Repschinski, Freundschaft mit Jesus: Joh 15,12–17, in: Konrad Huber/Boris Repschinski (Hg.), Im Geist und in der Wahrheit. Studien zum Johannesevangelium und zur Offenbarung des Johannes sowie an- dere Beiträge. Festschrift für Martin Hasitschka SJ zum 65. Geburtstag (NTA 52), Münster 2008, 155–167, hier 156–159.

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Die Pfingstpredigt des Petrus endet mit der Taufe vieler und einem Bericht über das Zusammenleben der Gemeinde (Apg 2,37–47). Den jüdischen Zuhö- rern des Petrus wird in der Taufe die Errettung „aus diesem bösen Geschlecht“

(Apg 2,40) zugesagt. Gleichzeitig wird beschrieben, dass diejenigen, die aus dem bösen Geschlecht errettet sind, nun Gütergemeinschaft pflegen und Besitz- tümer verkaufen, um sie unter den Armen aufzuteilen (Apg 2,44–45). Auch dieses Motiv taucht in der Folge der zweiten Geistausschüttung wieder auf (Apg 4,32–37). Es wird allerdings weiter ausgeführt, indem Barnabas nun die Gütergemeinschaft personifiziert.

Dem Bericht über die Gütergemeinschaft folgt in beiden Fällen ein Wunder.

Das Heilungswunder an der Schönen Pforte (Apg 3,1–10) führt zu Verwunde- rung und Entsetzen (Apg 3,10) und ist die Gelegenheit für eine weitere Rede des Petrus (Apg 3,11–26), die schließlich den Anlass für die Gefangennahme und Verhandlung vor dem Hohen Rat bildet. Die Verhandlung endet mit Dro- hungen, aber auch einem Freispruch (Apg 4,21). Auch der zweite Bericht über die Gütergemeinschaft wird von einem Wunder gefolgt, dem des Hananias und der Saphira, das noch amplifiziert wird durch eine Zusammenfassung (Apg 5,12–16), die ebenfalls stark auf wunderbare Zeichen der Apostel rekurriert.

Auch diese Wunder führen wiederum zur Gefangennahme der Apostel (Apg 5,17–26), die diesmal durch eine wunderbare Befreiung aus dem Gefängnis noch gesteigert wird. Eine weitere Verhandlung vor dem Hohen Rat folgt (Apg 5,27–40), ebenfalls dramatisch gesteigert durch den Einwand Gamaliëls und das von der Geißelung begleitete Urteil des Predigtverbots (Apg 5,40). Ein kur- zer Bericht über die Freude der Apostel und die weitergehende Predigt von Jesus Christus (Apg 5,41–42) schließt die Sektion.

Damit ergibt sich eine Struktur von Apg 2–5 als ein Diptychon, das, ähnlich wie schon das sehr viel kleinere Diptychon der Erzählung von Hananias und Saphira, mit sich wiederholenden Elementen arbeitet, die in der zweiten Hälfte der Erzählung noch verstärkt werden. Die verstärkten Elemente jedoch haben gemeinsam, dass sie auf der einen Seite den Konflikt mit den jüdischen Autori- täten betonen, während sie auf der anderen Seite die Harmonie der Jerusalemer Urgemeinde und die in ihr geschehenden wunderbaren Taten akzentuieren.

Diese Strukturierung der Erzählung Apg 2–5 hat Konsequenzen für die Erzäh- lung von Hananias und Saphira. Im Erzählduktus ist sie deutlich in das positive Bild der Gemeinde integriert und trägt, ähnlich wie das parallele Heilungswun- der an der Schönen Pforte, dazu bei, ein Porträt der Gemeinde zu entwerfen, in dem Harmonie und Gottes Gegenwart durch den Heiligen Geist gewährleistet sind und sich in Wundern ausdrücken. Jedoch bleibt noch offen, was genau an dieser Geschichte zum positiven Bild der Gemeinde beiträgt. Dazu hilft ein

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Blick auf den anderen Schwerpunkt von Apg 2–5, den Konflikt mit den jüdi- schen Führern im Hohen Rat.

Die Führer werden in der ersten Verhaftung der Apostel als Priester, Haupt- mann des Tempels und Sadduzäer37 identifiziert (Apg 4,1), am nächsten Mor- gen noch erweitert durch eine Anzahl weiterer Honoratioren (Apg 4,5–6),38 so dass der Eindruck entsteht, die gesamte jüdische Führung sei nun anwesend.

Auch ihre Motivation wird genauestens beschrieben. Sie fühlen sich provoziert (diaponou,menoi [Apg 4,2]) durch die Apostel, die das Volk lehren, also die Auf- gabe der Tempelautoritäten wahrnehmen, und die Auferstehung39 verkünden.

Die Beratung am Ende des Prozesses beleuchtet noch einmal die heuchlerische Natur der jüdischen Führer. Auf der einen Seite erkennen sie das Zeichen des Wunders an, auf der anderen Seite wollen sie eine weitere Verbreitung der Leh- ren der Apostel verhindern (Apg 4,16–17). Die Apostel weisen in ihrer Antwort darauf hin, dass eine solche Heuchelei nicht funktionieren kann. Aber mehr noch, sie führen den ganzen Prozess ad absurdum, indem sie selbst die Führer aufrufen, zu einem Urteil zu kommen (kri,nate [Apg 4,19]).40 Die Ironie wird noch erhöht dadurch, dass es gerade die Angeklagten, die avgra,mmatoi … kai.

ivdiw/tai (Apg 4,13), sind, die die Richter, die Gelehrten und Führer zu einem Urteil aufrufen, das Gehorsam gegenüber den Führern mit Gehorsam gegen Gott kontrastiert. Die Beschreibung der Führer endet mit leeren Drohgebärden, da sie keine Verurteilungsgründe finden können und Angst vor dem Volk ha- ben (Apg 4,21).

Der zweite Prozess der Apostel wirkt bedrohlicher. Deutlich wird das nicht nur in der abschließenden Geißelung der Apostel, sondern auch in der Be-

37 Gerade der Hinweis auf die Auferstehung passt gut zur Anwesenheit der Sadduzäer, die im luka- nischen Doppelwerk als Auferstehungsgegner bekannt sind; vgl. Lk 20,27; Apg 23,6–8. Viel- leicht deswegen behauptet Joseph A. Fitzmyer, The Acts of the Apostles. A New Translation with Introduction and Commentary (AncB 31), New York 1998, 298, die Sadduzäer seien laut Lukas die Erzfeinde des Christentums. Vgl. auch Pervo, Acts (Anm. 3) 111, der treffend von einem „celebrity arrest“ spricht.

38 Es gibt einige Probleme mit der Liste der Ankläger. So war Hannas in dem Jahr nicht Hoher- priester; Alexander ist nicht weiter bekannt; ein syntaktischer Fehler schleicht sich ein, wenn die in Apg 4,6 eingeführten Personen im Nominativ erscheinen, obwohl sie Subjekt eines Infinitivs sind.

39 Der Text komprimiert stark bis hin zur syntaktischen Unverständlichkeit. Besondere Schwierig- keiten macht die Phrase evn tw/| VIhsou/, die unklar lässt, ob hier die Auferstehung Jesu oder die Auferstehung mit Hilfe Jesu gemeint ist. Zur Diskussion und einem kurzen Forschungsbericht siehe Pervo, Acts (Anm. 3) 111, Anm. 77.

40 Zu kri,nw als einem terminus technicus in Gerichtsterminologie siehe Liddell u.a., Lexicon (Anm. 26) 996. Siehe auch Saundra Schwartz, The Trial Scene in the Greek Novels and in Acts, in: Todd Penner/Caroline Vander Stichele (Ed.), Contextualizing Acts. Lukan Narrative and Greco-Roman Discourse (SBL Symposium Series 20), Atlanta 2003, 105–137, hier 120.

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schreibung der Motivation der Führer, diesmal der Hohenpriester und der Sadduzäer. Sind die Apostel und die Gemeinde mit dem Heiligen Geist erfüllt (evplh,sqhsan a[pantej tou/ a`gi,ou pneu,matoj [Apg 4,31]), so sind die Führer von Neid erfüllt (evplh,sqhsan zh,lou41 [Apg 5,17]). Wiederum werden die Apostel ins Gefängnis geworfen, doch diesmal interveniert der Engel des Herrn, öffnet das Gefängnis, führt die Apostel heraus und beauftragt sie mit der Predigt im Tempel über die Worte des Lebens (Apg 5,19–20). Weitere Befreiungen aus dem Gefängnis finden sich in Apg 12,3–19 und Apg 16,23–40. Jedes Mal wird evxa,gw benutzt, das in den verschiedenen Berichten der Apostelgeschichte über den Exodus ebenfalls gebräuchlich ist. Auch findet sich eine Wiederaufnahme des Motivs der Wahl zwischen dem Gehorsam den Führern oder Gott gegen- über. Gleichzeitig verlieren die Führer die Herrschaft über die Situation und können lediglich mit Verwirrung reagieren (Apg 5,24).42 Die Reaktion der Füh- rer auf den Rat Gamaliëls unterstreicht dies noch. Während Gamaliël die Füh- rer ermahnt, die Sache in Gottes Hand zu lassen (Apg 5,38–39), verhalten sie sich schizophren. Zwar stimmen sie Gamaliël zu, doch lassen sie die Apostel auch geißeln und verbieten ihnen, im Namen Jesu zu sprechen. Letztlich erwei- sen sich also die jüdischen Führer als genau das, wovor Gamaliël sie gewarnt hat: qeoma,coi (Apg 5,39).

Zwischen diesen beiden Prozessen vor dem Hohen Rat, die die jüdischen Führer so effektiv delegitimieren, liegt nun die Erzählung von Hananias und Saphira. Sie hat durchaus Ähnlichkeit mit den beiden Gerichtsverfahren, aller- dings auch einige Differenzen. Petrus ist durch die Geistausgießung in Apg 4,31 erneut bestätigter Träger göttlicher Autorität, betont durch die Anwesen- heit großer Gnade (Apg 4,33). Auch die wiederholte Erwähnung der Gütertren- nung und das Beispiel des Barnabas deuten an, dass die Gemeinde der Ort einer Alternative zur Ungerechtigkeit des Hohen Rates ist. Für Hananias und Saphira wird Petrus nun zum Ankläger. Doch im Unterschied zum Hohen Rat gerät Petrus nicht in Verwirrung, wird nicht zu einem Kämpfer gegen Gott und maßt sich letztlich auch kein Urteil an. Er tut das, was Gamaliël den Führern rät: Er überlässt die Entscheidung Gottes Urteil. Petrus’ Handeln wird durch weitere Wunder und Heilungen in der Halle Salomos (Apg 5,12) legitimiert. Während die beiden Prozesse vor dem Hohen Rat zu Ungerechtigkeit führen und letztlich in einer Farce enden, erfüllt sich Gottes Gerechtigkeit in dem Gericht vor Petrus.

41 Der Begriff kann sowohl positiv wie negativ besetzt sein. In beiden Fällen ist ein äußerst intensi- ves Gefühl bezeichnet. Vgl. die Diskussion bei Pervo, Acts (Anm. 3) 141.

42 Haenchen, Apg (Anm. 10) 244, entdeckt die Ironie der Szene: „Die pompöse Aufzählung der Gegner in V.21 steht in beabsichtigtem Gegensatz zu dem kläglichen Fiasko, das sie nun erlei- den.“

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4. Schlusswort

Lukas sieht die Schar der Jünger Jesu in seinem Doppelwerk als das legitime Volk Gottes, dem die Verheißungen der jüdischen Traditionen gegeben sind.

Doch hat Lukas auch keine Schwierigkeiten, jüdische Institutionen wie den Hohen Rat als Gegner zu delegitimieren. Doch in Apg 2–5 geht er noch einen Schritt weiter. Er zeigt nicht nur die Korruption der jüdischen Gerichtsbarkeit, sondern erweist auch die vollkommene Gerechtigkeit der Gemeinde in der Be- stätigung durch Gottes Urteil in der Geschichte des Hananias und der Saphira.

Zusammen mit den immer wieder auftauchenden Exodusmotiven, die in den Befreiungen aus den Gefängnissen ganz konkret auf die Apostel angewandt werden, deutet sich an, dass Lukas hier schon die Ablöse und Substitution jüdi- scher Institutionen durch die Gemeinde im Blick hat. Dies wird noch deutli- cher, wenn es zur Frage des Umgangs mit dem jüdischen Gesetz in heiden- christlichen Gemeinden kommt. Doch in der Jerusalemer Gemeinde – schon vor jedem Auftauchen von Heidenchristen oder hellenistischen Juden – kon- trastiert Lukas am Tempel angesiedelte Institutionen derart mit der Gemeinde und ihren Aposteln, dass der lukanische Weg in die heidenchristlichen Gemein- den unter den jüdischen Christusjüngern Jerusalems grundgelegt ist.

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