Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Péter Horváth Berlin, 12. Juli 2011
Restrukturierung aus
betriebswirtschaftlicher Sicht
Herausforderungen und Lösungsansätze
Inhalt
Verständnis der Restrukturierung: Krise oder Chance?
Bewertung der Restrukturierungspraxis und -forschung
Integration der Mitarbeiterperspektive in die Restrukturierung
Haben in Ihrem Unternehmen in den letzten zwei Jahren Veränderungen stattgefunden, die sich für Sie persönlich ausgewirkt haben?
Quelle: Jansen, R. (2002), Der strukturelle Wandel der Arbeitswelt und seine Auswirkungen auf die Beschäftigten, in: Jansen, R. (Hrsg.), Die Arbeitswelt im Wandel.
Weitere Ergebnisse aus der BIBB/IAB-Erhebung 1998/99 zu Qualifikation und Erwerbssituation in Deutschland. Berichte zur beruflichen Bildung. Heft 254. (zitiert nach Frieling et al. (2008), S.430).
22%
15%
8%
12%
5%
4%
18%
8%
3%
41%
Neue Produktionstechnik Neue Produkte
Zusätzliche Mitarbeiter Stellenabbau
Mehr Aushilfskräfte Outsourcing
Neues Management Eigentumsverhältnisse Gesamt-Index
Umstrukturierung
Änderung im Unternehmen Persönlich betroffen
44%
34%
35%
29%
21%
12%
29%
22%
11%
77%
Restrukturierung als Überbegriff für unterschiedliche Formen der Neugestaltung von Unternehmen
Quelle: Kieselbach et al. (2009) Health in Restructuring. Innovative Approaches and Policy Recommendations, München, Mering 2009, S.22.
Typologie der
Restrukturierung Verlagerung
(inländisch)
Offshoring (ausländisch)
Outsourcing
Insolvenz/
Schließung Fusion/
Akquisition Interne
Restruktur-
ierung
Geschäfts-
erweiterung
Restrukturierung setzt nicht erst mit akuten Krisen ein und ist daher differenzierter zu betrachten
Quelle: in Anlehnung an Klein 2008, S. 54
Strategische Krise
Erfolgskrise
Liquiditätskrise/Insolvenz Potenzielle
Krise
Latente Krise
akute,
beherrschbare Krise
akute, nicht beherrschbare Krise
Aktiv Reaktiv
Antizipativ Präventiv Repulsiv
(Sanierung) Liquidativ Restrukturierung
Krisenvermeidung Krisenbewältigung
Art der Krise
Zeit der Erkennung
Manage- ment der
Krise
Strukturelle Krise
Die strategische Restrukturierung soll drohende Krisen abwenden und eine langfristige Neuausrichtung des
Unternehmens ermöglichen
Quelle: Kraus, K.-J./Evertz, D., Restrukturierung und Sanierung, in: HdU, Gw. IV/04, S.15
Anpassung der
Produktionsstrukturen
Konzentration auf Kerngeschäft
Neuausrichtung der Organisation Straffung Produktprogramm
Themenfelder der strategischen
Restrukturierung
Aufgabe nicht profitabler Produkte
Reduzierung der Varianten
Einführung Baukastensystem
Reduzierung Komplexitäten
Make or buy
Verkürzung Wertschöpfungstiefe
Abbau Fertigungskapazitäten
Neustrukturierung der Fertigung
Reduzierung der Führungsspanne
Profit-Center-Einführung
Rationalisierung von Abläufen
Anpassung Personalstrukturen
Verkauf von Unternehmensteilen
Verkauf nicht betriebsnotwendigen Vermögens
Outsourcing von Funktionen
Die operative Restrukturierung zielt auf eine kurzfristige Verbesserung des Liquidität und des Ergebnisses ab
Quelle: Kraus, K.-J./Evertz, D., Restrukturierung und Sanierung, in: HdU, Gw. IV/04, S.13
Fokus: Liquidität
Reduktion der Investmenttätigkeit auf das Minimum
Reduktion Lagerbestand
Verringerung Sicherheitsbestände
Aussonderung der Ladenhüter
Erhöhung der JIT-Lieferung
Reduktion Forderungsbestand
Verbesserung Forderungsmngt.
Beschleunigung von Schlichtungen
Kürzung Zahlungsziele
Verkauf von Vermögensgütern
Fokus: Profitabilität
„Sales-up“-Programm
Preiserhöhung (wenn möglich)
Fokussierung der Vertriebs- aktivitäten auf A-Kunden
Vorziehung neuer Produkte
Reduktion Einkaufskosten
Nachverhandlungen
Wechsel der Lieferanten
Reduktion Personalkosten
Personalabbau und Teilzeit
Lohn- und Gehaltskürzung
Einstellungsstop
Reduktion Gemeinkosten Operative
Restruktur-
ierung
Volatilitätsbedingte Restrukturierung – Beispiel: Luftfahrt
Quelle: Lufthansa AG, Vortrag Karl-Heinz Steinke, 36. Congress der Controller, 16./17. Mai 2011, München (www.controllerverein.com)
Strategie- und marktgetriebene Restrukturierung – Beispiel: Entwicklung zum Lösungsanbieter
Quelle: Horváth et al. (2010), Das Stufenkonzept zum Lösungsanbieter – Ergebnisse einer empirischen Studie, IPRI-Research Paper, Nr. 30, Stuttgart.
Entwicklungsstufe 1:
Produktanbieter
Entwicklungsstufe 2:
Dienstleistungsorientierte Produzenten
Entwicklungsstufe 3:
Lösungsanbieter
Transformationsziel 4: Innovative Preismodelle implementieren
Transformationsziel 5: Reaktionszeiten differenzieren und steigern
Transformationsziel 6: Integration über alle betrieblichen Funktionen hinweg vorantreiben
Transformationsziel 7: Integration externer Leistungen realisieren
Transformationsziel 8: Lösungskompetenz der Mitarbeiter sicherstellen
Transformationsziel 9: Systematischen Aufbau einer Wissensbasis über Wertschöpfung des Kunden vollziehen
Transformationsziel 10: Unternehmensplanung umgestalten
Transformationsziel 1: Vertrieb umstrukturieren
Transformationsziel 2: Dienstleistungen separat kalkulieren und als eigenständigen Erlösträger etablieren
Transformationsziel 3: Beziehung zum Kunden intensivieren
Produktivitätsgetriebene laufende Restrukturierung – Beispiel: Kontinuierliche Verbesserung (KVP)
Ergebnisse des KVP:
Ressourcen und Synergien entdeckt,
Arbeitsabläufe und Prozesse optimiert,
Produkte und Kundenzufriedenheit verbessert,
Verschwendung reduziert und Kosten verringert,
Fähigkeiten, Kreativität und Engagement der Mitarbeiter geweckt,
Teamarbeit, Unternehmenskultur verbessert sowie
der Leistungsdruck verringert.
Plan
Do Check
Act
Arbeitssystem- analyse
Verschwendung ermitteln
Lösungsideen sammeln &
clustern
Varianten bilden
Maßnahmenkatalog
Umsetzung simulieren
Maßnahmen- präsentation
Umsetzung
Umsetzungserfolg
Zwischenfazit
Restrukturierung betrifft jeden Einzelnen.
Restrukturierung gehört zu den Daueraufgaben in Unternehmen.
Restrukturierung ist nicht nur krisenbedingt, sondern soll Krisen proaktiv vermeiden.
Die Volatilität des Umfelds stellt die deutsche Wirtschaft vor eine erhebliche
Restrukturierungswelle (Neugestaltung der Energieversorgung, e-Mobility,
umweltgerechte Produkte und Produktionsprozesse).
Inhalt
Verständnis der Restrukturierung: Krise oder Chance?
Bewertung der Restrukturierungspraxis und -forschung
Integration der Mitarbeiterperspektive in die Restrukturierung
Ein Blick in die Restrukturierungspraxis…
Gemeinkostenwertanalyse Reengineering Shared Services
Mitarbeiter als lästiger Störfaktor
Ansätze überwiegend technokratisch ausgerichtet
Managementsicht dominiert
Kritik der Restrukturierungspraxis
Kostensenkungs- ziel
Analyse Maßnahmenplan
Realisierung
Geschäftsprozesse
Operations Prozesssteuerung
Performance-Messung und Prozess-
Cockpit
Prozess- organisation und
-verantwortung Prozess- controlling Prozesstransformation
Restrukturierung
Geschäftsprozess- optimierung
Prozesstransparenz (Analyse, Modellierung,
PKR/ABC)
Benchmarking Ausrichtung an der Unternehmensstrategie
Supply Chain
Finance, Controlling Sales, Marketing
IT
Innovation HR
Gruppe
Funktion 1 Funktion 1 Funktion 3 Funktion 4 Funktion 5
Funktion 1 Funktion 1 Funktion 3 Funktion 4 Funktion 5
Funktion 1 Funktion 1 Funktion 3 Funktion 4 Funktion 5
Funktion 1 Funktion 1 Funktion 3 Funktion 4 Funktion 5
Funktion 1 Funktion 1 Funktion 3 Funktion 4 Funktion 5
Gruppe
Funktion 1 Funktion 1 Funktion 3 Funktion 5
Funktion 1 Funktion 1 Funktion 3 Funktion 5
Funktion 1 Funktion 1 Funktion 3 Funktion 5
Funktion 1 Funktion 1 Funktion 3 Funktion 5
Funktion 1 Funktion 1 Funktion 3 Funktion 5 Funktion 4
Ist
Soll
Die Restrukturierung in der Praxis wird vielfach nur am Ergebnisziel ausgerichtet
Erreichbare
Ergebnisverbesserungen Erreichbare
Ergebnisverbesserungen
Ausmaß der Veränderung
Verbesserung Neugestaltung Radikales Umdenken
Laufende Verbesserungen:
Methode:
KVP/Prozessveantwortung
Gleiche Organisation, i.d.R. keine Systemveränderungen
Fokus auf Einzeltätigkeiten
Optimierung von ausgewählten Prozessen
Erreichbare
Ergebnisverbesserungen Signifikante Veränderungen:
Methode: Prozessoptimierung/GPO
Best practice Prozesse etablieren
Begrenzte Umgestaltung der Organisation/Systemnutzung
Optimierung Aufgaben-/
Ressourcenallokation
„Neue Wege“:
Methode: Restrukturierung
Infragestellen der Wertschöpfungs- struktur, Prozesse und Systeme
Anpassung Struktur / Organisation
Häufig in Verbindung mit
strukturellen Personalanpassungen
Bis zu 10% Bis zu 20% 30% und mehr
Aber: Mit der Veränderung und der Ergebnisverbesserung nehmen auch die
Anforderungen an und die Beanspruchung Mitarbeiter zu!
Vernachlässigung der Mitarbeiter:
Der Zeitpunkt der Restrukturierung bestimmt das Maß der Mitarbeiterbeanspruchung
Quelle: vereinfachte Darstellung in Anlehnung an Krystek (1987), S. 29.
Zeitraum,
der für Restruk- turierung zur Verfügung steht
Früherkennungs- bedarf
Überzeugungs- notwendigkeit
Handlungsdruck zur Restrukturierung
Intensität der destruktiven Veränderung
= Hohe
Anforderungen an Mitarbeiter
Strategische Krise Strukturelle Krise Ergebniskrise Liquiditätskrise
Ein Blick in die Forschung:
Die Mitarbeiteranforderungen der Restrukturierung müssen berücksichtigt und durch Ressourcen ausgeglichen werden
Quelle: in Anlehnung an Bakker/Demerouti (2006)
Partizipation/
Information
Handlungsspielraum
Stressmanagement
…
Motivation &
Engagement Arbeits-
ressourcen
Organisations- erfolg
Veränderungen
Wandel/Flexibilität
Stress/Angst
Gehaltskürzungen
Informationsmangel
Anforderungen an die Mitarbeiter
Ausgleich der
Anforderungen
Zwischenfazit
Benötigt wird…
Mängel bisheriger
betriebswirtschaftlicher Forschung
Undifferenzierte Sicht auf Restrukturierungsauslöser
Oft negative Perspektiven der Restrukturierung im Fokus
Stückwerkbetrachtung
Keine Evaluation
KMU selten im Fokus
Rolle von Beratern wird kaum thematisiert
Systemischer Ansatz: Integration in die
Unternehmensstrategie unter Einbindung der Mitarbeiterperspektive
Klare Evidenz für Effektivität und Effizienz der Restrukturierung unter Einbeziehung der Mitarbeiter: Umfassendes
Wirtschaftlichkeitskalkül und KPIs
Klare organisatorische Regelungen zur Integration von Gesundheitsaspekten
weitere empirische Forschung nötig
Inhalt
Verständnis der Restrukturierung: Krise oder Chance?
Bewertung der Restrukturierungspraxis und -forschung
Integration der Mitarbeiterperspektive in die Restrukturierung
Beispiel:
Steuerung und Bewertung der der Gesundheit im Unternehmen
Zur Messung des Umsetzungserfolgs des Gesundheitsmanagements werden
überwiegend Einzelkennzahlen eingesetzt.
Die Kennzahlen stehen in keinem
sinnvollen Zusammenhang und bilden ein ganzheitliches BGM nicht ab.
Die eingesetzten Kennzahlen im BGM weisen einen mangelhaften
Strategiebezug auf.
Eine integrative Ausgestaltung von
Kennzahlensystemen und Planung für BGM erscheint als erfolgsfördernder
Faktor.
Ein Instrument zur integrierten Behandlung von Leistungs- und Gesundheitszielen stellt die Gesundheits-BSC dar
Potenzialperspektive Strategisches
Ziel Maßnahmen
Mess- größen Zielwerte Kundenperspektive
Strategisches
Ziel Maßnahmen
Mess- größen Zielwerte
Prozessperspektive Strategisches
Ziel Maßnahmen
Mess- größen Zielwerte Finanzperspektive
Strategisches
Ziel Maßnahmen
Mess- größen Zielwerte
Vision und Strategie
1. Integration von
Gesundheitszielen in eine Gesamt- oder Personal- Balanced Scorecard
Bspw. in der Prozess- oder Potenzialperspektive
2. Integration einer
Gesundheitsperspektive in die Gesamt- oder
Personal-Balanced Scorecard
Gesundheitsperspektive Strategisches
Ziel Maßnahmen
Mess- größen Zielwerte Prozessperspektive Strategisches
Ziel Maßnahmen
Mess- größen Zielwerte
Kundenperspektive Strategisches
Ziel Maßnahmen
Mess- größen Zielwerte Finanzperspektive
Strategisches
Ziel Maßnahmen
Mess- größen Zielwerte
Potenzialperspektive Strategisches
Ziel Maßnahmen
Mess- größen Zielwerte Vision
und Strategie
Einführung einer
Gesundheitsperspektive
3. Konzeption einer eigenen Balanced Scorecard für die
Gesundheitsförderung
Unternehmensleistung
Potenziale Prozesse
Ziele Mess- größe Zielwerte
Maß- nahmen
InterneStakeholder Ziele
Mess- größe Zielwerte
Maß- nahmen
Ziele Mess- größe Zielwerte
Maß- nahmen Ziele
Mess- größe Zielwerte
Maß- nahmen
Visionen und Strategien
Ausrichtung der vier BSC- Perspektiven auf die
Gesundheitsstrategie des
Unternehmens
Profitabilität steigern
Produktionsprozesse flexibel und schnell
ausgestalten
F in an ze n K u n d en P ro ze ss e
Finanzierung sicherstellen
Innovative Produktions- technologie einsetzen
P o te n zi al e
Kundenbeziehungsmanagement
Kundenorientierte Fertigung
Leistungspotenzial- aufbau
BGM eine gewichtige Rolle
geben
BGM intern und extern vernetzen
Vermeidung von psych.
und phys.
Belastung
Gesundheits- bewusstsein Leistungspotenzial-
erhaltung
Leistungs- bereitschaft
erhöhen
Gesundheit und Gesundheits- verhalten fördern Demographischem
Wandel begegnen
Kundenzufriedenheit steigern
Neue Kundengruppen erschließen Kundenorientierten
Service anbieten
Mitarbeiterorientierte Fertigung
Führungs- und Kommunikations-
prozess optimieren Produktionsprozess
gesundheitsgerecht ausgestalten Wachstum
stabil erhöhen
Produktivität steigern
Fall stud iene rge bnis Pro duz iere nde r Be trieb
140 Mit arbe iter
Vorbeugende strategische Ansätze werden benötigt:
„Fit machen für die Employability“
Quelle: Speck, P. (2010), Employability und Controlling - Zwei Welten?, 35. Congress der Controller , 14./15-. Juni 2010, München (www.controllerverein.com)