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■ Schneller Fluss dank Kohlenstoff

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B R E N N P U N K T

20 Physik Journal 15 (2016) Nr. 11 © 2016 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Dann erreicht die Durchflussrate Werte, wie sie von Proteinkanälen in biologischen Zellmembranen (Aquaporinen) bekannt sind. In den letzten Jahren gab es erste vielversprechende Ergebnisse, die aber teilweise kontrovers diskutiert wurden [4].

Bocquet und Mitarbeiter bestim- men nun erstmals den Wasserfluss durch ein einzelnes Röhrchen.

Dazu „kleben“ sie zunächst die Kohlenstoff-Struktur in eine ko- nisch geformte Glaskapillare mit einer Öffnung von etwa 300 nm (Abb. 1a). Die Kapillare wird in eine Flusszelle eingesetzt, die es erlaubt, Wasser mit Druck durch das Koh- lenstoff-Nanoröhrchen zu treiben.

Allerdings ist der Wasserfluss viel zu gering für eine direkte Messung.

Das ausströmende Wasser an der Öffnung stellt aber eine lokalisier- te Impulsquelle dar, die zu einem großflächigen Strömungsfeld führt [5]. Landau und Squire beschrieben erstmals diesen Jet als eine der we- nigen analytischen Lösungen der Navier-Stokes-Gleichung [6]. Weil der Landau-Squire-Jet die Punkt- quelle in ein makroskopisches Flussfeld im Wasser vergrößert, wird der Wasser fluss durch kleine Polystyrolkugeln sichtbar. Aus den gemessenen Flusslinien und der Strömungsgeschwindigkeit ergibt sich der Fluss Q durch das Kohlen- Die Abhängigkeit vom Radius r

lässt die Durchflussrate bei nano- skaligen Radien schnell absinken.

Sie folgt aus den Randbedingungen für hydrophile Oberflächen, da Wasser dort nicht gleitet, sondern festsitzt. Die Gleitlänge ist somit Null und der Flusswiderstand durch die inneren Reibungskräfte enorm groß.#) Mit hydrophoben Oberflächen erhöht sich aber die Gleitlänge und damit auch die Durchflussrate Q.

Theoretische Vorhersagen sahen in der wasserabstoßenden Eigen- schaft von Kohlenstoff-Oberflächen eine Möglichkeit, die Gleitlänge zu erhöhen. Insbesondere bei Nano- röhrchen sollten Gleitlängen von mehreren 100 nm möglich sein [3].

K

ohlenstoff ist ein faszinieren- des Element: Kohlenstoff- atome ordnen sich mit ihren vier Bindungsstellen in den verschie- densten Geometrien an. In der Ebene formen sie Graphen, auf- gerollt ergeben sich Kohlenstoff- Nanoröhrchen (Carbon Nano Tubes, CNT). Hinzu kommen das mehrschichtige Graphit und viele andere Geometrien. Ein Merkmal aller dieser Strukturen ist ihre hohe Hydro phobizität.

Diese Eigenschaft macht Koh- lenstoffsysteme interessant für Anwendungen, in denen Wasser schnell transportiert werden soll.

Der Frage, wie schnell Wasser in dünnen Nanokanälen aus Koh- lenstoff fließt, widmen sich zwei aktuelle Publikationen. Während Lydé ric Bocquet mit seiner Gruppe in Paris erstmals den hydrodyna- misch getriebenen Fluss durch ein einzelnes Kohlenstoff-Nanoröhr- chen untersuchte [1], beschäftigte sich Andre Geim aus Manchester mit dem Wassertransport durch Kapillaren aus Kohlenstoff [2].

Das Gesetz von Hagen-Poiseuille beschreibt den von Druck getrie- benen Fluss durch einen runden, hydrophilen Kanal:

Q ~ ___ πrL 4 ∆P.

Die Durchflussrate Q wächst bei zunehmendem Druckunterschied

∆P und sinkt mit der Kanallänge L.

Schneller Fluss dank Kohlenstoff

Die Anordnung des Kohlenstoffs in Nanoröhrchen bestimmt, wie schnell Wasser in ihnen fließen kann.

Illustration des Wasserflusses aus einem Kohlenstoff-Nanoröhrchen

aus [1]

Abb. 1 Die Aufnahme mit dem Elektro- nenmikroskop zeigt ein Kohlenstoff- Nano röhrchen in einer Glaskapillare (a).

Die Gleitlänge scheint für Nanoröhrchen

aus Kohlenstoff (CNT) bei Radien unter 15 nm zu divergieren, während sie für Bor-Stickstoff-Röhrchen (BNNT) konstant bei Null liegt (b).

a

Radius in nm CNTBNNT

Gleitlänge in nm

400

200

0

0 10 20 30 40 50 60

100 nm

a b aus [1]

#) Die Gleitlänge ent- spricht der Strecke, die ein Fluid an einer Wand entlang gleitet.

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B R E N N P U N K T

© 2016 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 15 (2016) Nr. 11 21 stoff-Röhrchen. Die Gleitlänge

nimmt überraschenderweise mit abnehmendem Radius zu und erreicht Werte von bis zu 300 nm (Abb. 1b). Die Messungen deuten darauf hin, dass die Gleitlänge bei einem Radius von etwa 10 nm wei- ter dramatisch zunehmen könnte und eventuell sogar divergiert.

Anscheinend hat die zunehmende Krümmung der Oberfläche einen starken Einfluss auf die Gleitlänge.

Andre Geim und seine Mitarbei- ter wählen einen anderen Ansatz, um den Fluss durch Kohlenstoff- Kapillaren zu untersuchen [2]. Sie verwenden eine wohldefinierte Anzahl von Monolagen aus Gra- phen als Abstands halter zwischen zwei Graphitplatten (Abb 2). Indem sie die Anzahl von Graphenlagen variieren, entstehen parallele, recht- eckige Kohlenstoff-Kapillaren, die bei einer Breite von 130 nm eine Höhe bis hinunter zu einer ein- zelnen Atomlage haben können.

Den Wasserfluss durch ihre Kanäle berechnen die Forscher aus der Verdampfungsgeschwindigkeit, in- dem sie das Gewicht der Probe mit einer Feinwaage bestimmen. Mes- sungen des spannungsgetriebenen ionischen Transports und Raman- Spektroskopie belegen die durchge- hende Füllung der bis zu zweihun-

dert parallelen Kanäle. Mit Hilfe von Computersimulationen ergibt sich die Gleitlänge, die unabhängig von der Anzahl der Graphenlagen etwa 60 nm beträgt. Das ist der für Graphen erwartete Wert [4].

Auf den ersten Blick widerspre- chen sich die beiden Resultate. Eine genauere Betrachtung zeigt aber, dass sich die Messmethoden funda- mental unterscheiden und dass die Kohlenstoffatome völlig verschie- den angeordnet sind [4]: einmal zylinderförmig, einmal rechteckig.

Die Krümmung des Kohlenstoff- gitters scheint aber eine wichtige Rolle für die Gleitlänge zu spielen.

Darüber hinaus reagieren Graphen und Kohlenstoff-Nanoröhrchen sehr empfindlich auf ihre Umge- bung, und die rechteckigen Kanäle bestehen an Ober- und Unter- seite aus Graphit. Zudem verhält sich Wasser ähnlich komplex wie Kohlenstoff und beeinflusst die Eigenschaften der Nanostrukturen wahrscheinlich stark.

Beide Experimente führen zu noch nicht verstandenen Ergeb- nissen. So vergleicht Bocquet die Nanoröhrchen aus Kohlenstoff mit strukturell gleichen aus Bor-Stick- stoff. Bei diesen ergibt sich aber eine Gleitlänge von Null, was voll- kommen unerwartet ist (Abb 1b). Bei

den Kohlenstoff-Kapillaren ist der Wassertransport bei drei bis acht Graphenlagen maximal – Simu- lationen erklären diese Daten nur qualitativ, aber nicht quanti tativ.

Dennoch zeigen beide Experimente eine Vergrößerung der Gleitlänge auf mehrere 10 bis 100 nm. Die Unterschiede in der Geometrie der Versuchsan ordnung geben erste Hinweise auf den Ursprung der Diskrepanz in der Gleitlänge. In beiden Fällen verringert sich der Flusswiderstand durch Verwen- dung von Kohlenstoff als Oberflä- chenmaterial.

Mögliche Anwendungen liegen im Senken des Energieverbrauchs bei der Entsalzung von Meerwasser oder umgekehrt bei der Stromer- zeugung aus Salzwasser. In beiden Fällen sind möglichst kleine Kanäle mit Abmessungen im Nanometer- Bereich nötig. Nur bei großen Gleitlängen bleibt der Flusswider- stand gering: Nanoröhrchen oder Kapillare aus Kohlenstoff könnten die Effizienz der Prozesse erhalten.

Ulrich F. Keyser [1] E. Secchi et al., Nature 537, 210 (2016) [2] B. Radha et al., Nature, doi:10.1038/

nature19363 (2016)

[3] G. Hummer et al., Nature 414, 188 (2001)

[4] S. K. Kannam et al., J. Chem. Phys. 138, 094701 (2013)

[5] N. Laohakunakorn et al., Nano. Lett. 13, 5141 (2013).

[6] L. Landau, C. R. Acad. Sci. URSS 43, 286 (1944); H. B. Squire, Q. J. Mech.

Appl. Math. 4, 321 (1951)

Prof. Dr. Ulrich F.

Keyser, Cavendish Laboratory, Univer- sity of Cambridge, J J Thomson Ave, Cambridge, CB3 0HE, UK

Abb. 2 Kohlenstoff-Kapillare mit einem rechtecki gen Quer- schnitt entstehen, wenn abgezählte Lagen von Graphen den Abstand zwischen zwei Graphitplatten bestimmen.

Top graphite Graphene

channels Si-Nitrid

Graphit

Abstandshalter

Graphit

Kanal Graphit

Abstandshalter

Graphit 100 nm

Gleitlänge in nm

100

10

1 0 2 4 6 8 10 Anzahl Graphenlagen

aus [2]

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Mehr Informationen zur Mission fin- den sich unter www.dlr.de/tandem-x.

W E LT K A R T E I N 3D

DLR

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