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Archiv "Bedeutung der Atemfrequenz in der Notfallmedizin" (06.03.2015)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 112

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Heft 10

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6. März 2015 173

M E D I Z I N

DISKUSSION

Patientenfern

Es ist zweifellos verdienstvoll darauf hinzuweisen, dass die Beachtung der Atemfrequenz bei Schwerkranken – also auch bei Patienten mit Pneumonie – ein sinnvoller Beurteilungsansatz ist. Dass dieser Parameter auch eine prognostische Bedeutung hat, würde dem Leser aller- dings deutlicher, wenn überhaupt irgendein Wort über die Pathophysiologie dieses Phänomens verloren wor- den wäre. Es ist bedenklich, wenn dieser Artikel nur deswegen geschrieben worden ist, um auf eine selbst- verständliche klinische Befunderhebung hinzuweisen.

Die Veränderung der Atemfrequenz hat auch bei der Pneumonie durchaus verschiedene Ursachen, was übri- gens schon die Ärzte vor 120 Jahren wussten (1, 2). Ei- nen biologischen Wert nur statistisch darzustellen, ist wissenschaftlich korrekt, aber medizinisch sinnlos, denn die Tiefe der Information wird damit nicht ausge- lotet. Die Abschätzung der Prognose nützt dem Patien- ten übrigens wenig. Wichtig ist, dass der Arzt aus dem, was er sieht, diagnostische oder therapeutische Schlüs- se zieht. Dazu sagt der Artikel aber nichts. Er ist ein Beispiel einer patientenfernen, rein organisatorisch- ökonomisch getragenen Denkweise.

DOI: 10.3238/arztebl.2015.0173a LITERATUR

1. Leube W: Diagnose der inneren Krankheiten. Leipzig: F.C.W. Vogel 1895: 127.

2. Wyngaarden JB, Smith LH: Textbook of medicine. Philadelphia: W. B.

Saunders 1985: 1501.

3. Strauß R, Ewig S, Richter K, König T, Heller G, Bauer TT: The prognos- tic significance of respiratory rate in patients with pneumonia—a retro spective analysis of data from 705 928 hospitalized patients in Germany from 2010–2012. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 503–8.

Prof. Dr. med. Peter von Wichert, Dir. emer Zentrum Innere Medizin

Philipps Universität Marburg vonwichert@t-online.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Bedeutung der Atemfrequenz in der Notfallmedizin

Die Autoren der Studie zeigen auf, dass die Atemfre- quenz ein unabhängiger Risikomarker für die Kran- kenhaussterblichkeit bei ambulant erworbener Pneu-

monie (CAP) ist. Wir möchten ergänzen, dass die Atemfrequenz ein wichtiger Risikomarker ist, um vi- tal gefährdete Notfallpatienten sensitiv zu identifi- zieren (1). Diese Erkenntnis wird in Deutschland und in der Schweiz nur unzureichend in der klinischen Praxis umgesetzt: Wir haben deshalb in den Notauf- nahmen am Klinikum Nürnberg und am Universi- tätsspital Basel ein fünfstufiges Triagesystem („Emergency Severity Index“, [ESI]) eingeführt, um kritische Kranke unter anderem mit Hilfe der obliga- ten Messung der Atemfrequenz frühzeitig zu erken- nen (1, 2).

Zusätzlich wurde in Nürnberg ein interprofes - sionelles CAP-Behandlungskonzept eingeführt, um die empfohlene Therapie innerhalb der empfohle - nen Intervalle zu erleichtern (lokale Adaptierung CAP-Leitlinien, Einführung von Checklisten, Fort- bildungsveranstaltungen, interaktive Workshops, Prozessanalyse, Feedbackgespräche). Die Implemen - tierung des „management bundles“ verbessert signi- fikant die Versorgungsqualität betroffener Patienten und reduziert die Krankenhaussterblichkeit von Pa- tienten mit CAP um 21 % (1). Basierend auf diesen Erfahrungen schlagen wir eine weitere Standardisie- rung in Notaufnahmen für die Behandlung von Er- krankungen vor, welche ein zeitkritisches Handeln erforderlich machen.

Es wäre zukünftig hilfreich, diagnostische Instru- mente zu etablieren, um die Bestimmung der Atem- frequenz in der Erstdiagnostik zu erleichtern: Hier bieten sich Geräte an, um die Sauerstoffsättigung oder – über ein Videoanalysesystem – die Atemfre- quenz zu messen (3). Diese Instrumente müssen je- doch noch im Setting der Notfall- und Akutmedizin klinisch validiert und ihr diagnostischer Stellenwert in entsprechenden Studien evaluiert werden. Die Be- stimmung der Atemfrequenz ist eine notwendige Be- dingung bei jedem Notfallpatienten.

DOI: 10.3238/arztebl.2015.0173b LITERATUR

1. Hortmann M, Heppner HJ, Popp S, Lad T, Christ M: Reduction of mor- tality in community-acquired pneumonia after implementing stan - dardized care bundles in the emergency department. Eur J Emerg Med 2014; 21: 429–35.

2. Grossmann FF, Nickel CH, Christ M, Schneider K, Spirig R, Bingisser R: Transporting clinical tools to new settings: cultural adaptation and validation of the emergency severity index in german. Ann Emerg Med 2011; 57: 257–64.

3. Addison PS, Watson JN, Mestek ML, Ochs JP, Uribe AA, Bergese SD:

Pulse oximetry-derived respiratory rate in general care floor patients.

J Clin Monit Comput 2014; epub ahead of print].

4. Strauß R, Ewig S, Richter K, König T, Heller G, Bauer TT: The prognos- tic significance of respiratory rate in patients with pneumonia—a ret rospective analysis of data from 705 928 hospitalized patients in Germany from 2010–2012. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 503–8.

Dr. med. Marcus Hortmann Universitäts-Herzzentrum Freiburg, Klinik für Kardiologie und Angiologie I

zu dem Beitrag

Prognostische Bedeutung der Atemfrequenz bei Pneumonie-Patienten: Retrospektive Analyse der Jahre 2010 bis 2012 von 705 928 Patientendaten aus deutschen Krankenhäusern

von PD Dr. med. Richard Strauß, Prof. Dr. med. Santiago Ewig,

Dr. med. Klaus Richter, Dr. rer. nat. Thomas König, PD Dr. med. Günther Heller, Prof. Dr. med. Torsten T. Bauer in Heft 29–30/2014

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174 Deutsches Ärzteblatt

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6. März 2015

M E D I Z I N

Schlusswort

Wir danken den Kollegen Hortmann, et al. für Ihre ergänzende und zustimmende Einschätzung der Atemfrequenz als Risikomarker für gefährdete Not- fallpatienten. Auch sie haben offenbar die Erfahrung gemacht, dass dieses Wissen in der klinischen Praxis noch nicht ausreichend umgesetzt wird. Da die Atemfrequenz Bestandteil von verschiedenen etab- lierten Instrumenten zur Prognoseeinschätzung bei akut Erkrankten ist (unter anderem auch des erwähn- ten „Emergency Severity Index“ [ESI] oder des CRB [„confusion, respiratory rate, blood pres - sure“]-65-Index), ist für deren Anwendung die valide Bestimmung Voraussetzung.

Der systematische Einsatz von validierten Instru- menten zur strukturierten Unterstützung ärztlicher Triageentscheidungen, wie ihn unter anderem die Kollegen der Notaufnahmen in Nürnberg und Basel erfolgreich pflegen, hat unabdingbar die Vorausset- zung, dass die Atemfrequenz verlässlich bestimmt wird. Hortmann et al. zeigen eindrucksvoll, dass die erfolgreiche Implementierung eines solchen Instru- mentes (hier ESI) im Rahmen eines strukturierten, multidimensionalen Versorgungskonzepts einen we- sentlichen Beitrag zur Verbesserung der Versor- gungsqualität leisten kann. Zu den berichteten Ergebnissen bei der ambulant erworbenen Pneumo- nie kann man den Kollegen nur gratulieren (1).

Folgen also der Risikoeinschätzung auch entspre- chende, an das individuelle Risiko angepasste klini- sche Konsequenzen (zum Beispiel intensiviertes Mo- nitoring, schnelle Therapie, Entlassung, Aufnahme), so profitiert der Patient davon. Von der Einschätzung alleine profitiert er natürlich nicht; ein wichtiger Punkt den Prof. von Wichert in seinem Beitrag an- spricht und auf den wir in der Diskussion unserer Ar- beit auch hinweisen: „Pathologische Atemfrequen- zen müssen also weiter abgeklärt und die entspre- chenden Patienten engmaschig (zum Beispiel am Monitor) überwacht werden.“ In aktuellen Leitlinien wird die Anwendung des CRB-65-Index und damit die Atemfrequenz zur Risikoabschätzung und Ent- scheidungsunterstützung (zum Beispiel stationäre Aufnahme, intensivierte Überwachung) ausdrücklich empfohlen und hat dann einen unmittelbaren Nutzen für den Patienten (2, 3). Die Pathophysiologie der Atemfrequenzregulation darzustellen, hätte den Rah- men und die Zielsetzung dieser Originalarbeit über- schritten. Wir haben uns daher auf den Hinweis be- schränkt, dass unter anderem Hyperkapnie, Hypoxie

und metabolische Azidose zu einem Anstieg der Atemfrequenz führen können.

Einfach anzuwendende, automatisierte Messver- fahren der Atemfrequenz könnten die Akzeptanz der Bestimmung im Alltag erhöhen. Derzeit gibt es ver- schiedene Entwicklungen bei neuen Messverfahren, die – soweit sie kostengünstig valide Ergebnisse lie- fern – zukünftig in der Akutmedizin Einsatz finden könnten. Neben den von Hortmann et al. erwähnten Verfahren, könnten dies beispielsweise auch Analy- severfahren akustischer Phänomene der Atmung sein. (4).

DOI: 10.3238/arztebl.2015.0174 LITERATUR

1. Hortmann M, Heppner HJ, Popp S, et al.: Reduction of mortality in community-acquired pneumonia after implementing standardized care bundles in the emergency department. Eur J Emerg Med 2014;

21: 429-35.

2. Hoffken G, Lorenz J, Kern W, et al.: Epidemiology, diagnosis, antimi- crobial therapy and management of community-acquired pneumonia and lower respiratory tract infections in adults. Guidelines of the Paul-Ehrlich-Society for Chemotherapy, the German Respiratory So- ciety, the German Society for Infectiology and the Competence Net- work CAPNETZ Germany. Pneumologie 2009; 63: e1–68.

3. Woodhead M, Blasi F, Ewig S, et al.: Guidelines for the management of adult lower respiratory tract infections—full version. Clin Microbiol Infect 2011; 17: e1–59.

4. Sahgal N: Monitoring and analysis of lung sounds remotely. Int J Chron Obstruct Pulmon Dis 2011; 6: 407–12.

5. Strauß R, Ewig S, Richter K, König T, Heller G, Bauer TT: The prognos- tic significance of respiratory rate in patients with pneumonia—a ret rospective analysis of data from 705 928 hospitalized patients in Germany from 2010–2012. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 503–8.

Für die Autoren:

PD Dr. med. Richard Strauß Universitätsklinikum Erlangen Medizinische Klinik 1 richard.strauss@uk-erlangen.de

Interessenkonflikt

PD Strauß wurde für Beratertätigkeiten honoriert von Swedish Orphan Biovitrum, Biotest und Pfizer. Erstattung von Teilnahmegebühren von Kongressen erhielt er von Bayer Vital, Pfizer und Infetcopharm.

Er bekam Erstattung von Reise- und Übernachtungskosten sowie Honorare für die Vorbereitung von wissenschaftlichen Tagungen von Bayer Vital, Pfizer, Infectopharm und MSD.

PD Dr. med. Christian H. Nickel Prof. Dr. med. Roland Bingisser

Interdisziplinäre Notfallstation, Universitätsspital Basel

Prof. Dr. med. Michael Christ

Klinik für Notfallmedizin und Internistische Intensivmedizin Paracelsus Medizinische Privatuniversität Nürnberg michael.christ@klinikum-nuernberg.de Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Referenzen

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