• Keine Ergebnisse gefunden

Tiergestützte Interventionen und deren Einsatz im stationären Pflegesetting

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2021

Aktie "Tiergestützte Interventionen und deren Einsatz im stationären Pflegesetting"

Copied!
57
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

H o c h s c h u l e N e u b r a n d e n b u r g

Fachbereich Gesundheit, Pflege, Management

Studiengang Berufspädagogik für Gesundheitsfachberufe

TIERGESTÜTZTE INTERVENTIONEN UND

DEREN EINSATZ IM STATIONÄREN

PFLEGESETTING

B a c h e l o r a r b e i t

zur

Erlangung des akademischen Grades

Bachelor of Arts (B.A.)

Vorgelegt von: Mandy Krüger

URN: urn:nbn:de:gbv:519-thesis2017-0604-5

Betreuer: Prof. Dr. Wolfgang von Gahlen - Hoops

Zweitbetreuer: Prof. Dr. paed. Bedriska Bethke

(2)

2 „Tiere sind die besten Freunde.

Sie stellen keine Fragen und kritisieren nicht.“ Mark Twain (1835 – 1910) amerikanischer Schriftsteller

(3)

I

INHALTSVERZEICHNIS

ANHANGSVERZEICHNIS I

ABBILDUNGSVERZEICHNIS II

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS III

1. EINFÜHRUNG

3

2.

BEGRIFFSKLÄRUNGEN

5

2.1. Stationäres Pflegesetting

5

2.2.

Tiergestützte

Interventionen 6

2.2.1. Tiergestützte Interventionen im anglo-

6

amerikanischen Raum

2.2.2. Tiergestützte Interventionen im

8

deutschsprachigen Raum

3.

DIE

TIER-

MENSCH-

BEZIEHUNG 10

3.1. Die historische Entwicklung

10

3.2.

Erklärungsmodelle

11

3.2.1. Biophilie- Hypothese

12

3.2.2. Tiefenpsychologische Modelle

13

3.2.3. Anthromorphismus und Du- Evidenz

15

4. WIKUNGEN TIERGESTÜTZTER MAẞNAHMEN

17

4.1.

Psychosoziale

Wirkungen

17

(4)

II

5.

VORURTEILE

UND

PROBLEME

21

5.1.

Hygienebedenken

22

5.2. Unfälle und Personalbelastung

24

5.3.

Tierschutzfragen

25

5.4. „Nebenwirkungen“

27

6.

UMSETZUNGSMÖGLICHKEITEN 27

6.1. Aktuelle Umsetzung in Deutschland

27

6.1.1.

Tierbesuchsdienste

28

6.1.2. Heimtiere/ Stationstiere

30

6.1.3. Eigene Haustiere in Einrichtungen

31

6.2.

Zukünftige

Möglichkeiten

32

7.

FAZIT

34

LITERATURVERZEICHNIS

37

ANHANG

40

(5)

III

ANHANGSVERZEICHNIS

ANHANG I

Tabelle Grundlagen der

40

Verbundenheit zwischen

Mensch und Tier

ANHANG II

Übersicht der Tiereffekte

42

ANHANG III

Übersicht der Zoonosen (Hund)

46

ANHANG IV

Die zehn Bitten eines Hundes

50

an den Menschen

(Tierschutzverein Köln Porz)

ANHANG V

Grafische Übersicht der

51

(6)

IV

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abb. 1

Gemeinsam über Stock und Stein

2

(7)

V

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abb. Abbildung

AOK

Allgemeine Ortskrankenkasse

Bzw.

beziehungsweise

bzgl. bezüglich

BGB Bürgerliches

Gesetzbuch

DFG Deutsche

Forschungsgemeinschaft

Et al.

Et alii (und andere)

Hrsg. Herausgeber/ innen

IAHAIO International Association of Human- Animal Interaction

Organizations

Jhd.

Jahrhundert

NIH

National Institutes of Health

USA United

States

of

Amerika

Vgl.

vergleiche

v.Chr. vor Christus

(8)

3

1. EINFÜHRUNG

„Ich spreche mit ihm, wenn ich einsam bin, und ich weiß genau, er versteht mich, wenn er mich aufmerksam anschaut und sanft meine Hände leckt. An meinem besten Anzug reibt er seine Schnauze, aber ich sag´ keinen Ton: Weiß Gott! Ich kann mir neue Kleidung kaufen, aber niemals einen Freund wie ihn!“1 Dieses Sprichwort macht uns deutlich, wie eng eine Beziehung zwischen Mensch und Tier sein kann. Viele Menschen sehen in ihren Tieren viel mehr als nur einen Eierlieferanten oder einen guten Antrieb das Haus zu verlassen und sich mehr zu bewegen. Tiere sind heute nicht nur Nutztiere, sondern für immer mehr Menschen sogar Freund oder Partnerersatz. Im Jahr 2015 wurden in Deutschland etwa 30 Millionen Haustiere gehalten. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich auf Platz zwei hinter Russland. Den Größten Anteil dieser Erhebung nehmen Hunde und Katzen ein, wobei besonders der Anteil der Katzen in den Jahren zwischen 2008 und 2015 stark zugenommen hat.2 Als ich vor einigen Wochen eine Reportage sah, kam mir die Idee zu dieser Arbeit. Dort besuchten Besitzer eines Hofes für Reittherapie mit ihren Eseln regelmäßig einen Wohnverbund für schwerbehinderte Menschen. Mit ihrem hohen Einfühlungsvermögen und ihrem sensiblen Wesen finden die Tiere schnell einen Zugang zu den Bewohnern. Sie geben ihnen emotionale Nähe, Geborgenheit und Anerkennung. Unter Anleitung der Hofbesitzer dürfen die Bewohner die Tiere striegeln und streicheln. Ziel ist es, den Menschen eine Abwechslung im Alltag zu schaffen, einen Zugang zur Kommunikation mit anderen zu ermöglichen und ihnen eine Beschäftigung zu geben.3 Mir stellte sich die Frage, ob man die vielen positiven Eigenschaften des tierischen Gemüts und die große Beliebtheit von Tieren in Deutschland nicht auch stärker im pflegerischen Bereich nutzen könnte. Besonders zum Zeitpunkt des Pflegenotstandes und der absoluten Überforderung des Pflegesektors

1 Wegefarth, Wiliam Dayton (19. / 20. Jhd., Autor) 2 Vgl. Schwandt und Kröger (2016)

(9)

4 können uns tierische Helfer, trotz vieler Vorbehalte, vielleicht eine Unterstützung sein. Sie sind in der Lage Dinge zu leisten, zu denen die beste Pflegekraft nie in der Lage wäre. Um die Auseinandersetzung mit diesem Thema zu beginnen, möchte ich mich in dieser Arbeit zunächst mit einigen Begriffen auseinandersetzen. Was versteht man in Deutschland unter den Begriffen des stationären Pflegesettings, sowie der tiergestützten Inter-vention. Dabei sind natürlich auch ihre Ursprünge zu betrachten. Weiterhin soll es dann um die eigentliche Beziehung zwischen Menschen und Tieren gehen. Über Jahrtausende waren Tiere unsere Begleiter und trugen maßgeblich zu unserer eigenen Entwicklung bei. Im Weiteren muss dann untersucht werden, welche Wirkungen Tiere bei uns Menschen überhaupt auslösen und wofür diese im Bereich der Humanmedizin und Pflege eingesetzt werden können. Aktuell werden in Deutschland tiergestützte Maßnahmen nur in Therapieberufen oder im Bereich der ehrenamtlichen Unterstützung in Pflegeeinrichtungen eingesetzt, doch ihr Potential ist deutlich weitreichender. Dem gegenüber stehen viele Vorurteile bzgl. des Einsatzes von Tieren, speziell in stationären Einrichtungen, in denen sie in direkten oder auch indirekten Kontakt mit schwer erkrankten Menschen gelangen. Andere äußern wiederum tierschutzrechtliche Bedenken, wenn Tiere als Therapiebegleiter eingesetzt werden. Nachfolgend soll es um aktuelle Einsatzgebiete und Einsatzformen der tiergestützten Interventionen in Deutschland gehen. Zu guter Letzt müssen Vorschläge zusammen-getragen werden, wie die Umsetzung zukünftig durch Pflegekräfte erfolgen könnte. Großes Potential bzgl. des Einsatzes von Tieren in der Pflege wird im prophylaktischen Aufgabenbereich gesehen. Die Versorgung und der Umgang mit den Tieren könnten als Beschäftigung für alte oder kranke Menschen dienen. Weiterhin ist auch die Erfüllung von Bedürfnissen der körperlichen Nähe durch die Tiere denkbar. Pflegekräften könnte es durch ihre kleinen Helfer deutlich leichter gelingen in Gesprächskontakt mit Bewohnern oder Patienten zu kommen. Insgesamt ist zu erwarten, dass die Umsetzung von tiergestützten Maßnahmen in Bereichen mit erhöhter Verweildauer sinnvoller und einfacher zu gestalten ist.

(10)

5

2. BEGRIFFLICHKEITEN

2.1. Stationäres Pflegesetting

In Deutschland werden grundsätzlich zwei Versorgungsfelder unterschieden, das stationäre und das ambulante Pflegesetting. Der Begriff Setting meint dabei das Umfeld in dem zu pflegende Personen leben. Einige pflegebedürftige Menschen sind noch in der Lage in der Häuslichkeit zu verbleiben. Dort bewältigen sie ihren Alltag mit Unterstützung professioneller Pflegekräfte, der Familie oder auch ehrenamtlicher Helfer. Hierbei sprechen wir vom ambulanten Pflegesetting. Ist dies nicht der Fall, kommt die Versorgung durch eine stationäre Einrichtung in Betracht. Im Allgemeinen wird darunter die Unterbringung und Versorgung von Pflegebedürftigen nach dem Pflegebedürftigkeitsbegriff (§14 Abs. 1 SGB XI) in einer Einrichtung mit dauerhafter Aufsicht durch pflegerisches Fachpersonal verstanden.4 Unterschieden wird hierbei nochmal in vollstationäre Pflege, teilstationäre Pflege und Kurzzeitpflege.5 Die vollstationäre Pflege von Pflegebedürftigen

umfasst die Betreuung in Pflegeheimen (§43 SGB XI), Einrichtungen für Menschen mit Behinderung (§43a SGB XI), aber auch in Krankenhäusern oder Hospizen wird während eines Aufenthaltes stationäre Pflege gewährleistet. Hier erfolgt die Versorgung jedoch nicht auf Basis des Pflegebedürftigkeitsbegriffs, sondern nach §39, 39a SGB V.6 Unter teilstationärer Pflege wird die Versorgung in Tages- oder Nachtpflege-einrichtungen verstanden. Sie ist in §41 SGB XI geregelt und beinhaltet die zeitweise Betreuung durch Fachpersonal. Die Kurzzeitpflege wird geregelt in (§ 42 SGB XI) und greift, wenn Pflegebedürftige nur für einen begrenzten Zeitraum auf vollstationäre Pflege angewiesen sind. Dies geschieht bspw. bei einem Übergang vom Krankenhaus in die ambulante Versorgung oder auch bei Verhinderungspflege, sowie in Krisensituationen.7 Häufig werden

4 Vgl. Wagner (2011) 5 Vgl. AOK (2017)

6 Vgl. Nomos Gesetze (2017), S. 1591 f. 7 Vgl. Nomos Gesetze (2017), S. 1986 ff.

(11)

6 ambulante und teilstationäre Pflege kombiniert erbracht, bspw. wenn Pflegebedürftige noch in ihrer eigenen Wohnung leben, durch einen ambulanten Pflegedienst unterstützt werden und zusätzlich tagsüber eine Tagespflegeeinrichtung besuchen. Im Rahmen dieser Arbeit möchte ich mich auf alle Menschen beziehen, die in einer Einrichtung dauerhaft oder nur übergangsweise pflegerisch versorgt werden. Diese Einteilung erfolgt unabhängig von gesetzlichen Regelungen und Kostenträgern und beinhaltet unter anderem die pflegerische Versorgung in Krankenhäusern, Pflege-heimen, Hospizen, Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Kurzzeitpflege, sowie Rehabilitationseinrichtungen.

2.2 . Tiergestützte Interventionen

2.2.1. Tiergestützte Interventionen im anglo- amerikanischen Raum

Die Ursprünge tiergestützter Interventionen liegen im anglo-amerikanischen Raum. Dazu zählen die USA, Kanada, Australien, aber auch England. Deshalb möchte ich zunächst auf die Begrifflichkeiten des anglo- amerikanischen Raumes näher eingehen. Unterschiedliche Bezeichnungen der tiergestützten Interventionen wurden dort bereits in den 1970er Jahren gebraucht. Erste offizielle Vorgaben zur Abgrenzung verschiedener Begrifflichkeiten gab es dann zum Ende des 20. Jahrhunderts durch die damalige Delta Society8 (heute Pet Partners)9. Als einer der ersten und zugleich ältesten Begriffe ist hier die Pet Therapy zu nennen. Hierunter werden alle Versuche zusammengefasst, Tiere bzw. Haustiere für therapeutische Zwecke einzusetzen. Abgelöst wurde dieser Begriff schließlich recht schnell von der Pet-Facilitated Therapy. Übersetzt man diesen, kommt hier nun zum ersten Mal der Begriff „tiergestützt“ zum Einsatz. Dieser Zusatz sollte verdeutlichen, dass die Tiere nicht als Ersatz des Therapeuten dienen, sondern lediglich eine Unterstützung des

8 Vgl. Vernooij und Schneider (2013), S. 29 ff.

(12)

7 professionellen Therapeuten im therapeutischen Prozess darstellen. Diese Begrifflichkeit legte auch den Grundstein dafür, die Tier- Mensch- Beziehung als einen wissenschaftlichen Bereich anzuerkennen. Im weiteren Verlauf fand nun eine Spezialisierung statt. Aus dem Begriff Therapy wurde Psychotherapy. Damit fand eine Weiterentwicklung statt, so dass nun die Rede von der Pet- Facilitated Psychotherapy war. Ziel hierbei war es, die Wirkung der Tiere auf die Psyche des Menschen zu betonen. Der Oberbegriff der Therapie war den Wissenschaftlern zu ungenau geworden. Zu dieser Zeit wurde die Wirkung der Tiere eher unter tiefenpsychologischen Aspekten betrachtet und musste somit von einer reinen Ergotherapie oder Verhaltenstherapie abgegrenzt werden. Die Pet- Facilitated Psychotherapy kann also als eine der ersten Unterformen der Pet- Facilitated Therapy gesehen werden. Da genau genommen unter dem Begriff pet nur domestizierte Haustiere, wie Hunde oder Katzen zusammengefasst werden, wurde die Begrifflichkeit weiterentwickelt zur Animal- Facilitated Therapy. Dieser Begriff sollte zum Ausdruck bringen, dass auch andere Arten für therapeutische Zwecke eingesetzt werden können. Trotz dieser Spezi-fizierungen blieb lange Zeit der Begriff Pet- Facilitated Therapy der allgemein gebräuchliche Ausdruck. Im Jahr 1977 kam es in den USA zur Gründung der Delta Society (heute Pet Partners), welche immer noch die führende Quelle für Informationen bzgl. des tiergestützten Einsatzes und der Tier- Mensch- Beziehung ist. Durch sie fand erstmalig eine konkrete Unterscheidung zwischen Animal-Assisted Activities und Animal- Assisted Therapy statt. Mit den Animal- Assisted Activities sind Aktivitäten gemeint, bei denen die bloße Anwesenheit von Tieren positiv auf die Stimmung oder auch das Wohlbefinden von Menschen einwirkt. Sie können auch als meet and greet activities bezeichnet werden und umfassen lediglich den Besuch eines Tieres mit seinem Besitzer in Einzelsitzungen oder Gruppentreffen. Der Unterschied zum therapeutischen Einsatz besteht darin, dass keine konkreten Ziele angestrebt werden und auch keine Dokumentation stattfindet. Die Animal- Assisted Therapy hingegen ist eine Intervention, die genaue Zielstellungen verfolgt. Ein Tier mit besonderen Merkmalen ist Teil eines

(13)

Behandlungs-8 prozesses. Auch werden diese Interventionen nicht durch Ehrenamtler und ihre Tiere, sondern ausgebildete Experten durchgeführt. Zielstellung hierbei ist die Förderung oder Verbesserung von körperlichen, sozialen, emotionalen oder kognitiven Funktionen eines Patienten. Es lassen sich also drei Grundlegende Merkmale benennen, die zur Bezeichnung einer Intervention als Animal- Assited Therapy erfüllt sein müssen: Zielstellung, Dokumentation, sowie Evaluation und die Professionalität der Durchführung, die z.B. durch eine Krankenschwester oder einen Therapeuten gewährleistet wird.10 Hierbei

ist zu sagen, dass im anglo- amerikanischen Sprachraum die Umsetzung von tiergestützten Interventionen durch Pflegepersonal ausdrücklich betont wird.

2.2.2. Tiergestützte Interventionen im deutschsprachigen Raum

Wenn man sich nun den deutschsprachigen Raum genauer anschaut, so stellt man fest, dass es hier keine einheitliche Definition gibt. Zwar gibt es auch in Europa Verbände im Zusammenhang mit tiergestützten Interventionen, jedoch herrscht rege Uneinigkeit zwischen den beiden Dachverbänden, European Society for Animal Assisted Therapy (ESAAT) und International Society for Animal- Assisted Therapy (ISAAT). Eine Ursache für das Definitionschaos liegt in dem fehlenden Berufsbild mit einer zugehörigen curricular festgelegten Ausbildung. So kann in Deutschland kein Therapeut, der unter Einbezug von Tieren arbeitet, als „ Therapeut für tiergestützte Maßnahmen “ bezeichnet werden. Der Grund hierfür liegt in der Uneinigkeit darüber, welche Grund- und Zusatzqualifikationen dafür vonnöten seien. Tiergestützte Interventionen werden somit in Deutschland lediglich als Zusatzangebot im Grundberuf betrachtet. Dies hat auch zur Folge, dass in der Literatur vielfältigste Begriffe verwendet werden. Dazu zählen die tiergestützte Aktivität, die tiergestützte Förderung, die tiergestützte Pädagogik, sowie die tiergestützte Therapie. Auch im deutschsprachigen Raum entspricht das Verständnis der tiergestützten Aktivität der des anglio-

(14)

9 amerikanischen Raumes, weshalb ich an dieser Stelle nicht noch einmal genauer darauf eingehen werde. In Deutschland finden unter dieser Bezeichnung die Tierbesuchsdienste oder auch Streichelzoos und Aquarien in Einrichtungen ihre Zuordnung. Da sie durch Laien ausgeführt werden, kommt dieser Einsatzbereich für pflegerische Interventionen im Sinne dieser Arbeit nicht in Betracht. Schließlich ist die Pflege eine durch professionelle Kräfte erbrachte Dienstleistung und ein staatlich anerkanntes Berufsfeld. Eine tiergestützte Förderung hingegen meint den Einsatz von Tieren als helfende Intervention, um Ressourcen zu stärken, Ziel ist die Förderung von entwicklungsfortschritten z.B. bei Kindern mit Entwicklungsproblemen oder Menschen mit Beeinträchtigungen. Hierbei geht es jedoch nicht um Assistenzleistungen, sondern darum, über bisherige Grenzen des Agierens oder Zulassens hinaus zu gehen. Dieser Bereich ist laut Definition und Literatur denkbar für den pflegerischen Einsatz im Psychologischen Bereich oder der Versorgung von Kindern mit Entwicklungsstörungen. Die tiergestützte Pädagogik umfasst Interventionen, die Lernprozesse initiieren sollen. Ziel des Einsatzes von Tieren im pädagogischen Bereich ist es, einen Lernfortschritt in den Bereichen der sozialen und emotionalen Lernprozesse zu erzielen. Auch auf diesen Bereich möchte ich nicht weiter eingehen, da er in seiner Definition nicht den inhaltlichen Kern einer Intervention trifft, die im stationären Pflegealltag nur selten Anwendung finden kann. Zu guter Letzt bleiben auch im deutschsprachigen Raum die tiergestützten Therapien übrig. Genau wie im anglo- amerikanischen Raum werden hierunter tiergestützte Interventionen verstanden, die zielgerichtet sind. Wichtig ist auch eine vorausgegangene Situations- und Problemanalyse. Weiterhin umfasst die tiergestützte Therapie ein konkretes Therapieziel und einen Therapieplan. Als Grundständiges Ziel wird die Verhaltens-, Erlebnis- und Konflikt-bearbeitung zur Stärkung und Verbesserung der Lebensgestaltungs-kompetenz benannt. Die Ausführung erfolgt durch professionell ausgebildete Therapeuten, wobei hier keine Pflegepersonen dazu gezählt werden.11 Aus

(15)

10 diesem Grund und weil es sich um eine der einzigen offiziellen Definitionen handelt beziehe ich mich in dieser Arbeit auf die Definition der Animal Assisted Therapy aus dem anglo- amerikanischen Raum.

3. DIE TIER- MENSCH- BEZIEHUNG

3.1. Die historische Entwicklung

Die Beziehung zwischen Menschen und Tieren beeinflusste im Laufe der Zeit die Entwicklung des Menschen und steht im engen Zusammenhang mit verschiedensten Religionen und Riten. Zunächst wurden Tiere durch den Menschen vergöttert, dann wieder verachtet. Doch immer scheinen Tiere mehr oder weniger ein Partner des Menschen gewesen zu sein. Zur Zeit der frühen Hochkulturen, die sich ab dem 4. Jahrtausend v.Chr. entwickelten, wurden Dämonen oder Götter in Form von Tiergestalten verehrt und gefürchtet. Hier liegt der Ursprung des ethischen Umgangs des heutigen Menschen mit Lebewesen. Tiere wurden in verschiedensten Religionen als dem Menschen überlegen angesehen, was ihn nicht immer von der Tiertötung abhielt. Nachzuvollziehen ist dies jedoch durch verschiedenste Entschuldigungsriten. Die tierischen Lebewesen auf Erden dienten somit als direkter Vermittler zwischen Menschen und Göttern. In der weiteren Entwicklung, besonders im Bereich des jüdisch- christlichen Glaubens, der durch Viehzuchtkultur geprägt ist, diente das Tier eher als materielle Grundlage (Fleischlieferant oder Arbeitsmittel). Hier erfolgte eine erste Umkehr zur herrschenden Stellung des Menschen gegenüber den Tieren. Die Einstellungen und Gedanken des Judentums sind maßgeblich für die heutige Trennung zwischen Mensch und Tier. Im weiteren Verlauf der geschichtlichen Entwicklung befassten sich auch unzählige Philosophen, wie Decartes und Montaigne, mit der Beziehung zwischen Mensch und Tier. Im 16. Jhd. stand zur Frage, ob Tiere eine Seele hätten. Allgemein setzte sich zu dieser Zeit der Gedanke durch, dass dies nicht der Fall wäre. Das hatte zur Folge, dass den Tieren auch sämtliches Leiden oder Schmerzempfinden

(16)

11 abgesprochen wurde. Damit stand der Idee, Tiere als Forschungs- und Erprobungsgegenstände zu nutzen, nichts mehr im Weg. Erst mit dem Übergang zum Idealismus im 18. und 19. Jhd. wurden ältere Ansichten überdacht (Kant, Hegel, Fichtes). Doch weiterhin waren die Gedanken geprägt durch die absolute Vorrangstellung des Geistes gegenüber der Natur. Erst mit ethischen Reflexionen des Philosophen Rousseau zeichneten sich neue Ebenen zwischen Mensch und Tier ab. Man entdeckte Gemeinsamkeiten im Bereich des Fühlens und der Sensibilität zwischen. Dies hatte zur Folge, dass das ethische Handeln gegenüber Tieren grundlegend überdacht wurde. Dieses Wissen setzte sich jedoch nur langsam durch. Im Zeitalter der Industrialisierung (19 und 20. Jhd.) war das Tier überwiegend Nahrungslieferant, Lastenträger, Arbeitsmittel, aber auch Statussymbol. Mit dem Einzug von Maschinen in den Alltag der Menschen entwickelten sich große Mastbetriebe. Das Tier wurde eine Sache und so wird es auch heute noch rechtlich behandelt. Doch gab es nun durch Wissenschaft, Philosophie und andere soziale Gruppen auch erste Bestrebungen in die Richtung der Tierethik und des Tierschutzes. Heute hat sich das Tier vom reinen Nutztier als Nahrungslieferant und Arbeitshelfer zum Freund und Partner des Menschen entwickelt.12

3.2. Erklärungsmodelle

Mit der besonderen Beziehung zwischen Mensch und Tier haben sich im Laufe der Zeit verschiedenste Personen auseinandergesetzt. Sie sollen uns helfen, die Beziehung und deren Wirkung auf den Menschen zu verstehen. Viele Ansätze ähneln sich in ihrem Erklärungsursprung und beschreiben, dass Tiere mit dem Menschen durch eine verwurzelte Verbindung zusammengeführt werden. Sie machen uns Menschen eigene, tiefere Ebenen bewusst, die sonst häufig unberührt bleiben. An dieser Stelle ist zu sagen, dass es sich in dieser Arbeit nur um einen Teil von zahlreichen

(17)

12 Erklärungsansätzen handelt, die ich für diese Arbeit als wichtig und sinnvoll erachte.

3.2.1. Biophilie- Hypothese

Der erste Erklärungsansatz der Beziehung zwischen Mensch und Tier, auf den ich eingehen möchte, ist die Biophilie- Hypothese. Sie hat ihre Wurzeln in der Evolutionstheorie und wurde von Edward Osborne Wilson, einem amerikanischen Insektenkundler und Biologen in Kooperation mit Kellert hervorgebracht.13 Der Begriff Biophilie kommt aus dem altgriechischen und

bedeutet so viel wie die Liebe zum Lebendigen. Die Biophilie- Hypothese geht davon aus, dass der Mensch sich im Rahmen der Evolution stets gemeinsam mit anderen Lebewesen in der Natur weiterentwickelte. Deshalb besitzt er eine biologisch begründete Verbundenheit mit der Natur und ihren zahlreichen Bewohnern. Dabei handelt es sich keineswegs nur um einen reinen Instinkt, sondern um ein komplexes Regelsystem, welches das Verhalten und die Gefühle, aber auch weitere Bereiche der menschlichen Entwicklung betrifft. Gemeinsam wiesen Wilson und Kellert nach, dass es dem Menschen ein Bedürfnis ist, sowohl zur belebten als auch zur unbelebten Natur eine Bindung aufzubauen.14 Diese Beweise beruhen auf eigenen Beobachtungen und Erfahrungen, sowie einiger Feldexperimente.15 Trotz der Notwendigkeit der Beziehung zur Natur entfremdete der Mensch sich im Laufe der Zeit zunehmend von ihr. Im Zuge der Industrialisierung und Urbanisierung war der Mensch nicht in der Lage sich entsprechend an die neue Umwelt anzupassen. Deshalb ist das menschliche Erleben und Verhalten noch immer auf eine natürliche Umgebung abgestimmt. Als daraus resultierende Folgen benennen Wilson und Kellert psychische und emotionale Störungen, sowie eine wachsende Bindungsunsicherheit unter

13 Vgl. Hegedusch E. und Hegedusch L. (2007), S. 37. 14 Vgl. Vernooij und Schneider (2013), S. 4 f.

(18)

13 den Menschen. Um dieser Entfremdung entgegenzuwirken und die Gesunderhaltung zu gewährleisten, ist für uns Menschen die Beziehung zu Tieren und der Natur essentiell notwendig.16 Kellert benennt neun Kategorien, welche als biologische Grundlage für die Verbundenheit zwischen Mensch und Tier stehen. Auf diese möchte ich in dieser Arbeit jedoch nicht weiter eingehen. Eine tabellarische Auflistung der Kategorien befindet sich im Anhang. Auch Olbrich (Professor der Psychologie) stimmt mit den Grundlagen der Biophilie- Hypothese überein. Er ist der Meinung, dass der Kontakt zwischen Mensch und Tier zwar nicht biochemisch oder instrumentell auf kranke Organismen wirken kann. Jedoch denkt er, dass Tiere die Beziehungen zwischen Menschen und ihrer belebten und unbelebten Umwelt bereichern und stärken.17 Die Grundlagen dieser Hypothese stammen zwar aus der psychologischen Forschung, jedoch gibt uns dieser Erklärungsansatz keine genauere Erläuterung der innerpsychischen Prozesse. Deshalb werde ich nun auf die Tiefen-psychologischen Erklärungsmodelle eingehen.18

3.2.2. Tiefenpsychologische Modelle

Im Rahmen der Tiefenpsychologischen Ansätze erfolgt die Suche nach Erklärungen der Beziehung zwischen Mensch und Tier eher in Prozessen, die im Unterbewusstsein ablaufen. Olbrich und Gerhard sagen bspw. dass Kinder von Beginn ihres Lebens an, eine tiefe Verbundenheit zu ihrer materiellen und besonders zu ihrer lebenden Umwelt besitzen. Darunter ist vorrangig die Beziehung zu Tieren zu verstehen. Diese Beziehung zur lebenden Umwelt ist für die Kinder persönlichkeitsformend und zeichnet sich durch eine fehlende Reflexion und eine fehlende Konstruktion des eigenen Lebensraums aus. Diese Annahme stützen Olbrich und Gerhard auf

16 Vgl. Germann-Tillmann, Merklin und Stamm Näf (2014), S. 27. 17 Vgl. Vernooij und Schneider (2013), S. 6.

(19)

14 psychoanalytische Theorien, die davon ausgehen, dass ein Neugeborenes noch nicht in der Lage ist eine Abgrenzung zwischen sich und seiner Umwelt zu erfahren. Dies bildet die Grundlage für das Gefühl der Verbundenheit mit allem, was das Kind umgibt. Im Rahmen der Entwicklung unterscheiden Kinder dann zunehmend zwischen sich und ihrer belebten als auch unbelebten Umwelt. Aufgrund der zivilisatorischen Prägung, die wir Menschen im Rahmen unserer Entwicklung erfahren kann die ursprüngliche Verbundenheit mit der Natur überdeckt werden. Im Unterbewusstsein besteht diese Verbundenheit jedoch weiter, so dass sie zu einem späteren Zeitpunkt des menschlichen Lebens auch wieder aktiviert werden kann. Da im Erwachsenenalter der Fokus eher auf bewusst gesteuerten Prozessen liegt, wird ein Kontakt zu tieferen Ebenen kaum möglich und somit auch der Kontakt zu anderen Lebewesen ausgeschlossen. Hier sieht Olbrich auch die Wirkung von Tieren auf den Menschen begründet. Der intensive Kontakt zu Tieren führt zu einer Integration der bewussten und auch unbewussten Prozesse. Auch Jung sieht diesen Zustand der Integration als erstrebenswert an. Er ergänzt jedoch, dass dieser erst nach der Mitte des Lebens erreicht werden kann, da erst in dieser Phase der Entwicklung ein ausreichender Ich- Komplex und ein gestärktes Bewusstsein des Menschen besteht. Dies ist Voraussetzung, um die eigene Aufmerksamkeit auf eigene innere Prozesse lenken zu können. Hiermit begründet Olbrich die große Bedeutung innerpsychischer Prozesse bei der Beziehung zwischen Mensch und Tier, jedoch auch eine hohe Relevanz von Tierkontakten in der Kindheit und im hohen Alter. Seine und die Annahmen seiner Forschungskollegen lassen darauf schließen, dass ein vermehrter Kontakt zu Tieren in der Kindheit positive Effekte im Alter ermöglichen. Diese könnten besonders im Bereich der Versorgung von demenziell erkrankten Menschen genutzt werden.19

(20)

15

3.2.3. Anthromorphismus und Du- Evidenz

Ein weiterer Ansatz die starke emotionale Verbindung zwischen Mensch und Tier zu begründen liegt in der Anthromorphisierung von Tieren und der daraus resultierenden Du-Evidenz. Diesen Begriff prägte Karl Bühler bezogen auf den zwischenmenschlichen Bereich. 1931 versuchte dann Geiger den Begriff der Du- Evidenz erstmals auf die Tier- Mensch- Beziehung zu übertragen.20 Unter Anthromorphismus oder auch Animismus

verstehen Ethnologen ein Grundverständnis der Beseeltheit und Belebtheit von Tieren und der unbelebten Natur. Dies umfasst die Annahme, dass auch Tiere menschliche Emotionen und Eigenschaften besitzen. Ausgangspunkt für diese Annahme ist, dass der Mensch nur Beziehungen eingeht oder Kontakt aufnimmt, wenn sein Gegenüber ausreichende Gemeinsamkeiten in Lebens- und Gefühlsäußerungen aufweist. Besonders Kinder haben eine stark ausgeprägte animistische Vorstellung und bringen diese in anthromorphem Denken zum Ausdruck. Dies geschieht, indem sie Tiere als sich ähnlich einstufen und ihnen Gefühle und Erfahrungen zusprechen. Eine soziale Beziehung zwischen Mensch und Tier kann also laut Anthro-morphismus nur entstehen, wenn beide sich gegenseitig als Du- evident wahrnehmen. Dies bedeutet, dass das Gegenüber als du wahrgenommen wird. Das geschieht dann, wenn das Gegenüber seine Anonymität verloren hat und seine Individualität, sowie sein tieferes Wesen zum Vorschein kommen. Theodor Geiger bezeichnet dies auch als eine Überwindung der „Niveauspannung“. Die Interaktion zwischen Mensch und Tier versteht man in diesem Zusammenhang als eine Abfolge von Lernkontexten. Als tierische Voraussetzungen werden ein einfacher Perspektivwechsel und die Fähigkeit, Vermutungen und Wünsche über Vermutungen und Wünsche des Gegenübers zu entwickeln, benannt. Bei uns Menschen lösen derartige Tierkontakte eine emotionale Berührtheit aus. Je nachdem in welchem Ausmaß solche Interaktionen erfolgen, kann mehr oder weniger eine Du- Evidenz entstehen. Die Folge ist dann eine weitere Vermenschlichung des

(21)

16 Tieres. Ein typisches Merkmal der Personalisierung des Tieres ist die Namensgebung. Durch sie wird das Tier zu einem Individuum, zum Empfänger von Kommunikation und Zuwendung, sowie letztendlich zu einem vollwertigen Mitglied der Familie mit eigenen Bedürfnissen und Rechten. Auch menschliche Gebräuche werden auf die Tiere übertragen. Beispiele hierfür sind Tierbestattungen, Geschenke oder auch ein Grußverhalten ihnen gegenüber. Als weiterer Auslöser dieser Verhaltensweisen beschrieb Konrad Lorenz das „Kindchenschema“. Demnach fühlt der Mensch sich strak zu allem hingezogen, was große Augen, einen großen Kopf im Verhältnis zum Körper oder auch einen pummeligen Körper besitzt. Laut Lorenz hängen diese Reaktionen mit der Ähnlichkeit dieser Eigenschaften bei den eigenen Kindern zusammen. Somit wird ein Gefühl der Zuwendung und Pflege ausgelöst. Zusätzlich sorgt aber auch das Fell für eine besondere Wirkung bei uns Menschen. Schon die bloße Vorstellung das kuschelige Fell zu berühren, löst bei uns Emotionen aus. Begründet ist dies in der gemeinsamen Evolutionsgeschichte. So wie es auch heute bei Tieren noch üblich ist, diente auch bei uns zu frühen Zeiten die gegenseitige Fellpflege als Kontaktquelle.21 In Bezug auf die tiergestützte Intervention bedeutet Du- Evidenz, die Auswahl eines Tieres aus einer Masse von Tieren. Diesem Tier wird ein Name gegeben und es wird zu unserem Beziehungspartner. Dieses Partnerschaftsgefühl kann subjektiv sein und auch nur einseitig vorliegen. Es kommt lediglich darauf an, dass eine emotionale Zuwendung zu einem anderen entsteht. Diese Zuwendung ist die Voraussetzung der tiergestützten Interventionen.22 In der Tatsache, dass die Du- Evidenz eine partner-schaftliche Beziehung zwischen Menschen und Tieren entstehen lässt, besteht auch die Voraussetzung für den therapeutischen Einsatz von Tieren. Ein Risiko liegt jedoch in der übertriebenen Vermenschlichung, die zu einer pathologischen Mensch- Tier- Beziehung führen kann.23

21 Vgl. Hegedusch E. und Hegedusch L. (2007), S. 42f.

22 Vgl. German- Tillmann, Merklin und Stamm Näf (2014), S. 26. 23 Vgl. Hegedusch E. und Hegedusch L. (2007), S. 44 f.

(22)

17

4. WIRKUNGEN TIERGESTÜTZTER

INTERVENTIONEN

Die Wirkungen, die Tiere bei uns Menschen auslösen sind sehr vielfältig. Ihre Wirkmechanismen sind durchaus ganz anderer Art, als wir es von Medikamenten kennen. Sie sind so vielfältig und von Mensch zu Mensch verschieden, so dass ihr Wirkungszusammenhang nicht nur auf eine Ursache zurückgehend beschrieben werden kann. Hinzuzufügen ist auch, dass im Gegensatz zu einer medikamentösen Therapie die Wirkung nicht invasiv hervorgerufen wird, sondern durch das eigene Bewusstsein. Auch spielt das menschliche Unterbewusstsein, wie auch schon aus den Erklärungen der Tier- Mensch- Beziehung hervorgeht hierbei eine größere Rolle.24 Seit den 80er und 90er Jahren mehren sich Forschungen, experimentelle Untersuchungen und groß angelegte Surveys zu diesem Thema. Trotzdem verfügt dieser Wissenschaftsbereich noch nicht über einen ausreichenden gesicherten Forschungsstand. Viele Untersuchungen verweisen auf „positive Effekte, zwar nicht immer und überall, aber oft und für viele unter bestimmten Bedingungen und in bestimmten Kontexten“.25

4.1. Psychosoziale Wirkungen

Als erstes möchte ich mich mit den psychischen Wirkungen ausein-andersetzen, die durch Tierkontakte hervorgerufen werden können. Nur sehr wenige Menschen sind unbeeindruckt davon, wenn ein Hund mit wedelndem Schwanz auf sie zuläuft oder eine Katze genüsslich durch ihre Beine streift. Selbst wenn eine Ziege mit geneigtem Kopf um etwas bettelt, würde das Herz der meisten Menschen berührt werden. Worin diese Reaktionen begründet liegen haben wir bereits in Kapitel zwei herausgefiltert. Die Wirkungen auf die Psyche des Menschen hat unter anderem auch Otterstedt

24 Vgl. Germann- Tilmann, Merklin und Stamm Näf (2014), S. 55f. 25 Vgl. Nestmann (2005), S. 452.

(23)

18 im Jahr 2001 zusammengetragen. Der Kontakt mit Tieren fördert nachweislich das allgemeine Wohlbefinden der Menschen. Cusack und Smith belegen, dass besonders für gänzlich zurückgezogene, mehrfach behinderte, stark regredierte und verwahrloste alte Menschen durch Tiere in externen und internen Klinikaktivitäten die Verrichtung alltäglicher Aktivitäten verbessert werden können. Für viele Menschen wurde das Tier sogar zu der „Bezugsperson“ ihres Lebens.26 Weiterhin verringert sich mit einem Tier im

Haus das Gefühl der sozialen Einsamkeit. Tiere sind für viele Menschen, die bereits Angehörige oder gar ihre Partner verloren haben eine Art Ersatzmittel. Somit ist die Anwesenheit von Tieren auch förderlich für die Stärkung des Selbstbewusstseins und Selbstwertgefühls der Betroffenen.27 Diese Erfahrung der entgegengebrachten bedingungslosen Zuneigung des Tieres, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass diese Erfahrungen der Interaktion auch auf soziale Situationen mit Menschen übertragen werden. Mitunter können so verschollene Bedürfnisse nach sozialen Kontakten wieder aktiviert werden. Ist die erste Kontaktsperre zu anderen Menschen überwunden, kann es bei anfänglichen Rückschlägen für die Betroffenen durch tierische Unterstützung leichter sein, diese frustrierenden Gefühle auszuhalten und neue Versuche zu starten.28 Fogle beschreibt in einem Einzelfallbericht eine demenziell erkrankte Frau, die durch einen zufälligen Kontakt mit einem Hund ihren bereits fortgeschrittenen Rückzug aus ihrer Lebenswelt durchbricht und wieder beginnt zu kommunizieren.29 Ein weiterer positiver Effekt ist auch die antidepressive und antisuizidale Wirkung von Tieren.30 Die reine Anwesenheit eines Tieres kann zur Folge haben, dass starke Erregungszustände positiv beeinflusst werden. Sie führen zur Beruhigung und Entspannung und Reduktion von Stress in bestimmten Situationen. Beck und Katcher wiesen nach, dass bspw. das Beobachten von Zierfischen in

26 Vgl. Nestmann (2005), S. 449 f.

27 Vgl. Germann- Tillmann, Merklin und Stamm Näf (2014), S. 55f. 28 Vgl. Vernooij und Schneider (2013), S.118 f.

29 Vgl. Nestmann (2005), S. 450.

(24)

19 einem Aquarium beim Warten auf den Zahnarztbesuch bei der Stressverarbeitung unterstützen kann.31 Nicht zu unterschätzen ist auch die Sinnhaftigkeit und die Vorgabe einer Alltagsroutine, die durch ein zu versorgendes Tier hervorgerufen werden kann und die für einige Menschen essentiell ist, um den eigenen Alltag überhaupt bewältigen zu können.32 Aus Einzelfallberichtungen nach Fogle geht auch hervor, dass eine psychiatri-sierte Frau über das Verhaltenstraining ihres aggressiven Hundes wieder begann ihr Leben in die Hand zu nehmen und soziale Kontakte aufbaute. Außerdem ist eine höhere Anzahl von Kurzkontakten in einer englischen Parkanlage durch Messent nachgewiesen worden. Die Erstansprache erfolgte dabei stets über das Begleittier. Dieses Phänomen kann ich auch aus eigener Erfahrung in der Nachbarschaft bestätigen. Seit dem ich Hundebesitzer bin, sind die meisten Kontakte mit den Nachbarn ebenfalls über die Erstansprache zum Thema Hund entstanden.

4.2. Wirkungen auf den Körper

Neben den zahlreichen positiven Auswirkungen auf die Psyche des Menschen, gibt es auch zahlreiche Wirkungen auf den menschlichen Körper. Eine repräsentative Studie von Heady und Grabka (2004) weist nach, dass in Deutschland Tierbesitzer seltener zum Arzt gehen und somit geringere Kosten für die medizinische Versorgung verursachen, als Menschen, die keine Haustiere besitzen. Dieser Effekt blieb auch nach Überprüfung von den Faktoren Alter, Geschlecht, Partnerschaft oder auch des Einkommens bestehen. Weiterhin konnten Heady und Grabka herausarbeiten, dass der Effekt jedoch nur dann wirklich zum Tragen kam, wenn das Tier schon länger bei dem Besitzer lebte und somit zwischen den beiden eine Beziehung bestand. Allerding war auch nachweisbar, dass die Gesundheitskosten bei Verlust des eigenen Tieres kurzfristig ansteigen. Schlappack und Niepel

31 Vgl. Nestmann (2005), S.449.

(25)

20 beschreiben mehre Wirkungen auf den menschlichen Körper in ihren Veröffentlichungen. Dazu zählen die Reduktion von Stress und Stresssymptomen, sowie die Beruhigung des Nervensystems. Durch die Tiere kommt es nachweislich zu einer erhöhten Endorphinfreisetzung. Des Weiteren erfolgt eine Ablenkung von eventuell bestehenden Schmerzen und das Immunsystem der Menschen, die in Kontakt mit Tieren treten wird gestärkt. Zu guter Letzt ist die positive Wirkung auf den Blutdruck und die Herzfrequenz zu nennen.33 Aus diesen Wirkungen resultiert eine

Risikominderung an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkranken. Auch für den Bereich der körperlichen Wirkungen auf den Menschen gibt es bereits zahlreiche Untersuchungen. Eine vielzitierte Studie ist die Untersuchung von Friedmann et al.. Sie bestätigt eine deutlich bessere Überlebenschance und höhere Lebenserwartung von Menschen mit Haustieren. Über zwölf Monate hinweg nahmen Patienten mit einer im Krankenhaus behandelten Angina Pectoris oder eines Herzinfarktes an einer Untersuchung teil. Von den 92 begleiteten Patienten überlebten 78 Personen das ganze Jahr. Hierbei wurde ersichtlich, dass neben anderen untersuchten Einflussbereichen (Risiko-patienten, Berufsstress, Leistungsdruck, Konfliktbeziehung) nur der Faktor Heimtierbesitz durchgängig von Bedeutung war. Von der Gesamtzahl der beobachteten Patienten wurden 53 Personen von ihren Haustieren zu Hause begrüßt. Von ihnen lebten nach einem Jahr noch 50 Patienten. Von den verbleibenden 39 Patienten ohne Haustier lebten hingegen nur noch 28 Personen. Diese Ergebnisse konnten nach Ausschluss anderer Faktoren (besserer Gesundheitszustand, besseres Gesundheitsverhalten, ökono-mische, ökologische und soziale Kontexte) allein durch die Beziehung der Halter zu ihrem Haustier erklärt werden. In späteren Untersuchungen fokussierte man sich eher auf die Untersuchung der Wirkung auf Blutdruck und Kreislaufwerte. Dabei konnten Katcher et al. herausfinden, dass beim Streicheln eines Hundes der Blutdruck stärker sank als durch bloßes still sitzen. Sogar die reine Anwesenheit des Hundes in einem Raum hat schon

(26)

21 positive Auswirkungen auf den Blutdruck. Auch die Versorgung und Pflege eines Tieres kann Auswirkungen auf unser menschliches Verhalten haben. So konnte ebenfalls nachgewiesen werden, dass die Versorgung eines Haustieres auch zu einer gesünderen Ernährung und einer besseren Körperpflege bei den untersuchten Personen führte. Auch hier zeigt sich ein positiver Einfluss auf das Gesundheitsverhalten der Tierbesitzer.34 Trotz der beeindruckenden Wirkungen ist an dieser Stelle auch zu sagen, dass die Wirkungsursachen und –zusammenhänge trotz vieler Untersuchungen nicht ausreichend erklärt werden können. Zusätzlich ist auch wichtig, dass Tierkontakte nicht das Universalheilmittel sind und menschliche Kontakte durch sie natürlich nicht ersetzt werden können. Doch Fakt ist, sie lösen etwas bei den Menschen aus und schaffen Zugänge, die ohne sie vielleicht nicht denkbar wären.35

5. VORURTEILE UND PROBLEME

An dieser Stelle der Arbeit möchte ich nun vermehrt auf die eigentliche Arbeit mit Tieren in stationären Einrichtungen eingehen. Trotz der vielen positiven Wirkungen gibt es natürlich auch Bedenken bzgl. des Einsatzes von Tieren bei der Behandlung und Pflege alter und kranker Menschen. Sie verhindern häufig, dass potentiale bei Mitarbeitern und Patienten ungenutzt bleiben. Als häufigste Bedenken werden hygienische Faktoren benannt, viele äußern jedoch auch tierschutzrechtliche Bedenken, wenn Tiere im Gesundheits-wesen eingesetzt werden. Alt bewährte Tagesabläufe könnten durcheinander gewürfelt werden und Lärm, Gestank oder auch Schmutz in die Einrichtungen Einzug halten. Viele bringen als Argumente auch die potentielle Entstehung von Allergien oder die Überbelastung des Personals als Ausschlusskriterium für den Einsatz von Tieren in Institutionen an. Es besteht die Angst, dass Bewohner oder Patienten durch Biss- oder

34 Vgl. Nestmann (2005), S. 448.

(27)

22 Kratzwunden verletzt werden könnten. Dieser Auszug an Beispielen könnte vermutlich grenzenlos fortgeführt werden, wo jedoch ein Wille ist, da ist auch ein Weg.36,37

5.1. Hygienebedenken

Die verschiedenen Bedenken bzgl. der infektiösen Gefahr von Tieren kann durch verschiedene Maßnahmen auf ein Minimum reduziert werden. Die WHO bezeichnet diese vom Tier auf den Menschen übertragbaren Infektionskrankheiten als Zoonosen. Infektionen können durch Parasiten, Bakterien, Viren und über Pilze erfolgen. Eine ausführliche Auflistung der Zoonosen am Beispiel des Hundes befindet sich in Form einer Tabelle nach Greiffenhagen und Buck- Werner im Anhang. Oberste Voraussetzung für eine hygienegerechte Lösung ist, dass die Mitarbeiter hinter der Idee der tiergestützten Intervention in ihrer Einrichtung stehen. Als Voraussetzungen zur hygienischen Umsetzung werden in der Literatur zweierlei Grundsätze genannt. Zum einen muss der Mensch geschult werden, nach dem Kontakt mit Tieren für eine wirksame Handwäsche oder bei immunsupprimierten Personen sogar für eine Händedesinfektion zu sorgen. Zum anderen muss eine korrekte Fürsorge und Pflege für das Tier erfolgen.38 Dies umfasst die Erfüllung rassespezifischer Bedürfnisse des Tieres. Dazu zählen neben der Ernährung und Pflege auch eine regelmäßige und vollständige Impfung des Tieres laut aktuellem, ortsbezogenem Impfkalender. Auch Ektoparasiten, wie Zecken, Flöhe, Läuse oder Milben sollten bei Entdeckung schnellstens entfernt werden. Zeigen Tiere in institutionellen Einrichtungen Krankheits-zeichen, ist umgehend ein Veterinärmediziner aufzusuchen. Einem Befall von Endoparasiten, wie Würmern sollte vorsorglich auch ohne Krankheitszeichen vier Mal im Jahr vorgebeugt werden. Im häuslichen

36 Vgl. Germann- Tillmann, Merklin und Stamm Näf (2014), S. 257 f. 37 Vgl. Greiffenhagen und Buck- Werner (2009), S. 209.

(28)

23 Bereich ist eine Entwurmung jedoch nur zwei Mal im Jahr notwendig, selbst wenn Kinder im Haushalt leben. Auch ein artgerechter Umgang schützt vor Zoonosen. Das küssen auf die Nase und Schnauze des Tieres, sowie das Abschlecken lassen sollte zumindest an schlecht desinfizierbaren Stellen, wie dem Gesicht vermieden werden. Werden Tiere im Bereich des Patientenbettes eingesetzt, kann hier eine waschbare oder wegwerfbare Unterlage als Schutz genutzt werden, um Verschmutzungen und Krankheitsübertragungen zu verhindern. Käfige oder Liegeplätze der tierischen Bewohner müssen natürlich regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden. Gleiches gilt auch für Spielzeuge, sowie Futter- und Trink-wasserbehälter. Für die Bearbeitung des hauseigenen Hygieneplans für bspw. Tierbesuchsdienste oder auch eigene Tiere in der Einrichtung, können Institutionen sich durch amtlich vereidigte Hygienegutachter beraten lassen. Sie gehen bei der Bearbeitung auf die individuellen Bedürfnisse der Institution und ihrer Bewohner oder Patienten ein. Zusammenfassend ist also zu sagen, dass bei Einhaltung von individuellen Hygienevorschriften, das Risiko der Übertragung einer Zoonose stark reduziert werden kann. Die Gefahr sich mit einem Grippevirus eines Besuchers zu infizieren ist deutlich höher. Diesbezüglich sind sich mehrere Wissenschaftler einig. Die hier genannten Hygienerichtlinien entsprechen auch den Richtlinien des Robert Koch Instituts. Auch laut ihrer Einschätzung überwiegen die positiven Wirkungen der Heimtierhaltung die möglichen Gefahren.39 Im Rahmen der hygienischen Bedenken spielen natürlich auch Allergien eine Rolle. Etwa zehn Prozent der Deutschen reagieren auf Tierhaare. Damit gehört diese Form der Allergie zu den häufigsten in Deutschland.40 Auch der bloße Kontakt mit den Tieren kann für einige Menschen ausreichen, um eine allergische Reaktion hervorzurufen. Für betroffene Personen kommt eine tiergestützte Intervention natürlich nicht in Frage. In stationären Ein-richtungen kann man jedoch Bereiche strikt einteilen. Nämlich in jene, die für

39 Vgl. Vernooij und Schneider (2013), S. 112. 40 Vgl. Hildebrandt (2017)

(29)

24 das Tier zugänglich sind und in Tabuzonen. Besonders bei Kindern sollte man im frühen Alter im Umgang mit Tieren nicht zu zaghaft sein. Es gibt wissenschaftliche Belege dafür, dass ein Zusammenleben mit Tieren innerhalb des ersten Lebensjahres eines Kindes das spätere Auftreten von allergischem Asthma deutlich reduziert. Betroffene jedoch sollten dem Allergen möglichst wenig ausgesetzt werden. Um Allergien vorzubeugen gelten natürlich auch die oben genannten Richtlinien. Hinzuzufügen ist, dass die Tiere nicht im Bett oder im gleichen Raum mit den betroffenen Patienten schlafen sollten. Wenn trotz aller Vorsicht erste Anzeichen für eine Reaktion eintreten, ist der Kontakt zu dem Tier unverzüglich zu unterbinden.41

5.2. Unfälle und Personalbelastung

Natürlich kann es auch bei noch so gut trainierten Therapietieren zu kleineren Verletzungen durch Kratzen oder Schnappen kommen. Besonders Hunde zeigen ihre Freude häufig durch unkontrollierte Bewegungen, wie das Anspringen. Im Rahmen der tiergestützten Interventionen sollten die eingesetzten Tiere natürlich keinerlei Territorialverhalten zeigen, so dass potentielle Patienten nicht als Eindringlinge oder Feinde angesehen werden. Als eines der wenigen präventiven Mittel für ungewollte Unfälle benennen Weber und Schwarzkopf eine artgerechte Tierhaltung und einen artgerechten Umgang mit dem Therapietier. Begegnet man den Tieren mit einem angemessenen Verhalten, so haben diese auch keinen Grund einen Menschen zu verletzen. Für den Menschen gilt sich dem Tier grundsätzlich langsam zu nähern, für das Tier sollten jedoch auch klare Regeln gelten. Auch bezüglich der Mehrbelastung für das Stationspersonal durch den Einbezug von Tieren in den Pflegebereich gibt es zahlreiche Bedenken. Gefestigt wird diese Angst durch die aktuelle und allgegenwärtige Berichterstattung des Pflegenotstands. Natürlich bringt die Versorgung eines Tieres neben dem normalen Alltagsgeschäft einen gewissen Mehraufwand

(30)

25 mit sich. Jedoch berichten alle Institutionen, die sich auf einen Versuch mit Tieren in ihrer Einrichtung eingelassen haben, nur positives. Auch ein Stationstier muss mal auf das stille Örtchen und kann nicht nur Tag und Nacht im Körbchen oder Käfig liegen, rund um die Uhr und ohne Pause aufs Wort parieren. Dennoch ist es möglich viele Versorgungsaufgaben in den Alltag der Patienten und Bewohner zu integrieren. Ob Spaziergänge auf dem Klinikgelände, kurze Spiel- und Streicheleinheiten und die eigentliche Pflege- und Versorgung. Einige dieser Aufgaben sind vielleicht zwar unter Beobachtung und Anleitung, aber dennoch durch Bewohner oder Patienten zu erfüllen. Grundsätzlich wird auch in diesem Bereich die Meinung vertreten, dass die positiven Aspekte die negativen deutlich übertreffen.42

5.3. Tierschutzfragen

Ein weiterer Kritikpunkt tritt aus dem Tierschutz hervor. Bei den vielen Vorteilen der tiergestützten Interventionen, darf natürlich auch das Wohl des Tieres nicht vergessen werden. Im Rahmen der tiergestützten Interventionen befindet sich der Tierschutz jedoch in einem Dilemma. Durch den Einsatz von Tieren im Kontakt mit Patienten kommt es natürlich zur Einschränkung der Entscheidungsfreiheit, des eigenen Willens und der Bewegungsfreiheit des Tieres. Jeden Tag muss aufs Neue abgewogen werden, menschliches gegen tierisches Wohlergehen. Dabei wird häufig die Gesundheit des Menschen über die des Tieres gestellt. Doch man darf nicht vergessen, dass auch nur ein gesundes Tier in der Lage ist, die gewünschte Leistung zu erbringen. Somit ist es naheliegend, den Bedürfnissen des tierischen Kollegen so gut wie nur möglich nachzukommen. Dafür gibt uns das Tierschutzgesetz den rechtlichen Rahmen vor. Der oberste Grundsatz wird in §1 des Tierschutzgesetzes geregelt: „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“. Dabei ist auch zu sagen, dass die Begriffe Leiden oder Schmerzen eine subjektive

(31)

26 Empfindung darstellen, die uns das Tier nicht direkt mitteilen kann. Somit liegt es in der Verantwortung des Menschen, dies zu beurteilen. Im Jahr 1990 wurde zum Tierschutz ein neues wichtiges Gesetz eingeführt. Das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres. Seit dem regelt der § 90a BGB, dass Tiere keine Sachen sind. Sie werden zwar rechtlich als Sachen behandelt, aber nur wenn es keine spezielle Vorschrift im Gesetzestext gibt. Da Tiere Lebewesen sind und keine leblosen Gegenstände, werden sie durch besondere Gesetze geschützt. Damit ist die Gleichstellung des Tieres mit einer Sache im Bürgerlichen Gesetzbuch beseitigt. Auch § 903 BGB ist ein zu nennender Paragraph zum Schutz des Tieres. Dieser besagt, dass ein Eigentümer mit einer Sache verfahren kann, wie er möchte. Ausgenommen davon sind jedoch Tiere. Hier hat der Besitzer sich an besondere Tierschutzrichtlinien zu halten.43 Des Weiteren existieren Prager Richtlinien, die spezielle Richtlinien zum Einsatz von Tieren in tiergestützten Aktivitäten enthalten. Da auch die IAHAIO- Mitglieder der Meinung sind, dass Ausbilder von Therapiebegleittieren und die, die anderen Dienstleistungen in diesem Zusammenhang anbieten in besonderem Maße für ihre Tiere verantwortlich sind, wurden im September 1998 in Prag gemeinschaftlich Richtlinien festgelegt. Diese beinhalten unter anderem, dass der Einsatz von Tieren nur erfolgt, wenn ausreichende Erfolgs-aussichten bestehen und einzuhaltende Mindestanforderungen bzgl. der Sicherheit, Gesundheit oder des physischen und psychischen Wohlbefindens der Tiere gewährleistet sind.44 Wie aus diesen Beispielen hervorgeht, wurde bereits einiges an der rechtlichen Situation und zum Schutz der Tiere verbessert. Dennoch kommt es in Einzelfällen zu einem falschen Umgang mit Tieren. Wer jedoch seinen Hund oder sein Pferd liebt, wird auch stets gut mit ihnen umgehen und um ihr Wohlbefinden besorgt sein. Nicht zuletzt ist diese Liebe zum Tier im Allgemeinen Voraussetzung für die Arbeit mit Tieren im Rahmen der tiergestützten Interventionen.

43 Vgl. Greiffenhagen und Buck- Werner (2009), S. 233 f. 44 Vgl. Germann- Tillmann, Merklin, Stamm Näf (2014), S. 171.

(32)

27

5.4. „Nebenwirkungen“

Wie aus den vorausgegangenen Erläuterungen hervorging, basiert die Arbeit mit Tieren und ihre positiven Effekte auf der starken Beziehung (Du- Evidenz), die sich zwischen Tier und Mensch entwickelt hat. Jedoch befürchten viele Kritiker, dass genau dieser Punkt ein großes Potential für negative Effekte besitzt. Wird das eigesetzte Tier krank oder es stirbt, kann dies zu einer psychischen Belastung für Personal, aber vor allem für die Patienten oder Besitzer werden. Laut einer Studie von Graf haben diese Ereignisse nicht nur Auswirkungen auf die Psyche, sondern auch auf den menschlichen Körper. Deshalb müssen Ängste und Sorgen um das Tier, sowie die Trauer bei Verlust, durchaus ernst genommen werden. Mit der Trauer der Patienten sollte professionell umgegangen werden, sie sollen lernen sich auf ein neues Tier einzulassen oder auch eine Zeit lang ohne eines zurechtzukommen. Ist der Tod des Tieres absehbar, können den Besitzern oder Klienten auch Abschiedsrituale und die ganz bewusste Nutzung der verbleibenden Zeit helfen. Bergler ist aufgrund der nachweisbaren negativen Effekte der Meinung, dass tiergestützte Interventionen nicht ohne jegliche Begleiterscheinungen ablaufen. Auch wenn ein Tier nicht stirbt, so erlebt der Klient bspw. bei einer zeitlich begrenzten Arbeit mit dem Tier einen Trennungsverlust. Dies muss allen beim Einsatz tiergestützter Maßnahmen klar sein.45 Auch um diese Kritikpunkte auszuräumen sind weitere Forschungen notwendig.

6. UMSETZUNGSMÖGLICHKEITEN

6.1. Aktuelle Umsetzung in Deutschland

„In Deutschland als Land der Bürokratie und Vorschriftenauslegungen,…, laufen Personen, die tiergestützte Projekte initiieren wollen, immer noch vor Mauern, und es bedarf eines langen Atems, verantwortliche Stellen für die

(33)

28 Idee zu gewinnen.“46 Dieses Zitat leitet uns zum nächsten Thema, den tatsächlichen Einsatzgebieten von Tieren in der deutschen Gesundheits-versorgung. Wie hier deutlich herauszuhören ist, ist die Umsetzung von tiergestützten Interventionen in unserem Land eher problematisch. In Deutschland werden bisher nur drei Varianten des tiergestützten Einsatzes umgesetzt. Dazu zählen Tiere als Bestandteil einer Einrichtung, Tierbesuchsprogramme oder tiergestützte Interventionen in therapeutischen Arbeitsfeldern. Auf den letzteren Bereich möchte ich in dieser Arbeit jedoch nicht weiter eingehen. Auch wenn einige Aspekte in den pflegerischen Bereich eingehen könnten. Einiges zu diesem Thema folgt im Abschnitt 6.2. zukünftige Einsatzmöglichkeiten.47 Bei meiner Recherche bin ich neben den vielen Vorurteilen als erstes auf Finanzierungsprobleme gestoßen, die häufig die Umsetzung verhindern. Da tiergestützte Interventionen und ihre Wirkungen wissenschaftlich noch nicht ausreichend belegt sind, werden die Kosten durch die Krankenkassen nicht übernommen. Auch dies ist ein Grund dafür, weshalb viele vor der Umsetzung zurückschrecken. In anderen europäischen Ländern ist dies anders. In der Schweiz bspw. werden Maßnahmen wie die Hippotherapie durch Krankenkassen unterstützt.48

6.1.1. Tierbesuchsdienste

Zunächst möchte ich auf eine bereits häufiger durchgeführte Form der tiergestützten Maßnahmen eingehen, den Tierbesuchsdienst. Auch die Besuche durch die Esel, von denen ich einleitend berichtet habe sind in diese Sparte einzuordnen. Diese Form der tiergestützten Intervention gehört begrifflich der tiergestützten Aktivität an und wird meist durch Ehrenamtler angeboten. Diese besuchen mit ihren eigenen Tieren nach Erlaubnis, die Einrichtungen. Alternativ gibt es jedoch auch Tierheime, Vereine oder

46 Niepel (1998), S. 81.

47 Vgl. Vernooij und Schneider (2013), S. 155. 48 Vgl. Kellner (2017)

(34)

29 Organisationen, wie bspw. der Verein „Tiere helfen Menschen“, die auch Besuche ermöglichen. Dabei ist es unwichtig, um welche stationäre Einrichtung es sich handelt, neben Pflegeheimen oder Hospizen sind natürlich auch Kliniken potentielle Gastgeber. Dabei ist jedoch anzumerken, dass ein Einsatz dessen natürlich sinnvoll erfolgen sollte. Die Umsetzung ist sowohl in Bereichen mit längerer Verweildauer, als auch in Bereichen mit einem kurzen Aufenthalt möglich. Gerade in Krankenhäuser haben sich die Liegezeiten deutlich reduziert. Claus beschreibt in seiner Studie, dass zweidrittel der Menschen in Kliniken sich während ihres Aufenthaltes emotional alleingelassen fühlen. Für das Pflegepersonal und klinikeigene Seelsorger können Tiere somit auch eine Entlastung darstellen. Bei meiner online Recherche konnte ich jedoch keine Klinik ausmachen, die tatsächlich mit ähnlichen angeboten wirbt. In Pflegeheimen oder Hospizen, sowie in Tagespflegeeinrichtungen findet man diese jedoch durchaus. Der Umfang, die Häufigkeit oder auch der Ablauf der Besuche wird von der jeweiligen Einrichtung bestimmt. Die Tiere bleiben wie der Name der Maßnahme schon sagt jedoch nur zu Besuch und kehren mit ihren Besitzern wieder nach Hause zurück. Niemand von den in der Einrichtung Lebenden oder Arbeitenden sollte zum Tierkontakt gezwungen werden. Dennoch bringt diese Aktion Abwechslung in den sonst eher trüben und immer gleichen Alltag. Profitieren können somit sowohl die Klienten, als auch die Mitarbeiter. Otterstedt ist der Meinung, dass wenn regelmäßige Besuche eingehalten werden, diese den Menschen eine positive und hoffnungsvolle Lebens-perspektive schaffen können. Bei den in der Pflege stark vorherrschenden Personalwechseln und fehlenden Bezugspersonen, kann dies für die Klienten eine wichtige Stütze sein. Weiterhin kommen die Klienten durch die Tierbesuche in Kontakt und teilen gemeinsam Erlebtes. Die Anwesenheit des Tieres wirkt entspannend und Gruppenaktivitäten sind automatisch mit einem Aufmerksamkeitsobjekt gefüllt, so dass das verkrampfte Suchen nach Gesprächsthemen oder Mitteln die Zeit zu überbrücken entfällt. Besonders

(35)

30 für Bewohner in Pflegeheimen kann dies eine Möglichkeit der Beschäftigung sein. 49

6.1.2. Heimtiere/ Stationstiere

Alternativ zu den Tierbesuchsdiensten, gibt es natürlich auch Tiere, die dauerhaft mit in der Einrichtung leben. Die Tiere werden hier durch die Heimleitung oder Klinikleitung gehalten und in den Stationsalltag integriert. Gut geeignet sind hier kleine, übliche Haustiere, wie Hunde und Katzen, teilweise gibt es jedoch auch Einrichtungen, die große Außengehege anlegen. Die Versorgung der Tiere erfolgt durch die Mitarbeiter. Häufig besteht jedoch auch die Möglichkeit Bewohner oder Patienten dabei zu integrieren. Zur Finanzierung von Heimtieren konnte ich bei meiner Recherche leider keine ausreichenden Quellen finden. Somit ist davon auszugehen, dass die Finanzierung vom Wohlwollen der Heim- oder Krankenhausleitung abhängig ist.50 Das Krankenhaus München- Harlaching eröffnete bspw. auf dem Klinikgelände 1996 ein Streichelgehege mit Ziegen und Schafen. Das Gehege besteht auch heute noch. Ergänzt wurde dieses durch eigene Räumlichkeiten in der Klinik, in denen Patienten Besuch von ihren Haustieren bekommen können. Weiterhin werden bspw. Kaninchen in der neurologischen Frühreha eingesetzt. Die Münchener Klinik gehört damit zu den Vorreitern der Tiertherapie, die sonst hauptsächlich in den USA und Kanada verbreitet ist. Sie kombiniert mehrere Formen von Angeboten und kann damit unterschiedlichste Zielgruppen für sich gewinnen. Jedoch öffnen sich auch andere Kliniken in Deutschland langsam und stellen zumindest Tierbesuchszimmer zur Verfügung.51 Insgesamt kann man sagen, dass jedoch trotz weniger Studien ein leicht steigender Trend zu sehen ist. Vergleicht man die Befragungsergebnisse von Claus zum Einsatz von Tieren

49 Vgl. Vernooij und Schneider (2013), S. 159 f. 50 Vgl. Vernooij und Schneider (2013), S. 157 f. 51 Vgl. Otterstedt (2003), S.230.

(36)

31 in Pädiatrien von 1995/96 mit denen einer aktuelleren Studie von 2010 wird deutlich, dass der prozentuale Einsatz um 9 Prozentpunkte angestiegen ist.52 Was die Akzeptanz bei Heimbewohnern angeht, so wurden in einem Pflegeheim 60 Bewohner und 40 Mitarbeiter befragt. In dieser Einrichtung leben ein Hund und eine Katze als eigene Heimtiere. Die Resonanz der Befragten war überwiegend positiv. Die größten Bedenken wurden hinsichtlich der Lärmbelästigung und Verschmutzung geäußert. Positiv wurde jedoch angemerkt, dass durch die Tiere eine erhöhte Lebensfreude bei den Bewohnern entsteht.53

6.1.3. Eigene Haustiere in Einrichtungen

Neben den Tieren, die von der Heimleitung oder Klinikleitung gehalten werden und somit der Einrichtung angehören, besteht auch die Möglichkeit, dass Klienten ihre eigenen Haustiere für einen Aufenthalt mitbringen. Anzumerken ist, dass diese Form der Integration von Tieren in eine stationäre Institution eher für solche geeignet ist, in der die Klienten länger verweilen. Dazu zählen bspw. Hospize oder auch Pflegeheime. Vielen Menschen fällt der Umzug in ein für sie befremdliches Umfeld zusammen mit ihren Tieren deutlich leichter. Muss ein Haustier bei einem bevorstehenden Einzug abgegeben werden besteht die Gefahr einer Verschlechterung des physischen, aber auch psychischen Zustandes des Betroffenen. Otterstedt merkt an, dass Bewohner, die ihr Tier in ein Heim mitnehmen dürfen, sich deutlich schneller an das neue Umfeld gewöhnen und integrieren, als Bewohner ohne Tiermitnahme. Aufgrund der zahlreichen Probleme, die sich aus dem Co- Patienten ergeben, dulden die meisten Einrichtungen keine eigenen Haustiere in ihrer Institution. Neben den bekannten hygienischen Bedenken muss man auch in Betracht ziehen, dass der Bewohner früher oder später das Tier nicht mehr selbst versorgen können wird. Ist der

52 Vgl. Pohlheim (2012), S.342.

(37)

32 Besitzer des Tieres bettlägerig, so kann keine artgerechte Haltung durch ihn erfolgen. Das Tier muss somit zusätzlich durch Personal oder Angehörige betreut und versorgt werden.54 Dies ist durchaus problematisch bei der heutigen Personalbesetzung in Pflegeeinrichtungen. In Hospizen bspw. sind die Regelungen und Bedenken etwas weniger streng gefasst. Hier handelt es sich um begrenzte Zeiträume, in denen die Klienten sich in der Einrichtung aufhalten. Aus diesem Grund und wegen des häufig stärkeren Einsatzes der eigenen Familie des Klienten, können kleinere Haustiere häufig mit in die Einrichtung einziehen. Voraussetzung dabei ist, dass die Versorgung der Tiere durch die Angehörigen oder Freunde gewährleistet wird. So handhabt es auch das Hospiz ADVENA in Leipzig, um hier ein Beispiel zu nennen.55

6.2. Zukünftige Möglichkeiten

Wie aus den vorhergegangenen Abschnitten dieses Kapitels deutlich wird, sind die Einsatzmöglichkeiten von Tieren und deren Umsetzung in stationären Pflegeeinrichtungen noch eher zaghaft und wenig innovativ gestaltet. Wirklich zielgerichtete Interventionen sind ausgebildeten Therapeuten vorbehalten. Dabei könnten Tiere, insbesondere Hunde oder andere Kleintiere den Pflegekräften in Krankenhäusern und anderen stationären Einrichtungen eine große Stütze sein. Eine sinnvolle Einsatzmöglichkeit wäre die Integration von Tieren bei prophylaktischen Maßnahmen im Rahmen der Pflege. Diese könnten mit zusätzlicher Qualifikation der Pflegekräfte, so wie sie auch von Ergotherapeuten oder Physiotherapeuten erworben wird, durchaus geleistet werden. Denkbar wäre auch die Einführung eines eigenen staatlich anerkannten Berufsbildes, wie es insgesamt für die Professionalisierung der tiergestützten Interventionen vonnöten ist. Einsatzbereiche könnten bspw. neurologische oder geriatrische Fachbereiche sein. Aber auch in der palliativen Pflege können Tiere eine

54 Vgl. Vernooij und Schneider (2013), S. 157. 55 Vgl. Kohlhöfer (2017)

(38)

33 große Rolle spielen. Ihre positive Wirkung auf das Schmerzempfinden könnte Palliativpatienten unterstützen. Weiterhin ist auch die unterstützende Wirkung auf das Immunsystem zu berücksichtigen. Diese Wirkung ist für alle sehr jungen, sehr alten und kranken Menschen von großer Bedeutung. Sei es das Abschlecken von Händen oder Füßen, um die Sinneswahrnehmung von Schlaganfall Patienten zu verbessern, Psychiatrische Patienten bei Gesprächen zu beruhigen oder sie zu diesen zu motivieren oder aber auch die Patienten zu animieren sich zu bewegen. Somit wäre ein Beitrag der Vierbeiner zur Dekubitus-, Pneumonie- und Kontrakturprophylaxe denkbar. Kleine Patienten könnten durch tierische Unterstützung ermutigt werden und so manche Spritze wäre vermutlich nur noch halb so schlimm. Dieser beispielhaften Aufzählung könnten noch viele weitere Bereiche folgen. Da diese Maßnahmen natürlich nur gezielt eingesetzt werden sollten, könnte ein Lösungsansatz zur Umsetzung ein für diese tiergestützten Interventionen speziell geschultes Team von Pflegekräften sein. Dadurch bestände die Möglichkeit verschiedene Patienten, die offen für Tierkontakte sind und ein entsprechend des Wirkungsbereiches bezogene Bedürfnisse mitbringen, den Zugang zu tiergestützten Interventionen zu ermöglichen. Ein Nachteil dieses Ansatzes ist allerdings der fehlende beständige Kontakt des Pflegers zu den Patienten, der natürlich nur über einen längeren Zeitraum und regelmäßige Begegnungen hergestellt werden kann. Weiterhin ist es so problematisch mit dem Tier eine Bindung einzugehen, ohne die die Wirkungen eher fragwürdig sind. Auch die Idee von Tierbesuchszimmern in Krankenhäusern ist ein schöner Ansatz, der in Zukunft durchaus häufiger realisierbar wäre. Hier besteht die Bindung zum eigenen Tier von Haus aus. In Institutionen mit längerer Verweildauer, wie Pflegeheimen oder Tagespflegeeinrichtungen halte ich Heim- oder Stationstiere für die angebrachtere Umsetzungsvariante. Doch sollten in Zukunft auch andere Tierarten in diesen Bereichen Einzug halten. Werden dort Tiere gehalten, handelt es sich häufig um Aquarien- oder Terrarienbewohner. Diese kleinen Mitbewohner können wie wir erfahren haben zwar auch Einfluss auf Körper und Psyche nehmen, jedoch fehlt besonders älteren Menschen häufig körperliche Nähe, die eher durch Hunde

(39)

34 oder Katzen vermittelt werden kann. Auch hier fördert das Streicheln natürlich den Erhalt von Ressourcen, wie bspw. der Beweglichkeit der Hände. Die kleinen Vierbeiner würden durch ihre ähnlichen Alltags-bedürfnisse für eine Tagesroutine sorgen und dennoch Abwechslung in den Alltag der Bewohner bringen. Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass sich dafür einiges in der Personalstruktur im Pflegebereich ändern muss. Im Rahmen der palliativen Betreuung sehe ich eigene Tiere als am sinnvollsten. Die Betroffenen erfahren so ein Stück Vertrautheit an einem für sie fremden Ort. Gerade in der letzten Phase des Lebens spielt dies nochmal eine übergeordnete Rolle. Dies sind nur einige Ansätze, die durch viele weitere ergänzbar wären, wenn sich die Institutionen für neue Wege öffnen würden.

7. FAZIT

Abschließend ist zu sagen, dass es sich bei tiergestützten Interventionen um einen interessanten Ansatz handelt, der vielleicht in Zukunft eine zunehmende Wichtigkeit erhalten wird. Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier hat sich über die Jahrtausende stark entwickelt. Von tierischen Gottheiten, zu Lebewesen ohne Empfindungen. Heute sind Tiere nicht nur menschliche Wegbegleiter, sondern für viele gleichwertige Partner und Freunde. Außerdem wird die heutige Zeit bestimmt durch Trends, ob gesunde Ernährung, Sport oder das eigene Tier und dessen Erziehung, alle Bereiche erfahren gerade einen starken Wachstumszuwachs. Aufgrund der hohen Beliebtheit von Tieren in der Bevölkerung und den positiven Ergebnissen aus vielen wissenschaftlichen Untersuchungen sollte über einen vermehrten Einsatz von Tieren im Gesundheitswesen und speziell in der Pflege nachgedacht werden. Was die Umsetzung betrifft gibt es jedoch noch einige Hindernisse. Trotz der vielen positiven Wirkungen sind diese und ihre Wirkungszusammenhänge noch nicht ausreichend untersucht. Deshalb ist weiterführende Forschung auf diesem Gebiet dringend notwendig. Erste Schritte in diese Richtung werden bereits durch die NIH, die Firma Mars/

(40)

35 Waltham und die DFG gefördert, indem finanzielle Mittel für Forschungen bereit gestellt werden. Des Weiteren bedarf es einer einheitlichen Regelung der Begrifflichkeiten, wie sie im anglo- amerikanischen Sprachraum bereits vorliegt. Es müssen einheitliche Voraussetzungen geregelt werden. Auch eine Vereinheitlichung und Anerkennung der Weiterbildungsmöglichkeiten bzw. Ausbildungsmöglichkeiten ist Voraussetzung für die Umsetzung der tiergestützten Interventionen. Auch hier sind bereits erste Schritte durch die Dachverbände getan. Daraus resultieren dann auch brauchbare, professionelle Therapiekonzepte und eine entsprechende Dokumentation. Nur durch diese Grundlagen kann ein glaubwürdiger Rahmen geschaffen werden, um auch Kostenträger sowie Skeptiker zu überzeugen. Denn für die Umsetzung ist die Anerkennung durch die Krankenkassen und die Übernahme von Kosten von größter Wichtigkeit. Allerdings muss man anmerken, dass Tiere natürlich keine menschlichen Kontakte ersetzen können und sollen. Sie sollen auch nicht als Allheilmittel gesehen werden. Dennoch leisten sie eine Art von Beziehung, die Ärzte oder Pfleger nicht oder nur schwer herstellen können. Häufig fehlen für diese Dinge im jetzigen Gesundheitssystem Zeit und Personal, was dazu führt, dass neue Wege nur schwer und sehr langsam gegangen werden. Heute, in der Zeit der Schnelllebigkeit, wo die Menschen sich häufig selbst verlieren und Burnout, sowie Krankheiten allgegenwärtig sind, könnten tiergestützte Maßnahmen ein Mittel sein, diesen Kreislauf zu durchbrechen und uns Menschen auf das zurückzubesinnen, was zu unseren Wurzeln zählt – die Natur.56

(41)

36 „Der Wunsch ein Tier zu halten, entspringt einem uralten Grundmotiv, nämlich der Sehnsucht des Kulturmenschen nach dem verlorenen Paradies.“

Konrad Lorenz (1903 – 1989) österreichischer Zoologe

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Aktuell melden die Krankenhäuser im DIVI Register zu 36 Prozent einen regulären Betrieb, 33 Prozent sehen den Betrieb teilweise eingeschränkt und rund 25

Beim Wechseln zur Einschreibung ohne Semesterbeitrag entfällt die Gebühr von 15.00 €, wenn ein Promovierendenausweis

Zwar wird der Begriff tiergestützte Intervention seit vielen Jahren für den therapeutischen und pädagogischen Einsatz von Tieren verwendet, jedoch besitzen tiergestützte

Nach den beiden vorangegangenen Kapiteln, welche sich mit der grundlegenden Theorie zu ASS und tiergestützten Interventionen im Allgemeinen beschäftigten, soll nun näher

1. Material: Verwendet werden können alle möglichen Hürden. Zum Beispiel: Stangen, Tunnel, Reifen, Wippe, Seile, Matten/ Auflagen. Hinweis: Der Schwierigkeitsgrad und die

Als besondere Erleichterung existiert für freiverkäufliche Tierarzneimittel , die ausschließlich zur Anwendung bei Zierfischen, Zier- oder Singvögeln, Brieftauben, Terrarien-

Wenn Sie eine Duldung haben und die Ausländerbehörde Ihnen vorwirft, Sie würden zu wenig für Ihre eigene Abschiebung tun, kann Ihnen das Sozialamt die Sozialhilfe kürzen..

• Unter dem Punkt „Zugangsdaten“ finden Sie die erforderlichen Daten für die Routerkonfiguration.. Verwendung eines eigenen Routers