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Einfluss der Eisenfreisetzung aus Eisenspeichern bei Patienten unter allogener Stammzelltransplantation

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Academic year: 2021

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(1)

Einfluss der Eisenfreisetzung aus

Eisenspeichern bei Patienten unter

allogener Stammzelltransplantation

D

ISSERTATION

zur Erlangung des Doktorgrades

an der Fakultät für

Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften, Fachbereich Chemie,

Institut für Pharmazie

der Universität Hamburg

vorgelegt von ANNEKATHRIN FRITSCH

(2)
(3)

GUTACHTER / IN: 1. PD Dr. Claudia Langebrake

2. Prof. Dr. Peter Heisig

(4)
(5)

D

ANKSAGUNG

Die vorliegende Arbeit entstand in der Zeit von September 2010 bis Juni 2014 am Universitäts-klinikum Hamburg-Eppendorf und am Institut für Pharmazie der Universität Hamburg.

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei allen bedanken, die mich bei der Erstellung dieser Dissertation unterstützt haben.

Ein ganz großes Dankeschön geht an Frau PD Dr. Claudia Langebrake für ihre engagierte und harmonische Betreuung. Ihre fachliche Unterstützung, die zahlreichen gemeinsamen Gespräche und die vielen aufmunternden Worte haben maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetra-gen.

Für die finanzielle Förderung dieser Promotion bedanke ich mich bei der Niemann-Stiftung, welche mich über drei Jahre mit einem Stipendium unterstützt hat.

Frau JProf. Dr. Dorothee Dartsch möchte ich ganz herzlich für die Co-Betreuung und Herrn Prof. Dr. Peter Heisig für die Übernahme des Zweitgutachtens danken.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Nikolaus Kröger für die Überlassung des Themas dieser Arbeit sowie der großartigen Unterstützung bei der Durchführung und Auswertung der Studie.

Herrn PD Dr. Dr. Peter Nielsen möchte ich sehr für seine hilfreichen Denkanstöße rund ums Eisen und die Bereitstellung der benötigten Materialien und Geräte sowie des Labors und der Messmethode danken.

Ein großer Dank gilt der Stationssekretärin der KMT-Station Silke Baerenwald. Ohne dein Engagement und Organisationstalent hätte ich die vielen Aufklärungsbögen und Blutprobe nie-mals zusammen bekommen. Ebenfalls bedanken möchte ich den Ärzten und Pflegern der KMT-Station sowie den Mitarbeitern aus dem KMT-Labor.

Bei Frau Rosemarie Kongi möchte ich mich sehr herzlich für die geduldige Einweisung in die Messmethode und die Akuthilfe bei einer „gestoßenen Nase“ bedanken.

Danken möchte ich auch Jan Felix Kersten aus dem Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie für die hilfreiche und äußerst geduldige Unterstützung bei der statistischen Aus-wertung.

(6)

Ein ganz großer Dank gilt meinen lieben Kollegen und Mitdoktoranden für eure immer offe-nen Ohren und eure Hilfe und Unterstützung in wirklich allen Lebenslagen.

Auch meinen Freunden möchte ich von ganzem Herzen danken. Ich bin froh, dass ihr, trotz meiner eher dürftigen Kommunikation und vielen Absagen, immer für mich da wart, mich mo-tiviert und den Stress vergessen lassen habt. Danke!

Ebenso möchte ich Silke für das geduldige und engagierte Korrekturlesen danken.

Der allergrößte Dank gilt meiner Familie und Siegrun für euren Rückhalt und euer unerschüt-terliches Vertrauen in meine Fähigkeiten. Diese Arbeit ist euch gewidmet.

(7)

Inhaltsverzeichnis V

I

NHALTSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS VIII

1 EINLEITUNG 1

1.1 ALLOGENE STAMMZELLTRANSPLANTATION 1

1.1.1 WAS IST EINE ALLOGENE SZT? 1

1.1.2 IN WELCHEN INDIKATIONEN WIRD EINE ALLOGENE SZT EINGESETZT? 2 1.1.3 WIE WIRD EINE ALLOGENE SZT DURCHGEFÜHRT? 4 1.1.4 WELCHE KOMPLIKATIONEN KÖNNEN AUFTRETEN? 7

1.2 EISENSTOFFWECHSEL 13

1.2.1 WIE WIRD DER EISENHAUSHALT REGULIERT? 13

1.2.2 EISENMANGEL 16

1.2.3 EISENÜBERLADUNG 17

1.3 EISENÜBERLADUNG BEI SZT-PATIENTEN 18

1.3.1 WARUM SIND GERADE SZT-PATIENTEN FÜR EINE EISENÜBERLADUNG PRÄDISPONIERT? 18

1.3.2 RISIKOFAKTOR EISENÜBERLADUNG 20 1.3.3 PHARMAKOLOGISCHE INTERVENTIONSMÖGLICHKEITEN 22 2 ZIELSETZUNG 24 3 METHODEN 25 3.1 STUDIENDESIGN 25 3.1.1 FALLZAHL 25 3.1.2 EINSCHLUSSKRITERIEN 25 3.1.3 AUSSCHLUSSKRITERIEN 25

3.1.4 PROBEN-/BLUTENTNAHMEN UND LABORPARAMETER 26

3.1.5 DATENERHEBUNG 27

3.2 NTBIBESTIMMUNG 28

3.2.1 PROBENAUFBEREITUNG 28

3.2.2 NTBIMESSUNG AN DER AAS 29

(8)

VI Inhaltsverzeichnis

3.2.4 BERECHNUNG DER NTBI-AUC 31

3.3 STATISTIK 32 3.3.1 STUDIENPOPULATION 32 3.3.2 ENDPUNKTE 32 3.4 ETHIKVOTUM 34 4 ERGEBNISSE 35 4.1 STUDIENPOPULATION 35 4.1.1 PATIENTEN-/SPENDERCHARAKTERISTIKA 35 4.1.2 KONDITIONIERUNGSREGIME 37 4.1.3 EISENPARAMETER 39

4.1.4 EINTEILUNG DER NTBI-AUC IN WENIG UND VIEL NTBI 40

4.2 ÜBERLEBENSWAHRSCHEINLICHKEIT 42

4.2.1 UNIVARIATE ANALYSE DER NTBI-AUC 42 4.2.2 UNIVARIATE ANALYSE DES BASELINE FERRITINS 45

4.2.3 UNIVARIATEN ANALYSEN DER PATIENTEN- UND SPENDERCHARAKTERISTIKA 46

4.2.4 MULTIVARIATE ANALYSE 51

4.3 INFEKTIONEN 52

4.3.1 BAKTERIELLE INFEKTIONEN 52

4.3.2 INVASIVE PILZINFEKTIONEN 57

4.4 EINFLUSSFAKTOREN AUF DAS NTBI 61

4.4.1 EINFLUSS DER DIAGNOSE AUF DAS NTBI 62 4.4.2 EINFLUSS DER KONDITIONIERUNG AUF DAS NTBI 64

4.5 KORRELATION DER EISENPARAMETER 68

4.5.1 FERRITIN UND NTBI 68

4.5.2 TRANSFERRINSÄTTIGUNG UND NTBI 70

4.5.3 KORRELATION WEITERER PARAMETER 73

5 DISKUSSION 75

5.1 WESHALB WURDE DAS VORLIEGENDE STUDIENDESIGN GEWÄHLT? 75 5.2 WESHALB WURDE DAS NTBI MITTELS GF-AAS GEMESSEN UND

DARAUS ZWEI AUC-WERTE BERECHNET? 76

5.3 HABEN PATIENTEN MIT EINEM HOHEN NTBI-SPIEGEL UNTER DER SZT

(9)

Inhaltsverzeichnis VII 5.4 HABEN PATIENTEN MIT EINEM HOHEN NTBI-SPIEGEL UNTER DER SZT

EIN HÖHERES RISIKO FÜR BAKTERIÄMIEN UND IFI IN DER APLASIE? 81 5.5 WELCHE FAKTOREN HABEN EINEN EINFLUSS AUF DIE HÖHE DES NTBI BZW. DIE EISENFREISETZUNG? 85

5.6 KORRELIERT NTBI MIT ANDEREN EISENPARAMETERN? 86

6 AUSBLICK 89 7 ZUSAMMENFASSUNG 92 8 SUMMARY 94 LITERATURVERZEICHNIS 96 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 105 TABELLENVERZEICHNIS 107 ANLAGEN 108 A. MATERIALIEN 108 B. GEFAHRSTOFFKENNZEICHNUNG 109 C. ETHIKVOTUM 110 D. PATIENTENAUFKLÄRUNG /EINWILLIGUNGSERKLÄRUNG 111 CURRICULUM VITAE 115 VERÖFFENTLICHUNGEN 116 EIDESSTATTLICHE VERSICHERUNG 117

(10)

Abkürzungsverzeichnis VIII

A

BKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1

1-JÜR · 1-Jahres-Überlebensrate

A

AAS · Atomabsorptionsspektroskopie aGvHD · Acute Graft-versus-Host Disease

= Akute Spender-gegen-Wirt-Reaktion AML · Akute myeloische Leukämie

ATG · Antithymozytenglobulin

AUC · Area under the curve = Fläche unter der Kurve AWMF · Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen

Medizinischen Fachgesellschaften e.V.

B

BEAM · Carmustin/Etoposid/Cytarabin/Melphalan BM · Bone marrow = Knochenmark

Bu · Busulfan

C

CB · Cord Blood = Nabelschnurblut CD34+ · CD34-positiv

cGvHD · Chronic Graft-versus-Host Disease = Chronische Spender-gegen-Wirt-Reaktion CIBMTR · Center for International Blood and Marrow

Transplant Research

CLL · Chronische lymphatische Leukämie Clo · Clofarabin

CML · Chronische myeloische Leukämie CMV · Cytomegalievirus CSA · Ciclosporin A Cy · Cyclophosphamid Cyt · Cytarabin

D

d0 · Tag 0 d14 · Tag + 14 Dexa · Dexamethason DFO · Desferrioxamin DFP · Deferipron DFX · Deferasirox

DGHO · Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie

DMT1 · Divalent metal transporter 1 DRST · Deutsches Register für Stammzell-

transplantation

E

E · Entlassung E. coli · Escherichia coli E/S · Empfänger/Spender

EBMT · European Group for Blood and Marrow Transplantation

EBV · Epstein-Barr-Virus

EDTA · Ethylendiamintetraessigsäure EK · Erythrozytenkonzentrat

EORTC/MSG · European Organisation for Research and Treatment of Cancer/Invasive Fungal Infections Cooperative Group and the National Institute of Allergy and Infectious Diseases Mycoses Study Group Eto · Etoposid

F

FK506 · Tacrolimus FLAMSA · Fludarabin/Amsacrin/Cytarabin Flu · Fludarabin

(11)

Abkürzungsverzeichnis IX

FUO · Fever of unknown origin = Fieber unklarer Genese

G

G-CSF · Granulozyten-Kolonie stimulierender Faktor GF-AAS · Graphite furnace atomic absorption

spectrometry = Graphitrohr- Atomabsorptionsspektroskopie GIT · Gastrointestinaltrakt

GITMO · Gruppo Italiano Trapianto di Midollo Osseo GvHD · Graft-versus-Host Disease

= Spender-gegen-Wirt-Reaktion GvL · Graft-versus-Leukemia

= Spender-gegen-Leukämie

H

HCP 1 · Heme carrier protein 1

HFE · Hereditäres Hämochromatose-Protein HLA · Humanes Leukozytenantigen HR · Hazard Ratio

HSV · Herpes-simplex-Virus HWZ · Halbwertszeit

I

i.v. · Intravenös

IFI · Invasive fungal infections = Invasive Pilzinfektionen IgG · Immunglobulin G

K

kDa · Kilodalton KG · Körpergewicht KI · Konfidenzintervall KM · Knochenmark KMT · Knochenmarktransplantation

L

LIC · Liver iron concentration = Lebereisenkonzentration LIP · Labiler Eisenpool

LPI · Labile plasma iron = Labiles Plasmaeisen

M

m/w · Männlich/Weiblich MAC · Myeloablative conditioning

= Myeloablative Konditionierung MDS · Myelodysplastisches Syndrom Mel · Melphalan MM · Multiples Myelom MMF · Mycophenolat mofetil MPN · Myeloproliferative Neoplasien MPS · Mononukleärphagozytäres System MRT · Magnetresonanztomographie MTX · Methotrexat MW · Mittelwert MW TfS · Mittlere Transferrinsättigung

N

NIH · National Institute of Health NMA · Non myeloablative regimens

= Nicht myeloablative Konditionierung NRM · Non-Relapse Mortality

= Nicht-Rezidiv-bedingte Mortalität NTA · Nitrilotriessigsäure

NTBI · Nicht-Transferrin-gebundenes Eisen NTBI BL · NTBI Baseline

O

OMF · Osteomyelofibrose

(12)

X Abkürzungsverzeichnis

P

p.o. · Per os PB · Peripheres Blut

PBSC · Periphere Blutstammzellen PJP · Pneumocystis jiroveci Pneumonie

R

R · Rituximab

RIC · Reduced-intensity conditioning = Dosisreduzierte Konditionierung ROS · Reactive oxygen species

= Reaktive Sauerstoffspezies RZB · Relative Zentrifugalbeschleunigung

S

s.c. · Subkutan

SAA · Schwere aplastische Anämie SCT · Stem cell transplantation SOS · Sinusoidal obstruction syndrome Staph. · Staphylococcus

sTfR · Löslicher Transferrinrezeptor SZT · Stammzelltransplantation

T

TBI · Total body irradiation = Ganzkörperbestrahlung

Tf · Transferrin

TfR · Transferrinrezeptor Tfs · Transferrinsättigung TK · Thrombozytenonzentrat TMI · Total marrow irradiation

= Totale Knochenmarkbestrahlung

TRAP · Total radical-trapping antioxidant parameter = Gesamte antioxidative Kapazität

Treo · Treosulfan

TRM · Treatment-related mortality = Therapiebedingte Mortalität

U

UAW · Unerwünschte Arzneimittelwirkung UKE · Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

V

VOD · Veno-occlusive disease = Venenverschlusskrankheit

W

w.w. · Wet weight = Feuchtgewicht WHO · World Health Organization

(13)

Einleitung 1

1

E

INLEITUNG

„1 millionth blood stem cell transplant marks major medical milestone”1

www.wbmt.org

-…So lautet die Meldung des Worldwide Network for Blood and Marrow Transplantation im Januar 2013.

Mit ca. 50 Jahren, in denen Stammzelltransplantationen (SZT) nun durchgeführt werden, ist dieser Therapieansatz noch recht jung. Viele Patienten werden im Rahmen von Studien behan-delt, um strukturiert neue Erkenntnisse zu gewinnen und das Outcome der Patienten stetig zu verbessern. Denn auch wenn die Stammzelltransplantation nach wie vor mit einer hohen thera-piebedingten Mortalität verbunden ist, so ist sie doch für eine Reihe von lebensbedrohlichen Erkrankungen eine sehr wichtige Therapieoption.

Gooley et al. publizierten 2010, dass die Mortalität allogen transplantierter Patienten über einen Zeitraum von zehn Jahren deutlich gesenkt werden konnte, obwohl zunehmend ältere Patienten behandelt wurden. So zeigten sich in einem Zeitintervall von 2003 bis 2007 eine um 52 % (p < 0,001) geringere nicht-rezidivbedingte Mortalität und eine um 41 % (p < 0,001) geringere Gesamtmortalität. Dies wurde auf schonendere Konditionierungsregime und ein verbessertes Management der möglichen Komplikationen zurückgeführt.2

Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sich die Anzahl allogener Stammzelltransplantationen in den letzten elf Jahren in Europa verdoppelt hat. Wurden von der European Group for Blood and Marrow Transplantation (EBMT) 2001 noch 7272 allogene Stammzelltransplantationen registriert, so waren es 2011 bereits 14549. Allein 3147 allogene Stammzelltransplantationen wurden im Jahr 2012 in Deutschland durchgeführt. Somit ist Deutschland im europäischen Ver-gleich eines der Länder mit den meisten Transplantationen pro eine Million Einwohner.3,4

1.1

Allogene Stammzelltransplantation

1.1.1

Was ist eine allogene SZT?

Eine Stammzelltransplantation ist die „Übertragung von Blutstammzellen von

einem Spender auf einen Empfänger. Ziel ist die Proliferation der übertragenen Stammzellen sowie die Regeneration der Blutbildung nach einer Hochdosis-Chemotherapie beim Empfänger.“ 5

(14)

2 Einleitung Die transplantierten Blutstammzellen können entweder von dem Patienten selbst (autologe SZT) oder von einem verwandten (Familienspender) bzw. nicht verwandten Spender (Fremd-spender) stammen (allogene SZT). Da sich die hier beschriebene Arbeit nur auf die allogene SZT bezieht, wird auf die autologe SZT im Folgenden nicht weiter eingegangen.

Bei einer allogenen SZT ist es wichtig, dass Spender und Empfänger in ihren HLA-Antigenen (Humanes Leukozytenantigen) größtenteils übereinstimmen, da diese der Erkennung von „kör-perfremd“ und „körpereigen“ dienen. Sie steuern das Anwachsen bzw. die Abstoßung der trans-plantierten Zellen sowie die im Folgenden beschriebene Graft-versus-Host Disease (GvHD) und den Graft-versus-Leukemia (GvL) Effekt. Um das Abstoßungsrisiko zu vermindern, werden HLA-idente - sogenannte „gematchte“ - Transplantationen angestrebt, vorzugsweise von Ge-schwistern. Wenn kein passender Spender gefunden wird, müssen in manchen Fällen auch mismatch Transplantationen durchgeführt werden.

1.1.2

In welchen Indikationen wird eine allogene SZT eingesetzt?

Die Indikationen für eine allogene Stammzelltransplantation sind vielfältig. Im Folgenden wer-den die Transplantationsindikationen der 2012 in Deutschland durchgeführten allogenen Erst-transplantationen von Stammzellen, nach dem Jahresbericht des deutschen Registers für Stammzelltransplantation (DRST), aufgeführt.4

1.1.2.1

Leukämien

Die häufigsten Indikationen zur allogenen Ersttransplantation stellten mit 47,2 % die akuten Leukämien dar.4 Nach Herold 2014 sind sie gekennzeichnet durch eine „systematisierte diffuse

autonome Proliferation einer Leukozytenrasse. Die Expansion eines malignen Zellklons führt zur generalisierten Ausbreitung im blutbildenden Knochenmark, eventueller Infiltration extramedullärer Organe und Ausschwemmung leukämischer Zellen ins Blut.“ Die maligne

ent-arteten, unreifen Zellen der Hämatopoese werden als maligne Blasten bezeichnet. Je nach be-troffener Zellreihe werden die myeloischen (AML = akute myeloische Leukämie) und lympha-tischen Leukämien (ALL = akute lymphatische Leukämie) unterschieden.

1.1.2.2

Maligne Lymphome

Mit 22,3 % bildeten die malignen Lymphome 2012 die zweithäufigste Indikation. Es handelt sich hierbei um Neoplasien des lymphatischen Systems. Als Sonderformen sind das Multiple Myelom (MM), welches sich primär im Knochenmark manifestiert, und die chronische lympha-tische Leukämie (CLL), bei welcher es sich um ein leukämisch verlaufendes B-Zell-Lymphom handelt, zu nennen.6

(15)

Einleitung 3

1.1.2.3

Myelodysplastisches Syndrom

Eine weitere Indikation sind die Myelodysplatische Syndrome (MDS); sie machten 16,6 % der Transplantindikationen aus. Per Definition sind die MDS „heterogene erworbene klonale

Stammzellerkrankungen mit qualitativen und quantitativen Veränderungen der Hämatopoese, peripherer Zytopenie, meist zellreichem dysplastischen Knochenmark und oft erhöhtem Blas-tenanteil.“6 Bei diesen Erkrankungen besteht ein erhöhtes Risiko der Transformation in eine akute myeloische Leukämie.

1.1.2.4

Nicht maligne und andere Erkrankungen

Neben den Malignomen gibt es auch eine Reihe nicht maligner Erkrankungen, bei denen die allogene Stammzelltransplantation als möglicher kurativer Therapieansatz zum Einsatz kommt. 7,2 % der Indikationen stellten nichtmaligne und andere Erkrankungen dar. Hierunter fiel z. B. die schwere aplastische Anämie (SAA), bei der ein „Knochenmarkversagen mit

Apla-sie/Hypoplasie des blutbildenden Systems und Panzytopenie“6 vorliegt, Hämoglobinopathien wie die Thalassämie oder Sichelzellanämie, primäre Immundefekte und Stoffwechselerkran-kungen.

1.1.2.5

Myeloproliferative Neoplasien (MPN)

Des Weiteren machten die myeloproliferativen Neoplasien 6,1 % der Indikationen aus. Es han-delt sich dabei um „monoklonale Erkrankungen der myeloischen Stammzellreihe mit

autonomer Proliferation einer oder mehrerer hämatopoetischer Zellreihen“.6

Zu den MPN zählt nach WHO-Klassifikation7 unter anderem die chronische myeloische Leu-kämie CML sowie die Osteomyelofibrose (OMF) „mit der klinischen Trias:

1. hochgradige Markfibrose mit Verödung des blutbildenden Knochenmarks 2. extramedulläre Blutbildung in Milz und Leber mit Ausschwemmung von Vorstufen ins Blut 3. Milzvergrößerung“.6

1.1.2.6

Solide Tumore

Mit 0,7 % der Indikationen stellt die soliden Tumore wie z. B. das Neuroblastom oder Weich-teiltumore eine Indikation zur SZT dar.

(16)

4 Einleitung

1.1.3

Wie wird eine allogene SZT durchgeführt?

1.1.3.1

Stammzellquelle

Hämatopoetische Stammzellen sind durch die Exprimierung des Antigens CD34 auf ihrer Ober-fläche gekennzeichnet und werden daher auch CD34-positive (CD34+) Zellen genannt. Über diesen Marker können sie nachgewiesen, quantifiziert, isoliert und aufgereinigt werden.

Als Stammzellquelle wird heutzutage überwiegend peripheres Blut (PB; PBSC = periphere Blutstammzellen) genutzt, aus dem die Stammzellen per Leukapherese gewonnen werden. Da physiologischerweise nur sehr geringe Mengen an Stammzellen im Blut zirkulieren, wird deren Proliferation mit dem hämatopoetischen Wachstumsfaktor G-CSF (Granulozyten-Kolonie sti-mulierender Faktor) stimuliert, bis sie aufgrund ihrer großen Menge vermehrt aus dem Kno-chenmark ins Blut ausgeschwemmt werden.

In manchen Fällen wird zur Anreicherung von Stammzellen und/oder zur indirekten T-Zell-Depletion eine CD34-Positivselektion mit Hilfe einer immunomagnetischen Methode durchge-führt. Hierbei werden die gewonnenen Stammzellen mit magnetischen, monoklonalen CD34-Antikörpern inkubiert und anschließend im Magnetfeld (magnetische Adsorptionssäule) von anderen Zellen abgetrennt. Dadurch können Stammzellpräparate mit einer großen Anzahl von CD34+-Zellen und einer niedrigen Menge an anderen Zellen, insbesondere T-Lymphozyten, erzeugt werden. Dieses Verfahren wird z.B. bei mismatch Transplantationen zur Vermeidung einer schweren Spender-gegen-Wirt-Reaktion durchgeführt.

Bis zum Ende der 90er-Jahre war Knochenmark (BM = Bone marrow), welches aus dem Be-ckenkamm der Spender meist in Vollnarkose entnommen wird, die häufigste Stammzellquelle.8 Hierdurch prägte sich die Bezeichnung Knochenmarktransplantation (KMT). In seltenen Fällen kann auch Nabelschnurblut (CB = Cord Blood) zum Einsatz kommen, welches nach der Geburt von Säuglingen gewonnen wird. Aufgrund der relativ geringen Anzahl an Stammzellen bei CB ist hier mit einem deutlich verzögerten „Anwachsen“ der Stammzellen (Engraftment) und einem höheren Risiko des „nicht Anwachsens“ (graft failure) zu rechnen.9 Diese Quelle wird meist nur bei Kindern und Jugendlichen gewählt, da diese insgesamt niedrigere Zellzahlen benötigen als Erwachsene. 2012 wurden in Deutschland 84,6 % der allogenen Ersttransplantationen mit Stammzellen aus PB, 14,8 % aus KM und nur 0,6 % aus Nabelschnurblut durchgeführt.4

Bei allogenen SZT werden in der Regel frisch entnommene Zellen transplantiert. Es besteht aber auch die Möglichkeit, Stammzellpräparate nach ihrer Entnahme zu kryokonservieren und vor der Transplantation wieder aufzutauen. So wird stets bei Nabelschnurblut verfahren, das in Nabelschnurblutbanken bis zum Einsatz gelagert wird.

(17)

Einleitung 5

1.1.3.2

Konditionierung

In Vorbereitung auf die Transplantation bekommen die Patienten zunächst eine Hochdosis-Chemotherapie bzw. eine Kombination aus Hochdosis-Chemotherapie und Radiotherapie, die sogenannte Konditionierung. Sie wirkt einerseits myeloablativ und andererseits immunsuppressiv, um das Engraftment der Stammzellen zu gewährleisten. Darüber hinaus ist der antineoplastische Effekt bei malignen Erkrankungen von Bedeutung.

In den Konditionierungsregime kommen je nach Grunderkrankung verschiedene Zytostatika mit unterschiedlichen Wirkmechanismen, pharmakokinetischen und -dynamischen Eigenschaften, wie z. B. Busulfan, Melphalan, Thiotepa, Cyclophosphamid, Fludarabin und Cytarabin, sowie die Ganzkörperbestrahlung (TBI = total body irradiation) in verschiedenen Dosierungen zum Einsatz. Je nach Protokoll dauert die Konditionierung unterschiedlich lang, zwischen vier und 13 Tagen. Im Folgenden werden die Tage der Konditionierung mit einem Minus gekennzeich-net, wobei der Tag 0 der Tag der Stammzelltransplantation ist.

Neben den klassischen myeloablativen Konditionierungsregimen (MAC = myeloablative condi-tioning) kommen zunehmend auch dosisreduzierte, nicht-myeloablative Regime (RIC = re-duced-intensity conditioning) zum Einsatz. Bacigalupo et al. teilen die Konditionierungsregime je nach der Dauer der induzierten Panzytopenie und der Notwendigkeit eines Stammzellersatzes in MAC, RIC und nicht myeloablative Konditionierung (NMA) ein.10 MAC Regime lösen eine nahezu irreversible Panzytopenie aus und erfordern einen Stammzellersatz. NMA hingegen lösen meist nur eine minimale Zytopenie aus und benötigen keinen Stammzellersatz. In die Gruppe der RIC Regime fallen alle Regime, die sich keiner der beiden erst genannten Katego-rien zuordnen lassen. Die Induktion einer Panzytopenie und die Notwendigkeit eines Stammzel-lersatzes hängt hierbei von den Substanzen selbst und deren Dosierung ab.

Die myeloablative Konditionierung (RIC und MAC) schädigt die hämatopoetischen Stammzel-len und somit die Funktion des Knochenmarks irreversibel bzw. langfristig. Ohne einen Stamm-zellersatz würde sich die Hämatopoese von allein nur sehr langsam oder gar nicht wieder rege-nerieren und der Patient würde versterben.

1997 konnte im Tiermodell gezeigt werden, dass für ein erfolgreiches Engraftment eine starke Immunsuppression von Bedeutung ist und die Myeloablation, anders als früher gedacht, nicht zwingend notwendig ist.11 Mittlerweile konnte dies auch anhand erfolgreicher SZT mit dosisre-duzierter Konditionierung beim Menschen gezeigt werden.12 Die RIC-Regime werden bevor-zugt bei älteren, multimorbiden Patienten eingesetzt. Bei diesen sogenannten „Mini-Transplantationen“ versucht man den GvL-Effekt bei deutlich reduzierter chemotherapieassozi-ierter Toxizität und therapiebedingter Mortalität auszunutzen. Aufgrund der besseren Verträg-lichkeit profitieren auch Patienten von einer SZT, deren Gesundheitszustand eine hoch dosierte Chemotherapie nicht zulässt. Hierdurch kann die SZT bei einem immer größeren

(18)

Patientenkol-6 Einleitung lektiv zur Anwendung kommen.13,14 Der GvL-Effekt bezeichnet hierbei die gewünschte Reakti-on der Spenderlymphozyten gegen eventuell verbliebene Leukämie- oder Tumorzellen des Empfängers. Er wird als der vorrangige kurative Wirkmechanismus der allogenen SZT betrach-tet.15 Bei Patienten, die vor der Transplantation nicht in kompletter Remission sind, zeigt sich unter reduzierten Konditionierungen jedoch eine höhere Rezidivrate.16 Um dies zu verhindern, geht der RIC bei diesen Patienten eine Salvage-Chemotherapie voraus (im weiteren Chemo-RIC genannt), mit dem Ziel, die Anzahl der Blasten vor der Transplantation zu reduzieren.17,18

1.1.3.3

Transplantation und Rekonstitution

Nach Abschluss der Konditionierung erfolgt an Tag 0 die eigentliche Stammzelltransplantation. Die Stammzellen werden dabei, ähnlich einer „normalen“ Bluttransfusion, intravenös verab-reicht. Über die Blutbahn gelangen sie ins Knochenmark, um dort anzuwachsen und die Häma-topoese wieder aufzunehmen (Rekonstitution).

Durch die myelotoxische und –suppressive Wirkung der Konditionierung tritt meist kurz nach der Transplantation eine Panzytopenie (Granulozytopenie, Thrombozytopenie und Anämie) auf. Je nach Regime, Stammzellquelle und transplantierter Stammzellzahl dauert es ca. 14 Tage bis zum Engraftment. Die Phase zwischen dem Einsetzen der Zytopenie und dem Engraftment wird hierbei als Aplasie bezeichnet. Als weitere Vorteile der RIC-Regime seien an dieser Stelle die meist mildere Panzytopenie10 bzw. verkürzte Aplasiedauer und damit verbunden ein reduziertes Infektionsrisiko genannt19,20.

In der Aplasiephase sind die Patienten maximal immunsupprimiert und benötigen antiinfektive Prophylaxen sowie eine Substitutionstherapie mit Immunglobulinen. Neben der Granulopoese werden auch die Thrombo- und Erythropoese vorübergehend unterdrückt. Die Gabe von Thrombozyten- und Erythrozytenkonzentraten vermindert das Blutungsrisiko und mildert die Auswirkungen der Anämie.

Allogen transplantierte Patienten benötigen für eine zeitgerechte Regeneration ihrer Hämatopo-ese nach der Konditionierung ca. 4x106 CD34-positive Zellen je kg Körpergewicht (KG).21 Soll-ten die transplantierSoll-ten Stammzellen nicht anwachsen bzw. abgestoßen werden, nennt man dies einen primären graft failure. Zur Unterstützung der Hämatopoese wird in der Posttransplantati-onszeit G-CSF (Granulozyten-Kolonie stimulierender Faktor) gegeben, bis ein stabiles En-graftment eingetreten ist. Als stabiles EnEn-graftment gilt eine Leukozytenzahl von > 5x109/l an zwei konsekutiven Tagen.22 Trivedi et al. zeigten in einem Review 2009, dass durch die Gabe von G-CSF die Dauer der Neutropenie um ein bis vier Tage verkürzt werden kann, wobei sich jedoch kein positiver Effekt auf die Inzidenz von Infektionen und das Gesamtüberleben darstell-te. Es zeigte sich darüber hinaus ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer GvHD.23 Das Engraftment der Thrombozyten findet nach einer allogenen SZT meist erst verzögert statt.24

(19)

Einleitung 7

1.1.4

Welche Komplikationen können auftreten?

Die Stammzelltransplantation ist eine sehr intensive Therapie mit einer hohen therapiebedingten Morbidität und Mortalität. Diese sind vor allem auf die zahlreichen unerwünschten Arzneimit-telwirkungen (UAW) und möglichen Komplikationen zurückzuführen, welche im Folgenden näher erläutert werden.

Die folgende Übersicht (Abbildung 1) zeigt die zu erwartenden Komplikationen in den ver-schiedenen Therapiephasen. So treten während der Konditionierung vor allem Frühkomplikati-onen auf. Die Aplasie wiederum ist gekennzeichnet durch ein hohes Infektionsrisiko und mit beginnendem Engraftment ist die GvHD eine gefürchtete Komplikation. Spätkomplikationen stellen u. a. nicht maligne Langzeitschäden und Zweitmalignome dar, die in der Regel erst Mo-nate bis Jahre nach der SZT auftreten.

Abbildung 1: Komplikationen während einer allogenen SZT

1.1.4.1

Frühkomplikationen

Zu den Frühkomplikationen zählen vor allem die UAW der hoch dosierten Chemotherapie und Radiotherapie. Sie tragen neben der GvHD und den Infektionen erheblich zur hohen therapiebe-dingten Mortalität (TRM = Treatment-related mortality) der allogenen SZT bei. Zu den UAW gehören im Allgemeinen Nausea, Emesis, Diarrhöen, Mucositis, Haarausfall, Hauterytheme und eine strahlenassoziierte Irritation der Schleimhäute und Speicheldrüsen sowie Schädigungen von Herz und Lunge.25,26 Um diesen unerwünschten Wirkungen vorzubeugen bzw. entgegen zu wirken, kommen verschiedene Antiemetika und Mundspüllösungen sowie Hautpflegemittel zum Einsatz. Bei einer Mucositis ist oftmals eine supportive Analgesie und parenterale Ernäh-rung nötig. Des Weiteren können sowohl einige Zytostatika, als auch post-transplant verabreich-te Immunsuppressiva und Antiinfektiva nephro- (z.B. Carmustin, Ciclosporin A, Methotrexat, Tacrolimus, Cotrimoxazol, Vancomycin, Aciclovir, Foscarnet) und/oder hepatotoxisch (z.B.

(20)

8 Einleitung Carmustin, Busulfan, Methotrexat, Antithymozytenglobulin, Voriconazol) wirken. Dies macht eine engmaschige Kontrolle der Laborwerte und ggf. eine Anpassung der Arzneimitteltherapie an die Nieren- bzw. Leberfunktion notwendig.

Je nach verabreichtem Zytostatikum ist mit weiteren substanzspezifischen unerwünschten Wir-kungen zu rechnen. So birgt Cyclophosphamid in zweierlei Hinsicht ein erhöhtes Toxizitätsrisi-ko. Zum einen kann der Metabolit Acrolein eine hämorrhagische Zystitis verursachen. Dieser kann durch die prophylaktische Gabe von Mesna und durch eine Hyper-Hydratation vorgebeugt werden. Zum anderen ist bei Patienten mit einem vorgeschädigten Herzen oder einer anth-razyklinhaltigen Vortherapie das kardiotoxische Potenzial von hoch dosiertem Cyclophospha-mid und der TBI zu beachten.27

Busulfan weist ein neurotoxisches Potenzial auf und kann generalisierte Krampfanfälle auslö-sen. Zur Prophylaxe sollen die Patienten unter Busulfan Antikonvulsiva wie Phenytoin oder Benzodiazepine erhalten.28,29

Antithymozytenglobulin (ATG), welches als polyklonaler Antikörper aus Kaninchen oder Pfer-den gewonnen wird, birgt ein hohes Risiko für starke Überempfindlichkeitsreaktionen. Daher müssen die Patienten während der Gabe engmaschig auf die Symptome einer Überempfindlich-keit oder Anaphylaxie überwacht werden und erhalten eine prophylaktische Gabe von Glu-cocorticoiden und Antihistaminika.

Eine Reihe seltener, aber sehr schwerwiegender Komplikationen wird durch konditionierungs-assoziierte Endothelschädigung hervorgerufen. Hierzu zählt unter anderem die hepatische Ve-nenverschlusskrankheit (früher SOS = veno-occlusive disease, heute SOS = sinusoidal obstruc-tion syndrome), welche durch eine Endothelschädigung mit folgender Inflammaobstruc-tion und Embo-lisation der kleinen Lebergefäße gekennzeichnet ist. Sie wird unter anderem durch hoch dosierte Zytostatika wie Cyclophosphamid und Busulfan ausgelöst und verläuft in ihrer schwersten Form häufig letal.30 Das „Capillary-Leak-Syndrom“ bezeichnet eine weitere Komplikation, die durch konditionierungsbedingte Endothelschäden hervorgerufen wird. Hierbei kommt es durch den Austritt intravaskulärer Flüssigkeit in das Gewebe zu einer generalisierten Ödembildung und einem intravasalen Volumenmangel.31 Eine dem Capillary-Leak-Syndrom sehr ähnliche Komplikation stellt das Engraftment-Syndrom dar. Es wird beschrieben als ein nicht-infektiöses inflammatorisches Geschehen, das unter dem Anstieg der Spenderleukozyten auftritt. Es wird angenommen, dass es durch eine plötzliche massive Sekretion von Zytokinen durch die neuen Neutrophilen, zytotoxisch bedingte Endothelschäden sowie durch die Freisetzung proinflamma-torischer Zytokine hervorgerufen wird.31

(21)

Einleitung 9

1.1.4.2

Infektionen

Sobald ein Patient nach der Transplantation aplastisch wird, ist er sehr anfällig für Infektionen. Diese sind trotz vieler Prophylaxe- und Therapiemöglichkeiten noch immer eine entscheidende Ursache für transplantationsbedingte Morbidität und Mortalität. 2013 veröffentlichte Daten des Center for International Blood and Marrow Transplant Research (CIBMTR) zeigen, dass Infek-tionen neben der Grunderkrankung selbst und der GvHD mit 12-17% die dritthäufigste Todes-ursache bei den allogen transplantierten Patienten darstellen.32

Durch die Zerstörung der Lymphozyten geht das immunologische Gedächtnis (Gedächtnis-T- und B-Zellen) der Patienten verloren und es dauert bis zu zwei Jahren, bis die humorale und zelluläre Immunkompetenz wieder hergestellt ist.33 Gegenüber anderen neutropenen Patienten kommt bei SZT-Patienten häufig erschwerend eine Mucositis hinzu, wodurch die Barrierefunk-tion des Gastrointestinaltraktes (GIT) empfindlich gestört ist und Keime leichter in den Körper gelangen können. So spielen in den ersten Tagen vor allem gramnegative Bakterien (z. B.

E-scherichia coli (E. coli)) und Enterokokken eine große Rolle. Da fast alle Patienten zur Therapie

mit einem zentralen Venenkatheter versorgt sind, besteht hier eine zusätzliche Eintrittspforte für Hautkeime, wie den Staphylococcus (Staph.) epidermidis oder Staph. aureus. In der frühen Pha-se nach der Transplantation ist zusätzlich das Risiko für Herpes-simplex Infektionen (HSV) erhöht. Ab etwas dem zehnten Tag steigt das Risiko für Pilzinfektionen, insbesondere invasive Pilzinfektionen (IFI = Invasive fungal infections), wobei vor allem Aspergillus und Candida Spezies eine große Rolle spielen.34,35

Im weiteren Verlauf nach beginnender Rekonstitution stehen virale Infektionen mit Cytomega-lie- (CMV), Epstein-Barr- (EBV) und Adenoviren im Vordergrund. Meist handelt es sich um die Reaktivierung einer vorbestehenden, latenten Infektion. Das Risiko, eine CMV-Reaktivierung bei einer Fremdspendertransplantation zu erleiden, kann anhand der Konstellati-on der Serostatus für Anti-CMV-IgG vKonstellati-on Spender und Empfänger abgeschätzt werden. Das höchste Risiko tragen seropositive Patienten mit einem seronegativen Spender.36

Bei Infektionen in der späten post-Engraftment-Phase (> 100 Tage) dominieren Keime wie der Varizella-Zoster-Virus und bekapselte Bakterien (z. B. Streptococcus pneumoniae,

Haemophi-lus influenzae und Neisseria meningitidis). Ein Risikofaktor für diese Infektionen stellt die

chronische GvHD dar.34

Die meisten Infektionen manifestieren sich zunächst als Fieber unklarer Genese (FUO = fever of unknown origin), wobei selten ein Erregernachweis gelingt. Viele Patienten entwickeln dann im Verlauf eine Pneumonie und/oder eine Bakteriämie.37

Für die Prävention von Infektionen bei SZT-Patienten wird in internationalen Leitlinien eine breite antiinfektive Prophylaxe empfohlen35; hierzu zählen eine breite antibiotische sowie eine

(22)

10 Einleitung antimykotische und -virale Abdeckung. Aufgrund des zu erwartenden Erregerspektrums sind Fluorchinolone (z.B. Ciprofloxacin) in der antibiotischen Prophylaxe das Mittel der ersten Wahl. Darüber hinaus sollten alle Patienten eine Pneumocystis jiroveci Pneumonie (PJP) -Prophylaxe (z. B. mit Cotrimoxazol oder inhalativem Pentamidin) erhalten. Zur Vorbeugung von Candida-Infektionen in der frühen Posttransplantationsperiode werden die Antimykotika Fluconazol oder Micafungin empfohlen. Micafungin bietet hierbei den Vorteil, auch gegen

As-pergillus-Spezies wirksam zu sein. Risikofaktoren für das Auftreten einer

Schimmelpilzinfekti-on bei SZT-Patienten sind eine lange Neutropeniedauer und die immunsuppressive Therapie nach dem Engraftment. In diesen Fällen können auch Posa- und Voriconazol prophylaktisch eingesetzt werden. Des Weiteren wird eine HSV-Prophylaxe mit Aciclovir vom Beginn der Konditionierung an empfohlen. Darüber hinaus sollten Patienten, die ein erhöhtes Risiko für eine CMV-Reaktivierung haben, ab dem Engraftment Ganciclovir oder Valganciclovir statt Aciclovir erhalten.

Als weitere prophylaktische Maßnahme wird bei Patienten mit einer schweren Hypogamma-globulinämie (z.B. bei einem Immunglobulin G im Serum < 4 g/L) die regelmäßig Substitution von Immunglobulinen alle drei bis vier Wochen empfohlen.

Sobald in der Neutropenie FUO oder Anzeichen einer Pneumonie auftreten, sollten leitlinienge-recht die empirische Eskalation der antibiotischen und ggf. der antimykotischen Therapie sowie verschiedene diagnostische Maßnahmen (z.B. Blutkulturen, Computertomographie oder Rönt-gen der Lunge) erfolRönt-gen.38 Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onko-logie (DGHO) 39 empfiehlt bei FUO zunächst die Eskalation auf ein Breitspektrumpenicillin inklusive β-Lactamaseinhibitor (Piperacillin/Tazobactam), ein Cephalosporin der 3. Generation (Ceftazidim) oder ein Carbapenem (Meropenem), meist in Kombination mit Vancomycin, zur Abdeckung der Hautkeime. Sollte der Patient auf die antibiotische Therapie klinisch nicht an-sprechen, so sollte die Hinzunahme einer antimykotischen Therapie erfolgen. Hier gilt intrave-nöses liposomales Amphotericin B aufgrund seines breiten Spektrums als Standardtherapie. Sollte der Patient auch auf diese Therapie nur unzureichend ansprechen, können als Alternati-ven Voriconazol, Posaconazol oder Echinocandine eingesetzt werden. Des Weiteren sollte der Patient auch auf eine mögliche Virusinfektion hin untersucht werden und ggf. ein entsprechen-des Virustatikum (Ganciclovir, Foscarnet, Aciclovir) erhalten.

1.1.4.3

Graft-versus-Host Disease

„Nach allogener Stammzelltransplantation kann es durch die Reaktion von mit dem Transplan-tat übertragenen, immunkompetenten T-Zellen des Spenders gegen Zellen des Empfängers zur Graft-versus-Host-Erkrankung kommen (Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion, „graft versus host disease, GvHD.“31

(23)

Einleitung 11 Die GvHD ist eine der häufigsten und gleichzeitig gefährlichsten Komplikationen nach dem Engraftment und stellt die zweithäufigste Todesursache nach einer allogenen SZT dar.32 Die Spenderlymphozyten erkennen histoinkompatible zumeist epitheliale Oberflächenantigene des Empfängers als „fremd“, wodurch eine immunologische Abwehrreaktion einsetzt. Durch die massive Ausschüttung von Zytokinen und der damit verbundenen Aktivierung weiterer T-Lymphozyten kommt es dann zur Abtötung (Apoptose) der Empfängerzellen und letztendlich zu Gewebeschädigungen.22

In der klassischen Einteilung wurde die GvHD nach dem Zeitpunkt der klinischen Manifestati-on in eine akute (aGvHD bis Tag 100) und eine chrManifestati-onische Form (cGvHD ab Tag 100) unter-schieden. Diese gilt heute jedoch als überholt, da die Symptome einer chronischen GvHD auch schon früher und umgekehrt, die einer akuten GvHD auch erst nach Tag 100 auftreten können. In der aktuell gültigen Klassifikation des National Institute of Health (NIH) wurde die klassi-sche Einteilung um die „late onset“-aGvHD, mit Manifestation nach Tag 100, und das „overlap syndrome“ mit Symptomen beider Formen ohne Zeitbegrenzung erweitert.40

Bei der aGvHD manifestiert sich die Gewebeschädigung vor allem an der Haut, dem GIT und der Leber und kann ein lebensbedrohliches Ausmaß annehmen. So zeigt sie sich an der Haut in Form eines makulopapulösen Exanthems, am GIT in Form massiver wässriger bis blutiger Durchfälle, die mit Übelkeit, Erbrechen und starken Abdominalschmerzen einhergehen können, und an der Leber mit einem Anstieg der Transaminasen und des Bilirubins, welcher jedoch un-spezifisch ist und auch durch Arzneistofftoxizität oder eine SOS hervorgerufen sein kann. Die cGvHD stellt die Hauptursache der späten nicht-rezidivbedingten Mortalität dar. Bei der cGvHD richtet sich die Immunreaktion hauptsächlich gegen mesenchymales Gewebe und kann eine Vielzahl von Organen wie z. B. Augen, Mundschleimhaut und Lunge betreffen. Durch eine cGvHD sind die Patienten darüber hinaus prädisponiert für Infektionen, die eine der häufigsten Todesursachen bei diesen Patienten darstellen.41,42

Zur Vermeidung einer GvHD werden verschiedene pharmakologische Präventionsmaßnahmen getroffen. Trotzdem entwickeln sich in ca. 25-60 % der HLA-identen Familienspender- und in ca. 70 % der Fremdspendertransplantationen eine aGvHD (Grad II-IV).22

Strategien zur pharmakologischen Immunsuppression:43

- Für eine unspezifische Immunsuppression kommen Glucocorticoide und der Folsäu-reantagonist Methotrexat (MTX) zum Einsatz. Zusätzlich zur unspezifischen Immun-suppression wird als Hauptwirkung der Corticosteroide die Hemmung der Zytokin-produktion angenommen. Daher werden sie heutzutage fast ausschließlich zur Behand-lung und nicht zur Prophylaxe einer aGvHD eingesetzt.22

(24)

12 Einleitung - Zur Hemmung der T-Zell-Funktion stehen die Calcineurininhibitoren Ciclosporin A (CSA) und Tacrolimus (FK506) zur Verfügung. CSA ist dabei das am häufigsten ver-wendete Arzneimittel zur GvHD-Prophylaxe. Mycophenolat mofetil (MMF) wirkt über die Hemmung der De-novo Purinsynthese ebenfalls der T-Zell-Aktivierung entgegen. Auch MTX übt seine prophylaktische Wirkung auf die GvHD vor allem über seinen an-tiproliferativen Effekt auf Spender-T-Lymphozyten aus, welcher durch die Blockade der Purin-Biosynthesen bewirkt wird.43 Zum Teil kommen auch die mTOR-Inhibitoren Sirolimus und Everolimus in der Prophylaxe und Behandlung der GvHD zum Einsatz. Sie bewirken eine Blockade der T- und B-Zellaktivierung.43,44

- Die derzeitig in Leitlinien empfohlenen aGvHD-Prophylaxeregime beinhalten meist eine Kombination aus einem Calcineurininhibitor und MTX oder MMF.43,45

- Antizelluläre Antikörper wie ATG sind potente Immunsuppressiva und depletieren zudem zirkulierende T-Zellen. Sie werden meist im Rahmen der Konditionierung ver-abreicht. Studien haben gezeigt, dass sich hierdurch das Outcome von Transplantpatien-ten verbessert.46,47 Des Weiteren wird auch Alemtuzumab, ein humanisierter monoklo-naler CD52 Antikörper, zur in vivo Depletion der T-Lymphozyten eingesetzt.43,45 Darüber hinaus wirken auch einige der bereits in der Konditionierung eingesetzten Zytostatika (z.B. Fludarabin, Cyclophosphamid und ATG) sowie eine niedrig dosierte TBI (< 2 Gy) stark immunsuppressiv. Sie kommen insbesondere bei den NMA- und RIC-Regimen zum Einsatz. Die NMA-Regime werden in diesem Zusammenhang auch als immunablative Regime be-zeichnet.10,48

Die Keimflora des Empfängers (anaerobe Mikroorganismen) kann als Triggerfaktor einen Ein-fluss auf die Entwicklung insbesondere einer Darm-GvHD haben. Daher wird in manchen Stammzelltransplantationszentren (auch im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)) eine antibiotische Prophylaxe zur Darmsanierung mit Metronidazol vor und während der Transplantationsphase durchgeführt.22,49

1.1.4.4

Spätkomplikationen

Spätkomplikationen gewinnen immer mehr an Bedeutung, da sich die Überlebenszeit der allo-gen transplantierten Patienten zunehmend verlängert.

Hierzu zählen zum einen nicht-maligne Langzeitschäden an verschiedensten Organen, wie Ka-tarakt, Kardiomyopathie, Hypothyreose und Osteoporose, die die Lebensqualität der Patienten deutlich einschränken können. Zum anderen haben die Patienten ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Zweitmalignomen, wie z. B. Leukämien und soliden Tumoren.22

(25)

Einleitung 13

1.2

Eisenstoffwechsel

Eisen ist das vierthäufigste Element der Erde und für lebende Organismen essentiell. Durch seine Fähigkeit, als Elektronendonator und -akzeptor zu fungieren, ist es an vielen biologisch wichtigen Reaktionen wie dem Sauerstoff- und Elektronentransport beteiligt.

Ca. 180 Funktionen des menschlichen Körpers sind auf Eisen angewiesen. So befindet sich Eisen als Zentralatom oder in Form von Eisen-Schwefel-Clustern in Cytochromen (z. B. Kom-plexe der Atmungskette), sauerstoffbindenden Proteinen (z. B. Hämo- und Myoglobin) und vielen Redoxenzymen oder Kofaktoren von Enzymreaktionen (z. B. in Katalasen, Peroxi-dasen).50,51

Freies Eisen jedoch ist toxisch, da es durch seine Reaktivität die Bildung freier Radikale (Reak-tiver Sauerstoffspezies; Reactive oxygen species = ROS) katalysiert und dadurch zu Schäden an Zellmembranen, Proteinen und der DNA führt.52 Im Körper wird die Toxizität freien Eisens durch Bindung an Proteine gemildert.

Der physiologische Eisengehalt des menschlichen Körpers beträgt ca. 3-4 g. Davon sind ca. 2/3 im Hämoglobin des Erythron, d. h. den reifen Erythrozyten inklusive aller Vorstufen, enthalten. Das restliche Eisen findet sich überwiegend als Reserve- bzw. Speichereisen in Hepatozyten und dem mononukleärphagozytären System (MPS). Weniger als 100 mg sind als Funktionsei-sen in Enzymen gebunden5 und nur ca. 3 mg zirkulieren, an das Transportprotein Transferrin gebunden, im Plasma (= Serumeisen).53

1.2.1

Wie wird der Eisenhaushalt reguliert?

Obwohl das Spurenelement Eisen für den Organismus so essentiell ist, besitzt es nur eine gerin-ge Bioverfügbarkeit. Laut WHO ist der Eisenmangerin-gel die häufigste und weitverbreitetste Man-gelerscheinung weltweit. Über 30 % der Weltbevölkerung leiden danach an einer, meist eisen-defizitären, Anämie. Daher ist die Homöostase, d. h. die Aufnahme, der Transport und die Re-servemechanismen, sehr streng reguliert und darauf ausgelegt, Eisen im Körper zu speichern. Es gibt keine aktiven Ausscheidungsmechanismen. Mit 1-2 mg Eisen gehen pro Tag weniger als 0,1 % des Körpereisens durch abschilfernde Zellen, Urin, Schweiß oder kleinere Blutungen verloren. Diese Menge muss aber zur Erhaltung der Balance durch die Nahrung wieder aufge-nommen werden. Die Regulation des Eisenhaushaltes erfolgt allein über die Resorption, sodass im Normalfall eine ausgeglichene Eisenbilanz herrscht. Abbildung 2 gibt einen Überblick über die Homöostase des Körpereisens.54,55

(26)

14 Einleitung

Abbildung 2: Verteilung und Umsatz des Körpereisens: Ca. 10% des Nahrungseisens werden über den Darm

aufge-nommen und im Blut an das Transportprotein Transferrin gebunden. Der menschliche Körper enthält ca. 3-4 g Eisen, welches überwiegend in Form von Hämoglobin oder als Reserve-Eisen in Form von Ferritin vorliegt. Alternde Erythrozyten werden von Makrophagen abgebaut und frei werdendes Eisen wird wieder ins Blut abgegeben. Der Eisenstoffwechsel wird allein über die Aufnahme im Darm und Freisetzung aus Speichereisen reguliert. Eisen kann nicht aktiv ausgeschieden werden. Es gehen lediglich kleine Mengen über Schweiß und Urin verloren.

1.2.1.1

Resorption und Transport

Die zugeführte Nahrung enthält ca. 10-20 mg Eisen pro Tag. Hiervon wird meist nur 10 % re-sorbiert, da das Eisen in der Nahrung überwiegend in Form unlöslicher Eisen-III-Salze vorliegt. Um die enterale Aufnahme und die Solubilisierung des Eisens zu verbessern, hat der Organis-mus verschiedene Strategien entwickelt: Dreiwertiges Eisen (Fe3+) wird im sauren Milieu des Magens gelöst und mit Hilfe reduzierender Substanzen wie z. B. Ascorbinsäure in das besser lösliche zweiwertige Eisen (Fe2+) überführt. Im Darm reduziert das Enzym Ferrireduktase Fe3+ zu Fe2+. Dies ist wichtig, da ausschließlich zweiwertiges Eisen von den Enterozyten resorbiert werden kann. Um in das Blut zu gelangen, muss es zwei Membranen passieren: An der apikalen Enterozytenmembran erfolgt die Resorption über die Transportproteine DMT1 (Divalent metal transporter 1) und an der basolateralen Seite über Ferroportin1. An der basolateralen Seite wird das Eisen nach dem Export durch die Ferroxidase Hephaestin umgehend wieder zu Fe3+ oxi-diert. Dies bindet dann mit hoher Affinität an das in der Leber gebildete Glycoprotein Transfer-rin (Tf). Das TransferTransfer-rin kann zwei Eisenionen binden und in apo-, mono- und diferrischer Form vorliegen, wobei die Eisenbindekapazität des gesamten Plasmatransferrins normalerweise nur zu 1/3 gesättigt ist (TfS = Transferrinsättigung).5

(27)

Einleitung 15 Weitaus besser als Eisensalze wird das sogenannte Hämeisen als intaktes Metalloporphyrin aus der Nahrung über eigene Transportproteine (HCP1 = Heme carrier protein 1) resorbiert. In Enterozyten spaltet die Häm-Oxygenase den Porphyrinring und setzt das Eisenatom für die wei-tere Verwertung frei.56

1.2.1.2

Hepcidin

Hepcidin ist ein überwiegend in der Leber gebildetes Peptidhormon, das die Serumeisenkon-zentration und die Verteilung des Körpereisens reguliert. Hepcidin ist ein negativer Regulator der Eisenexkretion in das Plasma. Es hemmt die Absorption von Nahrungseisen aus dem Darm, die Freisetzung von recyceltem Eisen aus den Makrophagen des MPS und die Freisetzung von Speichereisen aus der Leber. Umgekehrt wird überschüssiges Eisen in Speichereisen überführt. Die Produktion von Hepcidin wird über den Eisengehalt des Körpers und durch viele weitere Signale, wie z. B. dem erythropoetischen Eisenbedarf und verschiedenen Entzündungsmediato-ren, reguliert.57 So wird es bei ausreichenden Eisenspiegeln, Eisenüberschuss oder in Situatio-nen, in denen ein erniedrigter Plasmaeisenspiegel günstig ist, wie z. B. bei InfektioSituatio-nen, ver-mehrt produziert. Bei Eisenmangelzuständen sinkt die Hepcidin-Produktion, um eine ungehin-derte Eisenresorption bzw. Freisetzung von Speichereisen zu ermöglichen. Dadurch wird ge-währleistet, dass der Hämatopoese genügend Eisen für die Bildung des Hämoglobins zur Verfü-gung steht. Bei Eisenmangel kann die Resorptionsrate so auf 20-30 % ansteigen.

Insgesamt sind die Regulation der Hepcidin-Produktion und die folgenden Signalkaskaden sehr komplex und noch nicht vollständig aufgeklärt.51

Neben Hepcidin existieren noch weitere Regulationsmechanismen. Das hereditäre Hämochro-matose-Protein HFE beeinflusst die Synthese von DMT1, Ferritin, Ferroportin, dem Transfer-rinrezeptor (TfR) und anderer Proteine. Des Weiteren wird die Serumkonzentration des Trans-ferrins durch den Eisengehalt der Hepatozyten reguliert, sodass die Tf-Synthese bei erniedrig-tem Eisengehalt gesteigert wird und umgekehrt.

1.2.1.3

Eisenaufnahme in die Zielzelle

Im Gewebe wird Tf an den ubiquitären TfR gebunden und der entstandene Komplex durch En-dozytose in die Zelle aufgenommen. Nach Freisetzung des Eisens gelangt es via DMT1 in den sogenannten labilen Eisenpool (LIP), bevor es weiter verwertet wird. Anschließend werden Apotransferrin und der TfR als löslicher Transferrinrezeptor (sTfR) aus der Zelle ausgeschleust und wieder in das Blut abgegeben. Erythroide Vorläuferzellen haben den höchsten Eisenbedarf und weisen somit auch den höchsten Gehalt an TfR auf.

(28)

16 Einleitung Die intrazelluläre Eisenhomöostase erfolgt über ein regulatorisches System aus Iron-Responsive Elements und Iron Regulatory Proteins, welches auf posttranskriptionaler Ebene die Expression von Eisenproteinen wie z. B. dem Ferritin und TfR steuert.

1.2.1.4

Recycling

Der größte Teil des Eisens wird zur Hämoglobinsynthese benötigt. Da jedoch nur 1-2 mg Eisen pro Tag aufgenommen werden, muss der tägliche Eisenbedarf von ca. 20-30 mg/d für die Eryth-ropoese anders gedeckt werden. Der Körper hat dafür einen ausgeprägten Recyclingmechanis-mus: Alternde Erythrozyten werden von Makrophagen des MPS abgebaut und frei werdendes Eisen wird wieder ins Blut abgegeben, welches dann der Hämoglobinsynthese zur Verfügung steht.55

Die Eisenmenge, die täglich im Plasma über Transferrin transportiert wird, um die Eisenbalance aufrechtzuerhalten, wird Eisen-Turnover genannt. Da nur ca. 3mg des Körpereisens an Trans-ferrin gebunden sind muss es ca. 7-10 mal pro Tag komplett umgesetzt werden um den Eisen-bedarf der Erythropoese zu decken. Aufgrund dieses hohen Umsatzes können Störungen in der Freisetzung oder Absorption des Eisens schnell zu sinkenden Serum-Eisenspiegeln führen.51

1.2.1.5

Speicherung

Das Speicher- oder Reserveeisen findet sich intrazellulär in Form von Ferritin vor allem in der Leber und den Makrophagen. Hieraus kann bei Mangelzuständen Eisen freigesetzt werden. Ferritin besteht aus einer Proteinhülle, dem Akut-Phase-Protein Apoferritin, in welcher bis zu 4.500 Eisenatome gespeichert sein können. Es gilt als die lösliche Form des Speichereisens und zirkuliert zu einem kleinen Teil im Serum. Darüber hinaus kann es vor allem in Makrophagen durch Lysosomen zu unlöslichem Hämosiderin abgebaut werden. Da Eisen aus Hämosiderin jedoch nur schlecht mobilisiert werden kann, stellt es keine physiologische Speicherform dar, es entsteht vielmehr in Gebieten größerer Blutungen.

Die Korrelation zwischen Serum-Ferritin und Gesamtspeichereisen gilt als umstritten.58 Insbe-sondere als Akut-Phase-Protein kann es bei Entzündungen und malignen Neoplasien erhöht sein, ohne dass dies mit den Eisenspeichern korreliert.

1.2.2

Eisenmangel

Neben dem nutritiven Eisenmangel, auf den im Folgenden nicht weiter eingegangen wird, gibt es den sogenannten funktionellen Eisenmangel, bei dem der Erythropoese trotz gefüllter Eisen-speicher zu wenig Eisen zur Verfügung steht. Dieser kann unter der Gabe von Erythropoetin auftreten, wenn die Erythropoese so stark gesteigert wird, dass der Eisenturnover nicht genug Eisen zur Verfügung stellt. Ein funktioneller Eisenmangel kann jedoch auch durch die

(29)

Aktivie-Einleitung 17 rung des Immunsystems bei Infektionen, Inflammationen, Autoimmunerkrankungen und malig-nen Neoplasien entstehen. Hierbei erfolgt eine Verschiebung der Körpereisenverteilung und Veränderung der intrazellulären Eisenhomöostase. Einerseits bewirken inflammatorische Zyto-kine die Synthese von Hepcidin, welches wiederum die intestinale Eisenabsorption und die Freisetzung des Speichereisens auf der Leber und den Makrophagen hemmt, andererseits sinkt die Serumkonzentration des Transferrins, welches ein Anti- oder negatives Akut-Phase-Protein darstellt. Darüber hinaus werden bei einer Infektion Makrophagen durch Zytokine aktiviert, wodurch eine vermehrte TfR-Expression und Ferritinsynthese stattfindet. Insgesamt erfolgt eine Umleitung des zirkulierenden Eisens in die Speicher. Es wird vermutet, dass durch diese Regu-lationsmechanismen bei einer Infektion den Bakterien das für ihre Vermehrung essentielle Eisen entzogen wird.59

Bei chronischen Entzündungen und malignen Erkrankungen kann sich aus dem funktionellen Eisenmangel eine Anämie, bezeichnet als Anämie der chronischen Erkrankung bzw. Entzün-dung (Anemia of chronic disease/inflamation), entwickeln. Hierbei handelt es sich um eine ei-sendefizitäre Erythropoese aufgrund des gestörten Recyclingmechanismus.53

1.2.3

Eisenüberladung

Weit unbekannter und auch seltener als der Eisenmangel ist die Eisenüberladung, bei der ein Überschuss an Körpereisen vorliegt. Als Hämochromatose bzw. Hämosiderose wird die patho-logisch gesteigerte Eisenablagerung (Ferritin, Hämosiderin) im Körper infolge einer erhöhten Plasmaeisenkonzentration bezeichnet. Sie kann erblich bedingt (hereditär) oder erworben sein. Unter hereditärer Hämochromatose werden verschiedene Stoffwechselerkrankungen zusam-mengefasst, bei denen es durch eine inadäquate Hepcidin-Produktion zu einer Störung der Ei-senhomöostase mit exzessiver Aufnahme von Nahrungseisen kommt. Bei der häufigsten Form liegt eine Mutation des HFE-Gens vor. Darüber hinaus können weitere Gene betroffen sein, die z. B. Hepcidin oder Ferroportin kodieren.57

Eine erworbene oder auch sekundäre Eisenüberladung kann verschiedene Ursachen haben: So-wohl eine verstärkte Eisenaufnahme (z. B. über Bluttransfusionen) als auch ein unzureichender Eisenverbrauch bei Anämien mit ineffektiver Erythropoese („iron-loading anemias“ z. B. Tha-lassämien, Aplastische Anämie, Sichelzellanämie) können zur Eisenüberladung führen.

Zur Diagnostik einer sekundären Eisenüberladung bei Patienten mit angeborenen Anämien empfiehlt die S2-Leitlinie der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizini-schen Fachgesellschaften e. V.) zur Beurteilung des Eisenstatus unter anderem die Bestimmung des Serumferritin, der Lebereisenkonzentration (LIC = liver iron concentration) und myokardia-len Eisenbeladung.60 Als Indikationen für eine Eiseneliminationstherapie gelten darin ein

(30)

Ferri-18 Einleitung tin >1000 µg/l (wenn ein vorübergehender Anstieg z. B. durch eine Infektion, ausgeschlossen scheint) und/oder ein erhöhter Lebereisengehalt (je nach Messmethode verschieden).

1.3

Eisenüberladung bei SZT-Patienten

1.3.1

Warum sind gerade SZT-Patienten für eine Eisenüberladung

prädisponiert?

Viele der Erkrankungen, welche eine Indikation zur SZT darstellen, sind charakterisiert durch die Proliferation und Akkumulation von Blasten und der Verdrängung bzw. Unterdrückung der normalen Hämatopoese mit einem verringerten Eisenumsatz der Erythropoese. Hierdurch sind viele der Patienten transfusionspflichtig. Jedes Erythrozytenkonzentrat (EK) enthält wiederum ca. 250 mg Eisen, was dem zehnfachen des täglichen, physiologischen Bedarfs entspricht. Abbildung 3 gibt einen Überblick über die gestörte Eisenhomöostase (rote Pfeile) bei SZT-Patienten (bearbeitet nach einer Vorlage von Hershko et al.54):

Abbildung 3: Störung der Eisenhomöostase bei SZT-Patient (rote Pfeile): Durch eine myeloablative Chemotherapie

und/oder Bluttransfusionen kann die, allein über die Resorption regulierte, Eisenhomöostase aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Durch den Abbau transfundierter Erythrozyten wird massiv Eisen freigesetzt, wodurch die Binde-kapazität des Transferrins erschöpft wird. Ist das Transferrin zu ca. 70% abgesättigt, tritt Nicht-Transferrin-gebundenes Eisen (NTBI) auf. Eine Chemotherapie führt zu einer zusätzlichen Eisenfreisetzung aus absterbenden Zellen und kann darüber hinaus die Erythropoese und die Transferrinsynthese beeinträchtigen. Freies Eisen ist sehr reaktiv und kann die Bildung freier Radikale begünstigen, welche Zell- und Gewebeschäden verursachen können. Darüber hinaus kann freies Eisen die Vermehrung pathogener Keime fördern.

(31)

Einleitung 19 Werden die transfundierten Erythrozyten im Verlauf in den Macrophagen des MPS abgebaut, wird daraus massiv Eisen freigesetzt. Durch die hohe Plasmaeisenkonzentration wird die Bin-dekapazität des Transferrins allmählich erschöpft. Ist das Transferrin zu ca. 70 % gesättigt, tritt Nicht-Transferrin-gebundenes Eisen auf, sogenanntes NTBI.61 Dies wird unabhängig vom Transferrinrezeptor sehr schnell und unkontrolliert von verschiedenen Geweben aufgenommen, im Wesentlichen von der Leber (Hepatozyten), aber auch dem Pankreas und dem Herz. Intrazel-lulär wird das überschüssige Eisen in den labilen Eisenpool aufgenommen und daraus in die Eisenspeicher (Ferritin/Hämosiderin) überführt.62

Die Konditionierung beeinträchtigt die Hämatopoese, wodurch weniger Eisen verbraucht wird.63 Es wird postuliert, dass aufgrund der Zytotoxizität der Chemotherapie zusätzlich massiv Eisen aus absterbenden Erythrozyten, Blasten (wenn vorhanden) und geschädigten Hepatozyten freigesetzt wird.61,63–65 Auch die Transferrinsynthese in der Leber sinkt durch die Chemothera-pie, wodurch wiederum weniger Transferrin für die Bindung von Plasmaeisen zur Verfügung steht.66

Freies Eisen, in Form von NTBI und dem labilen Eisenpool, ist sehr reaktiv. Über die Fenton-Reaktion mit Wasserstoffperoxid, welches oftmals bei oxidativen Stoffwechselreaktionen (z.B. Abbau von Fettsäuren in Peroxisomen) in kleinen Mengen als Abfallprodukt gebildet wird, entstehen ROS.

+ → + +

Darüber hinaus kann Eisen die Bildung von molekularem Sauerstoff, Hydroxyl-Radikalen und Hydroxyl-Ionen aus Hyperoxid-Anionen und Wasserstoffperoxid (Haber-Weiss Reaktion) kata-lysieren.51

+ → +

+ → + ∙ +

ROS reagieren mit Lipiden, Proteinen oder der DNA und schädigen Zellen und Gewebe.52 Hierdurch werden die Nebenwirkungen der Zytostatika und Bestrahlung, wie z. B. Mucositis, Kardio-, Nephro- und Hepatotoxizität, möglicherweise weiter verstärkt. Darüber hinaus wird vermutet, dass durch die Gewebeschädigungen das Risiko für Komplikationen wie z. B. der SOS oder GvHD steigt, bzw. diese verstärkt und getriggert werden.67,68

Da Eisen auch für Mikroorganismen (Bakterien und Pilze) ein essentielles Element ist, begüns-tigt die Anwesenheit von freiem Eisen die Vermehrung pathogener Keime. Sie können an Transferrin oder andere Proteine gebundenes Eisen (z. B. Ferritin) nur schwer oder gar nicht für sich nutzen, NTBI hingegen ist leicht zugänglich.69–71

(32)

20 Einleitung Zusammengefasst sind SZT-Patienten besonders gefährdet, eine Eisenüberladung zu erleiden, da bei ihnen viele verstärkende Faktoren zugleich auftreten:

1. Bluttransfusionen vor, während und nach der Therapie,

2. verminderter Eisenverbrauch durch eine ineffektive Hämatopoese und

3. vermehrte Eisenfreisetzung aus absterbenden Zellen, bedingt durch die Chemotherapie.

1.3.2

Risikofaktor Eisenüberladung

Die Folgen einer chronischen Eisenüberladung sind bereits von der hereditären Hämochromato-se und von Thalassämie-Patienten bekannt. Das klinische Bild im Spätstadium umfasst eine Hyperpigmentation der Haut, Leberfibrose-/zirrhose, Myokardiopathie, Diabetes mellitus, Hy-pogonadismus und Arthropathie.72

Bei SZT-Patienten kommt es durch die Chemotherapie eher zu einer akuten Eisenüberladung bzw. -freisetzung. Diese kann sich mit oder unabhängig von einer schon bestehenden, chroni-schen Eisenüberladung entwickeln. D. h. auch bei Patienten mit initial normwertigem Ferritin kann eine Chemotherapie eine akute Eisenüberladung mit einer Freisetzung von NTBI auslösen. Es wird vermutet, dass SZT-Patienten mit einer Eisenüberladung ein schlechteres Outcome haben. So konnte bereits gezeigt werden, dass ein erhöhtes Serumferritin prä-transplant (> 1000 µg/l) mit einem schlechteren Überleben (Gesamtüberleben, krankheitsfreies Überle-ben, therapiebedingte Mortalität)68,73,74, einem erhöhten Infektionsrisiko für bakterielle und Pilz-infektionen75–77 und gesteigerter therapiebedingter Mortalität78,79 einhergeht. Darüber hinaus zeigen einige Studien auch einen Zusammenhang zwischen einer Eisenüberladung und dem Auftreten einer aGvHD68,80 oder SOS67,81.

Ferritin jedoch ist nur ein Surrogatparameter für das Speichereisen, da es als Akut-Phase-Protein nicht spezifisch ist und in Studien teilweise nur eine geringe Korrelation mit der Le-bereisenkonzentration (LIC = Liver iron concentration) gefunden wurde. Aus diesem Grund gilt die Aussagekraft des Ferritins als Marker für eine Eisenüberladung als umstritten.82,83 Eine kürz-lich erschienene Studie stellt den Einfluss einer Eisenüberladung auf das Outcome von SZT-Patienten nach myeloablativer Konditionierung generell in Frage: „Does iron overload really

matter in stem cell transplantation?“84 Hierbei wurde in einer prospektiven Studie der prognos-tische Einfluss der Eisenüberladung, gemessen an Serumferritin und der Leber- und Herzeisen-konzentration (per Magnetresonanztomographie), bei SZT-Patienten untersucht. Da nur das Serumferritin eine prognostische Signifikanz zeigte, nicht aber die anderen Eisenparamter, wur-de geschlussfolgert, dass wur-der negative prognostische Einfluss wur-der prä-SZT Hyperferritinämie möglicherweise unabhängig von einer Eisenüberladung ist. Auch für die per Magnetreso-nanztomographie (MRT) gemessene LIC konnte bisher kein eindeutiger Einfluss auf das Out-come von allogen transplantierten SZT-Patienten gezeigt werden. So beschrieben Virtanen et al.

(33)

Einleitung 21 2013 zwar, dass prä-transplant erhöhte LIC signifikant mit schweren Infektionen assoziiert wa-ren, jedoch hatte die LIC dort keinen Einfluss auf die TRM oder das Gesamtüberleben.85 Über-einstimmend mit diesen Ergebnissen konnten auch Trottier et al. 2013 in ihrer prospektiven Studie keinen Zusammenhang zwischen der via MRT gemessenen LIC und dem Outcome (Ge-samtüberleben, Non-Relapse Mortality (NRM), a/cGvHD, Organversagen, Infektionen, SOS) von SZT-Patienten feststellen.86 In einer 2014 durchgeführten Metaanalyse von Armand et al. stellten die prä-transplant gemessene LIC (per MRT) keinen starken prognostischen Faktor für das Überleben und das Serum-Ferritin einen inadäquaten Surrogatparameter für eine Eisenüber-ladung dar.87

Es muss jedoch beachtet werden, dass die akute Toxizität des freien Eisens, in Form von NTBI oder dessen reaktiver Komponente, dem labilen Plasmaeisen (labile plasma iron = LPI)88, bisher nur wenig untersucht wurde. Bisherige Studien untersuchten die Kinetik des Auftretens des NTBI bei Patienten an kleinen Fallzahlen. Es konnte gezeigt werden, dass NTBI bei SZT-Patienten meist kurz nach Beginn der Konditionierung auftritt und auch noch Wochen nach der SZT nachweisbar ist.61,89–91 Auch LPI konnte bei einigen SZT-Patienten nachgewiesen wer-den.92 Des Weiteren konnte bereits bei Diabetikern gezeigt werden, dass NTBI mit einem er-höhten Wachstum von Staph. aureus verbunden ist.93 Übereinstimmend hiermit wurde eine Korrelation von NTBI mit dem Wachstum von E. coli in gelagerten EK94 und von Staph.

epi-dermidis in Thrombozytenkonzentraten (TK) nachgewiesen.95 Der Einfluss von NBTI auf das Outcome bzw. die Mortalität oder das Infektionsrisiko von SZT-Patienten wurde bislang jedoch noch nicht untersucht.

(34)

22 Einleitung

1.3.3

Pharmakologische Interventionsmöglichkeiten

Die ursprüngliche Therapieoption bei Eisenüberladung, welche auch heute noch bei Hä-mochromatose-Patienten zum Einsatz kommt, ist die Phlebotomie. Hierbei wird den Patienten eine größere Menge Blut entnommen, um den Eisenspiegel zu senken.

Des Weiteren stehen Arzneistoffe zur Verfügung, welche als Eisenchelatoren in der Lage sind, Eisen im Gewebe und im Blut zu binden und über Urin und Fäzes auszuscheiden, sodass eine negative Eisenbilanz erzeugt wird. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die am Markt verfügbaren Wirkstoffe:

Deferoxamin (DFO) Deferipron (DFP) Deferasirox (DFX) Chelatormolekül: Eisenatom 1:1 3:1 2:1 Dosierung 25–50 mg/kg/d 75-90 mg/kg/d 20–30 mg/kg/d Appliktionsform s.c., i.v. 8–12 h 5 Tage/Woche p.o. 2-3x täglich p.o. 1x täglich HWZ 20–30 min 3–4 h 8–16 h

Elimination renal und biliär renal biliär

Unerwünschte Wir-kungen lokale Entzündungs-reaktionen, retinale- und Ototoxizität, Wachstumsretardierung, Überempfindlichkeits-reaktionen Agranulozytose, gastro-intestinale Beschwer-den, Neutropenie, Arthralgie, erhöhte Leberwerte gastrointestinale Beschwerden, Haut-ausschlag, Kreatinin- und Leberwertanstieg Zulassung Akute Eisenvergiftung, primäre und sekundäre Hämochromatose ein-schließlich Thalassämie und transfusions-bedingte Hämosiderose; Patienten, bei denen Begleiterkrankungen Aderlässe verbieten.

Eisenüberlast bei Pati-enten mit Thalassämia major, wenn

Deferoxamin kontra-indiziert oder unge-eignet ist.

Chronische Eisenüber-ladung aufgrund häufiger Transfusionen bei Patienten mit Thalassämia major chronische, trans-fusionsbedingte Eisen-überladung bei Patienten mit anderen Anämien, aufgrund seltener Transfusionen bei Patienten mit Thalassämia major oder nicht-transfusions-abhängigen Thalassämie-Syndromen, wenn Deferoxamin kontra-indiziert oder unange-messen ist.

Fachinformation Desferal Stand 05/1196 Ferriprox Stand 04/1397 Exjade Stand10/1398

s.c. = subkutan; i.v. = intravenös; p.o. = per os

Referenzen

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