Stabilität des Euro und die
Ungleichgewichte in der Währungsunion
Europa in Ungleichheit vereint
Mechthild Schrooten
Email: mechthild.schrooten@hs‐bremen.de
Die Europäische Union: 446 Millionen Bürger – 27 Länder
Quelle: EU.
Euro
Non‐Euro Quelle: EU.
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Die große Erweiterung: Vereinigung von Ost und West
Fall der Berliner Mauer – Ende des Kommunismus Start der EU-Wirtschaftshilfe: Phare-Programm
Festlegung der Kriterien für einen Beitritt zur EU:
• Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
• funktionierende Marktwirtschaft
• Fähigkeit, die Rechtsvorschriften der EU umzusetzen Beginn der offiziellen Erweiterungsverhandlungen Gipfel von Kopenhagen stimmt großen Erweiterung um 10 neue Mitgliedstaaten zu
Zehn neue EU-Mitgliedstaaten: Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern
1989
1992
1998 2002 2004
2007 Bulgarien und Romanien treten der EU bei
2013 Kroatien tritt am 1. Juli bei
Eurozone
• Brexit: Boris Johnson will Verhandlungen mit EU bis Mitte Oktober abschließen(Die Zeit 7.9.2020)
• Streit um Gas im Mittelmeer Erdogan warnt EU vor Einseitigkeit(n‐tv 7.9.2020)
• EU‐Wettbewerbsrecht China im Nacken(Tagesschau 6.9.2020)
• Machtkampf um die Corona‐Milliarden: Das EU‐Parlament droht mit Veto (7.9.2020)
• In der Eurozone sinken die Verbraucherpreise (FAZ 2.9.2020)
• Eurozone: Arbeitslosenquote steigt auf 7,9 Prozent (T‐online 4.9.2020)
•
• Merkel will Eurozone als Avantgarde (ntv 19.1.2018)
• Deutsch‐französischer Vorstoß Top Ökonomen wollen Eurozone radikal umbauen (Spiegel 19.1.2018)
• Merkel und Macron
• Centeno: Euro‐Gruppenchef dringt auf schnelle Reform der Eurozone (Tagesspiegel 17.1.2018)
Bruttoinlandsprodukt EU und Eurozone
‐5
‐4
‐3
‐2
‐1 0 1 2 3
2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019
Europäische Union ‐ 28 Länder (2013‐2020)
Euroraum (EA11‐1999, EA12‐2001, EA13‐2007, EA15‐2008, EA16‐2009, EA17‐2011, EA18 2014 EA19 2015)
BIP 2019 gegenüber dem Vorjahr
0 1 2 3 4 5 6
Irland Estland Malta Ungarn Polen Rumänien Litauen Bulgarien Zypern Kroatien Slowakei Slowenien Dänemark Luxemburg Tschechien Lettland Portugal Spanien Griechenland Niederlande Österreich Belgien Frankreich Vereinigtes… Schweden Finnland Deutschland Italien
0 50 100 150 200 250 300
BulgarienKroatien RumänienLettland GriechenlandSlowenienSlowakeiPortugalUngarnLitauenEstlandZypernPolen Tschechische RepublikEuroraum (19 Länder)EU (28 Länder)FrankreichSpanienItalienMalta Vereinigtes KönigreichDeutschlandNiederlandeLuxemburgÖsterreichSchwedenDänemarkFinnlandBelgienIrland
BIP Pro Kopf 2016; EU=100
Quelle: Eurostat.
BIP‐Pro Kopf Kaufkraft ‐2019
0 50 100 150 200 250 300
Bulgarien Kroatien Griechenland Lettland Rumänien Polen Ungarn Slowakei Portugal Litauen Estland Slowenien Zypern Spanien Tschechien Italien Malta Vereinigtes… Frankreich Finnland Belgien Schweden Deutschland (bis… Österreich Niederlande Dänemark Irland Luxemburg
Exporte in Prozent des BIP
0 10 20 30 40 50 60
2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019
Europäische Union ‐ 28 Länder (2013‐2020)
Euroraum (EA11‐1999, EA12‐2001, EA13‐2007, EA15‐2008, EA16‐2009, EA17‐2011, EA18‐2014, EA19‐2015)
Leistungsbilanzsaldo
‐20
‐15
‐10
‐5 0 5 10
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Diagrammtitel
Deutschland Frankreich Spanien Griechenland
Arbeitslosigkeit 2017
0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0
Exporte 2019 in Prozent des BIP
0 50 100 150 200 250
Vereinigtes Königreich Italien Frankreich Spanien Griechenland Finnland Rumänien Portugal Deutschland (bis 1990… Schweden Kroatien Österreich Polen Dänemark Lettland Bulgarien Zypern Estland Tschechien Litauen Belgien Ungarn Niederlande Slowenien Slowakei Irland Malta Luxemburg
Leistungsbilanz in Prozent des BIP
‐10,0
‐5,0 0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0 30,0 35,0 40,0
Belgien Bulgarien Dänemark Deutschland (bis… Estland Finnland Frankreich Griechenland Irland Italien Kroatien Lettland Litauen Luxemburg Malta Niederlande Österreich Polen Portugal Rumänien Schweden Slowakei Slowenien Spanien Tschechien Ungarn Vereinigtes… Zypern
Punkte
• Der sinnlosen Austeritätspolitik ist ein Ende zu setzen. Eine aktive Finanzpolitik ist ein Anker für staatliche insbesondere sozialstaatliche Stabilität.
• Die Grundlagen, auf die die chronischen Leistungsbilanzüberschüsse und – defizite zurückgehen, können die Gemeinschaft gefährden und sind nicht weiter zu tolerieren. Überschüsse bedeuten, dass mehr produziert als verbraucht wird. Diesem Überproduktionswahn ist entgegen zu treten.
• Zukunftssicherung läuft nicht über Niedriglohn sondern über eine
produktivitätsorientierte Lohnentwicklung. Der Umverteilung zugunsten von Kapitaleinkommen muss ein Ende gesetzt werden, um der wachsenden Ungleichheit entgegenzutreten. Koordination statt sinnloser Wettbewerb.
Europa
• Europäische Union (28 Mitgliedsländer)
• Zollunion, Handelsunion
• 7 % der Weltbevölkerung
• 30% des Welt‐Bruttoinlandsprodukts (BIP)
• Eurozone
Währungsunion (19 Mitgliedsstaaten)
• Gemeinsame Währung
• Einheitliche Geldpolitik
• Beitritt zur EU
• Alle Staaten können grundsätzlich beitreten
• Jedoch sind Kriterien zu erfüllen
• Mit dem Beitritt zur EU wird grundsätzlich auch ein perspektivischer Beitritt zur Eurozone gesetzt
• Maastricht‐Kriterien
• Marktwirtschaft
• Demokratie
• funktionsfähiges Rechtssystem
• EU im Spannungsfeld zwischen Nationalstaatlichkeit und Gemeinschaft
Ökonomie Ökologie Sozial
Zinsen für 10jährige Staatsanleihen
Zinsen für 10jährige Staatsanleihen
0 5 10 15 20 25
Deutschland Spanien Frankreich Griechenland Irland Italien
Anwendungsfall Deutschland
Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Haushalte, Mrd.
Euro
Quelle: Statistisches Bundesamt.
Finanzierungssaldo der öffentlichen Haushalte, Mrd. Euro
1950 -0,9
1970 -4,1
1990 -27,1
2005 -55,8
2009 - 106,9
2010 -78,1
0 200 400 600 800 1000 1200
1950 1970 1990 2005 2009 2010
Ausgaben Einnahmen
Einnahmen und Ausgaben in % des BIP
15 20 25 30 35 40 45 50
1950 1970 1990 2005 2009 2010
Ausgaben
Einnahmen
Privates Vermögen, öffentliche Schulden
Gesamtwirtschaftliche Vermögensbildung (1991 bis 2009, in Milliarden Euro)
•
Private Haushalte 1.840 Mrd. Euro
•
Finanzinstitute 258 Mrd. Euro
•
Staat Schulden
•
Ausland Schulden
Quelle: Deutsche Bundesbank, Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik .
Populäres Argument:
» Generationengerechtigkeit
Verschuldungsstand des Staates
Quelle: Statistisches Bundesamt.
0 50 100
1950 1970 1990 2005 2009 2010
Verschuldung in % des BIP
Jahr Mrd. Euro
1950 9,6
1970 64,2
1990 538,3
2005 1489,9
2009 1694,4
2010 2028,2
2011 2030
2014: 2048,1
2014: 74, 1 Mrd
Krisenbewältigung durch Schuldenbremse?
• in Art. 109, Abs. 3 Grundgesetz
• (3) Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Bund und Länder können Regelungen zur im Auf‐und Abschwung symmetrischen Berücksichtigung der Auswirkungen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung sowie eine
Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche
Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, vorsehen. Für die Ausnahmeregelung ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen. Die nähere Ausgestaltung regelt für den Haushalt des Bundes Artikel 115 mit der Maßgabe, dass Satz 1 entsprochen ist, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im
Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Die nähere Ausgestaltung für die Haushalte der Länder regeln diese im Rahmen ihrer
verfassungsrechtlichen Kompetenzen mit der Maßgabe, dass Satz 1 nur dann entsprochen ist, wenn keine Einnahmen aus Krediten zugelassen werden.
Deutschland
•
Schuldenbremse
•
Bund ab 2016
•
Länder ab 2020
•
Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen‐Anhalt, Schleswig‐Holstein erhalten Konsolidierungshilfen von insgesamt 800 Mill. Euro jährlich
„Die Neuregelung (Art. 109 und Art. 115 GG) gelten für Bund und Länder ab dem Jahr 2011. Im Rahmen einer Übergangsregelung (Art. 143d Abs. 1 GG) ist festgelegt, dass für den Bund noch bis einschließlich 2015 und für die Länder bis einschließlich 2019 Abweichungen möglich sind. Über Konsolidierungshilfen wird es den ärmeren Bundesländern Bremen, Berlin, Saarland, Sachsen‐Anhalt und Schleswig‐Holstein möglich gemacht, die Vorgaben der Schuldenbegrenzung ab dem Jahr 2020 zu erfüllen. Weiterhin soll zur Überwachung der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern ein gemeinsamer Stabilitätsrat eingesetzt werden, der insbesondere der Vermeidung von Haushaltsnotlagen dienen soll (Art. 109a GG).“
Quelle: Bundesfinanzministerium/Hervorhebung Schrooten.
Europäische Schuldenbremse heißt Fiskalpakt
• Dezember 2011: Schuldenbremse wird zum Exportprodukt
• Schaffung einer „fiskalischen Stabilitätsunion“
• konkrete Ausgestaltung variiert
• jedoch gemeinsam:
• Eckpfeiler:
• 0,5% konjunkturell bereinigtes Defizit des konsolidierten Haushalt
• Schuldenstand auf 60% des Bruttoinlandsprodukts begrenzen
• Fiskalpakt ist kein einfacher Export der im deutschen Grundgesetz verankerten Schuldenbremse
• aktuell 23 Mitgliedsländer der EU im Defizitverfahren
• Schuldenstand in Deutschland ca. 82% des Bruttoinlandsprodukts
• Anpassungen notwendig
• Fiskalpakt ist kein einfacher Export der im deutschen Grundgesetz verankerten Schuldenbremse
• Mit einer gemeinsamen, koordinierten Schuldenpolitik ist der Spekulation gegenüber staatlichen Anleihen auf dem Kapitalmarkt
entgegenzutreten. Dies kann ein Ansatzpunkt für eine neu zu schaffende EU‐Finanzpolitik bieten, bei der sich die einzelnen Mitgliedsländer nicht einem
• Eine europäische Sozialunion setzt EU‐weite Standards. Einen
Ansatzpunkt dazu kann die europäische Arbeitslosenversicherung bieten.
• Das Euro‐Geldsystem ist eine wichtige Infrastruktur, die nicht der Spekulation ausgeliefert sein darf. Gerade von dem Hintergrund der Digitalisierung und der damit verbundenen Möglichkeit, den
Zahlungsverkehr in internetgestützt Räume zu verlagern, muss die Regulierung antizipativ‐regulierend wirken. Folglich hat die EU‐
Finanzmarktregulierung weit über die Bankenunion hinauszugreifen.
• Alles in allem und letztendlich allerdings geht es um die
Lebensbedingungen der Menschen in der EU und der Eurozone. Ohne eine zunehmende Chancengerechtigkeit und Partizipation besteht die Gefahr, dass sich immer mehr enttäuschte Bürgerinnen und Bürger von nationalstaatlichen Überlegungen tragfähige Problemlösungen erhoffen.