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Kunst und Altertum
Alte Koltofen
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Lichteaeuet ForsclittngfBandII
Briefe
König Hammurapis
von Arthttf
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Hammurapi
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Sonnengotte Samas seine Gesetze.DarunterdieAnfänge derInschriftinsenkrecht laufendenZeilen.
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onig Hammurapis
(2J23— 2081 V. Chr.)
nebst
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einleitendenÜbetblick überdieGescliichteond
KulturseinerZeitund einem Anhang,
Briefe anderer altbabylonischerHerrscherenthaltendvon
Arthur Ungnad
Mit zwei Abbildungen
Verlag:
Karl Curtius
inBerlin
Hammurapi
empfängtvom
Sonnengotte Samas seine Gesetze.DarunterdieAnfange derInschriftinsenkrecht laufendenZeilen.
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(2J23— 208J v.ChrO
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einleitendenÜberblicküberdieGeschiclite«nd
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Briefe anderer altbabylonischerHerrscherenthaltendvon
Arthur Ungnad
Mit zwei Abbildungen
Verlag Karl Curtius
inBerlin
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MitVorbehaltallerRechte CopyrightKarICurtiösI9t9
Druck derSpamerschen Buchdruckereiin Leipzig:
651546
Vorwort.
Die
hier vorliegende Übersetzungvon
Briefen Hammtirapis, des größten babylonischenKönigs
(2123—
2081 V. Chr.),und
anderer Herrscher jenerZeit verfolgtkeinestrengwissenschaftlichen
Zwecke
:sie will
dem
gebildetenLaien dieMöglichkeit geben, einen Blick in das „klassische babylonische Alter-tum" zu
werfen,ohne
ihnmit
philologischem Klein-kram zu ermüden. Zu
diesemZwecke war
es nötig,dieÜbersetzung derBriefe lesbarer
zu
gestalten, als eine wissenschaftlicheAusgabe
sich das erlaubendürfte,
und
auf eineScheidung von
Gesichertem, Wahrscheinlichkeit,Vermutetem und Ergänztem zu
verzichten.
Nur ganz
Unsicheres istdurch
Kursiv-druck
hervorgehoben.Ferner
war
es für dasVerständnis der Briefeun-umgänglich
erforderlich, eine verhältnismäßig lange Einleitung über dieGeschichteund Kultur
jener Zeit vorauszuschicken.Wer mit
diesenDingen
weniger vertraut ist,muß
die Briefeim Zusammenhang mit
der geschichtlichen
und
kulturellenEntwicklung Ba-
byloniens betrachten, will ersichnicht ihrVerstand-- VI -
nis erschweren oder gar
unmöglich machen. Handelt
es sich
doch um
Zeiten, die4000
Jahre zurück- liegen.Für
die Übersetzung der Briefe ist des Unter- zeichnetenAusgabe
„Altbabylonische Briefeaus der Zeit derHammurapi-Dynastie"
(I^eipzig 1914, Vor- derasiatische Bibliothek)zugrunde
gelegt.Wer
wei- terin dieseLiteratur eindringenwill, findetdort eine auf wissenschaftlicherGrundlage beruhende
Über- setzung nebst Umschrift,Erläuterungenund
Glossar1).Von
weiterer Literatur zurKenntnis
jener Zeit seien hier angeführt: des Unterzeichneten Über- setzung des GesetzeskodexHammurapis
in „Alt-orientalische
Texte und
Bilderzum
Alten Testa-ment"
(Tübingen 1909, TeilI, S. 140ff.), fernerUm-
schrift
und
Glossar desKodex
nebstSammlung
derIt babylonischen
Rechtsurkunden
(letztere in Über- setzung) in ,,Hammurabis^) Gesetzvon
J.Kohler und
A.Ungnad"
(Leipzig 1909—
11)und
endlich die Bearbeitung derÖl-Omina von
J.Hunger
„Becherwahrsagung
beiden
Babyloniern".Die vorliegende Schrift
wurde
kurzvorAusbruch
des Weltkrieges vollendetund
bliebdann
wie so vieles andere liegen.Der
Verlag hatte ursprünglich die Beigabe eines reichen Bilderschmuckes geplant,1) Bezeichnenwir jeneAusgabemit
A
unddie hiervor- liegende mit B, so istB
Nr. i—
20= A
Nr.2—21
(in der Weise, daß jede der angeführtenNmnmem
inA um
eins höher ist),B
Nr.21 istinA
aufS.V
desVorwortes mitge-teilt, Nr.
22—
88 sind inA
undB
identisch;B
Nr, 89= A
Nr. I.
2) So las
man
früher den Namen, doch ist 6 besserdlirch 5 zu ersetzen.
- VII -
indes
konnte
dieserGedanke
infolgederallbekannten Schwierigkeiten—
namentlich technischerArt —
nicht durchgeführt werden.
Während
der letztenJahreistauch
allerleineues Materialhinzugekommen.
Dieseswurde nur
soweit verwertet, als es sichohne
Schwierigkeiten inden
fertigen Satz einfügen ließ.Ganz
verzichtetwurde
auf die
Aufnahme
einiger,noch dazu
sehr schlecht erhaltener Königsbriefe des BerlinerMuseums,
dieOtto Schröder im XVT.
Hefte der Vorderasiati- schen Schriftdenkmäler (Leipzig 1917) in Urschrift herausgegebenhat,zumal
wirderangekündigten Be- arbeitimg dieses Materials seitens des Herausgebers in keinerWeise
vorgreifen wollten.Arthur Ungnad.
Inhalt.
Seite
Einleitung: Überblick über die Geschichte und
KiiltTir Babyloniens zur Zeit
Hammurapis
. . i—
80I.Überblicküberdie geschichtlicheBntwick-
lung des altenBabyloniens 3
—
22 II. Ziu: altbabylonischen Religion 23—
35III.Zur altbabylonischen Rechtspflege . . . 36—63 IV.
Zum
altbabylonischen Beamtentum imdVerwaltimgswesen 64
—
68V.Zimi altbabylonischen Krwerbsleben . .
69—73
VI.Zm- altbabylonischen Briefliteratur . . .
74—80
Briefe
Hammurapis 81—
116I.Der Kult . . «
83—84
II.Die Rechtspflege
85—89
III.Finanz- und Steuerwesen 90
—
95IV.Verwaltung und
Beamtentum
96—
loiV.Das MiUtärwesen 102
—
106VI.öffentliche Arbeiten . . . ,* 107
—
iio VII.Handel imd Gewerbe 111—
113VIII.Ackerbau undViehzucht 114
—
116Anhang:
Briefe anderer altbabylonischer Herr-scher
116—
137I.Briefe Samsuilunas 118
—
123II.Briefe Abi-eschuas 124-^131
III.Briefe Ammiditanas 132
—
133IV.Briefe Ammisadugas .' . 134—135
V.Brief Samsuditanas 136
VI.Brief Rim-Sins 137
:^
Einleitung*
überblick über
dieGeschichte und Kultur
Babyloniens zur
ZeitHammurapis-
r
L Überblick über die geschichtliche
Entwicklung des alten Babyloniens.
Wenn
ein
Volk
dieKetten überkommenen Zwan-
ges abwirft
und
sich aufseinureigenstesVolks-tum
besinnt, sokann
es derSympathie
desmodernen Menschen gewiß
sein,mag
esauch noch
so weitzeitlich oder räumlich
von ihm
getrennt sein.Und
weit fort
—
räumlichund
zeitlich—
wollen wirden
lycser hier führen: über
Meer und Wüste gen Osten
hinzu jenem vom- Schimmer
derSage umwobenen Volk
der Babylonier, zurück durch viervohe
Jahr- tausende in jene graue Urzeit,da Abraham,
derFreund
Gottes,dem Rufe
seinesHerrn
folgend,eben
jenesI^and verließ,um
inderFremde
unbeein- flußtvon
heidnischer Vielgötterei seinenGott zu
er-kennen und zu
verehren.Eine
große Zeit ist es, die sich unsernrückschauenden
Blicken eröffnet, eine Zeit, die in so vielenZügen uns an
die jüngste VergangenheittmseresVolkesgemahnt, daß
einVer- gleichmit
dieser geradezu herausgefordert wird:sehen wir
doch
hier wie dort ein großes Volk, das jahrhundertelangin kläglicher Zerrissenheit sich ver-I*
— 4 —
zehrte, unter
einem
starken Herrsclierneue
Kräftesammeln,
sich in machtvoller Einheitzusammen-
tunund
seinen völkischen Eigentümlichkeiten ihre vollenRechte
einräumen!In Babylonien
ist dieseBlütezeit des semitischenVolkstums
untrennbarmit dem Namen und
der kraftvollen PersönlichkeitKönig Hammurapis
(2123
—
2081 V. Chr.) verbunden; unterihm
erlebte dasneu
geeinigte Babylonien seine ,,klassische Epoche", von
der dieEpigonen noch
fast zwei Jahrtausende hindurch zehrten;und wenn auch
unterNebukadnezar, dem
Zerstörer Jerusalems (605—
562),noch
einmal eine Blütezeit für das I^and anbrach, so,war
esdoch nur
eine späteund
kurzeNachblute^
die sichdem
machtvollen Einflußjener ersten Blütezeit nicht entziehen konnte.Wollen
wir jene Zeit, diezum
erstenMale dem semitischen
(oder akkadischen)Element Baby-
loniensseine volleBedeutung
zuerkannte,gebührend
verstehen, somüssen
wirwenigstens einen flüchtigen Blick auf die Schicksale des I^andeswährend
der vorhergehenden Jahrhunderte werfen, einer Zeit, dieman im
Gegensatz zu dersemitischen diesume-
rische Epoche nennen
kann. Diese Betrachtung führtunsnoch etwa
zwei Jahrtausendeweiterzurück bisan
dieAnfänge
einer beachtenswerten Kultur injenem
Lande, dasEuphrat und
Tigris in langenvorgeschichtlichen Jahrtausenden allmählich
dem
Meere
entrissenund mit
ihrenfruchtbarenSchwemm-
massen zu einem
der gesegnetstenLänder
derWelt
gemacht
haben.—
5—
Wann
Babylonien, dasLand
zwischenEuphrat und
Tigris inihrem
Unterlaufe, zuerst besiedeltworden
istund wer
die erstenFremdlinge
waren, diedort ihreZelte aufschlugen, entzieht sichunserer Kenntnis, namentlichda
der nördliche Teil desLandes
(etwa zwischen 33°30'und
32°30') in archäologischer Hinsichtnoch
nicht systematisch erforschtist.Für uns
beginnt Babyloniens Geschichtemit
derGeschichteseinerSüdstaaten,und
hierfinden wir bereits vordem
Jahre4000
v. Chr. eine Be- völkerung vor, dieweder
ethnologischnoch
sprach-lich niit anderen Völkern jener oder späterer Zeiten in
Zusammenhang
gebrachtwerden
kann.Da
die babylonische Landschaft,die dieseMenschen bewohn-
ten,
Sumer genannt
wurde,haben
wiruns
gewöhnt,sie
Sumerer
zu nennen,zumal auch
ihre Sprachevon den
Alten als sumerische Sprache bezeichnet wurde.Wie wenig
dieseSprachemit
anderenuns bekannten verwandt
ist,mögen
einigeBeispielezeigen, indenen
wirvon
etlichenWörtern
jedesmal das sumerische, akkadische (oder semitisch-babylonische)und
das hebräischeneben dem
deutschen anführen: der Leser wird dabeiauch
sofort die engeVerwandt-
schaft zwischendem Akkadischen und dem Hebrä-
ischen bemerken, die ja beide der großenGruppe
der semitischen
Sprachen
angehören (nebendem
Aramäisch-Syrischen, Arabischen
und
Äthiopischen).Die
Sumerer, die höchstwahrscheinlich nichtUr-
einwohner Babyloniens waren, sondernetwa im
5. Jahrtausenddort eingewandertsein
mögen,
brach- ten die Keilschrift, ihre ureigenste Erfindung, viel- leicht schon aus ihrer früherenHeimat
mit. Jeden-—
6Sumerisch.
und
ähnliclie Begriffezum Ausdruck
bringt, einFuß
(Schrifttafel: a). ,,
Himmel" und „Gott"
wird durch, einen Stern wiedergegeben (&).Einen
.„Fiscb"^ (c)öder einen
(schwimmenden)
„Vogel" (d) inden
fol-genden
Zeichenzu
erkennen,erfordert nichtallzuviel Phantasie.Auch
das Zeichenfür ,,Berg", „Gebirgs- land" läßt seinenUrsprung
erraten {e). GrößereAnforderungen an
unsere Einbildungskraft stellen bereits Zeichen, wie das für ,,Mensch"
(/) oder„Kopf"
(g) oder „Schiff" {h).Und
sollen wir garin
dem
altenZeichenfür „Ziege" {i)oder,,Kuh"
(k) diesebeliebten Vierfüßlerwiedererkennen,sodürften selbstnamhafte
Zoologen einwenig
in Verlegenheit geraten^).Dazu kommt
noch,daß
dieSumerer durch Verbindung
verschiedener Zeichenneue
büdeten, wie z.B. aus„Mtmd"
{l)und
,,Brot" {m) ,,essen" (w) oder aus,,Mund"
{l)und „Wasser"
(o) ,,trinken" {p).Häufig
begegnetes auch,daß
der Teil für dasGanze
steht, so besonders klar in
dem
Zeichen für ,,Stier"{q), das deutlich einen Stierkopf
erkennen
läßt.Ganz
abstrakt ist endlich dieVerwertung von
vier Strichenzum
Zeichen der Potenzierung einesBe-
griffes^): so wird aus
dem
Zeichen für ,,Fisch" (c) ein Zeichen (r), das ursprünglichwohl
,,Fischgewim-mel"
bedeutet,dann
aberauch ganz
allgemeinden
Begriff des „Vielseins"zum Ausdruck
bringt.-DieseBilderschrift
verwendeten
dieSumerer nun
aber nicht dergestalt,daß
sie das,was
sie sagen wollten,nur andeuteten;
vielmehr bedienten sie 1) Die Zeichen stellen vielleicht ursprüngHch „Kvih- euter"und
„Ziegeneuter" dar (parspro
toto),^) Diese Erklärung ist indes fraglich.
8
sich ihrer
rebusartig
in der Weise,daß
sie gleich- klingendeWörter und
Silbendurch
gleiche Zeichen wiedergaben; so lautete z. B.mudu
„ermachte"
(mu
verbalesBlement
der Vergangenheit,du
,,machen"). Dies drückte
.man
durch das Bild einerBaumart mu
(Schrifttafel: s)und
das einesPflockes{t) aus, so
daß von
einerbildlichen Beziehung
zwischen Schriftund
Sprache keineRede mehr
seinkann
{u).Und
auf dieser Stufe derBntwicklung
steht dieSchriftbereits vordem
Jahre 3000v. Chr.,wo
dieSumerer uns zum
erstenMale im
vollsten Lichte der Geschichte entgegentreten.Aus den
überliefertenDenkmälern gewinnen
wir nichtden
Bindruck,daß
Babylonien in der ältesten Zeit der sumerischenSuprematie
ein geeinigtes starkes Reich gebildet habe.Das Land
zerfiel viel-mehr
in einzelne Kleinstaaten,von denen
bald der eine, bald der andre eine oftnur
scheinbareHege- monie
ausübte.Das
hat seinenGrund wohl
darin,daß
dieSumerer
bei der Besiedelung desLandes
sichan den
geeignetsten Stellen bisweilen weit von- einander entfernt niederließenund
untereinem
Häuptling,deroftgenug den
stolzenNamen
,,König"
annahm,
zunächst ein friedlichesLeben
alsBauern und
Hirten führten.Die
ältestenGründungen
dieserArt waren wohl
die StädteUruk
(im alten Testa-ment
Brech, heuteWarka
genannt),Nippur,
dasfrüher ebenso wie
Uruk am
Buphrat, jetztan einem
Kanal
gelegeneAusgrabungsfeld derUniversitätvon
Pennsylvanien (heute Niffer),und Bridu
(heute.
—
10—
Abu-Schalireiii), daseinstunmittelbar
am
PersischenGolf lag, der
im Laufe
der Jahrtausende indes vorden Schwemmassen
derStröme
viele Meilen weit zurückweichenmußte. Von
diesenHauptzentren
auswurde
dasLand
weiter kolonisiertund
Orte wieUr
(heute Mughaijar),Larsa
(Senkereh),Lagasch
(Telloh),
Kisch
(El-Oheimir),Upi
(später Opis- Seleucia),Babylon
u. a. gegründet.Bei weiterer
Ausdehnung
jener Kleinstaatenkam
es jedoch früh
zu
Streitigkeitenmit den Nach-
barn,und
so bietet sich dasBüd
eines Krieges aller gegen alle.Gewiß wäre
dasLand durch
diese fort-währenden
Kriege baldgänzlich aufgeriebenworden,wenn
nicht wenigstens ein religiösesBand
die einzelnen Städte verknüpft hätte, diegemeinsame Verehrung
des Gottes Enlil, der indem
eben er-wähnten Nippur
seinenTempel
hatte:wen
dieser Gottzum
Landesfürsten bestimmte,dem
leisteteman, wenn auch
oft unwillig, Gefolgschaft.Zwar
finden wir in
den
Königslisten der babylonischen Gelehrten seitdem Ausgang
des 5. Jahrtausendsmanche namhafte
Stadt als zeitweiligeHauptstadt
desganzen Landes
verzeichnet, besondersUruk,
Ur,Kisch "und Upi
(oder Akschak); aber ein starkes,Königtmn
hat es biszum Beginn
des 3. Jahr- tausendskaum
gegeben. Erstum
2800 v. Chr.gelang es
einem semitischen
Eürsten inNord-
babylonien,S charrukin
oderSargon von Akkady
dieser Kleinstaaterei ein
Ende zu
bereiten.Wann Semiten zum
erstenMale nach
Babylonienkamen,
entziehtsichvorläufignoch
unsererKenntnis:jedenfalls sind ihre Spuren,
wenn auch
undeutlich.—
II -—
schon
um
das Jahr 3000 v. Chr.zu
erkennen. Siekamen wohl
als Hirtenund
Söldner aus ihren in Westsyrien gelegenen Stammsitzen,ohne
bis zur ZeitSargons einegrößerepolitische Rollezu
spielen.Das
zeigt sichauch
darin,daß man
künftighin ihre Sprache als die akkadischebezeichnete.Vor Sargon
aber
gab
eskeinReich Akkad, da
erja derGründer
dieses Reiches war.
Sargon wurde
der erstewirklich bedeutende Herrscher aufbabylonischem Boden.
Nachdem
er alle Kleinstaaten Babyloniens seinem Zepter Untertangemacht
hatte, fügte erauch noch
dieNachbarländer Blam
(Südpersien),Subartu
(Mesopotamien)
und Amurru
(Syrien-Palästina) seinem Reiche hinzuund nahm
als Herrscher jener vier lyänderden
stolzen Titel„König
der vierWelt-teile" an. Ja,
man
berichtetevon ihm
sogar,daß
er eine Expeditionvom
Ostufer des MittelländischenMeeres
ausrüsteteund
seineBüdsäulen im
fernenWesten
aufstellen ließ.Wie
bedauerlich,daß
dieser kurzen Notiz nichtmit
Sicherheitzu entnehmen
ist,welche lyänder des
Westens
der Broberungslust des tatkräftigenKönigs
zurBeute
fielen!Wenn man von
einigeninnerenUnruhen
absieht,sohatte
Sargon
seine Dynastieso trefflich befestigt,daß
sie fast 200 Jahre hindurch blühte.Doch
schließlich zerfiel die
Macht
seines Staates,und
eine andre babylonische Stadt, das schonerwähnte
Uruk^ übernahm
dieHegemonie
aufetwa
25 Jahre.Da drang
eine halbbarbarische Völkerschaft, dieGutäer, um
2600 v.^Chr. ausden
nördlichenund
nordöstlichen Gebirgen in Babylonien ein, unter- warf das
durch
innereKämpfe
geschwächteLand
—
12—
und
legte ilmi eine langwierigeFremdherrschaft auf, die—
gewiß erstnach
harten .Kämpfen — von Uruk
wieder abgeworfen wurde.Uruk
scheint in diesenKämpfen
seine letzten Kräfte aufs Spiel ge- setztzu
haben. Sobald die Fremdherrschaft über-wunden
war,begannen
die innerenKämpfe von neuem, und Uruk wurde
durch eine andre Stadt der Früchte seinerMühen
-beraubt.Es war
diesUr in Chaldäa,
das einige Jahrhunderte später die Hei-mat Abrahams werden
sollte.Eine neue
Glanzzeit Babyloniens begann, die über loo Jahrewährte
(etwa 2470—
2350 V, Chr,)und dem
I^ande reichenSegen
brachte.Ehe
wir fortfahren,den
äußeren Geschicken des I^andes nachzugehen,müssen
wiruns
fragen, wie sich in der Zwischenzeit dasVerhältnis zwischenden
semitischenund den
sumerischenBewohnern Baby-
loniens gestaltete.
Es kann kaum
zweifelhaft sein,daß
dieerstenSemiten, diemit
sumerischer KulturinBerührung kamen,
nichtsweiter alshalbbarbarische.Nomaden
waren:, sie eigneten sich dieSegnungen
desKulturlandes an,ohne ihm im
wesentlichenmehr zu geben
als ihre frische urwüchsigeAufnahme-
fähigkeit.
Das
schon recht verwickelte theologischeSystem
der sumerischen Priesternahmen
sie aufund paßten ihm
ihre eignen Gottheiten, so gut es ging, an.Vor
allenDingen
aberwar
esdiesumerische Schrift,mit
der sie sich als der größten Kulturtat derSumerer
abzufinden hatten.Wir werden wohl
annehmen
dürfen,daß
inden
älteren Zeiten keine—
13—
starke
Rassenmischung
zwischenSemiten und
Su-merern
stattgefunden hat, sonst hättegewiß
die stärkereKultur auch
in sprachlicher Hinsichtden
Sieg davongetragen.Das
ist aber,von
einigen Be- einflussungen abgesehen, nicht geschehen. Viel-mehr
.haben dieSemiten
schon seit Sargons Zeit versucht, die sumerische Schriftauch
.ihrer semi- tischenSprachedienstbarzu machen. Im
allgemeinen aber ist es inden
ersten Zeiten beidem
bloßen Versuche geblieben.Noch
bis über die Mitte des 3. Jahrtausends hinaus gelang esden Semiten
nicht, in
Recht und
Religion das Latein des baby- lonischen Altertums, dasSumerische,zu
verdrängen.Erst.unter
Hammurapi
-besannen sie sich endgültig- auf ihrVolkstum, und
dieFrucht war
jene Gesetz-gebung
in semitischer Sprache, dieHammurapi zu einem
der.bedeutendsten Herrscher des Altertumsgemacht
hat,Babylonien hat
im
frühestenAltertum
nichtnur einmal
eine semitische Invasion erlebt. Als dieSumerer
dasLand
besiedelten, beschränkten sich ihre Niederlassungen zunächst auf die Uferland- schaften der beiden großen Ströme, vor allem desBuphrat; denn
dasKlima
desLandes, dasmit
Nieder- schlägen außerordentlich kargt, gestattete eine ge- winnbringende landwirtschaftliche Tätigkeitnur
da,wo
dieFeuchtigkeit der Flüsse sichnoch bemerkbar
machte.Auch
die Ansiedlungen der seßhaften Se-miten im Lande Akkad
oderNordbabylonien
dürftennach dem Muster
der sumerischen gebildetworden
sein.
Wenn man auch
schon frühzeitig überall ver- suchte, durchAnlegung
künstlicherWasserläufeden
—
14—
Umfang
des Ktilturlandeszu
erweitern, so bliebdennoch genug
Gebietübrig, dasden
Charaktereinernur
zeitweiliggrünenden
Steppe trug. Hierkonnten
-Nomaden mit
ihren Viehherden, die nichtan
be-stimmte Wohnsitze
gefesselt waren, einzwar müh-
seliges, aber
ungebundenes Leben
führen. SolcheNomadenstämme
scheinen das Innere Babyloniensund Mesopotamiens
biszum
Orontesgebiet,dem
I^ande
Amurru, immer
wieder durchzogen zu haben, einesteteGefahrfürdieGebietederseßhaften Kultur- völker bildend. DieseNomaden waren
gleichfalls semitischerAbstammung; man nannte
sieAchla- mäer und
späterAramäer, Bin
tjrpisches Beispieleines solchen
wandernden Aramäers
hatuns
das alteTestament
in der Person des ErzvatersAbraham
überliefert. Seine
Wanderung von Ur
in Chaldäa"nach Harran
inMesopotamien
gibtein anschauliches Bildvom
lieben jener Semiten, die,mit den
seß- haftenSemiten
Nordbabylonienseng
verwandt, sichdoch
in Sittenund
Sprachevon
ihnenunterschieden.Daß
dieKinder
Israelsauch noch
in späterer ZeitAbraham
als einenAramäer
betrachteten, lehrt eine Stelleim
5.Buch Moses
(Kap. 26, 5),wo Abraham
als ein ,,
zugrunde
gehender", d. h.wohl
,,halbver- hungerter"Aramäer
bezeichnet wird.Ein
glück-licher Zufall hat es gefügt,
daß
in keüinschriftlichenUrkunden
aus der Zeitvon etwa
2000 v. Chr. derName Abram
(= Abraham)
alsName
eines solchenAramäers
begegnet.Wenn auch
der Träger desNamens
zweifellosmit dem
biblischen Patriarchen nicht identisch ist, so lehrtuns
dieseTatsache doch, wie mißtrauischman manchen neuen
religions-—
15—
geschichtlichen
Hypothesen
gegenübertretenmuß:
hat
man doch
behauptet, derName Abram
seinur
als ein
Gottesname (= Erhabener
Vater) erklär-lich,
und
die Person des Erzvaters sei schon des- halb ins Gebiet derMythologie zu
verweisen!Für
die nomadisierendenAramäer
Babyloniens solltebalddieZeitkommen, wo auch
sieeineführende Rolle inden
GeschickendesLandes
spielen konnten.Wir
hatten Babyloniens Geschichte bis gegen dasJahr
2350 verfolgtund
eine hundertjährige BlütezeitunterUrs Hegemonie kennen
gelernt.Mit dem Aufschwung
Babylonienswar auch El am,
dasöstliche Nachbarland, das meist
von Babylonien
abhängig war, emporgeblüht,immer wachsamen Auges den Moment
erspähend,wo
esihm
möglichseinwürde,sichselbst
zu
einerHerrenstellungempor-
zuschwingen. Diese Zeit trat unterdem
letztenKönige
der Ur-Dynastie, Ibi-Sin, ein, als das eigent- liche Babylonien,durch
allzu langesWohlleben
ent- kräftigt, seinekriegerischeTüchtigkeit vergaß.Ela m
überfiel es,
und
der letzte Herrscher der stolzen Dynastiemußte
als Gefangener infremdem Lande
sein
Leben
aushauchen.Nunmehr begann
in Babylonien eineZeitinnerer Verwirrung, in der dieKönige von
Isin, einer süd- babylonischenStadt, eine Scheinherrschaftausübten,wobei
siejedenfallsvon Elam
abhängig waren. Diese traurigen Verhältnissebenutzteim
Jahre 2225v.Chr.einaramäischer Häuptling,
Sumu-abum, um
sichder Herrschaft über einen Teil des nördlichen Ktdtur-—
i6—
•landes
zu
bemächtigen.Br
gründete einsemitischesReich mit
derHauptstadt
Babylon, dasbestimmt
war, bald alle anderen babylonischen Staatengebildezu
überflügeln. Sein NachfolgerSumulael, wahr-
scheinlichein
Verwandter
des Reichsgründers,wurde
derStammvater
eines fürstlichen Geschlechtes, das dieMacht
des zunächst ziemlichunbedeutenden
Staatswesensmehr und mehr
erweiterte, bis Babylon' schließlich aUe vier ,,Weltteile" beherrschte.Ehe
das j
unge
Reich unterHammurapi, dem
Urur-enkel Sumulaels,
zu
dieser Machtstellungempor-
wuchs, vergingen indesnoch mehr denn
hundert Jahre. DieEinzelheiten derEntwicklung
des ,,baby- lonischen" Reicheskönnen
wir hier nicht näher verfolgen. Jemehr
dieMacht
der Dynastievon
Isinabnahm, um
somehr nahm
dieMacht
derHerrschervon Babylon
zu,indem
sie ihren Einfluß weiterund
weiter
nach Süden zu
ausdehnten.Unter Hammura-
pis Vater,
Sin
-muballit,
fiel die Reichshaupt- stadt Isinzum
erstenmal in dieHände
der baby- lonischen Herrscher (2127 v. Chr.),ohne daß
sie je-doch dauernd ihrem
Reicheeinverleibtwerden
konnte.Die wichtigste Stadt Babyloniens
war zu
jener Zeitneben Babylon
lyarsa,im
AltenTestament
als Ellasar (i. Mos. 14, i. 9) erwähnt, die
Haupt-
stadt eines Königreiches, dasden Namen Emutbal
führte. Hier herrschte schon zur Zeit des Sin- muballit, des Vaters
Hammurapis,
ein Herrschermit Namen
Rim-Sin. Dieser verstand es, dieUn-
ruhen, die
dem Tode
des Sin-muballit folgten, zu benutzen,um
Isin, die altevon Babylon
eroberte Reichshauptstadt, in seineHände
zu bringen,und
V---, '
-
17.-..
V.Hammurapi
scheint sogar inden
ersten Jahren seiner Regierungvon ihm
abhängiggewesen zu
sein.Diese
Annahme würde
sich bestätigen,wenn
wirden im
AltenTestament
(i.Mos.
14)genannten König Amraphel von
Sinear (d. i. Babylonien)mit Ham-
murapi
identifizieren dürfen,wofür manche Gründe
sprechen.
In jenem
Kapitel der Bibel wird be- kanntlich erzählt, wie derKönig Kedorlaomer von Blam mit
seinen VasallenAmraphel von
Sinear,Ariokh von BUasar
(d. i. Larsa)und
Tidal,dem
König
derGojim
(d.i.vielleicht Gutäer), einen Feld-zug
gegen das Amoriterland Palästinaunternahm,
dabei I^ot gefangensetzte, aber der Früchte seines Sieges infolge eines nächtlichen Angriffsdurch Abrahams Mannen
beraubt wurde.Auch Ariokh von
Bllasar istuns
aus babylonischen Quellen wohl- bekannt: erist derBruder und Vorgänger Rim-Sins und
erscheint in Keüschrifturkunden unterdem Namen
Bri-Aku.Wie
sein Verhältniszu Rim-Sin
des näherenzu
beurteüen ist, läßt sichzwar noch
'
nicht recht erkennen; es ist aber
wohl
möglich,daß
in
dem
soeben besprochenen Kapitel des AltenTestaments
eineVerwechslung von Bri-Aku mit Rim-Sin
stattgefunden habe.Dieser
Feldzug nach
Palästinamuß
in die aller- ersten Jahre der RegierungHammurapis,
dievon
2123-^2081 währte, fallen;denn
schon in seinem siebenten Jahre eroberte derKönig
zwei mächtige Städte, diezum
ReicheRim-Sins
gehörten: Isinund Üruk. Auch im
nächsten Jahre dauerte der Kriegmit Rim-Sin
weiter, über dessenAusgang
wirleider nichts erfahren.
Nach den
Breignissen derTJngnad, Hammurapi. 2
—
i8—
I<'olgezeit
zu
urteilen, dürften beide KriegfüJirenden keine sonderliclien Erfolge erzielt haben.In
seinem elften Jahre eroberteHammurapi
zwei weitereStädte,
Rabikum und
Schalibi.Alsdann
folgte eine verhältnismäßig friedliche Zeit, die derKönig
indesdazu
benutzte, sich auf einenletzten, entscheidenden Schlag gegen seinen altenFeind
vorzubereiten, hauptsächlich dadurch,daß
erdie wichtigstenStädte seines I^andes befestigte.Im
30. Jahre seinerRe-
gierung (2094) brachen die Kriegsfurien überBaby-
lonienund
das benachbarteKlam
herein.Es
zeigtesich bald,
daß Hammurapi
sichwohl
.vorbereitet hatte. DieArmee
desKönigs von Elam,
der seinem Vasallenzu
Hilfe geeilt war,wurde
zunächst über- wältigtund
so kraftvoll zurückgeschlagen,daß
sie nicht
mehr
inden Entscheidungskampf
ein- zugreifen wagte.So konnte Hammurapi im
folgen-den
Jahre mitRim-Sin
allein abrechnen: er be- siegte ihnvollkommen,
entsetzte ihn seiner Herr- schaftund
vereinigte das ganze südbabylonische Gebiet, dasRim-Sin
besessen hatte,mit seinem
eignen Reiche.Rim-Sin
floh, wie es scheint,nach Elam zu
seinem ehemaligen Beschützer; hochbetagt ver- suchte er es
noch
einmalnach Hammurapis
Tode, sich der Herrschaft überSüdbabylonien zu bemäch-
tigen, jedoch vergeblich.
Hammurapi
beschränkte sich nicht auf seine Er- folgeim
Innern Babyloniens: er eroberte einen großenTeü
Elams, unterwarf Subartu, dessenHaupt-
stadtdamals
Ninive, die spätereHauptstadt
des Assyrerreiches,gewesen
sein dürfte, ja er dehnte\ —
.19'—
seine
Eroberungszüge
bis insLand Amurni
(Pa- lästina) aus, sodaß
er deii Titel„König
der vierWeltteile",
den Sargon
zuerst göfülirt, wieder auf-nehmen
konnte.-Die
letzten Jakre seiner 43-jäli- rigen Regierungwaren zwar
niclitganz
freivon
kleinen äußeren
und
innerenUnruhen, Doch
als er dieAugen
schloß, hinterließ er das babylonische ReichseinemSohn und Brben Samsuiluna
somacht-
vollund
gut organisiert, wie es seitden Tagen
des altenSargon
nichtgewesen war und auch
nichtwiederwerden
sollte bis zur Zeit Nebukadnezars, des Er- oberersvon
Jerusalem.Schon
unterHammurapis
NachfolgerSamsui- luna
(2080—
2043)unternahm Südbabylonien
einen Versuch, sichvon neuem
selbständigzu machen,
der schließlichzu
einerAbtrennung
des sogenannten,,Meerlandes" am
Persischen Golf führte.Unter
SamsuilunasSohn Abi-eschua
(2042—
2015)war
diese Loslösung zur vollendeten Tatsache geworden,
mit
der sichauch
die letztenHerrscher der DynastieAmmiditana (2014—
1978),Ammisaduga
(1977 bis 1957)und Samsuditana
(1956—
1926) abzu- finden hatten.Dennoch
blieb ihr Reich starkund
mächtig, bis
zu Beginn
des zweiten Jahrtausends große VölkerVerschiebungenim Westen
stattfanden, die ihreWogen
schließlich bisnach Babylonien
ent- sandten.Die Hettiter waren
es, die, aus Klein- asien vordringend, nichtnur
das alte Königreich Amurru-Palästina zertrümmerten, sondern sich so- gargegen das babylonischeReich wandten: im
Jahre20
I
1926 fiel
Babylonien
in ihreHände, und
die stolze Dynastiesank nach
dreihundertjährigem Bestehen inden
Staub!Nur
inwenigen
Strichen wollen wirden
weiteren Verlaufderbabylonischen Geschichte andeuten.Von dem
Schlage,den
die Hettiter gegenBabylon
ge- führt,konnte
sich dasLand
lange Zeit nicht er- holen.Da
drangeineneue Völkerwoge von
Osten her herein: dieKassiten,
eindenBlamitem
verwandtes Bergvolk, eroberten dasLand und
legtenihm
eine fast 600 Jahrewährende
Fremdherrschaft auf(um
1800—
1200 V. Chr.), die allerdings allmählich die altenWunden
vernarben ließ: verstanden esdoch
die
Könige
dieser „Kassitendynastie" meisterhaft, sich babylonischemDenken und Fühlen
anzupassen,SO-
daß
schließlich ihre Regierungkaum mehr
alsFremdherrschaft
empfunden
sein dürfte.Inzwischen
war
einneuerMachtfalktorinVorder- asien entstanden: das aus kleinenAnlangen
gegenBnde
des dritten Jahrtausends erblühte semitischeAssyrerreich,
das meistvon
Babylonien abhängigwar und
dessen ganzeKultur —
ebenso wie die Sprache—
in Babylonien wurzelte, hatte ausden Unruhen nach dem
Einfall der.Hettiterund
Kassiten Vorteil geschlagentmd war zu einem
bedrohlichen Rivalen des Mutterlandes herangewachsen.Auf
die langwierigen Streitigkeiten zwischen
Baby-
lonienund
Assyrien näher einzugehen, isthier nicht der Ort; es genüge, die Tatsache hervorzuheben,daß
esdem
Assyrerkönige Tukulti-Nimurtaum
1250\ —
21—
V. Chr.
zum
erstenMale
gelang, dieHauptstadt Babylon zu
erobern.Die
folgenden Jahrhunderte sindvon andauernden Kämpfen
zwischen Babylonienund
Assyrienerfüllt;wiederholtbefandsichAssyrienim
BesitzebabylonischenGebiets, aberimmer
wiederwurde
esgezwungen,
seineBeute
herauszugeben;schließlich fiel
Babylon
unterSargon von
Assyrien (Sargon II.: 722— 705
v. Chr.) auf längere Zeit in assyrischeHände
(710),ohne daß damit
ein end- gültiger Friedenszustand geschaffenwurde;
ja, Sar- gonsSohn und
NachfolgerSanherib (705—681)
ließ sich
durch
dieihm von Babylon immer
wieder bereiteten Schwierigkeitenzu
einer solchenWut
reizen,
daß
er die widerspenstige Hauptstadt, i. J.689 V. Chr. bis auf
den Grund
zerstörte.Sanheribs
Nachkommen,
die sichganz
als baby- lonischeKönige
fühlten,Heßen
die alteHauptstadt
inneuem
Glänze auferstehen.Aber
schon zog sich das Gewitterzusammen,
das Vorderasien gänzlich umgestalten sollte:Nabupolassar,
ein schlauerchaldäischer Feldherr eines der letzten Assyrer- könige, erkannte,
daß
das vorwärtsdringende Indo-germanentum ihm
einebequeme Handhabe geben
könne, seine eignen ehrgeizigen Plänezu
verwirk- lichen.Br verband
sichmit den Medem, warf
sichzum König
Babyloniens aufund
eroberteim Bimde mit
seinen indogermanischenFreunden
i. J.606
V. Chr. Ninive, die
Hauptstadt
des Assyrerreiches.Die.Stadt
wurde dem Erdboden
gleichgemacht,und
die
Verbündeten
teilten das eroberte I^and unter sich. Assyrien ist hiermit ausdem Buche
der Ge- schichte getilgt!—
22—
Noch
einmal blüht Babylonien unter jenen chal- däischenKönigen
(626—
539 v, Chr.) empor,und
namentlich unter NabupolassarsSohn und
NachfolgerNebukadnezar
(605—
562) erlebte es eineneue
Blütezeit.
Aber
dieIndogermanen,
die das neu- babylonische Reich hattengründen
helfen, solltenseineVerderber werden: i.J. 539v. Chr.fiel
Babylon
in die
Hände
des PersersKyros:
eswurde
persische Provinz,und wenn
esauch
inden
wechselnden Ge- schickenVorderasiensnoch
hinund
wiedereineRolle gespielt hat, sowar doch
seine Selbständigkeit, ge- schweigedenn
seineführendeStellung,"unwiderruflich verloren.&.
J
IL Zur altbabylonischen Religion.
Aus
alttestamentliclien
und
griecMsclien Quellenkönnte man
sich, leichtdieMeinung
bilden,daß Babylonien
dieHeimat
des krassesten Aberglaubensund
einer wüst-sinnlichen I^ebensauffassimggewesen
sei.
Wie.
sehr dies auf einseitiger oder garmiß-
verständlicher Beurteilung der Verhältnisse beruht, zeigen die.babylonischen Quellen auf Schrittund
Tritt.
Es
kaim. allerdingskeinem
Zweifel unterliegen,daß
die babylonischeReligion sichnieüberdieStufe des Polytheismus erhobenhat.Im
allgemeinenläßtsie sich kurz als eine
Verehrung der Natur-
kräfte
charakterisieren.Die
belebendeund
zer- störendeMacht
der Sonne, die allumfassendeWirk-
samkeit der meteorologischen Erscheinungen, das geheimnisvolleWeben und Wirken
derim Erdinnem ruhenden und
schaffenden Kräfte, das erhabenePhänomen
des gestirntenHimmels und manche
anderendem
primitivenMenschen
unerklärlichenDinge
ließenihm
die Existenz mächtiger unergründ- licherWesen
ahnen,zu denen
er in ein festes Ver- hältnistretenmußte,
wollte ersich,nicht rettungslos—
24—
ihren oft rätselhaften Ratschlüssen ausliefern.
Den
Willen der Götter
zu
erforschen, bliebim
babyloni- schenAltertum
dievornehmste Aufgabe
derPriester-schaft,
und auch
das,was
wir sogernals.wissenschaft- liche Bestrebungen ansehen möchten, die Entwick- lung der Astronomie, der Medizinund
anderer naturwissenschaftlicher Disziplinen, hat inBabylon
seinenBndzweck
einzigund
allein inderErforschung des göttlichen Willens.Wurden
jadoch auch Krank-
heiten allerArt
als dasWirken
unsichtbarer niedererMächte
betrachtet, diezu bekämpfen
alleindem
Beschwörungspriester möglich war.
Die
Veranlassungzu
solchen Vorstellungengaben
dieim
altenVorder- asiengewiß zu Hunderten
auftretendenSeuchen und
ansteckenden Krankheiten.Wie konnten
diesevon einem Menschen
aufden andern
übergehen,wenn
nicht geheimnisvolle
Wesen vom Kranken.
Besitz ergriffen, jeden bedrohend, der sichdem
unglück-lichen Besessenen nahte!
Daß
unseremoderne
Medizinmit
ihrer I^ehrevon den
Bakterien, jenen heimtückischen,unfaßbaren Wesen, den
Alten in gewisserHinsicht rechtgegebenhat, ist einesonder- bare Ironie der Kulturgeschichte.Die großenGottheiten, die, wiewir sahen,Natur- kräftepersonifizieren,suchte
man nach
geschichtlich- politischenGesichtspunktenin einSystem zu
bringen.Die
Grundideewar wohl
die,daß
jede Ortschaftvon
einer—
dermenschlichen Eamilienachgebüdeten
—
Götterfamüie geleitet wurde: so verehrteman im
alten
Nippur den
ErdgottEnlil
nebst Gattin Ninlüund Sohn
Nimurta, in derSeestadtEridu den
WassergottEnki
nebst GattinDamkina und Sohn
—
25—
Asari-Marduk, in
Uruk den Himmdsgott Ann
nebst GattinAntu und
Tochter Innanna-Ischtar. Als später die sumerischen Ortschafteninfeste politischeBeziehungen
zueinander traten,mußten auch
dieBeziehungen
der einzelnen Götterfamüien geregelt werden. Teilweisemögen auch
die Verhältnisse der Götterder einzelnenOrtschaften zueinanderdiealtenWege
der Kolonisation des I/andes verraten,obwohl
es
uns
nichtmehr
möglich sein^wird, diesim
ein- zelnenzu
verfolgen.Denn wenn
z. B. dieHaupt-
gottheit der StadtBabylon Marduk,
derSohn Enkis von
Bridu, ist, sokönnte
sich daswohl
so erklären,daß Babylon
eine eridäische Kolonie war.Aber
ebensogutwäre
es möglich,daß
eine fremde, vielleicht semitische Gottheit infolge der Ähnlich- keit ihrer Auffassungmit jenem
Gottessohnvon Bridu
erst später- identifiziert wurde.Das babylonische Pantheon,
dasnach
derBinigung
Babyloniensdurch Hammurapi
eine be-sonders feste
Form annahm,
dieauch
für die Folge- zeitmaßgebend
blieb, zeigtuns
als die dreiHaupt-
gottheitenAnu, Bnlil und Bnki
(semitischBä
genannt), diewirbereits
oben kennen
gelernthaben.Bine
zweite Triasbüden
die Gottheiten der großenhimmlischen
Gestirne, der SonnengottSchamasch
(Gattin
Aj
a)und
derMondgott Sin —
der alsSohn
Bnlüs und
VaterSchamaschs
galt— zusammen mit
dem
WettergottA d
ad. Die HauptstättendesSonnen-
kultswaren
Larsa inSüd- und
Sippär inNord-
babylonien, derMondkult
blühte hauptsächlich in Ur,während
dieVerehrung
des Wettergottesan
keine hervorragende Stättegebunden gewesen zu
—
26~
sein scheint.
Im
Vereinmit dem
Sonnengott, derals das allsehende
Auge
desHimmels auch
als Gott der Gerechtigkeit betrachtet wurde,war Adad
der Schutzgott der Zeichendeuter.Andere
Gottheitenvon
besondererBedeutung waren
der KriegsgottZamamaj
der Stadtgottvon
Kisch, ferner der babylonische Pluto:Nergal
oder Irra, der Stadt-gott
von Kutü; und
wir dürfendie Reihe der großen Götter nicht abschließen,ohne
derunter verschiede-nen Namen an
verschiedenenOrten
auftretenden Muttergöttin (Ischtar, Innanha, Aruru,Mamaü.
a.)zu
gedenken, der Herrin der Fruchtbarkeit, der Göttin. der Liebe.Wie
politischeVorgänge
Gottheitenvon
gerin-gerer
Bedeutung an
die Spitze desPantheons
treten ließen, zeigt die hervorragende Stellung, die der Gott der ReichshauptstadtBabylon Marduk
zur Zeit derHammurapi-Dynastie
errang.Vorher kaum
er-wähnt, überflügelte er
mit
seiner Gattin Zarpanitund
seinemSohne Nabium
bald alle andern Götter:ihm
zuBhren wurde
das Gedichtvon
der Welt- schöpfung in dieuns
vorliegendeFassung
gebracht, in der gezeigt wird, wieMarduk
als einziger Gott es wagte, dieMacht
der Finsternis, dasUngeheuer
Tiämat,zu bekämpfen und
zu besiegen.Aus Dank
dafür erkannten ihn alle übrigen Götter,
Anu,
Bnlilund Ea an
der Spitze, als ihrenHerrn
an, dessen Geheiß ihnen für alle Zeitenmaßgebend
sein sollte.Auf
dieMenge
derunbedeutenden
Gottheiten wollen wir hier nicht näher eingehen; es seinur
bemerkt,daß
priesterlicheSpekulation dasPantheon
so weit ausgestaltete,daß man den
großen Gott-—
2^—
-heiten selbst Paukenschläger,
Wächter,
Frisöre,Köche und Mündschenke
göttlicherNatur
beigab.Im Zusammenhang
hiermitmuß
eineuns
zu- nächstbefremdende
Erscheinung betrachtetwerden
: die Vergötterung der Könige.Schon
zur Zeit des Reichesvon Akkad (um
2800—
2600) finden wir.diese Sitte, die vielleicht semitischen
Ursprungs
ist,und auch
dieKönige
späterer Dynastien hieltendaran
fest.In
derHammurapi-Dynastie
fällt siezwar
weniger ins Auge, indes bezeichnet sichHam-
murapi
selbst gelegentlich als ,,Gott derKönige"
und
,,Sonnengott von
Babylon". Betrachten wir diese scheinbarenBlasphemien
unterdem
Gesichts- winkel. der großenDehnbarkeit
des babylonischen Pantheons, so verlieren sie sofort ihre Schärfe; istdoch
derKönig
in derTat hoch
erhaben über die Alltäglichkeit des menschlichen Daseins, stellt erdoch
in seinerunumschränkten Macht einem
gött- lichenWesen
näher alseinem
irdischen!Daß Ham-
murapi
gar'nichtdaran
dächte,den
großen Götternden Rang
streitigzu machen,
ergibt sich überall aus seinen Inschriften;denn wo
ervon den
Göttern spricht, tut er es in sodemütigen und
ergebenenAusdrücken, daß von
einerVerwischung
derGrenze
nicht dieRede
sein kann.Er
ist dergehorsame
Diener des SonnengottesSchamasch,
derdemütige
Beter, derzu
jeder Zeitim Tempel
seines GottesMarduk zu
finden ist; erbaut Tempel und
Kapellen überall in seinem I^andeund
stattet siemit dem
Bestenaus,
was
seineReichtümer
verschaffenkönnen,und
er sieht in sichnur
einWerkzeug
seiner gött- lichen Herren,dazu
erkoren, ein bestimmtes ZielT-
—
.28—
unentwegt zu
verfolgen:Gerechtigkeit im
I^ande„erstralilen.zulassen". Dieser überall
wahmelmibare
unerschütterliche Gerechtigkeitssinnistesvorallem, der
uns Hammurapi
menschlich so naheführtund ihm
unserevoUe Sympathie
verschafft.Wenden
wirnoch
einen flüchtigen Blick aufden Kult
jener Zeit!Wir werden uns
nicht wundern,,wenn
die Kultsprache das Sumerische blieb,war
esdoch
die heüige Sprache, in der die altenHymnen und Gebete
geschriebenwaren,und
geradeim
Gottes- dienst ist derMensch
konservativer als irgendwo anders.Im
wesentlichen lassen sichzweiRichtungen
der gottesdienstlichen Tätigkeit deutlich unterscheiden:dieeine
Aufgabe
der Priesterschaftwar
es,den
Willen der Götterim
vorauszu
bestimmen,um
dasmensch-
liche
Handeln danach
einzurichten, dieandre, herein- gebrochenes Unheil wiedergutzumachen und
die er- zürnten Götter zu.besänftigen.So
ergeben sich die beidenPriesterklassen derSeher und
derBeschwö-
rer.
Die Ausübung
ihrerTätigkeitwar an
einverwik- keltes Zeremoniell gebunden, indem Hymnen und
Gebete eine große Rolle spielten.
Die
Deutung der Zukunft,
diedem
Seherals
Aufgabe
zufiel, setzt ein Mißverstehenvon
Kausalzusammenhängen
voraus, wie es bei einernoch
sehr primitiven Naturerkenntnis nicht anderszu
erwarten ist.Hatte man
z. B. beobachtet,daß
nach dem
Erscheinen einesbestimmten
astronomi- schenPhänomens mehrfach
eineMißernteund Hun-
—
29—
gersnot eintrat, so betrachtete
man
jenesPhänomen
als einen
von den
Göttern gegebenenHinweis
auf die Mißernteund
Hungersnot.Während
hier tat-sächlich kein
Kausalzusammenhang
vorliegt, hat maii einen solchen in andern Fällen richtig geahnt;so z. B.
wenn
einHof um
dieSonne
als einOmen
für
Regen und Änderung
desWetters angesehenwird.Zu
einer verwickelten Wissenschaft ist besonders dielycberschau
ausgebildetworden:
aus der Be- schaffenheit der lycber einesnach
strengem Zere- moniell geschlachteten Schafeskonnte
derSeher er-kennen,
was
die Götter überWohl und Wehe
deslyandes beschlossen hatten.
Wir
haben^wohl
anzu-nehmen, daß
der Opferpriester zunächst alle Teile der Leber, die oft recht phantastischeNamen
(Standort, Pfad, Palasttor,
Kopf
bindeu. a.) hatten,einem
Schreiber diktierte,etwa
wieden
folgenden Bericht, deraus der ZeitAmmisadugas,
desUrenkelsHammurapis, stammt:
Resultat der Opferschau:
Der
Standortwar
lang.
Auf
der rechten Seite des Standortswaren
zwei Vertiefungen gelegen.Einen
Pfad'hatte die Leber. Die linke Seite des Pfadeswar
gespalten.Eine Totenhand war
auf der linken Seite-des Pfades gelegen.Die
Verstärkungwar
losgerissen.InderMittedes Palasttores
war
einRiß,und
dieserwar
zerfasert.Eine
Blase hatte die Leber.Am
Eingang
des Platzes befand sich eine Waffe,und
diese schaute
nach dem Haupt
der Galle.Die
Galle