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17 Kardiomyopathien Dilatative Kardiomyopathie Grundlagen. Ätiologie. Definition. Epidemiologie. Pathologie

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17 Kardiomyopathien

17.1 Dilatative Kardiomyopathie

17.1.1 Grundlagen

Definition

Bei der dilatativen Kardiomyopathie (DCM) handelt es sich um eine myokardiale Erkrankung, die charakterisiert ist durch eine Dilatation aller Herzhöhlen (Abb. 17.1). Am ausgeprägtesten ist in der Regel die Dilatation der linken Kammer. Eine DCM geht einher mit einer Störung der sys- tolischen und diastolischen Funktion.

Epidemiologie

Eine DCM ist im Kindesalter selten. Dennoch ist sie bei Kindern die häufigste Form einer Kardiomyopathie. Die Angaben zur Inzidenz liegen bei 0,5–2,6 pro 100000 Kin- der. Alle Altersgruppen können betroffen sein. Bei Kindern manifestiert sich die Erkrankung aber häufig bereits inner- halb der ersten 2 Lebensjahre. Jungen sind etwas häufiger betroffen.

Ätiologie

Beim Großteil der Erkrankten ist die Ursache unklar (idio- pathische DCM). Die Erkrankungen, bei denen Auslöser nachweisbar sind, wurden früher als sekundäre Kardio- myopathien bezeichnet (Tab. 17.1). Häufigste Ursache einer sekundären Kardiomyopathie ist eine durchgemach- teMyokarditis.Zu den wichstigsten Auslösern einer se- kundären DCM zählen außerdem metabolische Störun- gen,eineChemotherapiemit Anthrazyklinen und neuro- muskuläre Erkrankungen(z.B. eine Muskeldystrophie Typ Duchenne). Darüber hinaus kann eine lang anhaltende Be- lastung des Herzens durch eine Arrhythmie zum klini- schen Bild einer DCM führen. Eine ischämische Myo- kardschädigungmuss immer als Ursache einer DCM aus- geschlossen werden. Beispiele für die Ursache einer Myo- kardischämie sind z.B. ein Myokardinfarkt (Kawasaki-Syn- drom) oder ein Fehlabgang der linken Koronararterie aus der Pulmonalarterie (Bland-White-Garland-Syndrom).

Genetisch bedingte, familiär auftretende Formen ma- chen mehr als ein Drittel aller DCM-Erkrankungen aus.

Am häufigsten kommt eine autosomal dominante Verer- bung vor. Es sind aber auch autosomal rezessive, X-chro- mosomale und mitochondriale Erbgänge beschrieben. Be- troffen sind vor allem Gene, die für myokardiale Proteine codieren, z.B. Actin, Desmin, Dystrophin oder Tafazzin.

MERKE:

Aufgrund des hohen Anteils familiärer DCM sind Famili- enmitglieder betroffener Patienten ebenfalls echokardio- grafisch zu untersuchen. Die Untersuchungen müssen regelmäßig wiederholt werden, da auch späte Manifes- tationen möglich sind.

Pathologie

Funktionell steht eine systolische Funktionsstörung im Vordergrund. Die Dilatation der Herzhöhlen und der er- höhte enddiastolische Druck führen zu einer erhöhten Wandspannung. Als Ursache liegt der Dilatation eine Ge- fügedilatation zugrunde. Hierbei handelt es sich um eine Umstrukturierung des Aktin-Myosin-Gerüsts der Sarko- mere. Histologisch lassen sich eine Hypertrophie und Hy- perplasie der Myozyten sowie eine Fibrose nachweisen.

Die zunehmende Fibrose bedingt im Verlauf u.a. eine nachlassende Compliance des Herzens und führt auf diese Weise auch zu einer diastolischen Funktionsstörung.

Abb. 17.1 Dilatative Kardiomyopathie (DCM). Charakteris- tisches Merkmal einer DCM ist die Dilatation aller Herzhöhlen.

Am ausgeprägtesten ist meist die Dilatation des linken Ven- trikels.

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17.1.2 Diagnostik

Symptome

Klinisch stehen die Symptome der Herzinsuffizienz im Vordergrund: Abgeschlagenheit, Gedeihstörung, Schwitz- neigung, kühle und blasse Haut, verlängerte Rekapillari- sierungszeit, Tachypnoe, Dyspnoe, Tachykardie, Aus- schöpfungszyanose, Hepatomegalie und Ödeme. Auch Bauchschmerzen (Folge der Leberstauung) und Übelkeit können ein unspezifisches Zeichen der Herzinsuffizienz sein. Palpitationen sind ein Hinweis auf supraventrikuläre oder ventrikuläre Arrhythmien. Bei ausgeprägter Kardio- megalie kann ein Herzbuckel (Voissure) sichtbar sein.

Auskultation

Bei der Auskultationfindet sich als Ausdruck der Herzin- suffizienz oft ein Galopprhythmus. Der 1. Herzton ist meist leise. Als Folge einer pulmonalen Stauung kann sich eine pulmonale Hypertonie entwickeln. In diesen Fällen ist der 2. Herzton betont. Ein an der Herzspitze zu auskultierendes Systolikum ist bei einer Mitralinsuffi- zienz zu hören. Feuchte Rasselgeräusche über der Lunge sprechen für ein Lungenödem.

Labor

Als Herzinsuffizienzmarker eignet sich BNP. Die labor- chemischen Entzündungsmarker und die kardialen En- zyme wie Troponin I oder CK-MB können im Rahmen einer Myokarditis erhöht sein.

Die Basisdiagnostik zum Ausschluss spezifischer und sekundärer Kardiomyopathien besteht aus folgenden La- boruntersuchungen:

* Blut/Plasma:

Differenzialblutbild

Virustiter: Coxsackie B, Adenovirus, Echo-Virus, EBV, CMV, HSV, HIV, Röteln, Masern, Mumps, Varizellen, Influenza, Parvoviurs B19, Hepatitis-C-Virus, Polio Eisen, Ferritin (Hämochromatose)

BGA, Laktat, Pyruvat, β-OH-Butyrat, Azetoazetat (nüchtern und postprandial), Ammoniak, Glukose (Mitochondropathie, Organoazidopathie, Störung von Fettsäurentransport/-oxidation)

Carnitin (Störung von Fettsäurentransport/-oxidati- on)

freie Fettsäuren, β-OH-Butyrat (bei Hypoglykämie;

Störung von Fettsäurentransport/-oxidation) CK (Myopathie), CK-MB, Troponin

BNP

Virusinfektionen (Myokarditis) Coxsackie B, Adenovirus, Echo-Virus, EBV, CMV, HSV, HIV, Röteln, Masern, Mumps, Varizellen, Influenza, Parvoviurs B19, Hepatitis-C-Virus, Polio, Tollwut

bakterielle Infektionen Diphtherie, Mykoplasmen, Tbc, Borrelien, Sepsis

Parasiten Toxoplasmen, Ascariden

Pilzinfektionen Histoplasmen, Aspergillen, Candida, Cryptococcus

neuromuskuläre Erkrankungen Muskeldystrophie Becker, Duchenne, Emery-Dreifuss, Glieder-Gürtel-Typ;

myotone Dystrophie, Friedreich-Ataxie, Kearns-Sayre-Syndrom, kongenitale Myopathie, Barth-Syndrom

Mangelzustände Anorexia nervosa, Mangel an Kupfer, Eisen, Selen, Thiamin

immunologische Erkrankungen rheumatisches Fieber, rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus erythematodes, Dermatomyositis, Kawasaki-Syndrom

hämatologische Erkrankungen Thalassämie, Sichelzell-Erkrankung

Medikamente oder Toxine Anthrazykline, Cyclophosphamid, Ch oroquin, Kokain, trizyklische Antidepressiva, Interferon, Alkohol, Anabolika

endokrinologische Erkrankungen Hypo-/Hyperthyreose, Hypoparathyreodismus, Phäochromozytom, Hypoglykämie metabolische Erkrankungen Glykogenspeicherkrankheiten, Carnitin-Mangel, Störungen der Beta-Oxidation

oder des Fettsäuretransports, Refsum-Krankheit, Mukopolysaccharidosen, Oligo- saccharidosen, Mitochondropathien, Defekte im Glukose-/Pyruvat-Stoffwechsel und Zitratzyklus, Hämosiderose

Myokardischämie Bland-White-Garland-Syndrom, Myokardinfarkt

Arrhythmien supraventrikuläre/ventrikuläre Tachykardien

Fehlbildungssyndrome Katzenschrei-Syndrom

familiäre DCM unterschiedliche Erbgänge, am häufigsten autosomal dominant; betroffen sind v.a. Gene, die myokardiale Proteine codieren (Actin, Desmin, Dystrohin)

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GOT, GPT, Kreatinin, Harnstoff(Hepatopathie, Multi- systemerkrankung)

Tandemmassen-Spektrometrie (TMS; u.a. Störungen der Fettsäurenoxidation)

saureα-Glukosidose in Leukozyten (bei Säuglingen;

Morbus Pompe)

* Urin:

organische Säuren (Organoazidopathie, Atmungsket- tendefekt, Defekt der Fettsäurenoxidation)

Glykosaminoglykane, Oligosaccharide im Urin (Mu- kopolysaccharidose, Glykoproteinose)

EKG

Das EKG ist in den meisten Fällen auffällig. Die Verände- rungen sind allerdings unspezifisch. Häufige EKG-Befunde, die im Rahmen einer DCM auftreten, sind:

* Sinustachykardie

* Zeichen der linksventrikulären Hypertrophie

* „low voltage“

* Repolarisationsstörungen

* intraventrikuläre Erregungsleitungsstörungen, Links- schenkelblock, AV-Block I°

* pathologische Q-Zacken als Ischämiehinweis (Bei einem Bland-White-Garland-Syndrom findet sich typischer- weise das Muster einer anterolateralen Myokardischä- mie mit tiefen Q-Zacken und ST-Hebungen sowie einer T-Inversion in den Ableitungen I, aVL, V5 und V6)

* Arrhythmien: ventrikuläre Rhythmusstörungen, aber auch Vorhofflattern/-flimmern

Röntgen Thorax

Es besteht eine Kardiomegalie, die vor allem Folge der linksatrialen und linksventrikulären Vergrößerung ist.

Aufgrund der linksatrialen Vergrößerung erscheint die Trachealbifurkation aufgespreizt und der linke Haupt- bronchus angehoben. Außerdem können Zeichen einer Lungenstauung oder eines Lungenödems bestehen. Teil- weisefindet man auch einen Pleuraerguss.

Echokardiografie

Leitbefunde sind die Vergrößerung der Herzhöhlen, insbe- sondere des linken Vorhofs und der linken Kammer, sowie die Einschränkung der Kontraktilität (Abb. 17.2). Der dila- tierte linke Ventrikel kontrahiert sich nur schlecht. Die Verkürzungsfraktion, das Schlagvolumen und die Ejek- tionsfraktion sind als Ausdruck der linksventrikulären Funktionsstörung teilweise erheblich vermindert. Diese Parameter dienen auch zur Verlaufskontrolle. Zusätzlich besteht eine diastolische Funktionsstörung mit einer ver- langsamten Relaxation. Als Zeichen der Rechtsherzinsuffi- zienz sind die Lebervenen und die untere Hohlvene dila- tiert. Zu achten ist ferner auf Perikard- und Pleuraergüsse.

Außerdem sind Thromben in den Ventrikeln und Vorhöfen auszuschließen.

Um ein Bland-White-Garland-Syndrom (Fehlursprung der linken Koronararterie aus der Pulmonalarterie) nicht zu übersehen, sind die Abgänge der Koronararterien dar- zustellen. Außerdem ist auf Koronararterienaneurysmen zu achten (Ausschluss eines Kawasaki-Syndroms).

Farbdopplersonografisch lässt sich häufig eine Mitral- oder Trikuspidalinsuffizienz darstellen, die die Folge einer Dilatation der Klappenringe ist. Der rechtsventrikuläre Druck kann mit der Bernoulli-Gleichung über eine Trikuspidalinsuffizienz abgeschätzt werden.

MERKE:

Bei einer dilatativen Kardiomyopathie ist immer ein Fehl- ursprung der Koronararterien auszuschließen.

Herzkatheteruntersuchung

Indikationen für eine Herzkatheteruntersuchung sind in erster Linie der Ausschluss von Koronaranomalien und die Durchführung einer Myokardbiopsie. Eine Myokard- biopsie kann Aufschluss darüber geben, ob es sich um eine postmyokarditische oder um andere spezifische Kar- diomyopathien handelt. Sie ist aber insbesondere bei einer deutlich eingeschränkten kardialen Funktion nicht ohne Risiko. Ausdruck einer (durchgemachten) Myokarditis ist die Infiltration mit Lymphozyten und Makrophagen sowie der Nachweis von Virus-Genom.

Bei den hämodynamischen Messungen zeigt sich ein er- höhter links- und rechtsventrikulärer enddiastolischer Druck, außerdem ein erhöhter Druck in den Vorhöfen und ein vermindertes HZV sowie mitunter eine pulmonale Hypertonie.

MRT

Die MRT wird teilweise ergänzend zur Echokardiografie eingesetzt.

Abb. 17.2 Echokardiografischer Befund einer dilatativen Kar- diomyopathie (DCM). Im apikalen Vierkammerblick erkennt man die ausgeprägte Dilatation des linken Ventrikels.

Kardiomyopathien

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Differenzialdiagnose

Ausgeschließen muss man folgende Erkrankungen:

* Koronaranomalien, insbesondere ein Bland-White-Gar- land-Syndrom

* strukturelle Herzfehler, die zu einer zunehmenden (links-) ventrikulären Funktionsstörung oder Dilatation von Herzhöhlen führen können (z.B. hochgradige Aor- tenstenose, Aortenisthmusstenose, Mitralinsuffizienz).

* spezifische Formen einer DCM (Tab. 17.1)

17.1.3 Therapie

Bei der idiopathischen DCM ist bislang keine spezifische Therapie möglich. Zur Behandlung der Herzinsuffizienz werden Diuretika, Aldosteronantagonisten, Herzglyko- side, ACE-Hemmer und Betablocker eingesetzt (s.a.

Kap. 19).

Diuretika verbessern die Herzinsuffizienzsymptome.

ACE-Hemmer reduzieren die Nachlast und wirken einem Remodeling entgegen. Die Rolle der Herzglykoside ist der- zeit nicht sicher einzuordnen. Betablockern, insbesondere Carvedilol, kommt eine zunehmende Bedeutung bei der Behandlung der DCM zu. Sie schützen das Herz gewisser- maßen vor einer chronischen adrenergen Stimulation, müssen aber sehr vorsichtig und einschleichend dosiert werden, da sie die kardiale Funktion auch dramatisch ver- schlechtern können.

Im Falle einer akuten kardialen Dekompensation wer- den Katecholamine und andere vasoaktive Substanzen erforderlich. Meist wird Dobutamin eingesetzt, das neben der Verbesserung der Kontraktilität auch eine Nach- lastsenkung bewirkt. Eine Kombination mit einem Phosphodiesterasehemmer wie Milrinon ist sinnvoll.

Milrinon besitzt ebenfalls positiv inotrope und nachlast- senkende Eigenschaften. In schweren Fällen kann zusätz- lich die Behandlung mit einem Kalzium-Sensitizer (Levo- simendan) oder eine Kombination mit Adrenalin und einem Nachlastsenker (Na-Nitroprussid) versucht werden.

Zur Verhinderung thrombembolischer Ereignisse ist bei einer schlechten kardialen Funktion und/oder einem Vor- hofflimmern eine Antikoagulation erforderlich.

Eine antiarrhythmische Behandlung wird bei sympto- matischen Rhythmusstörungen notwendig. Zu beachten ist aber, dass die meisten Antiarrhythmika negativ inotrop wirken. Häufig wird der Einsatz von Amiodaron erforder- lich. Evtl. muss bei therapierefraktären ventrikulären Ta- chykardien die Implantation eines AICD auch bei Kindern erwogen werden.

Ein biventrikulärer Schrittmacher kann eine Option zur Verbesserung der ventrikulären Funktion bei Patienten mit einem Linksschenkelblock sein. Die biventrikuläre Stimulation kann zu einer Optimierung der Synchronizität zwischen rechter und linker Kammer führen. Bei Kindern ist dieser Therapieansatz aber noch Gegenstand klinischer Studien.

Kindesalter die häufigste Indikation für eine Herztrans- plantation. Überbrückend wird bis zur Transplantation teilweise die Unterstützung mit einem „assist device“ (Linksherzunterstützungssystem) erforderlich.

Eine der wenigen sekundären Kardiomyopathien, die medikamentös behandelbar ist, ist eine DCM aufgrund eines Carnitinmangels. In diesen Fällen führt die Zufuhr von Carnitin meist zur deutlichen Verbesserung der kar- dialen Funktion (100 mg/kg Carnitin über 30 min als Kurz- infusion, anschließend 100 mg/kg/d als Dauerinfusion über 24–72 h, dann 50–100 mg/kg/d in 2 Einzeldosen).

Neuere Therapieansätze mit Wachstumshormonen oder Stammzellen sind im klinischen Alltag bislang noch nicht etabliert.

17.1.4 Prognose

Die Prognose ist ernst, aufgrund der vielen unterschiedli- chen Ursachen und Erkrankungsformen aber im Einzelfall schwierig vorhersehbar. Am besten ist die Prognose, falls eine zugrunde liegende Ursache behandelbar ist (z.B. Car- nitinmangel). Patienten, bei denen eine kürzlich durch- gemachte Viruserkrankung mit der Entwicklung der DCM in Zusammenhang steht, weisen eine bessere Prog- nose auf. Bei der idiopathischen DCM hängt die Prognose u.a. von der kardialen Funktion, dem linksventrikulären enddiastolischen Druck und der Herzgröße ab.

17.2 Hypertrophe und

hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie

17.2.1 Grundlagen

Synonym: Die obstruktive hypertrophe Kardiomyopathie (HOCM) wurde früher auch als idiopathische hypertro- phische Subaortenstenose oder asymmetrische Setpum- hypertrophie bezeichnet.

Definition

Bei der hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) handelt es sich um eine genetisch bedingte Myokardhypertrophie, die sich nicht durch eine andere Ursache wie z.B. eine Klappenstenose erklären lässt. Prinzipiell kann jede Re- gion des linken Ventrikels betroffen sein, meist ist aller- dings das interventrikuläre Septum betroffen. Häufig ist die Ausprägung asymmetrisch, d.h. linksbetont und sub- aortal (Abb. 17.3).

Kommt es als Folge der myokardialen Hypertrophie zu einer Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts, spricht man von einer hypertrophen obstruktiven Kardio- myopathie (HOCM).

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Epidemiologie

Die Inzidenz in der normalen Bevölkerung liegt bei etwa 1 : 500. Sie ist eine der häufigsten Ursachen des plötzli- chen Herztodes bei Kindern und Erwachsenen unter 35 Jahren.

Genetik In etwa der Hälfte der Fälle liegt eine autosomal- dominante Vererbung mit unterschiedlicher Penetranz zugrunde. Mittlerweile wurden mehr als 200 Mutationen nachgewiesen, die fast alle Proteine des Sarkomers codie- ren (z.B. beta-MHC,„myosin binding protein C“, Troponin T). Bei sporadischen Fällen handelt es sich wahrscheinlich zumindest teilweise um Neumutationen. Bestimmte Mu- tationen scheinen mit einem besonders hohen Risiko für einen plötzlichen Herztod assoziiert zu sein.

Pathologie und Hämodynamik

Makroskopisch fällt eine myokardiale Hypertrophie auf, die in den meisten Fällen das interventrikuläre Septum betrifft. Das Kavum des linken Ventrikels wird hierdurch verschmälert. Es kommt zur Obstruktion des linksventri- kulären Ausflusstrakts in unterschiedlicher Ausprägung.

Ursachen für die Obstruktion sind zum einen die Hyper- trophie des Septums, das sich in den linksventrikulären Ausflusstrakt vorwölbt. Außerdem wird der Ausflusstrakt oft zusätzlich durch eine ungewöhnliche anteriore Lage der Mitralklappe eingeengt. Ferner bewegt sich die Mitral- klappe während der Systole auf das hypertrophierte Sep- tum zu („systolic anterior movement“, SAM). Dieses Phä- nomen ist wahrscheinlich die Folge des Venturi-Effekts:

Durch die erhöhte Flussgeschwindigkeit und Turbulenzen im linksventrikulären Ausflusstrakt entsteht ein Sog, der

das Mitralklappensegel während der Systole in den Aus- flusstrakt„hineinsaugt“.

Die Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts kann durch eine Zunahme der Kontraktilität (z.B. durch positiv inotrope Substanzen) verstärkt werden. Eine ver- minderte Vor- und/oder Nachlast (z.B. Volumenmangel, Nachlastsenker, Valsalva-Manöver) erhöht den Gradien- ten über dem Ausflusstrakt.

Als Folge der Steifigkeit des linken Ventrikels entwickelt sich eine diastolische Funktionsstörung, die zu einer Dila- tation des linken Vorhofs und zu einer pulmonalvenösen Stauung führen kann.

Eine subendokardiale Ischämie kann auf einer relativen Koronarinsuffizienz beruhen. Es besteht ein Ungleichge- wicht zwischen dem Sauerstoffbedarf des hypertrophier- ten Myokards und dem Sauerstoffangebot über die Koro- nargefäße. Häufig kommt es zusätzlich zu einem„myo- cardial bridging“der Koronararterien. Damit bezeichnet man den Befund, dass die Koronararterien von Myokard- brücken, die eine Kompression der Koronararterien be- dingen können, ummauert sind. Ferner entwickeln sich oft eine Intima- und Mediahyperplasie oder -trophie der intramyokardialen Koronarien.

Im Endstadium einer HCM kann sich als Folge einer sys- tolischen Funktionsstörungen evtl. das Bild einer dilatati- ven Kardiomyopathie entwickeln. Histologisch lässt sich bei einer HCM eine Ordnungsstörung der Myozyten und Myofibrillen („myocardialfiber disarray“) nachweisen.

17.2.2 Diagnostik

Symptome

Der Großteil der Patienten ist asymptomatisch, d.h. in den meisten Fällen ist die Krankheit unerkannt. Wird eine HCM vermutet, ist in der Anamnese neben den typischen Symptomen auch nach plötzlichen Herztoden und unkla- ren Todesfällen in der Familie zu fragen (30–60 % der be- troffenen Jugendlichen oder jungen Erwachsenen haben eine positive Familienanamnese).

Typische Symptome einer HCM sind im Folgenden auf- gelistet:

* Plötzlicher Herztod: Der plötzliche Herztod im Rahmen einer HCM hat die höchste Inzidenz bei (jungen) Adoles- zenten. Typischerweise tritt er im Rahmen von Sport oder körperlicher Belastung auf. Meist ist ein Kammer- flimmern die auslösende Todesursache. Der plötzliche Herztod kann das erste Symptom einer HCM sein.

* Dyspnoe: Dyspnoe ist die häufigste Beschwerde bei symptomatischen Patienten. Meist ist sie die Folge der diastolischen Funktionsstörung des linken Ventri- kels mit erhöhten Füllungsdrücken und einem pulmo- nalvenösen Rückstau in die Lunge.

* Synkope: Ursachen für eine Synkope können Arrhyth- mien oder ein vermindertes HZV unter Belastung sein. Synkopen sind assoziiert mit einem deutlich höhe- ren Risiko für einen plötzlichen Herztod.

Abb. 17.3 Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM). Bei der HCM handelt es sich um eine Kardiomyopathie, die gekennzeichnet ist durch eine Myokardhypertrophie, die sich durch andere Ursa- chen nicht erklären lässt. In den meisten Fällen ist vor allem das interventrikuläre Septum betroffen. Das Kavum des linken Ventrikels wird hierdurch verschmälert.

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