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Editorial Sozialmanagement Seniorenimmobilien: Segment mit Zukunft. Ökonomie Schweiz: Social Entrepreneurship Initiative

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Academic year: 2022

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08.10 Sozialmanagement

Seniorenimmobilien: Segment mit Zukunft

Gesundheitswesen

Demenz: Herausforderungen für Allgemeinkrankenhäuser Perspektiven privater Haushalte als Pflegeinstanzen

Eurobarometer: Patientensicherheit und Qualität medizinischer Versorgung

Arbeitsmarkt

Österreich: Förderprogramm für ältere Mitarbeiter in der Pflege

Ökonomie

Schweiz: Social Entrepreneurship Initiative

Demographie

Schweiz: Wonach streben Jugendliche?

Gesellschaft

Modellrechnung: Kindertagesbetreuung bis 2013 Umfrage zur Lebensqualität in 75 europäischen Städten

Ökologie

Globale Erwärmung um mehr als 3° C?

Materialien

Caspary, Ralf (Hrsg.): Zukunft jetzt!

Impressum

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Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

„brauchen wir ein Gesetz zum Schutze des menschlichen Geistes?“ Diese Frage stellt Prof. Dr. Claudius Groß, Goethe Universität Frankfurt, Institut für Theoretische Physik. Hintergrund ist seine Beobachtung, dass uns mit dem Fortschreiten von Forschung und Technik in Zukunft mehr und mehr Werkzeuge zur Verfügung stehen werden, um unseren Geist und unsere Persönlichkeit gezielt zu beeinflussen. Über die Anfänge von Gehirn- und Moraldoping werde immer häufiger in den Medien berichtet. Künftig könnte es möglich sein, einfach eine Pille zu nehmen, statt sich mit Gefühlsverwirrungen abzuplagen oder an der Entwicklung seiner Persönlichkeit zu arbeiten.

Als Beispiel nennt er die körpereigene Verbindung Oxytocin, die dem Körper auch über ein Nasenspray als Medikament zugeführt werden könne. Sie wirke als Neurotransmitter auf die Nervenzellen im Gehirn und beeinflusse unter anderem unsere

Vertrauensseligkeit. Experimente hätten gezeigt, dass Personen mit erhöhtem Oxytocinspiegel ihren Mitmenschen deutlich mehr vertrauen als Versuchspersonen mit einem normalen Oxytocinpegel.

Die Lösung von Konfliktsituationen hapere oft daran, dass sich die Konfliktparteien gegenseitig misstrauen. Auch wenn die Experimente mit Oxytocin bisher auf das Labor beschränkt seien, werde bereits über den praktischen Einsatz bei Ehe- und Partnerschaftsberatungen oder bei Befragungen durch die Polizei nachgedacht.

Schon diese beiden Beispiele zeigten, dass Oxytocin exemplarisch für die Möglichkeiten und Problematiken gesehen werden könne, vor die uns der wissenschaftliche Fortschritt im Bereich Gehirn- und Moraldoping stelle. Selbst wenn man einem Einsatz auf freiwilliger Basis vielleicht noch zustimmen könne, sei mit der Zulassung solcher Medikamente auch das Tor für den

unfreiwilligen Einsatz offen. Ethisch und politisch erfordere diese Entwicklung komplexe Entscheidungen. Zwar stehe

Gehirndoping erst ganz am Anfang und nur einige wenige und relativ schwache Mittel (z. B. Ritalin) seien derzeit praxistauglich.

Dennoch stelle sich die Frage, ob hier nicht eine vorbeugende Gesetzgebung sinnvoll wäre?

Wenn der Gesetzgebungsprozess hier ebenfalls zehn Jahre dauern würde (wie beim Gendiagnostikgesetz), würden in dieser Zeit mit Sicherheit eine ganze Reihe neuer Substanzen und Medikamente in diesem Bereich auf den Markt kommen. Schon heute forderten in einigen Ländern (wie den USA) bekannte Forscher die systematische Entwicklung von Medikamenten für den gesunden Menschen. Diese sollten das Ziel haben, die intellektuelle Leistungsfähigkeit (Gehirndoping) sowie die emotionale Stabilität (Moraldoping) zu verbessern.

Gehirn- und Moraldoping stellen Grundsätzliches in Frage: „Seit Anbeginn der Zeit ringt der Mensch mit sich. Ein Großteil unserer Kultur und der Weltliteratur dreht sich um den Menschen als Person und Persönlichkeit und handelt von unseren Emotionen, von unseren Werten und der Entwicklung des menschlichen Geistes.“ Soll dies in Zukunft vorbei sein? Sollten wir die Entwicklung laufen lassen und

„den einzelnen Bürgern vertrauen, dass diese schon selber am Besten wissen werden, welche Art von Gehirn- und Moraldoping

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ihnen weiterhilft, sowie der Staatsgewalt, dass diese in der Kriminalistik und Terrorfahndung entsprechende Methoden schon mit Augenmaß einsetzen wird? Oder wollen wir hier ein gesundes Maß an Misstrauen bewahren und beginnen über ein Gesetz zum Schutze des menschlichen Geistes nachzudenken?“ Mit diesen Fragen schließt Gros seine Überlegungen. Diese können Sie unter www.politik-poker.de nachlesen.

Wir wünschen Ihnen eine anregende Zeit Ihre Redaktion

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Sozialmanagement Seniorenimmobilien: Segment mit Zukunft

Die deutschen Wohnungsunternehmen sind sich einig: „Seniorenimmobilien sind das Segment der deutschen

Immobilienwirtschaft, dem in der Zukunft die beste Prosperität zugeschrieben wird.“ Das ergibt sich aus einer Befragung von Bauträgern, Projektentwicklern und Verwaltern durch den BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, Berlin (http://www.bfw-bund.de/), und die Terranus Consulting GmbH, Köln (http://www.terranus.de/), die u. a. Investoren und Betreiber von Pflege- und Seniorenimmobilien berät und betreut.

Gegenwärtige Investitionen

Etwa die Hälfte aller befragten Bauträger, Bestandsverwalter und Projektentwickler habe bereits in Seniorenwohn- oder

Pflegeimmobilien investiert. Sie konzentrierten sich zu je 54 Prozent auf baulich altersgerecht angepasste Wohnungen sowie auf das Betreute Wohnen in klassischer Form. Für Pflegeheime und „Service-Wohnen“ hätten sich jeweils 36 Prozent entschieden. 21 Prozent der Befragten engagierten sich bei „Integrierten Einrichtungen“ (d. h. Betreutes Wohnen und stationäre Pflege). Das Umfrageergebnis verdeutliche aber auch, dass sich insbesondere die Unternehmen „mit vorrangiger Geschäftstätigkeit in West- und Süddeutschland“ umfassend mit den Herausforderungen des demographischen Wandels auseinandersetzten.

Bevorzugte Wohnform der Zukunft: Altersgerechte Wohnungen

Zurzeit gebe es etwa 11 Millionen Seniorenhaushalte in Deutschland, von denen aber bisher nur rund fünf Prozent in einem barrierearmen oder barrierefreien Wohnumfeld lebten, konstatierte der BFW in seiner Frühjahrs-Konjunkturumfrage 2010. In den nächsten Jahren könne sich – bedingt durch den demographischen Wandel - die Schere zwischen Bestand und Bedarf noch weiter öffnen. Hiervon seien insbesondere Ostdeutschland und das südliche Niedersachsen betroffen, wo überdurchschnittlich viele Menschen älter als 65 Jahre seien. Bis 2020 werde vor allem in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und im nördlichen Umland von München die Anzahl älterer Menschen stark steigen. Die Immobilien- und Wohnungswirtschaft müsse auf die Bedürfnisse der steigenden Zahl von Senioren reagieren „und das Angebot an altersgerechten ´normalen Wohnungen´ erhöhen.

Das entspreche der Präferenz älterer Menschen. Dabei gehe es nicht nur um die bauliche Gestaltung des Wohnraums, sondern auch um die ambulante pflegerische Versorgung.

In dieser Hinsicht sei auch das Votum der Bauträger, Bestandsverwalter und Projektentwickler für die bevorzugte Wohnform eindeutig ausgefallen: 82 Prozent sähen sie in altersgerecht angepassten Wohnungen. 61 Prozent hätten sich für das

„Service-Wohnen“ entschieden. Fast 41 Prozent hätten für „Integrierte Einrichtungen“ votiert. Modernere Angebotsformen, wie das „Ambient Assisted Living“, seien für immerhin 16 Prozent ein relevantes Zukunftsthema. In manchen Fällen, so merkt der BFW aber an, erweise sich der Bestandsersatz durch hochwertige, energieeffiziente, altersgerechte Neubauten als bessere Alternative, denn die Kosten für den Neubau lägen oft „auf dem Niveau einer energetischen und altersgerechten Vollmodernisierung einer Bestandswohnung“. Etwa die Hälfte der Befragten plane schon jetzt „barrierearme oder sogar komplett barrierefreie

Wohnanlagen“.

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Engagement am Markt

Das Gros der Unternehmen biete seine Wohnungen „in der mittleren Preiskategorie sowohl zur Miete als auch zum Verkauf“ an.

Im „gehobenen Segment“ würden bevorzugt Eigentumswohnungen auf dem Markt angeboten. Sieben Prozent der Umfrageteilnehmer agierten auch im „Luxussegment“: Auf drei Eigentumswohnungen komme hier eine Mietwohnung.

Bei möglichen Investitionen in Sozialimmobilien stünden neben dem Standort „vor allem das Konzept sowie die Kooperation mit einem Pflegedienst/Betreiber im Fokus“. Mehr als die Hälfte der Befragten sehe daher „Beratungsbedarf bei der

Konzept-Entwicklung“. 58 Prozent legten besonderen Wert auf die Preise, „die beim Verkauf von Sozialimmobilien realisiert werden“ könnten. Sozialimmobilien würden insbesondere dort geplant und errichtet, „wo dies unter Rendite-Gesichtspunkten darstellbar“ sei. Primär würden die Unternehmen Wohnungen mit zwei bis drei Zimmern anbieten. Die Mehrzahl der Unternehmen (46 Prozent) investiere durchschnittlich ein bis unter fünf Millionen Euro je Projekt. Bei 29 Prozent der Unternehmen seien es im Schnitt fünf bis unter zehn Millionen Euro gewesen.

Ein Viertel der Befragten könne sich vorstellen, „in ein vollstationäres Pflegeheim zu investieren“. Die Präferenz liege dabei bei einer Betriebsgröße von 80 bis 100 Plätzen. Für zehn Prozent sei auch ein Engagement bei einer Größe von 40 bis 59 Plätzen denkbar.

Unterstützung und Hemmnisse

Nahezu alle Unternehmen beschäftigten sich intensiv mit dem Thema „Förderung“. Knapp 90 Prozent hielten „mehr staatliche Unterstützung“ bei den Projekten für notwendig. Eine „degressive AfA“ werde „als ideal“ angesehen. Eine zusätzliche Aufstockung des KfW-Programms „Altersgerecht Umbauen“ hätten 53 Prozent gefordert. Bisher haben nach eigener Aussage 36 Prozent der Umfrage-Teilnehmer Fördermittel für altersgerechtes Wohnen in Anspruch genommen. Eine deutliche Mehrheit von mehr als 60 Prozent der Befragten sehe im bundesweiten „Wohnungs- und Betreuungsvertragsgesetz“ und den verschiedenen

„Landesheimgesetzen und deren Novellierungen“ ein konkretes Hemmnis für ihre Investitionstätigkeit.

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Gesundheitswesen Demenz: Herausforderungen für Allgemeinkrankenhäuser

Immer mehr ältere Patienten, die in Allgemeinkrankenhäusern etwa wegen eines Knochenbruchs oder eines Herzproblems behandelt werden, leiden auch an einer Demenzerkrankung. Sie verstehen oft nicht, was um sie herum geschieht, haben Angst, wollen nach Hause und leisten Widerstand gegen die Behandlung. Zwar gibt es bereits Konzepte zur Versorgung Demenzkranker in Allgemeinkrankenhäusern, doch deren Einführung scheitert noch häufig an betriebswirtschaftlichen Barrieren. Zu dieser Schlussfolgerung gelangt Sabine Kirchen-Peters vom Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft (iso), Saarbrücken (http://www.iso-institut.de) in einer Zwischenauswertung einer Studie, die sie im Auftrag der Deutsche Alzheimer Gesellschaft anfertigt. Für diese Untersuchung konnten bisher 230 Allgemeinkrankenhäuser eingehender zur Behandlung demenzkranker Patienten befragt werden.

Psychische Begleiterkrankungen unterschätzt

Von vielen Leitungskräften werde der Stellenwert psychischer Begleiterkrankungen noch unterschätzt. Dies treffe „für Demenzen und in eklatanter Weise für Delirien“ zu. Demenzerkrankungen würden sehr oft „immer noch einseitig dem Arbeitsgebiet der Pflege zugeordnet“. Anders als viele Leitungskräfte würden Pflegerinnen und Pfleger und auch das ärztliche Personal die vorhandenen Problembereiche im Umgang mit demenzkranken Patient/innen benennen, so etwa die „ungewohnte Kommunikation“, die mangelnde Orientierung dieser Kranken, Probleme bei ihrer Versorgung während der Nacht, bei der Körperpflege und bei der Beschäftigung.

Demenzerkrankung oft unbekannt

„Spezifischer Handlungsbedarf“ könne aus der Tatsache abgeleitet werden, „dass offenbar bei einem großen Teil der Patient/innen die Demenz bei der Aufnahme nicht bekannt“ sei. Das Personal werde von den entsprechenden Symptomen „im Laufe der

Behandlung überrascht“. Nach Angaben der Befragten sei das etwa bei der Hälfte aller demenzerkrankten Patienten der Fall.

Daraus müsse man „Schlussfolgerungen für eine Optimierung der Überleitungsprozeduren ziehen“. Außerdem müssten sich Allgemeinkrankenhäuser „stärker auf den Kompetenzbereich der Erstdiagnostik und -behandlung ausrichten und die dazu erforderlichen Schritte auf der Struktur- und Prozessebene einleiten“.

Mit fünf Prozent für die gesamte Klinik bzw. 10 Prozent für relevante Abteilungen werde der Anteil von Demenzkranken in den Allgemeinkrankenhäusern eindeutig zu gering geschätzt. Dies hänge mit der Tatsache zusammen, „dass Demenz im Krankenhaus eine ´Nebendiagnose´ darstellt, die meist nur dann bemerkt wird, wenn es durch Verhaltensauffälligkeiten zu gravierenden Problemen in der Behandlung der Hauptdiagnosen kommt“. Die Behandlungsqualität für diese Patientengruppe werde dann allerdings „häufig zu positiv eingeschätzt“. 36,9 Prozent der befragten Leitungskräfte beurteilten die Versorgungsqualität für Demenzkranke als „gut“ bis „sehr gut“.

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Demenzsensible Konzepte wenig bekannt

Eine „gravierende Barriere für eine demenzbezogene Ausrichtung der Kliniken“ bestehe darin, dass ein Großteil der Leitungskräfte keine Kenntnis von bereits entwickelten „demenzsensiblen Konzepten“ habe und wenn doch, dann würden sich die Kenntnisse fast ausschließlich auf spezielle Abteilungen oder therapeutische Konzepte beziehen. Offenbar erreichten Informationen „über zu diesem Thema durchgeführte Modellprojekte“ („wie der Konsiliar-/Liaisondienst in Kaufbeuren, der Blaue Punkt in Essen oder die Delirprophylaxe in Münster“) viele Leitungskräfte nicht. Das bedeute, dass „Wissen über geeignete Strukturen und

Arbeitsprozesse“ und auch über Finanzierungsoptionen in diesem Zusammenhang nicht vorausgesetzt werden könne.

Zu wenig Fortbildung zum Thema Demenz

Die „Relevanz von Demenzfortbildungen“ werde nur von wenigen Leitungskräften bestritten. Jedoch stelle es sich für 75 Prozent der Leitungskräfte schwierig dar, „der Demenz vor dem Hintergrund der vielen drängenden Themen für Akutkrankenhäuser ausreichende Priorität einzuräumen“. Die nähere Betrachtung der „typischen Fortbildungsaktivitäten“ führe zu dem Schluss, „dass die Angebote nicht ausreichend sind, um beim Personal eine Handlungssicherheit in der Identifizierung und Zuordnung von Symptomen sowie im Umgang mit verhaltensauffälligen Demenzkranken zu erreichen“. Fast 28 Prozent aller Kliniken hätten im Jahr 2008 überhaupt keine Fortbildungen zum Thema „Demenz“ angeboten. Wenn Fortbildungen angeboten wurden, so hätten sie meist nur die Pflegekräfte betroffen.

Die „Ansätze für hilfreiche Strategien im Umgang mit Demenzkranken“ (z. B. Angehörigenarbeit, das Anbringen von

Orientierungshilfen, der Einsatz von Ergotherapie, Zusammenarbeit mit Konsiliarärzten und –pflegekräften), wie sie in einigen Kliniken zu erkennen seien, kämen „noch viel zu selten zum Einsatz“. Im Hinblick auf das „Einfordern von ärztlichen und

pflegerischen Konsilien“ seien vor allem Krankenhäuser im Vorteil, die über eigene psychiatrische, neurologische oder geriatrische Abteilungen verfügten.

Hemmende betriebswirtschaftliche Faktoren

Es sei deutlich geworden, „dass sich Kostenaspekte direkt negativ auf die arbeitsorganisatorischen Bedingungen der

Demenzversorgung“ auswirkten, „etwa wenn durch eine strukturelle Unterbezahlung der Behandlung ein Zeitmangel erzeugt wird“. Auf der anderen Seite könnten finanzielle Anreize aber „wichtige Impulsgeber für die Umsetzung von Innovationen sein“.

Nahezu alle befragten Leitungskräfte (91 Prozent) hätten sich dafür ausgesprochen, „dass das DRG-System verändert werden müsse, um die durch die Behandlung demenzkranker Patient/innen verursachten Mehrkosten zu kompensieren“. Man schätze diese Mehrkosten „auf durchschnittlich 1.046 Euro pro Behandlung eines demenzkranken Patienten. Diese Zusatzkosten

resultierten vor allem aus höherem Personalaufwand, Zusatzentgelten für fachärztliche Konsilien sowie aus längeren Liegezeiten, die im Durchschnitt pro Demenzkrankem auf 3,7 Tage geschätzt würden.

Ein kleiner Teil der Häuser arbeite mit der Strategie, Demenzkranke möglichst früh zu entlassen oder sie in eine Psychiatrische Klinik zu verlegen. Diese Optionen würden sich jedoch nur für diejenigen Kliniken ergeben, die sich über Kooperationsbeziehungen

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Verlegungsmöglichkeiten aufgebaut haben. Solche Verlegungen seien dann kritisch zu bewerten, „wenn sie nicht einer besseren Versorgung der Patient/innen, sondern rein fiskalischen Zwecken dienen sollen.“

Innovationsklima für Demenzversorgung verbessern

Zwei Drittel der befragten Leitungskräfte sehen eine „große Notwendigkeit“ (39,7 Prozent) oder sogar eine „sehr große Notwendigkeit“ (26,7 Prozent) für die Krankenhäuser, sich stärker auf demenzkranke Patient/innen einzustellen. Die

Möglichkeiten dafür schätzten aber nur etwa 45 Prozent als „positiv“ ein, 55 Prozent der Befragten dagegen als „mittel“ bis

„schlecht“. Bei Nachfragen nach der konkreten Art der Hindernisse für Innovationen in der Demenzversorgung hätten 62,3 Prozent der Leitungskräfte Kostengründe angeführt, 60,4 Prozent Gründe „auf der internen Ebene der Strukturen und

Arbeitsprozesse“. Auch bei den Wünschen für eine Verbesserung der Krankenhausversorgung Demenzkranker würden „in erster Linie interne Arbeitsstrukturen und –prozesse“ thematisiert. Eine optimistische Haltung im Hinblick auf die Umsetzung

„demenzsensibler Konzepte“ nähmen vor allem Leitungskräfte in Kliniken ein, in denen bereits diesbezügliche Veränderungen geplant oder eingeleitet worden seien. Wo also „bereits Bestrebungen für eine bessere Versorgung Demenzkranker bestehen“

müssten die Gestaltungschancen unterstützt und ausgeweitet werden. Insgesamt könne jedoch davon ausgegangen werden, „dass das Innovationsklima der Krankenhäuser im Bereich der Demenzversorgung stärker ausgebaut werden muss“.

Schwerpunkte der weiteren Untersuchung

In weiteren Fallstudien müssten die individuellen, betriebswirtschaftlichen und internen Faktoren noch genauer analysiert werden,

„um Ansatzpunkte für einen niedrigschwelligen Einstieg in die Umsetzung innovativer Konzepte der Demenzversorgung zu finden“. Auch müsste detaillierter der Frage nachgegangen werden, wo die Barrieren liegen, die einem konsequenten Einsatz bereits als hilfreich erkannter Strategien im Wege stehen. Davon ausgehend sollen dann Vorschläge für eine bessere Praxis erarbeitet werden. Näher sei außerdem noch zu analysieren, wie die Informationsarbeit zu den „demenzsensiblen Konzepten“ für Akutkrankenhäuser effektiver gestaltet werden kann.

Der Zwischenbericht von Sabine Kirchen-Peters (unter Mitarbeit von Dorothea Herz-Silvestrini) an die Deutsche Alzheimer Gesellschaft zu der iso-„Analyse von hemmenden und förderlichen Faktoren für die Verbreitung demenzsensibler Konzepte in Akutkrankenhäusern“ (42 S.) findet sich im Internet auf der Projektseite http://www.demenz-im-allgemeinkrankenhaus.de/. Als Kontaktadresse für das Projekt wird angegeben: Sabine Kirchen-Peters, Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft, Trillerweg 68, 66117 Saarbrücken, Tel.: 0681-95424-0, E-Mail: kirchen-peters@iso-institut.de.

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Perspektiven privater Haushalte als Pflegeinstanzen

Längst hat sich der Haushalt neben der ambulanten und der stationären Gesundheitsversorgung als „dritter Gesundheitsstandort“

etabliert. Es ist abzusehen, dass noch weitere Aktivitäten bei der Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit sowie bei der Bewältigung von Krankheit und deren Folgen in den Haushalt verlagert werden. Dabei verspricht nur ein ganzheitliches Konzept nachhaltigen Erfolg. Das stellen Wolfgang Paulus und Sascha Romanowski vom Institut Arbeit und Technik (Fachhochschule Gelsenkirchen; http://www.iatge.de/) im Ergebnis einer Untersuchung fest.

Zukunft des „dritten Gesundheitsstandorts“

Haushalte bildeten in Deutschland „die mit Abstand wichtigste Pflegeinstanz“: So seien im Jahre 2007 mehr als zwei Drittel (68 Prozent bzw. 1,54 Millionen) der 2,25 Millionen pflegebedürftigen Menschen zuhause betreut worden. Diese privat geleistete Pflege komme – laut Schätzungen – der Tätigkeit von 625.000 Vollzeitstellen und Umsätzen in Höhe von 46 Millionen Euro gleich.

Mit dem Trend zu kleineren Haushalten und zu immer mehr „multilokalen Mehrgenerationenfamilien“, deren Angehörige räumlich getrennt lebten, aber über moderne Kommunikationsmedien intensiven Austausch miteinander pflegten, wie auch mit der

steigenden Scheidungshäufigkeit veränderten sich die Bedingungen für den „Gesundheitsstandort Haushalt“ weiter. Seine Perspektiven würden aber vor allem durch folgende Faktoren geprägt:

Ein fortschreitender Wertewandel lasse das Interesse an einem gesunden Lebensstil und an der „Gesundheits-Selbsthilfe“

weiter steigen. Die Tatsache, dass medizinisches Fachwissen immer stärker öffentlich zugänglich werde, unterstütze „diesen Trend nachhaltig“.

Der wachsende Pflegebedarf sei künftig ohne das Engagement privater Haushalte „kaum zu bewältigen“. Angehörige

„„multilokaler Mehrgenerationenfamilien“ könnten aber meist nur „als ´Koordinatoren´ zwischen professionell geschulten Instanzen“ fungieren. Die Bedeutung ambulanter Pflegedienste nehme zu.

Parallel zu den kürzeren Liegezeiten in Krankenhäusern und zur Entlassung „nicht unbedingt vollständig gesunder“ Patienten in ihre Wohnungen werde der Bedarf an der „anschließenden medizinischen Versorgung“ weiter wachsen. „Homecare“ werde dabei „eine wichtige Rolle spielen müssen“.

Der wachsende Einsatz von „Technikkomponenten“ am „dritten Gesundheitsstandort“ ziehe einen „gesteigerten Bedarf an professioneller Wartung von Geräten bzw. Überwachung von (Vital-)Parametern“ nach sich.

„Telemedizinische Lösungen“ gewinnen stark an Bedeutung.

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Stärkung der sozialen Infrastruktur

Einen wichtigen Beitrag zur „Vergrößerung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitsstandort Haushalt“ könnten nach Überzeugung der Autoren innovative Wohn- und Betreuungsformen leisten. Hier heben sie besonders das Konzept des Netzwerkes „Soziales neu gestalten“ (SONG) für ein „radikales Umdenken“ aller Beteiligten (des Bundes, der Länder und Gemeinden, der

Sozialversicherungsträger und Dienstleistungsanbieter, der Investoren und Finanziers und der Bürger) bei der Entwicklung und Gestaltung von „lokalen und gemeinwesenorientierten Versorgungsangeboten“ hervor. Nach diesem Konzept sollten die „im Sozialleistungs- und im Sozialversicherungssystem zur Verfügung stehenden Mittel“ künftig „nicht mehr ausschließlich in die Einzelfallhilfe“ fließen, sondern müssten „zumindest teilweise für diese notwendige Infrastruktur verwendet“ werden.

Am Beispiel des „Bielefelder Modells“ für „Selbstbestimmtes Wohnen mit Versorgungssicherheit“ wird verdeutlicht, wie eine „gut koordinierte Kooperation“ der lokalen Akteure entwickelt werden kann. Die Schwerpunkte, nach denen die Bielefelder

Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft (http://www.bgw-bielefeld.de/bielefeld_modell.html) mit dem Modell die lokale Kooperation im Pflegebereich entwickelt, fassen die Autoren wie folgt zusammen:

1.Hilfe und Pflege: In der Seniorenwohnanlage können auch schwerstpflegebedürftige Menschen (Pflegestufe III oder Härtefallregelung) wohnen. Sämtliche Hilfe- und Pflegeleistungen können von den Mieterinnen und Mietern der Wohnanlage im Bedarfsfall in Anspruch genommen werden.

2.Regelmäßige Beratungsangebote im Haus: Geschulte Mitarbeiter bieten regelmäßige Beratung an, d. h.

Gesundheitsberatung, Informationen über Hausnotrufsysteme oder Unterstützung bei der Antragstellung bei verschiedenen Kostenträgern.

3.Unterstützung von Selbsthilfeaktivitäten: Hier soll die „Hilfe zur Selbsthilfe“ gefördert werden. Es stehen zahlreiche Freizeit- und Fitnessangebote zur Verfügung.

4.Begegnung der Generationen: Kulturfeste und gemeinschaftliche Feierlichkeiten fördern einen regen Austausch mit der Nachbarschaft und beugen so potenzieller Vereinsamung vor. Ein Pflegedienst übernimmt die Koordination.

5.Beratung von Angehörigen und Freunden: Durch gezielte Schulung von Angehörigen und Freunden soll die Hilfe durch das nahe Umfeld gestärkt werden.

6.Wählbarer Hausnotrufdienst: Mehrere Einrichtungen in Bielefeld bieten optional einen Hausnotrufdienst an, der im Notfall einen Kontakt zwischen Mieter und Pflegedienst herstellen kann.

7.Vermittlung von Hauswirtschafts- und Pflegediensten: Die WG-Bewohner des „Bielefelder Modells“ haben bei allen Dienstleistungen stets völlige Wahlfreiheit. Jeder gewünschte Hauswirtschafts- und Pflegedienst kann in Anspruch genommen werden.

8.Multikulturelle Seniorenhilfe: Es werden Wünsche und Belange unterschiedlicher kultureller, religiöser und ethnischer Herkunft ausreichend geachtet und gewürdigt.

9.Förderung der Selbsthilfe und der Dienstleistungsvielfalt: Hier ist ein zentrales Anliegen, Leistungen im Rahmen der Vereinbarung nicht pauschal zu gewähren, sondern sie bedarfsgerecht im Einzelfall zu organisieren und zu vergüten.

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Nutzung technischer Innovationen

Schon demographisch bedingt steige der Bedarf an medizinischer Versorgung zuhause und an den „telemedizinischen Lösungen“

stark an. Auch im Zusammenhang mit neuen, innovativen Wohn- und Betreuungsformen werden weitere technische Innovationen erwartet, die weit über die bewährten Hausnotrufsysteme hinausgehen. So werde in der Diskussion um „intelligente Häuser“

immer wieder vom „Ambiet Assisted Living“ (AAL) gesprochen. Durch technische Automatisierung des Haushaltes soll es alten und kranken Menschen so noch besser ermöglicht werden, weiter ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden zu führen.

Die technischen Assistenzsysteme sollen die Bewohner „versorgen, überwachen und beschützen“. (An einem Beispiel aus Kaiserslautern wird beschrieben, wie ein solch „intelligentes Haus“ mit AAL-Komponenten funktionieren kann.)

Noch seien aber AAL und Telemedizin in vielen Ländern „weit von einer Regelimplementierung entfernt“. Die Telemedizin, so stellen die Autoren fest, werde „trotz ihrer zahlreichen und viel versprechenden Ansätze als tragende Säule einer zukünftigen Pflege- und Gesundheitsarchitektur immer noch zu sehr vernachlässigt“. Der entscheidende Grund dafür sei „die

Technik-Fixierung der Forschungs- und Entwicklungslandschaft“. Die „telemedizinischen Produkte“ müssten als integraler Bestandteil in eine „medizinisch, technisch und vor allem sozial geprägte Infrastruktur“ eingefügt werden. „Gerade vor diesem Hintergrund ist ein Mangel an verlässlichen und nachhaltigen Business-Modellen zu beklagen.“

Fazit

Nur ein ganzheitliches Vorgehen führe zu nachhaltigem Erfolg. Die Erforschung der Bedürfnisse und Wünsche „der Endanwender“

gehöre an den Anfang der Entwicklung technischer Systeme, „die immer in Kombination mit sozialen Maßnahmen eingesetzt werden sollten“.

Die Untersuchung von Wolfgang Paulus und Sascha Romanowski (IAT) „Von Robotern und Nachbarn. Gestaltungsmöglichkeiten der Wohnumwelt älterer Menschen“ (19 S.; Forschung Aktuell, Nr. 05/2010) findet sich im Internet unter

http://www.iatge.de/index.php?article_id=91&clang=0. Die Autoren stehen für Anfragen zur Verfügung unter paulus@iat.eu und romanows@iat.eu.

Eurobarometer: Patientensicherheit und Qualität medizinischer Versorgung

Die EU-Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz hat eine Eurobarometer-Umfrage in Auftrag gegeben, die die Wahrnehmung europäischer Bürger zur Patientensicherheit und ihre Haltung zur Qualität des Gesundheitswesens im eigenen Land und in angrenzenden Ländern analysieren sollte. Für die Umfrage hat TNS Opinion & Social-Netzwerk im Herbst 2009 in den 27 Mitgliedsstaaten der EU mehr als 26.600 Interviews „von Angesicht zu Angesicht“ durchgeführt. Die Befragten habe man nach dem Zufallsprinzip, aber repräsentativ für die regionale Verteilung der Bevölkerung in den einzelnen Ländern ausgewählt. Die Umfrageergebnisse seien „nach Maßgabe der tatsächlichen Bevölkerungsgröße jedes einzelnen Mitgliedstaates gewichtet“ und für die Ebene der Gesamt-EU, für die einzelnen Mitgliedsländer und auch nach soziodemografischen Faktoren (Alter, Geschlecht, usw.) aufbereitet worden.

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Häufigkeit ernster Zwischenfälle

Es werde angenommen, so heißt es in der Einführung zu dem „Eurobarometer Spezial 327“, dass in den EU-Mitgliedstaaten zwischen 8 Prozent und 12 Prozent aller Patienten, die in ein Krankenhaus eingewiesen wurden, „einen ernsten Zwischenfall während der medizinischen Versorgung erlitten haben“. Das Europäische Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) konstatiere außerdem, „dass es bei 5 % der in Krankenhäuser eingewiesenen Patienten zu therapieassoziierten Infektionen kommt“. Dies entspreche einer Zahl von 4,1 Millionen Patienten pro Jahr in der EU. Das Zentrum schätze weiterhin, dass pro Jahr 37.000 Todesfälle auf derartige Infektionen zurückzuführen seien.

Bei der Umfrage hätten 26 Prozent der Befragten erklärt, dass „sie oder ein Familienmitglied“ schon einmal „einen ernsten Zwischenfall während einer medizinischen Versorgung“ erlebt hätten. Diese Zwischenfälle seien aber zu 70 Prozent nicht gemeldet worden. In Fällen, in denen solche „ernsten Zwischenfälle“ gemeldet worden seien, hätten sich die Betreffenden zu 44 Prozent an die Leitung des Krankenhauses und zu 41 Prozent an den betreffenden Arzt, den Krankenpfleger oder den Apotheker gewandt. 15 Prozent derer, die einen „ernsten Zwischenfall“ erlebt und ihn gemeldet haben, hätten sich an einen Anwalt gewandt, neun Prozent an eine Behörde.

Befürchtungen, Schaden zu erleiden

Die Hälfte der Befragten (50 Prozent) „ist überzeugt, dass sie während einer Krankenhausbehandlung in ihrem Land das Risiko eingehen, geschädigt zu werden“. Neun Prozent hätten erklärt, dies sei „sehr wahrscheinlich“, 41 Prozent, dies sei „ziemlich wahrscheinlich“. Die Wahrscheinlichkeit, während einer medizinischen Versorgung außerhalb eines Krankenhauses zu Schaden zu kommen, hätten acht Prozent als „sehr wahrscheinlich“, 38 Prozent als „ziemlich wahrscheinlich“ bezeichnet. Dabei gingen die Befürchtungen in den einzelnen EU-Ländern sehr weit auseinander: So hätten die Befragten in Griechenland (83 Prozent), auf Zypern (81 Prozent) und in Lettland (75 Prozent) ein deutlich höheres Risiko vermutet, geschädigt zu werden, als Befragte in Österreich (19 Prozent), Finnland (27 Prozent) und Deutschland (31 Prozent).

„Krankenhausinfektionen und falsche, verfehlte oder verspätete Diagnosen“ stünden (mit 59 bzw. 58 Prozent) ganz oben auf der Liste möglicher Befürchtungen. Etwaige Krankenhausinfektionen hielten 43 Prozent für „ziemlich wahrscheinlich“, 16 Prozent für

„sehr wahrscheinlich“. Für 45 Prozent seien falsche Diagnosen „ziemlich wahrscheinlich“, für 13 Prozent „sehr wahrscheinlich“.

Nahezu die Hälfte der Befragten sehe ein Fehlerpotenzial bei der Medikamentierung oder halte chirurgische Fehler für möglich.

Unsicherheit über Zuständigkeiten

Nahezu ein Drittel der Befragten (29 Prozent) habe angegeben, nicht zu wissen, welche Behörde in ihrem Land für die Patientensicherheit zuständig ist. Die Anteile derjenigen, die eingestanden, keine Kenntnis davon zu haben, bei wem die

Verantwortung liegt, unterschieden sich innerhalb der gesamten EU beträchtlich: „Immerhin die Hälfte (50 Prozent) der Befragten in Luxemburg weiß keine Antwort auf diese Frage. Eine große Zahl der Befragten in Frankreich (45 Prozent), in Estland (38 Prozent) und in Schweden (36 Prozent) ist ebenso wenig informiert.“ 32 Prozent seien überzeugt, dass die jeweiligen

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Gesundheitsministerien für die Patientensicherheit die Verantwortung tragen. 27 Prozent hätten hier die Einrichtungen des Gesundheitswesens, wie Krankenhäuser, Kliniken und Gesundheitszentren, benannt.

Im Bericht über die Umfrage wird darauf verwiesen, dass der Europäische Rat den Mitgliedstaaten empfohlen habe, „eine zuständige Behörde für Patientensicherheit auf ihrem Staatsgebiet einzurichten sowie dafür zu sorgen, dass Patienten und ihre Familien Anlaufstellen haben, bei denen sie ihre Erfahrungen melden können“. Wenn diese Maßnahmen umgesetzt würden, könnten sie „beitragen, den niedrigen Anteil an Meldungen ernster Zwischenfälle zu erhöhen“.

Einverständniserklärung für chirurgische Operationen

Von den Personen, die sich schon einmal einem chirurgischen Eingriff unterzogen haben, hätten etwa zwei Drittel (67 Prozent) erklärt, dass man von ihnen „immer eine schriftliche Einverständniserklärung eingeholt“ habe. Die übrigen Befragten hätten angegeben, dass schriftliche Einverständniserklärungen „manchmal“ (7 Prozent) oder gar „niemals“ gefordert worden seien (17 Prozent). Nur knapp unter einem Zehntel der Befragten seien sich unsicher gewesen, ob von ihnen ein solches Einverständnis verlangt worden sei oder nicht.

In Deutschland werde eine solche Einverständniserklärung „annähernd immer eingeholt (90 Prozent)“. In Ungarn, Irland,

Österreich, dem Vereinigten Königreich und Slowenien hätten mehr als acht von zehn Befragten dasselbe bekundet. Im Gegensatz dazu hätten 63 Prozent der Schweden erklärt, „dass niemals eine schriftliche Einverständniserklärung eingeholt wurde“. Mehr als vier von zehn der Befragten in Griechenland (54 Prozent), den Niederlanden (44 Prozent) und Finnland (44 Prozent) hätten erklärt,

„dass niemals eine schriftliche Einverständniserklärung eingeholt wurde“.

Berichte über ernste Zwischenfälle im Gesundheitswesen

Wenn die Befragten angeben sollten, durch welche Informationsquellen sie überhaupt von „ernsten Zwischenfällen“ in der medizinischen Versorgung gehört oder erfahren hätten, nannten 73 Prozent das Fernsehen. Danach seien Zeitungen und Magazine (44 Prozent) oder Freunde und die Familie (31 Prozent) am häufigsten als wichtigste Informationsquellen genannt worden. Annähernd ein Fünftel der Befragten habe das Internet (20 Prozent), das Radio (18 Prozent) oder „persönliche Erfahrungen“ (16 Prozent) als Informationsquelle angegeben. Nur neun Prozent der Befragten hätten angegeben, ihre Informationen über solche Zwischenfälle „aus dem Krankenhaus“ oder „aus offiziellen Statistiken“ bezogen zu haben. Daraus könne geschlussfolgert werden, so die Autoren des Berichtes, „dass seriöse und zuverlässige Daten entweder im öffentlichen Bereich nicht zur Verfügung stehen, oder bei der Bildung der Wahrnehmung nur eine eingeschränkte Rolle spielen“.

Formen der Wiedergutmachung

Zu möglichen Formen der Wiedergutmachung habe mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) erklärt, dass sie in ihren jeweiligen Heimatländern „das Recht auf eine Untersuchung ihres Falles“ hätten. 51 Prozent der Befragten seien der Ansicht, dass sie Anspruch auf finanzielle Entschädigung hätten. Diese beiden Formen der Wiedergutmachung seien auch am häufigsten

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genannt worden, wenn es um einen Vorfall in einem anderen EU-Mitgliedstaat gehe (45 Prozent bzw. 44 Prozent). Annähernd ein Fünftel der Befragten (18 Prozent) sei sich aber unsicher gewesen, welche Formen der Wiedergutmachung ihnen in einem

anderen EU-Staat zur Verfügung stehen. Sollten sie einen solchen Schaden in einem anderen Mitgliedstaat erleiden, so käme für die Befragten „in erster Linie eine Kontaktaufnahme mit der Botschaft oder dem Konsulat des eigenen Landes in Frage“.

41 Prozent der Befragten hätten die Meinung vertreten, ihnen stehe in ihrem Heimatland „ein Recht auf eine Erklärung der Gründe für diesen Schaden“ zu. Und 33 Prozent hätten erklärt, dies gelte auch, wenn der Schaden in einem anderen Mitgliedstaat entstanden sei. Mehr als ein Drittel der Befragten (37 Prozent) seien der Ansicht, dass disziplinarische Maßnahmen gegen den Verantwortlichen oder die verantwortliche Gesundheitseinrichtung (36 Prozent) und eine formelle Bestätigung, dass Schaden zugefügt worden sei (34 Prozent), als Formen der Wiedergutmachung zur Verfügung stünden. Fast drei von zehn Befragten seien überzeugt, dass diese drei Formen der Wiedergutmachung auch in anderen EU-Mitgliedstaaten bestünden. Eine „Entschuldigung des Verantwortlichen oder der Gesundheitseinrichtung“ werde von 30 Prozent der Befragten erwartet, wenn der Schaden im eigenen Land, und von 23 Prozent, wenn der Schaden in einem anderen Mitgliedstaat entstanden ist.

Qualität des Gesundheitswesens im eigenen Land

Obwohl ein Durchschnitt von 70 Prozent der gesamten Befragten der Ansicht sei, „dass die Qualität der medizinischen Versorgung in ihrem Land gut sei“, könnten erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern festgestellt werden: 97 Prozent der befragten Belgier hielten die Qualität der medizinischen Versorgung im eigenen Land für gut. Ihnen folgten die Bürger Österreichs (95 Prozent) und Finnlands (91 Prozent). Die Befragten in Deutschland seien zu 86 Prozent dieser Auffassung gewesen. Aber nur 25 Prozent der Befragten in Griechenland und Rumänien hätten eine solche Meinung vertreten. Im gesamten Gebiet der EU27 hätten 13 Prozent der Befragten die Qualität der jeweiligen nationalen Gesundheitsversorgung als „sehr gut“ und 57 Prozent als „eher gut“ eingestuft. Die übrigen Befragten hätten zu 21 Prozent erklärt, sie sei „eher schlecht“ und zu sieben Prozent sie sei „sehr schlecht“.

Die Österreicher „fielen besonders dadurch auf“, dass 45 Prozent die medizinische Versorgung in ihrem Land als „sehr gut“

einschätzten. Mehr als ein Drittel der Belgier (37 Prozent) und Schweden (34 Prozent) seien ebenfalls der Ansicht, dass die Gesundheitsversorgung ihres Landes „sehr gut“ sei. Addiere man die Anteile für „sehr gut“ und „eher gut“ zusammen, so werde deutlich, „dass mindestens neun von zehn Befragten in Belgien, Österreich, Finnland, Frankreich, den Niederlanden und Schweden die Gesundheitsversorgung ihres Landes als ´gut´ einschätzen“. Von den Deutschen fühlten sich 70 Prozent „gut“, 16 Prozent sogar „sehr gut“ versorgt.

Die EU-Mitgliedstaaten, in denen die Bürger dem nationalen Gesundheitswesen die schlechtesten Noten gegeben hätten, seien Griechenland (wo 75 Prozent erklärt hätten, dieses sei „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“), Ungarn (72 Prozent), Rumänien (69 Prozent), Bulgarien (68 Prozent), Polen (67 Prozent), Lettland (62 Prozent), Litauen (58 Prozent) und Portugal (56 Prozent).

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Qualität des Gesundheitswesens in anderen EU-Staaten

Man habe die Befragten auch gebeten, die Qualität medizinischer Versorgung im eigenen Land mit der in anderen Mitgliedstaaten zu vergleichen. „Wie zu erwarten war, zeigt eine Analyse auf Länderebene ein hohes Maß an Übereinstimmung zwischen jenen Befragten, die die Qualität des Gesundheitswesens des eigenen Landes als gut einschätzen und gleichzeitig der Ansicht sind, die medizinische Versorgung sei zu Hause besser als in anderen Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten, in denen dies der Fall ist, sind:

Belgien (65 Prozent), Österreich (64 Prozent), Finnland (56 Prozent), Frankreich (55 Prozent) und Deutschland (53 Prozent).

„In Anbetracht der erheblichen Unterschiede, die die europäischen Bürger angesichts der Qualität der gesundheitlichen Versorgung einerseits wahrnehmen und des Wunsches nach Zugang aller zu einer Gesundheitsversorgung von guter Qualität andererseits“, so die abschließende Bemerkung der Autoren, „besteht offensichtlich Bedarf darüber nachzudenken, wie die festgestellten Ungleichheiten zwischen den Mitgliedstaaten behoben werden können.“

Der Bericht zum „Eurobarometer Spezial 327“ der Europäischen Kommission „Patientensicherheit und Qualität der medizinischen Versorgung“ (112 S.) und die Kurzfassung dazu (35 S.) sind im Internet unter der Adresse

http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/eb_special_en.htm#327 zu finden.

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Arbeitsmarkt Österreich: Förderprogramm für ältere Mitarbeiter in der Pflege

Die Pflege zählt zu den Wachstumsbereichen am Arbeitsmarkt. Zunehmend finden hier auch ältere Arbeitnehmer eine Anstellung.

Aufgrund ihrer langjährigen Berufspraxis stellen sie ein wertvolles Potenzial im Pflegebereich dar. Für diese Arbeitnehmer, die in der Pflege intensiven physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt sind, muss allerdings mit speziellen Förderprogrammen

„ein altersgerechtes, gesundes Arbeitsumfeld“ geschaffen werden. Deshalb hat die SeneCura Gruppe (www.senecura.at), die 53 Heime und Kliniken in Österreich und in der Schweiz betreibt, das Projekt „Potenziale 50+“ initiiert. Über die öffentliche

Vorstellung des Projektes durch den österreichischen Sozialminister Rudolf Hundstorfer und den SeneCura-Geschäftsführer Prof.

Rudolf Öhlinger berichtet u. a. das Internet-Nachrichtenportal http://www.ots.at/.

Tausende Arbeitssuchende für den Pflegebereich qualifiziert

Die „unselbständige Beschäftigung“ in der Pflege habe in den letzten zehn Jahren um rund 75 Prozent zugenommen, bei den Über-50-Jährigen sogar um 167 Prozent, teilt Hundstorfer mit. Auf dieses Potenzial könne man nicht verzichten. Man habe dieser Entwicklung u. a. dadurch Rechnung getragen, dass 2009 über 4.000 arbeitssuchende Menschen durch den Arbeitsmarktservice Österreich (AMS) für den Pflegebereich „neu bzw. höher qualifiziert“ wurden. In Österreich fehlten aber immer noch, wie neuere Studien belegten, etwa 7.000 Pflegekräfte.

Hohes Interesse an Mentoring-Programmen

Derzeit seien fast 20 Prozent der SeneCura Mitarbeiterinnen über 50 Jahre alt. Pflege sei „weiblich“, konstatierte Öhlinger. „Über 87 Prozent unserer über 2.000 Mitarbeiter/innen in Österreich sind Frauen“. Befragungen hätten gezeigt, dass insgesamt mehr als vier Fünftel der Mitarbeiter/innen „mit den flexiblen Arbeitszeiten, dem sozialen Umfeld und dem Arbeitsklima sehr bzw. eher zufrieden“ seien. 60 Prozent wollten bis zum Eintritt ins Rentenalter bei SeneCura arbeiten. Die Umfrage habe aber auch das hohe Interesse der Mitarbeiter/innen an Mentoring-Programmen sichtbar werden lassen. 75 Prozent wollten sich aktiv an „Projekten zum Wissenstransfer zwischen den Generationen“ beteiligen. Erste Vorarbeiten für das Projekt „Potenziale 50+“, das sich am

„finnischen Konzept der Arbeitsbewältigungsfähigkeit“ orientiere, hat man – wie „SeneCura Inform“ zu entnehmen ist - bereits 2008 geleistet.

Vielfältige Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge

Man habe in jeder Einrichtung von SeneCura „konkrete Bedürfnisse abgefragt und gemeinsam einen Maßnahmenkatalog 50+

erarbeitet“. Prävention und Regeneration stünden dabei im Zentrum. Ziel sei es, so die Projektleiterin, „körperlichen

Einschränkungen wie Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden und natürlich auch psychischen Belastungen wie Burnout entgegen zu wirken“. Im Frühjahr hätten für alle älteren Mitarbeiter/innen Themenwochenenden stattgefunden, bei denen ihnen

verschiedene Kurse („von Yoga über Rückengymnastik bis hin zu Raucherentwöhnung“) vorgestellt worden seien. Dem schließe sich jetzt ein landesweites Programm „mit fünf Modulen zur ganzheitlichen Gesundheit“ an: Workshops zum „Gesunden Rücken“, zu „Psychoenergetischen Methoden“, zum Thema „Schlank ohne Drama“, zu „Anti-Ärger-Strategien“ und zur „Psychischen

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Gesundheit“. Im Rahmen der Aktion „fit@work“ könnten die Mitarbeiter/innen von SeneCura in den Fitnesscentern der Pflegeeinrichtungen ein umfangreiches Gesundheitsprogramm absolvieren.

Anpassung von Arbeitsprofilen und Arbeitszeiten

Immer noch gingen viele ältere SeneCura-Mitarbeiter/innen fünf Jahre vor dem Renteneintrittsalter in den Ruhestand. Deshalb bemühe man sich, einem wichtigen Bedürfnis der Älteren immer besser zu entsprechen und die Arbeitsprofile und Arbeitszeiten den jeweiligen Möglichkeiten der Beschäftigten besser anzupassen. So habe man zum Beispiel Belastungen durch schwere körperliche Arbeit wie Heben und Umlagern der Bewohner/innen „durch eine neue Rolle als Mentor neuer Mitarbeiter/innen oder durch den verstärkten Einsatz bei administrativen Tätigkeiten (wie Arbeiten bei der Pflege-Dokumentation, Zimmerkontrollen) ersetzt“. Ältere Mitarbeiter/innen würden auch mit der Anleitung Ehrenamtlicher betraut. Darüber hinaus schafften individuelle Regelungen der Arbeitszeit, Angebote für die Kinderbetreuung, Rücksichtnahme auf Betreuungspflichten bei der

Dienstplangestaltung und eine gezielte Förderungen „eine ideale Struktur für das stark weiblich dominierte Pflegepersonal“, ganz

„unabhängig vom Alter“. Mittlerweile seien „die Dienstlängen und Dienstzeiten, die Anzahl aufeinander folgender Dienste und die Nachtdienste bedarfsgerecht angepasst, die Arbeitsprofile verändert und die Abläufe umstrukturiert“ worden.

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Ökonomie Schweiz: Social Entrepreneurship Initiative

In der Schweiz mangelt es an Innovationen, vor allem „bei sozialen Dienstleistungen und Produkten“, obwohl der Länderbericht Schweiz des „Global Entrepreneurship Monitor 2009“ zeigt, dass die soziale Gründungsaktivität in der Schweiz „deutlich über dem Durchschnitt“ liegt und im Vergleich mit den Nachbarländern positiv ausfällt: In zwanzig Ländern mit „innovationsbasierten Ökonomien“ habe im Jahr 2009 der Anteil der „Sozialen Gründungsaktivität“ (SEA) an allen Neugründungen im Durchschnitt bei 1,9 Prozent gelegen. Die Vereinigten Arabischen Emirate hätten mit 4,3 Prozent die höchste SEA-Rate aufzuweisen, gefolgt von den USA und Island mit 3,9 Prozent sowie der Schweiz mit 2,7 Prozent. Dahinter folgten Finnland mit 2,6 Prozent, Frankreich mit 2,2 Prozent, Großbritannien mit 2,1 Prozent und Slowenien mit 2 Prozent. Die niedrigste Rate sei für Deutschland und Südkorea mit je 0,7 Prozent sowie für Spanien und Hongkong mit je 0,5 Prozent ausgewiesen worden. (siehe GEM-Monitor:

http://www.heg-fr.ch/de/forschung/entrepreneurship/gem_2009) Die Rezession der Jahre 2008 und 2009 habe allerdings die Stimmung hinsichtlich von Neugründungen offenkundig getrübt.

Die Initiative

Der überwiegende Teil aller Neugründungen in der Schweiz entfalle auf die Bereiche „Technologie“ und „Produktinnovation“. Das solle nun mit Hilfe der Social Entrepreneurship Initiative (SEI), Zürich (http://www.socialentrepreneurship.ch/) geändert werden.

Im Frühjahr 2010 wurde die Initiative ins Leben gerufen. Unterstützt wird die SEI von der Förderagentur für Innovation (KTI) des Schweizer Bundes (http://www.bbt.admin.ch/kti/) und der Gebert Rüf Stiftung (http://www.grstiftung.ch/).

Die Ziele

Da es viel zu wenig Unternehmensgründungen von „wissensintensiven Dienstleistungsinnovationen im Feld Gesundheits- und Sozialwesen“ gebe, wolle die SEI Menschen, die die Herausforderungen auf diesen Feldern „auf unternehmerische Art und Weise“

lösen wollen, „gezielt fördern“. Mit sozialen Innovationen sollten so „dauerhafte Lösungen“ in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Soziales und Umwelt entwickelt werden. Businessmodelle sollten sich „im Dreieck öffentliche Gelder – Einkommen –

Philanthropie“ bewegen. Die zunehmende ökonomische Bedeutung der Volksgesundheit und der steigende Kostendruck im Gesundheitswesen legten „hybride Finanzierungsmodelle mit einem finanziellen und einem gesellschaftlichen Nutzen“ nahe. In verschiedenen Disziplinen würden heute an Hochschulen und Universitäten wichtige wissenschaftliche Grundlagen dafür gelegt.

Hier gelte es anzusetzen und unternehmerische Lösungsansätze zu entwickeln. Das Ziel sei dabei „ein finanzieller und

gemeinnütziger Gewinn“. Die SEI werde Einzelpersonen und Teams von der Ideenfindung über die Entwicklung des Businessplanes bis hin zur Unternehmensgründung begleiten.

Das Team

Initiatorin und Leiterin der SEI ist die Sozialwissenschaftlerin Prof. Mariana Christen Jakob. Sie arbeite eng mit dem „Departement Entrepreneurial Management“ der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur und der Hochschule Luzern zusammen. Als wichtigster Wirtschaftspartner der Initiative wird die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt Suva (http://www.suva.ch/)

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genannt, die ganz „speziell an innovativen Ideen zur beruflichen Reintegration interessiert“ sei. Ein Beirat von Fachleuten aus ganz unterschiedlichen Disziplinen von Hochschulen und Universitäten, aus Stiftungen, aus der Wirtschaft und „aus dem Start-up Feld“ begleite die Tätigkeit der Initiative, wähle Businessideen aus und wirke als Jury für die Businesspläne.

Der erste „Social-Business-Gründerwettbewerb“

Die SEI hat bereits einen Wettbewerb für „Social Entrepreneurs“ unter Studenten und Absolventen Schweizer Fachhochschulen und Universitäten gestartet, dessen Auswertung Anfang 2011 erfolgen soll. Im Verlaufe des Wettbewerbs sollen „potenzielle Gründer/innen“ mit der Vermittlung von Wissen (z. B. in einem „Summer Camp“) und gezieltem Coaching unterstützt werden. Mit dem Wettbewerb greife die SEI Formen auf, die man in anderen Ländern seit längerem kenne. Für den Wettbewerb sollten vor allem Businessideen zu folgenden Schwerpunkten entwickelt werden: „Health Services“ und Prävention, Neue Medien im Gesundheits- und Sozialbereich, Armut und „Working Poor“, Migration und Integration, außerschulische Bildung,

Generationendialog und „Elder Care“, Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung, Wassermanagement, räumliche Entwicklung und Landschaftsschutz, Mikro-Kredite und alternative Finanzierungsinstrumente. Für weitere Themen sei die SEI offen. Bereits

vorliegende Rückmeldungen zeigten, dass im Bereich Gesundheit „ein beachtliches Potenzial für Dienstleistungsinnovationen vorhanden“ sei.

Als Kontaktadresse nennt die SEI: Prof. Mariana Christen Jakob, Social Entrepreneurship Initiative, Zollikerstrasse 44, CH-8008 Zürich, E-Mail: info@socialentrepreneurship.ch.

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Demographie Schweiz: Wonach streben Jugendliche?

Negativschlagzeilen über Jugendliche sind an der Tagesordnung. Die große Aufmerksamkeit, die die Medien kleinen Minderheiten von Jugendlichen immer wieder zukommen lässt, birgt die Gefahr, dass auch die große Mehrheit der Jugendlichen in Verruf gerät.

Im jüngsten Kinder- und Jugendsurvey zur noch bis 2016 laufenden Langzeitstudie COCON (http://www.cocon.uzh.ch/) ist man deshalb den folgenden Fragen nachgegangen: „Was ist den Jugendlichen wichtig? Welche Werte und Einstellungen vertreten sie?

Wie ändern sich die Werte nach Verlassen der obligatorischen Schule?“ In einem Bericht der Schweizer Zeitschrift zu Integration und Migration „terra cognita“ werden die Antworten, die COCON auf diese Fragen lieferte, vorgestellt.

Vielfalt von Bildungswegen

Bei ihren Untersuchungen stellten die Wissenschaftler fest, dass ein Abschluss der Sekundarstufe I den Jugendlichen recht unterschiedliche schulische Optionen ermögliche, „die häufig nicht einem linearen Bildungsverlauf folgen, sondern Umwege wie Zwischenlösungen, Ausbildungsabbrüche oder Phasen von Arbeitslosigkeit mit einschließen“ würden. Hätten mit 15 Jahren alle die obligatorische Schule besucht (13 Prozent schon das Gymnasium), so hätten sich danach mehr als 80 Prozent der

Jugendlichen „auf die unterschiedlichen Sekundarschultypen mit niedrigen bis hohen Anforderungen“ verteilt. Die 18-Jährigen hätten sich überwiegend in der Ausbildung der Sekundarstufe II befunden, rund 56 Prozent in einer beruflichen Ausbildung, 30 Prozent in einer allgemeinbildenden Ausbildung (z. B. einem Gymnasium) und knapp 11 Prozent entweder in „einer

Zwischenlösung“ oder sie hatten bereits eine Arbeitsstelle bzw. waren arbeitslos. Nur wenige hatten bereits ein Studium aufgenommen.

Man habe die 15- und 21-Jährigen (anhand einer Skala von 1–10) danach befragt, wie wichtig ihnen Werte wie „Soziale Gerechtigkeit“, „Leistung“, „Selbstverwirklichung“ und „Hedonismus“ seien. Dabei zeige sich, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsene diesen vier Werten „eine hohe Bedeutung“ beimessen. Die Heranwachsenden betrachteten es vor allem als eine wichtige Aufgabe, „etwas zur sozialen Gerechtigkeit in der Gesellschaft beizutragen“. Im Verlauf der Untersuchung habe man auch herausgefunden, wie unterschiedliche Bildungs- und Ausbildungswege die einzelnen Wertdimensionen bei den jungen Menschen beeinflussten.

Zentraler Wert: Soziale Gerechtigkeit

Die Wertdimension „Soziale Gerechtigkeit“ erwies sich bei „allen Bildungsgruppen“ über die ganze Zeit der Bildung und Ausbildung hinweg als Wert von zentraler Wichtigkeit. Es habe sich im Unterschied zu den Ergebnissen der deutschen Shell-Jugendstudie auch gezeigt, „dass der Wert ´Soziale Gerechtigkeit´ unabhängig von der sozialen Herkunft der Heranwachsenden in der Schweiz als sehr hoch erachtet wird“. Bei den Jugendlichen im Alter von 15 Jahren in

allgemeinbildenden Einrichtungen seien die Ergebnisse positiver ausgefallen, im Verlauf von drei Jahren aber „auf das Niveau“ der anderen Bildungsgruppen abgesunken. Die hohe Stabilität des Werts „Soziale Gerechtigkeit“ erklärten sich die Wissenschaftler mit

„frühen, nachhaltig prägenden Einflüssen im familiären Kontext“.

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Ausprägung des Leistungsbewusstseins

Wie vermutet, entwickle sich das Leistungsbewusstsein vor allem bei den Jugendlichen in einer Berufsausbildung und bei denjenigen ohne Ausbildung nach der Schule. Bei den Jugendlichen in einer allgemeinbildenden Ausbildung sinke es hingegen

„stark“ ab. Es könne angenommen werden, „dass Jugendliche im anspruchsvollsten Bildungsgang vermehrt das Gefühl haben, es

´geschafft zu haben´ und daher dem Wert ´Leistung´ im Vergleich zu den beiden anderen Gruppen weniger Wichtigkeit beimessen“. Frühere Analysen hätten bereits gezeigt, dass die Heranwachsenden in Bezug auf „Durchhaltevermögen“ und

„Zielorientierung“, die für das Erbringen produktiver Leistungen im Erwerbsleben immer wichtiger würden, „im Durchschnitt gute Fähigkeiten“ entwickelten. Nur bei einer kleineren Minderheit von 4 bis 6 Prozent junger Männer und Frauen sei dies nicht der Fall.

Steigende Bedeutung: Selbstverwirklichung

Der Wert „Selbstverwirklichung“ gewinne bei den beiden Gruppen, die sich mit 18 Jahren in einer Ausbildung befinden, „deutlich“

an Bedeutung, bei Mittelschülern und Mittelschülerinnen noch „auf etwas höherem Niveau“ als bei Jugendlichen in der Berufsausbildung. Bei den Jugendlichen ohne Ausbildung entwickle sich dieser Wert kaum, „was mit der fehlenden neuen (Berufs-)Rolle“ erklärt werden könne. Diese jungen Menschen passten ihre Pläne und Erwartungen an die Möglichkeiten an, die ihnen zur Verfügung stehen.

Nachlassende Bedeutung: Hedonismus

Der Wert „Hedonismus“ falle nach Verlassen der obligatorischen Schule stark ab. Jedoch seien auch hier Unterschiede je nach Bildungsverlauf feststellbar: Bei denjenigen in einer Berufsausbildung sinke er nur geringfügig. Bei der Gruppe ohne Ausbildung und noch ausgeprägter bei den Mittelschülern und Mittelschülerinnen sei hingegen ein stärkerer Rückgang festzustellen. Der geringere Bedeutungsverlust dieses Wertes bei den Jugendlichen in Berufsausbildungen könne damit erklärt werden, „dass sie sich aufgrund ihres Einkommens im Vergleich zu den anderen etwas leisten können“.

Junge Menschen mit einer hedonistischen Wertorientierung würden der Freizeit ein großes Gewicht beimessen. Das gelte

besonders für die ältere Gruppe, die oft bereits im Erwerbsleben stehe, da für sie Freizeit bereits „zu einem knapperen und deshalb auch kostbareren Gut geworden ist“. Schweizer und Schweizerinnen sowie die junge Menschen, deren Familien aus EU-Staaten zugewandert sind, bewerteten die Freizeit deutlich höher als die Jugendlichen und junge Erwachsenen, deren Familien aus Nicht-EU-Ländern zugewandert sind. Letztere gewichten eine berufliche Entwicklung sogar noch etwas höher. Das widerspreche

„dem oft zu hörenden Cliché“, wonach „ausländische Jugendliche weniger Interesse an Berufsarbeit zeigten und ein Leben mit viel Freizeit auf Kosten des Sozialstaats“ vorzögen.

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Fazit

Die Ergebnisse der Untersuchung widerlegten das „Bild der leistungsscheuen, auf sich selbst bezogenen Jugend“. Die Mehrheit der Heranwachsenden, so wurde schon nach früheren COCON-Analysen konstatiert, vertrete „traditionellere Werthaltungen als die ältere Generation sich gemeinhin vorstellt“. Die Jugendlichen in der Schweiz verfügten über „besser ausgebildete soziale und produktive Kompetenzen“, als ihnen nachgesagt werde und verdienten es, „in der Öffentlichkeit ausgewogener wahrgenommen zu werden“. Nur eine kleine Minderheit der Jugendlichen („zwischen zwei und fünf Prozent“) weiche von diesem Bild ab.

Die Resultate der jüngsten Erhebungen zeigten auch, „wie wichtig ein erfolgreicher Bildungsverlauf ist: Wer nicht die Möglichkeit hat, nach der obligatorischen Schule eine Ausbildung zu machen, entwickelt unter Umständen ein negatives Bild von sich selbst.

Seine Eigeninitiative wird gehemmt, was sich wiederum negativ auf den weiteren Bildungsverlauf auswirken kann“.

Der Bericht der Soziologinnen Sybille Bayard und Monika Staffelbach zu den Ergebnissen des schweizerischen Kinder- und

Jugendsurvey COCON unter der Überschrift„Wonach streben die Jugendlichen von heute? (in: terra cognita, Heft 16/2010, S. 12-16) findet sich im Internet unter http://www.terra-cognita.ch/. Eine erste COCON-Publikation zu „Wertorientierungen Jugendlicher und junger Erwachsener in der Schweiz“ („Wertebroschüre ZUF“, 24 S.) aus dem Jahre 2007 findet sich unter

http://www.cocon.uzh.ch/de/publikationen_news.html .

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Gesellschaft Modellrechnung: Kindertagesbetreuung bis 2013

Der „Krippengipfel“ von Bund, Ländern und Kommunen (2007) legte fest, bis 2013 für 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren ein Angebot zur Kindertagesbetreuung zu schaffen. Das Ende 2008 in Kraft getretene Kinderförderungsgesetz (KiföG) hat zudem den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab Vollendung des ersten Lebensjahres festgeschrieben. Mit Beginn des Kindergartenjahrs 2013/2014 soll das realisiert werden.

Nach Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) werden Ende 2012 „insgesamt knapp zwei Millionen Kinder unter drei Jahren in Deutschland leben, davon 1,6 Millionen in Westdeutschland (ohne Berlin) und 282.000 in Ostdeutschland (ohne Berlin).

559.000 Betreuungsplätze benötigt

Davon ausgehend wurde in einer Modellrechnung ermittelt, dass in Westdeutschland bis zum Jahr 2013 ein zusätzlicher

Betreuungsbedarf für rund 320.000 Kinder unter drei Jahren bestehe. Für die neuen Bundesländer, in denen die Betreuungsquote bereits 2009 über 35 Prozent gelegen habe, werde angenommen, dass die Zahl der betreuten Kinder auf dem Niveau von 2009 konstant bleibe (http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pm/2010/05/PD10__158__225, templateId=renderPrint.psml). Gehe man davon aus, „dass die anvisierte Betreuungsquote von mindestens 35 Prozent im Jahr 2013 auch in jedem einzelnen Bundesland erreicht werden soll“, so würden in Westdeutschland insgesamt rund 559.000 Betreuungsplätze benötigt.

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Modellrechnung zur Kindertagesbetreuung 2013

Land

Kinder unter 3 Jahren in Tagesbetreuung

am 1. März 2009 am 1. März 2013 Ausbaubedarf

zwischen 2009 u. 2013 Anzahl Betreuungsquote Anzahl Betreuungsquote

Früheres Bundesgebiet ohne Berlin

238.491 14,4 559.055 35,0 320.564

Baden Württemberg 44.022 15,8 94.150 35,0 50.128

Bayern 50.424 15,7 109.130 35,0 58.706

Bremen 2.234 13,7 5,740 35,0 3.506

Hamburg 10.846 22,2 17.325 35,0 6.479

Hessen 25.359 16,3 52.360 35,0 27.001

Niedersachsen 23.328 11,9 65.065 35,0 41.737

Nordrhein-Westfalen 52.092 11,5 152.145 35,0 100.053

Rheinland-Pfalz 16.971 17,5 32.900 35,0 15.929

Saarland 3.264 15,1 7.245 35,0 3.981

Schleswig-Holstein 9.951 14,3 22.995 35,0 13.044

Neue Länder ohne Berlin 136.981 45,9 136.981 48,5 -

Brandenburg 27.287 48,3 27.287 51,7 -

Mecklenburg-Vorpommern 19.037 49,5 19.037 51,9 -

Sachsen 40.402 40,1 40.402 41,3 -

Sachsen-Anhalt 28.529 55,1 28.529 59,6 -

Thüringen 21.726 42,8 21.726 46,0 -

Berlin 38.235 41,5 38.235 41,9 -

Deutschland 413.707 20,2 734.393 37,3

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Umfrage zur Lebensqualität in 75 europäischen Städten

Im Rahmen eines Vertrages mit der Generaldirektion Kommunikation der Europäischen Kommission hat Gallup Hungary eine

„Eurobarometer-Umfrage“ durchgeführt, in der die Meinung der Bürgerinnen und Bürger zur Lebensqualität in 75 großen Städten der EU, Kroatiens und der Türkei ermittelt werden sollte. Unlängst veröffentlichte die EU-Kommission die Ergebnisse der Umfrage.

Die große Zahl von Informationen, die der Bericht enthält, sei, so meint die EU-Kommission, „nicht nur für die Stadtplaner und Entscheidungsträger nützlich, sondern auch für Bürger, die wissen möchten, in welchen Städten es sich gut leben lässt“. Die Kommission selbst stellt folgende Umfrageergebnisse besonders heraus:

Gesundheitsdienste, Verkehr, Beschäftigung und Wohnraum

Die Bewohner Nordwesteuropas seien „besonders zufrieden“ mit den Gesundheitsdienstleistungen in ihren Städten. Mindestens 80 Prozent von ihnen hätten sich entsprechend geäußert. In vielen der süd- und osteuropäischen Städte liege der Wert hier deutlich niedriger.

Bei Aussagen zum öffentlichen Nahverkehr variiere die Zufriedenheitsquote von 12 Prozent (Palermo) bis 93 Prozent (Helsinki).

Die Städter wurden gefragt, wie lange sie für den Weg zum Arbeitsplatz oder zur Bildungsstätte brauchten. Dabei habe sich – erwartungsgemäß - bestätigt, dass die Fahrtzeiten in den europäischen Haupt- und Großstädten am längsten seien, unabhängig von den Verkehrsmitteln. In Amsterdam gingen 48 Prozent der Befragten zu Fuß zur Arbeit oder würden mit dem Rad fahren. In griechischen, italienischen und spanischen Städten sei das Motorrad die verbreitete Alternative zum Auto. In Paris, London, Prag, Stockholm und Budapest sei der Anteil der Befragten, der angab, häufig öffentliche Verkehrmittel nutzten, am größten. In diesen Städten würden „mindestens drei Viertel der Befragten“ mindestens ein Mal wöchentlich mit dem Bus, der U-Bahn oder

Straßenbahn oder einem anderen öffentlichen Verkehrsmittel fahren.

Bei Frage nach den Beschäftigungsmöglichkeiten ergebe sich „ein relativ düsteres Bild“: Nur in sechs Städten (Stockholm, Kopenhagen, Prag, München, Amsterdam und Warschau) hätten mehr als 50 Prozent der Befragten erklärt, es sei für sie einfach, in der Stadt eine gute Arbeitsstelle zu finden.

Die Verfügbarkeit von erschwinglichem Wohnraum stelle für die Befragten aus zwei Dritteln der Städte ein Problem dar.

„Besonders alarmierend“ seien die negativen Ergebnisse für Paris (96 Prozent) und Rom (88 Prozent).

In der Mehrzahl der Städte (54 von 75) hätten sich mindestens drei Viertel der Befragten zufrieden gezeigt mit den kulturellen Einrichtungen (z. B. Konzerthäusern, Museen und Büchereien) in ihrer Stadt. In der aktuellen Befragung habe man auch die Zufriedenheit mit öffentlichen Räumen (Märkte, Plätze, Fußgängerzonen) und mit den Möglichkeiten feststellen wollen, sich im Freien zu erholen (spazieren gehen, Rad fahren). Die „allermeisten Stadtbewohner“ seien in dieser Hinsicht zufrieden: Oulu, Helsinki, Groningen und Cardiff hätten in dieser Hinsicht „hervorragende Werte“ aufzuweisen.

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Umweltverschmutzung, Bekämpfung des Klimawandels

In den meisten Städten werde der Lärm als großes Problem wahrgenommen. Die Spannweite dieser Aussage lag bei der Befragung zwischen 51 Prozent (Rotterdam, Straßburg) und 95 Prozent (Athen). Auch die Verschmutzung der Luft bleibe – vor allem in Hauptstädten und Städten mit über 5000.000 Einwohnern - ein schwieriges Thema, obwohl sich die Situation beispielsweise in Valletta, in Bratislava und in Berlin offensichtlich verbessert habe.

Erfreulicherweise habe sich gezeigt, „dass die meisten Bürgerinnen und Bürger der Ansicht sind, ihre Stadt engagiere sich für die Bekämpfung des Klimawandels“.

Armut, Sicherheit und Vertrauen

Eine Mehrheit der Einwohner der Städte halte Armut in ihrem Wohnort für ein Problem, insbesondere in Miskolc, Riga, Budapest und Lissabon hätten sich die Befragten entsprechend geäußert. Weniger als die Hälfte der Befragten hätten angegeben, selbst finanzielle Schwierigkeiten zu haben.

In einigen mittel- und osteuropäischen Hauptstädten und in Istanbul seien nur „wenige Menschen“ der Ansicht, „dass generell den meisten Personen in der Stadt zu trauen ist“. Die Befragten fühlten sich in ihrem Stadtviertel meist sicherer als „in der Stadt insgesamt“. Werde eine Stadt von den Bürgern „als sauber wahrgenommen“, fühlten sie sich auch sicherer.

In etwa einem Drittel der untersuchten Städte hätten die Menschen Zweifel daran geäußert, „dass die Stadt

verantwortungsbewusst mit ihren Ressourcen umgeht“. In vielen Städten gebe es hierzu jedoch auch positive Einschätzungen, z.

B. in Luxemburg, München, Newcastle und Bordeaux.

Zuwanderung, Präsenz von Ausländern

Die Meinungen zur Präsenz von Ausländern seien „generell positiv“. In 68 Städten hätte „mindestens eine knappe Mehrheit“ der Befragten die Präsenz von Ausländern als „vorteilhaft“ bewertet. Hier seien die positiven Antworten in Luxemburg und Stockholm mit 92 Prozent bzw. 88 Prozent am höchsten ausgefallen. Jedoch hätten allgemein weniger Befragte die Ansicht geteilt, die Zuwanderer seien gut integriert. In Antalya hätten 67 Prozent der Befragten und in Groningen, Cluj-Napoca, Cardiff, Kosice, Braga und Luxemburg 65 bis 66 Prozent eine solche Auffassung vertreten, in Athen allerdings nur 20 Prozent.

Der vollständige Bericht über die „Meinungsumfrage zur Lebensqualität in europäischen Städten“ (91 S.) ist im Internet unter http://ec.europa.eu/regional_policy/themes/urban/audit/index_de.htm abrufbar.

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Ökologie Globale Erwärmung um mehr als 3° C?

Wissenschaftler aus Deutschland, Großbritannien und der Schweiz haben berechnet, welche Menge von Treibhausgasen von heute bis zum Jahr 2050 noch in die Atmosphäre entlassen werden könnte, ohne das Risiko einer Erwärmung von mehr als zwei Grad Celsius zu stark zu erhöhen. Dieses so genannte 2°C-Ziel („gegenüber den vorindustriellen Werten“) werde von über 100 Ländern weltweit angestrebt. Um es zu erreichen, dürften zwischen den Jahren 2000 und 2050 insgesamt nur 1.000 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen werden. In den vergangenen neun Jahren sei aber bereits ein Drittel davon emittiert worden.

Die bisherigen Selbstverpflichtungen der Länder, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, „werden die globale Erwärmung nicht auf zwei Grad Celsius begrenzen“ können, zeigten die Berechnungen. Es sei vielmehr mit einem „Anstieg der globalen

Mitteltemperatur um mehr als drei Grad Celsius in diesem Jahrhundert“ zu rechnen, prognostiziert das Team um Dr. Malte Meinshausen und Joeri Rogelj vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in der Wissenschaftlichen Wochenschrift

„nature“ (http://www.pik-potsdam.de/aktuelles/pressemitteilungen/kopenhagen-vereinbarung-verfehlt-2b0c-klimaziel).

Treibhausgasausstoß bis 2020

Entgegen aller Absichtserklärungen würden die jährlichen globalen Emissionen bis zum Jahr 2020 „um zehn bis zwanzig Prozent zunehmen“. Sie erreichten dann Werte, „die in ihrer Wirkung 47,9 bis 53,6 Gigatonnen Kohlendioxid entsprechen“. Man gehe deshalb von einer mehr als fünfzigprozentigen Wahrscheinlichkeit aus, „dass sich das Erdklima im 21. Jahrhundert um mehr als drei Grad Celsius erwärmt“. Um das Zwei-Grad-Limit einhalten zu können, dürften im Jahr 2020 nicht mehr als 40 bis 44 Gigatonnen CO2–Äquivalente (GtCO2-eq) emittiert werden, habe man errechnet. „48 Gigatonnen CO2-Emissionen sind mit dem Zwei-Grad-Ziel nicht vereinbar. Es ist vielmehr so, als rase man auf einen Abgrund zu und hoffe, kurz davor stoppen zu können“, so Meinshausen. „Wenn das Risiko einer Erwärmung von mehr als zwei Grad auf 25 Prozent begrenzt werden soll, müssen die Emissionen von Treibhausgasen bis 2050 um mehr als 50 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden.“

Die Ziele von Kopenhagen

Bis zum April 2010 hätten 76 Länder, die rund 80 Prozent der weltweiten Emissionen verursachten, ihre CO2-Reduktionsziele zur Kopenhagen-Vereinbarung eingereicht. „Es ist erstaunlich“, so die Autoren, „wie wenig ambitioniert die Selbstverpflichtungen sind.“ Japan und Norwegen seien die beiden einzigen Industrieländer, „deren Selbstverpflichtungen mit dem Zwei-Grad-Limit vereinbar sind“. Die USA hätten angegeben, ihre Emissionen bis 2020 um 17 Prozent gegenüber dem Stand von 2005 zu reduzieren, „was nur drei Prozent gegenüber dem Stand von 1990 entspricht“. Insgesamt müssten sämtliche Industrieländer zusammen ihre Emissionen bis 2020 jedoch um 25 bis 40 Prozent verringern. Das Minimalziel Chinas, seine CO2-Emissionen im Verhältnis zur Entwicklung des Bruttosozialprodukts um 40 Prozent gegenüber 2005 zu verringern, entspreche „einer Entwicklung ohne Klimaschutzmaßnahmen“. Die Europäische Union habe Reduzierungen von 20 bis 30 Prozent angeboten. Aber eine

Absenkung der Emissionen um 20 Prozent „würde von heute bis 2020 zu geringeren jährlichen Reduzierungen führen, als bereits im Durchschnitt der letzten 30 Jahre erreicht worden seien“.

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Überschüsse an Emissionszertifikaten

In ihrer Analyse hätten die Forscher auch „vorhandene Schlupflöcher“ berücksichtigt, die sich vor allem aus der Möglichkeit ergeben, von überschüssigen Emissionszertifikaten zu profitieren. Denn wenn ein Land seine Emissionen stärker reduziere als es sich im Rahmen des Kioto-Protokolls zum Ziel gesetzt habe, so könne es die überschüssigen Zertifikate später verwenden. Das Kioto-Protokoll enthalte aber „so niedrig angesetzte Ziele einiger Länder, dass zwischen 2008 und 2012 große Überschüsse von Emissionszertifikaten anfallen, sogar ohne jegliche Klimaschutzmaßnahmen“. Die Autoren schätzen die Überschüsse auf

insgesamt 11 GtCO2-eq. Und weil „alles, was profitabel ist, auch ausgenutzt werden dürfte“, so nehmen die Autoren an, dass die Länder bis zum Jahr 2020 „zunehmend von diesen Überschüssen zehren“ werden.

Der Artikel von Joeri Rogelj, Julia Nabel, Claudine Chen, William Hare, Kathleen Markmann, Malte Meinshausen, Michiel Schaeffer, Kirsten Macey und Niklas Höhne „Copenhagen Accord pledges are paltry“ („nature“, Vol. 464, N. 7292, pp. 1126-1128) findet sich unter http://www.nature.com/nature/journal/v464/n7292/. Ein früherer Bericht über die Studie, die auch dem Artikel in „nature“

zugrunde liegt, steht unter http://www.co2-handel.de/article256_11494.html zur Verfügung.

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