A-3058 (58) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 47, 26. November 1999
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asis aller Therapiekon- zepte der akuten Koro- narsyndrome (instabile Angina pectoris oder Non-Q- Wave-Myokardinfarkt) ist die Gabe von Heparin und Ace- tylsalicylsäure. Neuerdings ste- hen jedoch potentere Hemm- stoffe der Thrombozytenag- gregation zur Verfügung: die Glycoprotein-(GP-)IIb/IIIa- Rezeptor-Antagonisten. Mit Eptifibatid (Integrilin®, Essex Pharma) wurde eine neue Substanz dieser Klasse einge- führt. In der PURSUIT-Stu- die, die weltweit mit fast 11 000 Patienten durchgeführt wurde, konnte die Effektivi- tät von Eptifibatid belegt wer- den.Beim Koronarsyndrom führt die Thrombozytenak- tivierung letztlich zu einer Konformationsänderung ih- rer GP-IIb/IIIa-Rezeptoren mit der Folge, daß die Blut- plättchen dort nun lösliches Fibrinogen binden können.
So erfolgt eine Brückenbil- dung zwischen den Throm- bozyten, was schließlich zur Thrombusbildung führt. Sub- stanzen, die diese Fibrinogen- Rezeptoren an der Throm- bozyten-Oberfläche spezifisch blockieren, werden als GP- IIb/IIIa-Rezeptor-Antagoni- sten bezeichnet.
Sie entfalten – im Gegen- satz etwa zu ASS und Heparin – ihre Wirkung unabhängig von der Art des aktivierenden Stimulus, da sie an der ge- meinsamen Endstrecke der Thrombusbildung angreifen.
In den letzten Jahren konnten unterschiedliche Substanzen als GP-IIb/IIIa-Rezeptor-Ant- agonisten identifiziert bezie- hungsweise entwickelt wer- den. Dazu gehören monoklo- nale Antikörper, nichtpeptidi- sche Substanzen und zykli- sche Peptide. Integrilin® ist ein solches zyklisches Peptid, das gegenüber den anderen
Antagonisten den Vorzug auf- weist, nicht antigen zu wirken und nicht mit dem Risiko der Thrombozytopenie behaftet zu sein. Eptifibatid wird als Bolus mit nachfolgender Infu- sion verabfolgt. Die Wirkung setzt fünf bis 15 Minuten nach Bolusgabe ein; etwa vier Stun- den nach Ende der Infusion hat sich die Thrombozyten- funktion erholt. Die Plätt- chenaggregation wird dosis- abhängig und reversibel ge- hemmt.
Lauf Prof. Karl Rüdiger Karsch (Tübingen) nahmen an der PURSUIT-Studie 726 Zentren in 27 Ländern teil.
Fast 11 000 Patienten mit in-
stabiler Angina pectoris be- ziehungsweise Non-Q-Wave- Infarkt erhielten randomi- siert und doppelblind entwe- der Eptifibatid oder Plazebo möglichst früh nach Beginn der Symptomatik. Das weite- re Vorgehen wurde dem be- handelnden Arzt überlassen, insbesondere auch die Ent- scheidung zur invasiven Dia- gnostik beziehungsweise zur interventionellen Therapie.
Vorteile bei Interventionen Unhabhängig von der Be- gleitmedikation und der wei- teren Vorgehensweise zeigte sich für die Eptifibatid-Grup- pe ein günstiger Effekt: In- nerhalb der Plazebo-Gruppe erreichten 11,6 Prozent der Patienten den Endpunkt Tod/
Myokardinfarkt innerhalb von sieben Tagen, in der Verum- Gruppe waren es 10,1 Pro- zent. Ein ähnlicher statistisch
signifikanter Vorteil blieb auch nach 30 Tagen und nach sechs Monaten erhalten.
Noch deutlicher war der Vorteil einer Eptifibatid-The- rapie für die Patienten, die in- nerhalb der ersten 72 Stun- den invasiv untersucht wur- den: Die Ereignisrate sank nach 30 Tagen von 16,2 Pro- zent in der Plazebo-Gruppe auf 12,8 Prozent in der Ve- rum-Gruppe. Interessant war ferner, daß Eptifibatid die durch PTCA bedingte Kom- plikationsrate in den ersten 48 Stunden nach der Inter- vention von 6,8 Prozent auf 2,8 Prozent senkte.
Nach Einschätzung von Karsch belegen diese Daten eindrucksvoll den zusätzlichen Nutzen von Integrilin® bei der Behandlung akuter Koro- narsyndrome, und zwar unab- hängig davon, ob ein primär konservatives oder interven- tionelles Vorgehen gewählt
wird. Hartmut Renz
AUS UNTERNEHMEN
GP-IIb/IIIa-Rezeptor-Antagonisten
Behandlung akuter Koronarsyndrome
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entanyl-TTS hat sich in rund 200 Millionen An- wendungstagen bei der Behandlung von Tumor- schmerzen bewährt. Jetzt wur- de die Zulassung des Opioid- pflasters in Deutschland auch zur Therapie nichttumorbe- dingter chronischer Schmer- zen erweitert. „Das aber ist der Hauptteil der Schmerzpa- tienten“, sagte Dr. Dietrich Jungck (Hamburg) bei einer Pressekonferenz von Janssen- Cilag in Köln.„Es handelt sich durchweg um jüngere Menschen, von denen viele noch im Berufsle- ben stehen. Sie brauchen das Analgetikum zum Teil jahre- und jahrzehntelang, und die- ses muß deshalb besonders gut verträglich sein“, so Jungck.
Vorteilhaft sei außerdem, daß unter der Behandlung mit
Fentanyl-TTS (Durogesic®) deutlich weniger gastrointe- stinale Nebenwirkungen auf- treten. Das gilt insbesondere für die Obstipation.
Die Ursache dieses Phäno- mens dürfte nach Angaben von Dr. Erich Richard Arens (Janssen-Cilag) darin begrün- det sein, daß Fentanyl TTS zu 90 Prozent seinen eigentlichen Wirkort, das Zentralnervensy- stem, erreicht. Nur zehn Pro- zent verbleiben in der Peri- pherie. Beim Morphin aber ist es genau umgekehrt: Nur etwa ein Zehntel des Wirkstoffs be- setzt Rezeptoren im ZNS, neun Zehntel dagegen bleiben in der Peripherie und können somit zu verstärkten uner- wünschten Effekten wie einer Obstipation führen. Der Un- terschied und die bessere Verträglichkeit wurden nach
Arens ausnahmslos in allen klinischen Studien registriert und dürften mit ein Grund für die gute Akzeptanz der Pfla- stertherapie bei den Schmerz- patienten sein.
Es handelt sich beim Fen- tanyl zudem um ein langwirk- sames Opioid, das aus dem Pflaster über eine Steuer- membran kontinuierlich frei- gesetzt wird, so daß für eine anhaltende Analgesie gesorgt wird, die derjenigen unter oraler Morphintherapie ver- gleichbar ist. Das Pflaster selbst muß je nach Schmerz- profil nur alle 48 bis alle 72 Stunden gewechselt werden.
Gute Erfahrungen liegen nach Arens neben der Be- handlung chronischer Schmer- zen bei Tumorpatienten auch in anderen Indikationsberei- chen vor; vor allem bei chroni- schen Rückenschmerzen de- generativer Ursache, Osteo- porose, Arthrose und rheuma- toiden Arthritiden, bei Radi- kulopathie und auch bei post- zosterischer Neuralgie. Die Dosierung erfolgt über vier verschiedene Pflastergrößen (25, 50, 75 und 100 µ/h). CV