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Im Vordergrund stand zuerst die Ausbaggerung der Aare und die Tieferlegung der Schleu- sen

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M 234/2005 BVE 26. Oktober 2005 Motion

3238 Lanz, Thun (SVP)

Weitere Unterschriften: 12 Eingereicht am: 05.09.2005

Ausbaggerung der Aare ab Ausfluss Thunersee

Der Regierungsrat wird aufgefordert, unverzüglich die Ausbaggerung der Aare im Bereich Schadau/Scherzligen in Thun zu veranlassen.

Der Bau des geplanten Thuner Entlastungsstollens ist aufgrund der Messdaten des Hoch- wassers 2005 neu zu überprüfen und die Effizienz ist nachzuweisen.

Begründung:

Die Hochwasserkatastrophe in Thun von 1999 hatte zur Folge, dass geeignete Massnah- men geprüft wurden, um in Zukunft solche Vorkommnisse möglichst zu verhindern. In der Folge wurde über lange Jahre evaluiert und verschiedene Möglichkeiten gegeneinander abgewogen.

Im Vordergrund stand zuerst die Ausbaggerung der Aare und die Tieferlegung der Schleu- sen.

Nach heftigem Widerstand aus Fischereikreisen wurde die Ausbaggerung zugunsten einer konsensfähigen Lösung mit einem Entlastungsstollen gefunden.

In der Endphase der Evaluation stellten die Fachleute des Kantons einer breiten Öffentlich- keit die Ausgangslage dar. Es wurde auf das Einzugsgebiet des Thunersees hingewiesen, auf die beschränkten Speicherkapazitäten des Sees und auf die zu bewältigenden Ab- flussmengen. Mit Simulationsrechnungen wurden die theoretischen Wassermengen mit den zukünftigen Abflussmöglichkeiten in einer bestimmten Zeit dargestellt. Daraus folgte, dass der Stollen die richtige Lösung wäre.

Heute müssen wir feststellen, dass wahrscheinlich alle theoretischen Annahmen korrigiert werden müssen. Laut Aussagen von Fachleuten wurde noch nie in so kurzer Zeit eine sol- che Mengenzunahme im Thunersee verzeichnet. (Niederschläge und Zuflusswasser) Auch die Experten sind vom Ausmass des Hochwassers 2005 in allen Teilen überrascht.

Die maximale Abflussmenge wurde in Thun mit 560 m3/sec gemessen. Innert 24 Stunden stieg die Abflussmenge von 220 m3/sec auf 560 m3/sec. Der neue Entlastungsstollen soll ca. 70 m3/sec Durchflussmenge bewältigen können.

Da die Ausbaggerung laut Auskunft der Stadt Thun in jedem Fall vorgenommen werden muss, ist zuerst festzulegen, wie viel Material entfernt werden muss. Anschliessend (oder gleichzeitig) sind die Schleusen anzupassen. (Tieferlegung)

Möglicherweises wird damit der Entlastungsstollen wegen seiner beschränkten Kapazität unnötig.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Gewährt: 08.09.2005

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Antwort des Regierungsrates:

Im Sommer 2002 entschied die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern gestützt auf Art. 21 Ziff. 2 des Gesetzes über Gewässerunterhalt und Wasserbau (Wah- rung gefährdeter regionaler Interessen), für die unumgänglichen Hochwasserschutzmass- nahmen Thunersee einen kantonalen Wasserbauplan zu erlassen. Seit den 1970er Jahren stand bei Diskussionen über mögliche Schutzmassnahmen eine Ausbaggerung der Aare- sohle unterhalb des Seeausflusses im Vordergrund. Beim Projektstart anfangs September 2002 wurde entschieden, nicht nur das Projekt „Ausbaggerung“ zu bearbeiten, sondern weitere mögliche Massnahmen zu prüfen. Dadurch sollte die Möglichkeit geschaffen wer- den, die Wirksamkeit mehrerer Varianten vergleichen zu können. Im Hinblick auf das mög- liche Fazit, die Ausbaggerung sei die Bestvariante, wurden bereits im Winter 2002/03 vor- sorglich Ersatzlaichplätze für die Aeschen geschaffen, weil eine Ausbaggerung die ge- schützten Laichgebiete von nationaler Bedeutung beeinträchtigen würde.

Seit Beginn werden die Projektierungsarbeiten von einer Projektdelegation begleitet. Mit- glieder sind: Bundesamt für Wasser und Geologie (Subventionsbehörde), Gemeinderat Thun, Gebäudeversicherung des Kantons Bern, Verein Schutz vor Hochwasser (gegrün- det nach dem Hochwasser 1999), Bernisch-Kantonaler Fischerei-Verband und Fischerei- Pachtverein Thun, Verein Pro Natura, Fischereiinspektorat sowie die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern mit Wasser- und Energiewirtschaftsamt und Tiefbau- amt.

In einem ersten Schritt wurde das Schutzziel festgelegt: Die Massnahmen der zu untersu- chenden Varianten sollten so wirksam sein, dass damit beim Hochwasser 1999, als der Seepegel 559.12 m ü. M. erreichte, höchstens ein Pegel von 558.80 erreicht worden wäre.

Dadurch hätte die Schadenssumme von rund 60 Mio. Franken um die Hälfte reduziert werden können (übersteigt der Pegel 559.00, so erhöht sich die mögliche Schadens- summe noch um rund 15 %). In einem zweiten Schritt wurden die Varianten einer Nutz- wertanalyse unterzogen mit dem Ziel, daraus die Bestvariante bestimmen zu können.

Am 1. Juli 2003 wurden die Ergebnisse den Medien und der Öffentlichkeit vorgestellt. Es zeigte sich Folgendes:

Variante Pegel

beim HW 1999

Anzahl Überflutun- gen in 130 Jahren 1

Schutz- ziel er- reicht?

Heutiger Zustand ohne Hochwasserschutzmass- nahme

559.12 37

Aarebaggerung 2 559.00 17 nein

Vertiefung Schleuse mit Aarebaggerung 558.85 7 nein

Entlastungsstollen Schifffahrtskanal - äussere Aare und Vertiefung Schleuse

558.77 2 ja

Entlastungsstollen Schifffahrtskanal - äussere Aare, Vertiefung Schleuse und Aarebaggerung

558.52 1 ja

Die Projektdelegation beschloss einstimmig folgendes Vorgehen: Bis ins Jahr 2007 sollte die Variante Entlastungsstollen Schifffahrtskanal - äussere Aare und Vertiefung Schleuse realisiert werden. Da wegen des Klimawandels davon ausgegangen werden muss, dass sich in Zukunft die Überschreitungen der Schadensgrenze bzw. die Anzahl Überflutungen im Vergleich zu den letzten 130 Jahren häufen werden, kann zu einem späteren Zeitpunkt das Bedürfnis nach einem noch besseren Hochwasserschutz entstehen.

1 Wäre die Variante bereits vor 130 Jahren realisiert worden

2 Aarebaggerung im Bereich Schadau/Scherzligen und beim Thunerhof, Gesamtlänge = 640 m

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Deshalb sollte gleichzeitig und vorsorglich die Aarebaggerung in Form eines generellen Wasserbauplans rechtlich gesichert werden. Der Vorteil dieses Vorgehens lag darin, dass ein allfälliger, zeitaufwändiger Rechtsstreit über die Aarebaggerung die Realisierung der- jenigen Variante, mit welcher das gesetzte Schutzziel erreicht wird und welche in der Nutzwertanalyse am besten abschneidet, nicht verhindert bzw. verzögert.

Die hydraulischen Berechnungen und der Vergleich der verschiedenen Varianten zeigten folgendes:

− Grundsätzlich kann mit der Erhöhung der Abflusskapazität der Aare in Thun (durch eine der oben aufgeführten Varianten) die Abflussmenge in ihrer maximalen Grösse und über die Zeit gesehen verändert werden. Dies könnte dazu führen, dass der Geschie- betransport der Aare zwischen Thun und Bern unzulässig verändert würde (stärkere Sohlenerosion) oder in Bern zu hohe maximale Abflussmengen anfallen würden.

− Mit der Variante Entlastungsstollen Schifffahrtskanal - äussere Aare und Vertiefung Schleuse ist beides nicht der Fall.

− Bei der Variante Entlastungsstollen Schifffahrtskanal - äussere Aare und Vertiefung Schleuse kombiniert mit einer Aarebaggerung sind sowohl Geschiebetrieb wie auch die maximale Abflussmenge unzulässig hoch.

− Mit einer Aarebaggerung alleine, selbst mit einer Schleusenvertiefung kombiniert, kann das Schutzziel nicht erreicht werden, da diese Massnahme nicht wirksam genug ist.

Die während der Projektierungsarbeiten gewonnen Erkenntnisse über die komplexen hyd- raulischen Zusammenhänge führten zu einer noch besseren Variante, nämlich einem Ent- lastungsstollen zwischen Schifffahrtskanal und Kraftwerk, welcher unterirdisch an der In- nenstadt vorbei führt:

Variante Pegel

beim HW 1999

Anzahl Überflutun- gen in 130 Jahren 3

Schutz- ziel er- reicht?

Entlastungsstollen Schifffahrtskanal - Kraftwerk 558.73 1 ja Diese Variante übertrifft das gesteckte Schutzziel deutlich, ist bautechnisch relativ einfach und führt bei entsprechender Regulierung zu keinen negativen Auswirkungen unterhalb von Thun.

Gestützt auf die mit dieser Variante erweiterten Nutzwertanalyse beschloss die Projektde- legation wiederum einstimmig, dass der Entlastungsstollen zwischen Schifffahrtskanal und Kraftwerk anstelle der Variante Entlastungsstollen Schifffahrtskanal - äussere Aare und Vertiefung Schleuse als kantonaler Wasserbauplan dem Regierungsrat zur Genehmigung vorzulegen sei. Während der Planauflage im Juli 2005 gingen zwei, die Genehmigung des Projektes nicht gefährdende Einsprachen ein. Insbesondere stellten sich der Gemeinderat der Stadt Thun wie auch das Bundesamt für Wasser und Geologie (BWG) eindeutig positiv zum Projekt. Zudem verfasste die Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glazi- ologie der Eidg. Technischen Hochschule Zürich auf Verlangen des BWG ein Gutachten, welches die Plausibilität sämtlicher hydraulischen Berechnungen bestätigt.

Die Genehmigung des Wasserbauplanes wird voraussichtlich Ende 2005 erfolgen. Der entsprechende Kreditantrag soll dem Grossen Rat in der Januar-Session 2006 vorgelegt werden. Wird der Antrag genehmigt, erfolgt der Baubeginn im Frühjahr 2006, die Inbe- triebnahme des Stollens im Herbst 2007.

3 Wäre die Variante bereits vor 130 Jahren realisiert worden

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Fazit

Der Motionär stellt zu Recht fest, dass das Ereignis 2005 extrem war, weil der Seepegel infolge der aussergewöhnlichen Niederschläge innerhalb weniger Stunden von seinem jahreszeitlichen Normalpegel von rund 557.80 m ü. M. weit über die Schadensgrenze und innert rund 36 Stunden bis auf 559.25 anstieg. Im Gegensatz dazu stieg der Seepegel 1999 als Folge der Überlagerung von lang anhaltenden Niederschlägen und der Schnee- schmelze über mehrere Tage auf das Maximum an.

Aus der ersten Tabelle oben ist leicht interpretierbar, dass die vom Motionär geforderte Aarebaggerung im Bereich Schadau/Scherzligen beim Hochwasser 2005 nur eine Reduk- tion des Pegels von wenigen Zentimetern bewirkt hätte. Es hätten praktisch keine Schä- den verhindert werden können. Die in der Tabelle aufgeführte Aarebaggerung umfasst nämlich nicht nur diejenige im Bereich Schadau/Scherzligen, sondern zusätzlich die Aare- baggerung beim Thunerhof. Auch die Wirksamkeit dieser Kombination ist ungenügend.

Sogar Aarebaggerung und Vertiefung der Schleuse hätten das Schadensausmass nur geringfügig reduzieren können, weil ca. 85 % des Schadenausmasses bereits bei einem Pegel von 559.00 erreicht wird. Eine ausreichende Wirksamkeit weisen nur Varianten mit einem Entlastungsstollen auf. Mit dem Entlastungsstollen Schifffahrtskanal - Kraftwerk können kleinere bis grosse Hochwasser verhindert werden. Selbst bei Hochwassern wie demjenigen von 1999 ist er ausreichend wirksam.

Somit ist es wegen der ungenügenden Wirksamkeit für die Abwehr von Extremereignissen wie der Hochwasser 1999 und 2005 nicht sinnvoll, als erstes die vom Motionär geforderten Massnahmen zu realisieren. Es müsste trotzdem zusätzlich und so rasch als möglich ein Entlastungsstollen gebaut werden. Beide Massnahmen zusammen hätten jedoch negative Auswirkungen auf den Geschiebetrieb der Aare zwischen Thun und Bern sowie in Bern noch höhere Abflussmengen als bisher zur Folge. Vor dem Bau eines Entlastungsstollens müsste also erst die Realisierung von Hochwasserschutzmassnahmen zwischen Thun und Bern und in Bern selbst abgewartet werden. Damit würde der zeitliche Vorsprung bzw. die zeitliche Unabhängigkeit des Thuner Hochwasserschutz-Projektes preisgegeben.

Gestützt auf die hydrologischen Erkenntnisse sowie auf die Ergebnisse der Nutzwertana- lyse der untersuchten Varianten ist folgendes Vorgehen am sinnvollsten:

− Bau des Entlastungsstollens Schifffahrtskanal - Kraftwerk in Thun wie geplant als wirk- sames und unerlässliches "Grundmodul".

− Überprüfung des Schutzziels: Aus der Analyse des Hochwasserereignisses 2005 gilt es abzuleiten, ob und wann das Schutzziel an ein derartiges Extremereignis angepasst werden muss.

− Falls es sich zeigt, dass in näherer Zukunft das Schutzziel für Extremereignisse wie im Jahr 2005 zu erhöhen ist, muss die entsprechende Projekterweiterung für den Hoch- wasserschutz Thunersee in das Hochwasserschutzprojekt Thun - Bern integriert wer- den. Eine zusätzliche Entlastung in Thun darf nur so gross sein, wie diese von den Massnahmen flussabwärts kompensiert werden kann. Sie muss daher zeitlich abge- stimmt sein auf die Massnahmen, welche zwischen Thun und Bern wie auch in Bern selbst zu realisieren sind.

Gestützt auf die gemachten Ausführungen beantragt der Regierungsrat, die Motion abzu- lehnen.

Antrag: Ablehnung der Motion

An den Grossen Rat

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