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Archiv "Wirtschaftlichkeit ambulanter Labordiagnostik" (04.04.2014)

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252 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 14

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4. April 2014

M E D I Z I N

Labordiagnostik wichtig

Der medizinische Standard für Diagnostik und Be- handlung muss, wenn möglich, anhand publizierter wissenschaftlicher Literatur hergeleitet werden. We- nigstens 5 zwischen 1982 und 1998 publizierte Un- tersuchungen haben gezeigt, dass allein die körperli- che Untersuchung eines fiebernden jungen Säuglings eine ungenügende Sensitivität für die Erkennung schwerer bakterieller Infektionen hat. Sich bei der Behandlung eines Kindes nur darauf zu stützen, wäre deshalb ein nicht nachvollziehbarer Fehler.

Die Antwort auf die Frage, ob bei kranken Kin- dern zwischen einem und drei Monaten eine statio- näre Aufnahme und sofortige Antibiotikagabe not- wendig ist, lautet: Ja. Aber, wann erscheint ein Säug- ling krank? Lernziel muss sein: Die körperliche Un- tersuchung allein ist nicht ausreichend, um davon die Entscheidung zwischen ambulanter Betreuung oder Einweisung in eine Kinderklinik abhängig zu ma- chen.

Zur Labordiagnostik ist zu ergänzen, dass die in- terdisziplinäre Leitlinie „Bakterielle Infektionen bei Neugeborenen“ (Nr. 024–008 im AWMF-Register) Angaben zur Sensitivität und Spezifität der verschie- denen Messgrößen enthält, die sich für die Früher- kennung einer bakteriellen Infektion eignen und aus 19 Publikationen hergeleitet wurden. Die Kenntnis dieser Leitlinie und des daraus abzuleitenden Vorge- hens sollte Lernziel sein.

Der letzte Satz „Im ambulanten Bereich sowie au- ßerhalb von Intensivstationen erscheint ein isolierter oder kombinierter Einsatz der Labortests […] nicht notwendig und deshalb nicht gerechtfertigt“ bleibt ohne wissenschaftlichen Beleg. Er suggeriert zudem, dass es Unterschiede in der Dringlichkeit der Labor- diagnostik bei Neugeborenen auf Intensivstationen und ambulant gibt. Nein, die Dringlichkeit ist immer gleich, weil die körperliche Untersuchung unzurei- chend ist. Ferner steht der Satz im Widerspruch zu Ergebnissen randomisierter Studien an Neugebore- nen (1–3).

Zusammengefasst kann man als Lernziel festhal- ten: Die ambulante Betreuung eines fiebernden jun- gen Säuglings wird nur nach Ausschluss einer bakte- riellen Infektion durch Labordiagnostik dem medizi- nischen Standard gerecht.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0252a LITERATUR

1. Franz AR, Steinbach G, Kron M, Pohlandt F: Reduction of unne- cessary antibiotic therapy in newborn infants using interleukin-8 and C-reactive protein as markers of bacterial infections. Pedia- trics 1999; 104: 447–53.

2. Philip AG, Mills PC: Use of C-reactive protein in minimizing anti- biotic exposure: experience with infants initially admitted to a well-baby nursery. Pediatrics 2000; 106: E4.

3. Franz AR, Bauer K, Schalk A, et al.: Measurement of interleukin 8 in combination with C-reactive protein reduced unnecessary anti- biotic therapy in newborn infants: a multicenter, randomized, con- trolled trial. Pediatrics 2004; 114: 1–8.

4. Niehues T: The febrile child: diagnosis and treatment. Dtsch Arzt- ebl Int 2013; 110(45): 764–74.

Prof. Dr. med. F. Pohlandt Ulm

frank.pohlandt@uni-ulm.de

Interessenkonflikt

Der Autor ist Leitlinienbeauftragter der Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin (GNPI).

Keine freie Glukoselösung verabreichen

Der Beitrag war interessant. Ich selber habe in der Neonatatolgie, Pädiatrie und Intensivmedizin gear- beitet. Allerdings verfügt nicht jede Ärztin/jeder Arzt über eine solche Ausbildung. Wenn nun eine Ärztin/

ein Arzt einem Kind parenteral „Kochsalz- oder Glu- koselösung (bei Kindern < 1. Lebensjahr ewa 100 mL/kg Körpergewicht)“ ([1], Seite 771) verabreicht, kann ein Kind durch die Glukoselösung zu Tode kommen. Problematisch ist dabei das freie Wasser, es kann zum Hirnödem und zu Krämpfen führen.

Diesen Fall hat es tatsächlich einmal gegeben. Das Kind starb unter Krämpfen.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0252b LITERATUR

1. Niehues T: The febrile child: diagnosis and treatment. Dtsch Arzt- ebl Int 2013; 110(45): 764–74.

Heike Staus Kölln-Reisiek

Interessenkonflikt

Die Autorin gibt keine Interessenkonflikte an.

Wirtschaftlichkeit ambulanter Labordiagnostik

Dem Autor Professor Tim Niehues sei herzlich für diese Übersichtsarbeit (1) gedankt, da sie allen, die mit Kindern arbeiten, sehr nützlich sein kann. Für ei- nen Pädiater dürfte sich keine Änderung des tägli- chen Handelns ergeben, da die Abklärung der Fieber- ursache bei einem Kind zur täglichen Routinearbeit gehört. Für all diejenigen allerdings, die zwar auch Kinder behandeln, für die diese Behandlung jedoch nicht zum Kerngebiet ihrer Ausbildung gehört, kön- nen die beschriebenen Algorithmen nützlich sein.

Auffällig ist, dass der Autor die Labordiagnostik (Blutbild, C-reaktives Protein [CRP] und Urin, Gra- fik 2) nicht mehr im ambulanten Sektor sieht, son- dern in die Klinik verlagert. Daraus können zwei Schlussfolgerungen gezogen werden. Erstens: Der Autor traut diese Diagnostik dem niedergelassenen Kollegen nicht zu. Zweitens: Der Autor hat realisiert, dass eine ambulante Labordiagnostik nach der Richt- linie der Bundesärztekammer und im Rahmen der EBM-Vergütung, vor allem das „Point-of-Care-Tes- ting (POCT)“ betreffend, in keinster Weise mehr wirtschaftlich tragbar ist und schlussfolgert daraus, dass eine solche Diagnostik nur noch stationär ge- macht werden kann.

Die erste Schlussfolgerung kann ich meiner Erfah- rung nach mit dem Autor definitiv ausschließen. Die

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zweite trifft definitiv zu. Konsequenterweise müss- ten nun alle Kinder, die die Kriterien erfüllen, zur Labordiagnostik stationär eingewiesen werden.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0252c LITERATUR

1. Niehues T: The febrile child: diagnosis and treatment.

Dtsch Arztebl Int 2013; 110(45): 764–74.

Dr. med. Schahin Aliani Saarlouis

praxis@draliani.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Ergänzungen zu Diagnose und Therapie

Aus der Perspektive des niedergelassenen Kinderarz- tes möchte ich fünf kurze Punkte zu dem Artikel (1) ergänzen:

Die Höhe des Fiebers ist beim Kleinkind nie ein Maß für die Schwere der Erkrankung. Die Empfehlung zur Gabe eines Antipyretikums ab einer bestimmten Tem- peratur – wie im Artikel > 40° C – ist irreführend und unterstützt die Fieber-Phobie bei Ärzten und Eltern.

In der Praxis kann ein Antipyretikum bei Unsi- cherheit wie ein „Test“ eingesetzt werden: Binnen einer Dreiviertelstunde nach Gabe eines gewichts- entsprechenden Fiebermedikaments ist ein zuvor sehr krank erscheinendes Kind gesundet. Ein Kind mit einer Pneumonie ist zwar auch fieberfrei, kli- nisch aber immer noch krank.

Zu Unrecht nicht erwähnt wurde Metamizol als Antipyretikum, das ab dem dritten Lebensmonat eine breite Anwendungsmöglichkeit bietet und unbedenk- lich bei Kindern ist (2). Nach eigener Erfahrung ist es bei Schmerzen und Fieber deutlich potenter als Paracetamol oder Ibuprofen (3).

Ein fieberndes Kind zeigt immer eine auffällige, das heißt beschleunigte Atmung. Eltern sind vielmehr dahingehend aufzuklären, das etwa eine Dreiviertel- stunde nach der Gabe eines fiebersenkenden Medika- mentes sich die Atmung normalisiert haben sollte.

Ursache des Fiebers beim Kind ist meist eine Ent- zündung der oberen Luftwege. Da Paracetamol in keiner Weise antiphlogistisch wirkt, ist für den niedergelassenen Pädiater ein Ibuprofen-haltiges Präparat in jedem Fall zu bevorzugen, insbesondere aufgrund des besseren Ansprechens weiterer entzün- dungsabhängiger Krankheitssymptome wie Übelkeit, Mittelbauchschmerz, Augenbrennen, Spucken, Kopf- und Gliederschmerzen.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0253a LITERATUR

1. Niehues T: The febrile child: diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(45): 764–74.

2. Heinrich M, et al.: Therapie akuter Schmerzen bei Kindern und Jugendlichen. Monatsschr Kinderheilk 2010; 158: 789–806.

3. Wong A, et al.: Antipyretic effects of dipyrone versus ibuprofen ver- sus acetaminophen in children: results of a multinational, randomi- zed, modified double-blind study. Clin Pediatr (Phila) 2001; 40:

313–24.

Dr. med. Romanus Röhnelt Praxis für Kinder- und Jugendmedizin Gesundheitszentrum

Warendorf

praxis.roehnelt@t-online.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Schlusswort

Bezüglich der Untersuchungstechnik bemerkt Herr Kollege Müller, dass die Untersuchung bei Kindern im- mer bei vollständiger Entkleidung stattzufinden habe und bei jedem Kind aktiv Meningismuszeichen auszu- schließen seien. Vollständige Entkleidung ist eine wich- tige Voraussetzung für die körperliche Untersuchung, um einen Wärmestau als Ursache der erhöhten Tempe- ratur auszuschließen und Befunde an schlecht zugäng- lichen Stellen zu entdecken, zum Beispiel Petechien am Gesäß bei Meningitis. Die Meningismuszeichen sind aber leider oft nicht sehr zuverlässig, gerade bei kleine- ren Kindern ist deren Untersuchung oft wenig hilfreich.

Bezüglich der Differenzialdiagnosen bei fiebernden Kindern weist Herr Kollege Schneider auf Exsikkose (Durstfieber) und hypohydrotische Formen der ekto- dermalen Dysplasie (ED) hin. Zur Aufklärung der ED hat seine Arbeitsgruppe wesentliche Beiträge geleistet (siehe Literaturliste Diskussionsbeitrag). Säuglinge mit ED weisen eine hohe Mortalität auf, möglicherweise besteht eine gewisse Dunkelziffer an nicht diagnosti- zierter ED. Im Säuglingsalter können die Stigmata der ED (unter anderem konische Zähne, dünne, spärliche Kopfhaare/Augenbrauen, verminderte Tränensekreti- on) noch nicht erkennbar sein.

Bezüglich der Laboruntersuchungen weist Herr Kol- lege Müller darauf hin, dass Urinuntersuchungen grundsätzlich bei fiebernden Kindern durchzuführen seien. Die Wichtigkeit der Urinuntersuchung kann nicht genug hervorgehoben werden. Allerdings gibt es häufig Situationen, in denen die Ursache für das Fieber auch ohne Urinuntersuchung festgemacht werden kann (zum Beispiel Otitis, Tonsillitis, Gastroenteritis). In diesen eindeutigen Fällen ist eine rationale Diagnostik angezeigt und es ist aus meiner Sicht vertretbar, zu- nächst auf Urinuntersuchungen im Sinne der geringe- ren Belastung des Kindes und der Kosteneinsparung zu verzichten.

Herr Kollege Pohlandt weist darauf hin, dass es ein Lernziel sein müsse, dass die körperliche Untersuchung allein nicht ausreiche, um davon die Entscheidung zwi- schen ambulanter Betreuung oder Einweisung in eine Kinderklinik abhängig zu machen und dass bezüglich Labordiagnostik die Leitlinie „Bakterielle Infektionen bei Neugeborenen“ (AWMF 24–008, im Juni 1997 er- stellt) und das daraus abzuleitende Vorgehen ein Lern- ziel sein müsse. Die Leitlinie wurde vor 8 Jahren zu- letzt aktualisiert, ist im AWMF-Register nicht mehr ge- führt und daher als aktuelle Empfehlung nicht geeignet.

Die alleinige körperliche Untersuchung ist gerade bei Früh- und Neugeborenen nicht ausreichend. Entschei-

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