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Archiv "„Einer wie Bruno“: Mehr Mensch" (20.04.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 16

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20. April 2012 A 819

Schöne neue Arbeitswelt:

das neue Firmengebäude von Unilever

Fotos: Hupe Film

Hase im Spiegel:

Die Tragikomödie zeigt das schmerz-

hafte Erwachsen- werden eines Mädchens, das mit ihrem geistig behinderten Vater zusammenlebt.

„WORK HARD PLAY HARD“

Schöne Hamsterräder

Ein Dokumentarfilm zeigt, wie die moderne Arbeitswelt die Ausbeutung des einzelnen Mitarbeiters vorantreibt.

Z

uerst klingt alles noch sehr schön. Lichtdurchflutet soll das neue Gebäude der Firma Unile- ver werden, erklären die mit dem Bau beauftragten Architekten. Auch modern und dynamisch soll es sein.

Viele schöne Worte, doch irgend- wann hat man das Gefühl: Es sind zu viele. Und etwas stimmt nicht daran, wenn die Architekten die neuen Orte der Begegnung in dem Gebäude loben: offene Kaffeekü- chen zum Beispiel, in denen die Mitarbeiter bei einem Cappuccino ins Gespräch kommen sollen. Aller- dings nur, wie es später heißt, um ihrem Gegenüber den entscheiden- den Impuls für eine neue Idee zu geben, mit der der Umsatz der Fir- ma gesteigert werden kann. In dem am 12. April in den Kinos angelau- fenen Dokumentarfilm „Work Hard Play Hard“ gibt es viele solche Mo- mente, in denen in schlichten Bil- dern der düstere Nachklang schein- bar gewöhnlicher Szenen aus der deutschen Arbeitswelt ausgelotet wird. Mitarbeitergespräche werden gezeigt, bei denen anhand von stan- dardisierten Fragebogen der Leis- tungswillen junger Führungskräfte offenbart werden soll.

Zwischen den Zeilen enthüllt der Film dabei den Impetus der moder- nen Wirtschaftswelt: die Ver- schmelzung vom Mitarbeiter mit seiner Firma. Der Mensch als Indi- viduum soll aufgehen in einer Schaffensgemeinschaft aller, die herdengleich der von der Konzern- spitze vorgegebenen Umsatzmaxi-

mierung folgt. In modernen Firmen werden dabei zum Beispiel indivi- duelle Arbeitsplätze zugunsten un- terschiedlicher Arbeitszonen aufge- geben, in denen die Mitarbeiter je nach Arbeitsanforderung arbeiten können. „Work Hard Play Hard“

legt offen, wie manche Firmen die Hamsterräder schön auskleiden, in die sie ihre Mitarbeiter zwängen.

Dass dies nicht immer funktioniert, zeigt sich in einer morgendlichen Teambesprechung bei der Firma DHL. Dort verliest der Teamleiter pflichtbewusst einen Fragenkata- log, der die Einsatzbereitschaft der Belegschaft fördern soll. „Wie geht es euch heute?“, fragt er in die Run- de. „Gestern war es besser“, be- kommt er von einer Mitarbeiterin als Antwort. „Wieso?“ – „Gestern war ich nicht hier.“

Falk Osterloh

Als die 13-jährige Radost, die allei- ne mit ihrem Vater Bruno in einem Mietshaus wohnt, nach der Schule zu spät nach Hause kommt, wird ihr Vater wütend. Weshalb sie erst jetzt komme, schimpft er und schickt sie auf ihr Zimmer. Eine Szene wie in jedem anderen Haushalt mit puber- tierendem Teenager auch. Unge- wöhnlich ist hier allerdings, dass eine Mitarbeiterin des Jugendamts neben Radosts Vater sitzt, als er sie maßregelt. Das Jugendamt schaut häufiger in der Wohnung vorbei.

Denn Bruno ist kein gewöhnlicher Vater. Er leidet an Oligophrenie und ist auf dem geistigen Stand eines Zehnjährigen. Und so organisiert nicht er das gemeinsame Leben, sondern seine Tochter. Brunos Wut- ausbruch haben beide vor dem Be- such des Jugendamts lange geübt.

Denn Radost will nicht, dass das Jugendamt sie trennt.

„Einer wie Bruno“ ist keine herkömmliche Coming-of-Age-Ge- schichte einer jungen Außenseite- rin. Denn geistig behinderte Prota- gonisten gibt es nicht häufig in der deutschen Film- und Fernsehland- schaft. In ihrer mit leichter Hand in- szenierten Tragikomödie präsen- tiert Regisseurin Anja Jacobs mit Bruno einen besonderen Antihel- den, dessen Impulsivität, Fröhlich- keit und Hilflosigkeit mehr Mensch offenbaren als all die erfolgsorien- tierten Leitbilder aus Politik und Unterhaltungsindustrie, zu denen wir aufzuschauen gelernt haben.

Falk Osterloh

„EINER WIE BRUNO“

Mehr Mensch

Foto: Movienet Verleih

K U L T U R

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