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Archiv "Streit um Gewichtsreduktion" (26.04.1979)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

FORUM

Gegensätzliche Urteile kennzeich- nen den Weg der Fettleibigkeit durch Krankenzimmer und Gerichts- säle. Kein ganzes Jahr ist es her, da lieferte das Kölner Landgericht noch Stoff für Schlagzeilen wie „Die Kas- se zahlt Ihre Schlankheitskur" oder

„Übergewicht hat Krankheitswert"

(DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 9/78, Seite 473). Seit Januar 1979 berufen sich auf das gleiche Gericht gegen- teilige Überschriften: „Gesunde Dik- ke müssen zu Hause hungern" oder

„Dicke müssen selber zahlen". Seit Jahresbeginn kommentiert die Pres- se aber auch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), Karlsru- he, vom 29. November 1978: „Fett- leibigkeit ist Krankheit" — „Fettlei- bigkeit rechtfertigt stationäre Be- handlung" — „Kasse zahlt bei Null- Diät".

Doch die Schlagzeilen trügen. Tat- sächlich 'hat sich der Bundesge- richtshof aus dem Streit um die Be- wertung der Adipositas und ihrer Therapie herausgehalten und statt

*) 1976: H. P. Fisch, F. W. Reutter (Schweiz.

med. Wschr. 339-343); H. Göschke, R. Haus- ser, Th. Lauffenburger, J. Maier, S. Ott, M.

Vogel (Schweiz. med. Wschr. 713-717); M. Ber- ger, M. Granz, P. Berchtold, G. M. Krüskemper, H. Zimmermann (DMW 601-605); H. Ditschu- neit (Internist 622-630); M. Berger, P. Berch- told, G. M. Krüskemper, H. Zimmermann (Inter- nist 494-501); F. A. Gries, P. Berchtold, M.

Berger (Springer-Verlag Berlin/Heidelberg/

New York 281).

1977: M. Berger, H. Göschke, A. Kleinschmidt, B. Willms, W. Zimermann, N. Zöllner (Ärztliche Praxis 269-274); P. Oster, R. Mordasini, H.

Raetzner, B. Schellenberg, G. Schlierf (Schweiz. med. Wschr. 1313-1317); B. Knick, H. Ditschuneit, J. G. Wechsler, H. Liebermei- ster, V. Pudel (Medical Tribune Nr. 52/13 f.).

1978: F. Matzkies (Klinikarzt 114-120); R. Kell- ner (Klinikarzt 123-126); R. Kellner, H. König, F.

Matzkies, G. Berg (Fortschr. Med. 1424 f.); M.

Richter, V. Pudel (DDA 71-76); 1. Löhe (DOK 343 f.).

1979: H. Glatzel (Med. Welt 47-53 und 155-166); H. Zöller, W. Gross, S. Schmid, W.

Albert, W. Pohl (Med. Welt 378-384); H. Dit- schuneit, H. Ditschuneit, J. Wechsler (DEUT- SCHES ÄRZTEBLATT Heft 13, S. 871-880).

dessen die letzte Entscheidung den behandelnden und gutachtenden Ärzten überlassen.

Die Entscheidungsgründe gehen von beachtenswerten Grundsätzen aus: Welche Therapie bei einer be- stimmten Krankheit richtig und not- wendig ist, ob sie ambulant durch- geführt werden kann oder stationär vorgenommen werden muß, kann in der medizinischen Wissenschaft durchaus umstritten sein. Die Rich- tigkeit der einen oder der anderen Auffassung erweist sich, wenn über- haupt, oft erst nach Jahren. Dabei kommt es allerdings nicht auf die Auffassung des Patienten, auch nicht allein auf die des behandeln- den Arztes an. Im Zweifelsfalle bleibt dem Gericht vielmehr „eine Über- prüfung nach objektiven und aner- kannten medizinischen Erkenntnis- sen durch einen neutralen Sachver- ständigen" vorbehalten.

In ihrem Urteil (Aktenzeichen: IV ZR 175/77) haben die Bundesrichter be- tont, daß sie nicht über die Nulldiät, sondern über einen bestimmten Fall mit bestimmten Befunden zu ent- scheiden hatten. Der behandelnde Arzt war berechtigt, sich „nach den damaligen objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen" zu richten. Und der Gutachter war an den Kenntnisstand von 1975 gebun- den. Spätere Forschungsergebnisse durfte er nicht berücksichtigen.

Seit 1975 sind die medizinischen Er- kenntnisse aber weiter fortgeschrit- ten. 1979 dürfte niemand mehr an wissenschaftlichen Veröffentlichun- gen*) vorbeikommen, deren Ergeb- nisse gegen die Nulldiät sprechen.

Zuerst wurde die Freude am raschen Gewichtsverlust durch Veröffent- lichungen über Komplikationen und Rückfallquoten der Nulldiät getrübt.

Dann zeigten Vergleiche mit ambu-

lant durchführbaren Mischdiäten, daß die Spätergebnisse teurer sta- tionärer Nulldiäten nicht um ein Haar besser sind. Denn das Halten des Körpergewichts kann durch nullkalorische Gewichtsreduktion weder erlernt noch eingeübt wer- den. Das Komplikationsrisiko, die unbefriedigenden Langzeitergeb- nisse und die unvertretbar hohen Kosten stationärer Nulldiät verbieten ihren Einsatz zur allgemeinen Ge- wichtsreduktion. Vertretbar ist sie nur noch als Initialbehandlung beim Pickwick-Syndrom und bei anderen lebensbedrohlichen Zuständen im Gefolge der Adipositas.

Anschrift des Verfassers:

Rudolf Lehming Arzt

Aachener Straße 300 5000 Köln 41

ZITAT

Fehlentwicklung

„Gesundheitsversorgung"

„Der Arzt spürt täglich von neuem, daß er sich der Mit- verantwortung für diese Ent- wicklung nicht entziehen kann, obwohl ihre Ursachen sowohl in der Entwicklung der Medizin wie auch in dem überwiegend sozialpoliti- schen Verständnis des Ge- sundheitswesens liegen. Der Unpersönlichkeit der wis- senschaftlichen Medizin und ihrer Technik entspricht die Unpersönlichkeit der als so- zialpolitische Aufgabe ver- standenen ‚Gesundheitsver- sorgung'. Der Hauptleidtra- gende dieser Fehlentwick- lung ist der kranke Mensch . . ."

Dr. med. Gerhard Jungmann, Ehrenpräsident des Hart- mannbundes, Markolden- dorf, in: „Die Welt" vom 17.

Februar 1979

Streit um Gewichtsreduktion

Rudolf Lehming

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 17 vom 26. April 1979 1193

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