A698 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 15⏐⏐10. April 2009
P O L I T I K
O
b Schwester AGnES, EVA, VERAH oder neuerdings auch HELVER – schöne Namen al- lesamt, die für Modellprojekte zur Erprobung arztentlastender Dienste in der hausärztlichen Versorgung stehen. Inwieweit die schönen Na- men Bestand haben werden, ist un- gewiss, verwendet die zum 1. April getroffene Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung (KBV) und dem GKV-Spit- zenverband doch die schlichte, aber verständlichere Bezeichnung „nicht ärztliche Praxisassistentin“. Die Ver- einbarung hätte nach dem Pflege- weiterentwicklungsgesetz bis Jahres- beginn 2009 vorliegen sollen; das Problem des zusätzlichen Finan- zierungsbedarfs und des Genehmi- gungsverfahrens ließ sich aber zwi- schen den Vertragspartnern nicht so schnell lösen.Die „neue“ Praxisassistentin soll ärztlich angeordnete Hilfeleistungen
„in der Häuslichkeit des Patienten, in Alten- oder Pflegeheimen oder in an- deren beschützenden Einrichtungen“
erbringen. Allerdings dürfen nicht ärztliche Praxisassistenten solche Hilfeleistungen nur dort erbringen, wo nach Feststellung durch den je- weiligen Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine ärztliche Unterversorgung besteht oder droht.
Abgerechnet werden können die Leistungen nach den beiden neuen EBM-Ziffern 40.870 und 40.872 mit 17 Euro (inklusive Wegkosten) und 12,50 Euro (wenn in derselben häus- lichen Gemeinschaft ein weiterer Pa- tient aufgesucht wird). Die Finanzie- rung des Mehrbedarfs für diese Pau- schalen erfolgt außerhalb der morbi- ditätsbedingten Gesamtvergütungen sowie außerhalb der Regelleistungs- volumina. Allerdings scheint Skepsis angebracht, ob diese Vergütung aus- reicht, einen wesentlichen Beitrag
zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung in unterversorgten Re- gionen zu leisten.
Die Neuregelung verweist hin- sichtlich der erforderlichen Zusatz- qualifikation der Praxisassistentin insbesondere auf die bereits vorlie- genden Fortbildungscurricula der Bundesärztekammer (BÄK) für Me- dizinische Fachangestellte. Die je nach Dauer der Berufstätigkeit vor- geschriebenen 190 bis 270 Stunden Fortbildung zur Praxisassistentin in den Themengebieten „Berufsfeld, medizinische Kompetenz, Kommu-
nikation/Dokumentation und Not- fallmanagement“ liegen weit unter den Anforderungen des AGnES- Curriculums mit rund 600 Stunden.
Letzteres war von BÄK und KBV abgelehnt worden: Die vom Land Mecklenburg-Vorpommern vorge- sehene schulrechtliche Ausgestal- tung der AGnES-Fortbildung für Medizinische Fachangestellte be- deute einen Übergriff in die alleinige Zuständigkeit der Ärztekammern nach dem Berufsbildungsgesetz; die für diese Fortbildung erforderliche mehr als zwölfwöchige Abwesen- heit in der ärztlichen Praxis sei den Vertragsärzten nicht zuzumuten.
Detailliert geregelt ist, bei wel- chen Patienten die ärztlich angeord- neten Hilfeleistungen erbracht wer- den dürfen:
>Es liegt mindestens eine schwer- wiegende chronische Erkrankung vor, und der Patient hat in der Re- gel das 65. Lebensjahr vollendet
>oder es liegt eine Erkrankung vor, die einer dauerhaften intensiven ärztlichen Betreuung bedarf, und der Patient hat in der Regel das 65. Lebensjahr vollendet
>oder es liegt eine akute schwer- wiegende Erkrankung vor, undder Patient kann die Arztpraxis aufgrund seines Gesundheitszustands nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen aufsuchen. I Thomas Gerst
EBM-VERGÜTUNG FÜR PRAXISASSISTENTIN
Nicht üppig, aber extrabudgetär
Seit dem 1. April können Hausärzte unter bestimmten Voraussetzungen eine Kostenpauschale für ärztlich angeordnete Hilfsleistungen abrechnen, die in der häuslichen Umgebung der Patienten erbracht werden.
ZULÄSSIGE LEISTUNGEN
Das Aufgabenprofil der nicht ärztlichen Praxisassistentin kann folgende aufgeführte Hilfeleistungen umfassen:
a) Ausführung von durch den Arzt angeordneten Hilfe- leistungen, soweit diese an die nicht ärztliche Praxis- assistentin delegiert werden können
b) Dokumentation der Patientenbeobachtung einschließlich Erfassung der Medikamente und des Einnahmeverhaltens mit dem Ziel der Verbesserung der Patientencompliance c) Ermittlung von kognitiven, physischen, psychischen und
sozialen Fähigkeiten, Ressourcen und Defiziten von Patienten
c) Testverfahren bei Demenzverdacht d) Anlegen einer Langzeit-Blutdruckmessung e) Langzeit-EKG
f) Bestimmung von Laborparametern vor Ort
g) arztunterstützende Abstimmung mit Leistungserbringern.
Dem Arzt obliegt die Anleitungs- und Überwachungspflicht.
TABELLE
Erforderliche Zusatzqualifikation
Dauer der Theoretische Praktische Notfallmanagement Berufstätigkeit Fortbildung Fortbildung Erweiterte Notfallkompetenz
(Stunden) (Stunden) (Stunden)
weniger als 5 Jahre 200 50 20
weniger als 10 Jahre 170 30 20
mehr als 10 Jahre 150 20 20