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Die Situation der Landwirtschaft während der Corona-Krise: Charakterisierung und Einordnung einer Ad-hoc-Stichprobe

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Academic year: 2022

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Notizen aus der Forschung Nr. 22 / Juni 2020

- Fachbereich Agrarwirtschaft, Soest -

www4.fh-swf.de/cms/forschungsnotizen/ ISSN 2567-0484

Die Situation der Landwirtschaft während der Corona-Krise:

Charakterisierung und Einordnung einer Ad-hoc-Stichprobe

Carla Ollier, Jessica Berkes, Marcus Mergenthaler Einleitung

Im Frühjahr 2020 hat die Corona-Pandemie begonnen sich in Deutschland auszubreiten. Zur Eindämmung der Über- tragungswege wurde ein Maßnahmenpaket mit weitrei- chenden Kontaktbeschränkungen und Grenzschließungen beschlossen (BUNDESREGIERUNG 2020). Landwirtinnen und Landwirte sahen sich vor der Pandemie mit anderen Prob- lemen konfrontiert: Es gab Bauerndemonstrationen gegen die neue Düngeverordnung und gegen einen Umbau der Tierhaltung, die Afrikanische Schweinepest rückte näher aber auch die trockenen letzten Jahre im Zusammenhang mit deutlicher werdenden Folgen des Klimawandels. Mit Eintreten der Corona-Pandemie stand der Agrar- und Er- nährungssektor plötzlich neuen Herausforderungen ge- genüber, wie beispielsweise einer sprunghaft angestiege- nen Nachfrage nach bestimmten Produkten, einem Man- gel an Arbeitskräften oder unterbrochener Lieferketten (HOBBS 2020). Zusätzlich sind die sozialen Strukturen im ländlichen Raum zum Einen von einem hohen Altersdurch- schnitt und zum Anderen durch eine geringe Bevölke- rungsdichte gekennzeichnet (BBSR 2012). Aus diesen Vor- überlegungen leiten sich die Fragen ab, welche Sorgen und Ängste bewegen Landwirte und Landwirtinnen in der Corona-Krise auf persönlicher und betrieblicher Ebene?

Wie ordnen sie die Krise für sich ein? Aber auch welche Perspektiven werden für die Landwirtschaft wahrgenom- men? Dazu wurden verschiedene Teiluntersuchungen mit Daten aus der nachfolgend beschriebenen Stichprobe durchgeführt (OLLIER et al. 2020; BERKES et al. 2020a, 2020b). Ziel der vorliegenden Auswertung ist die verwen- dete Stichprobe hinsichtlich betrieblicher und soziodemo- graphischer Eigenschaften auf ihre Repräsentativität für die deutsche Landwirtschaft zu prüfen.

Daten und Methoden

Zu Beginn der Corona-Pandemie wurden Ende März 2020 Landwirte und Landwirtinnen zu ihrer persönlichen und betrieblichen Betroffenheit während der Corona-Pande- mie befragt. Die Online-Befragung wurde über LimeSurvey programmiert. Anschließend wurden verschiedene land- wirtschaftliche Fachverlage, Verbänden sowie Schlüssel- personen in die landwirtschaftliche Praxis zu Rekrutie- rungszwecken kontaktiert. Die Daten wurden mit Micro- soft Excel 2011 deskriptiv ausgewertet. Zur Überprüfung auf Repräsentativität werden die Daten mit der deutschen Landwirtschaft, als Grundgesamtheit, anhand der Agrar- strukturerhebung von 2016 verglichen. Der vorliegende Beitrag charakterisiert die gewonnene Stichprobe hin- sichtlich der Altersverteilung der Befragten, des Ge- schlechts, der Rolle im Betrieb sowie der Wohnsituation (als soziodemographische Merkmale); sowie hinsichtlich

der Verteilung der Betriebszweige und –größe, der geo- graphischen Lage und Erwerbsform (als betriebliche Merk- male).

Ergebnisse

Der bereinigte Datensatz enthält insgesamt 450 Personen, wovon 333 (74%) eine betriebsleitende Funktion haben.

Diese wiederum teilen sich in 81% männliche, 18% weibli- che und 1% diverse Personen auf. Damit sind in der Stich- probe fast doppelt so viele Betriebsleiterinnen enthalten wie im bundesweiten Durchschnitt (9,6% vgl. DESTATIS

2017a). Die übrigen 26% verteilen sich auf Ehepartner und -partnerinnen, Angestellte, Altenteiler- und teilerinnen und Hofnachfolger- und folgerinnen. Zudem ist die Stich- probe im Vergleich mit der deutschen Landwirtschaft im Schnitt etwas jünger (vgl. Abb. 1).

Abbildung 1: Vergleich der Altersstruktur in der Stichprobe mit Be- triebsleiterInnen der deutschen Landwirtschaft (Quelle: DESTATIS 2017a)

Mehr als zwei Drittel der Befragten wohnen mit zwei oder mehr Generationen in einem Haushalt (vgl. Abb. 2).

Abbildung 2: Häufigsten Wohnsituationen der Befragten unter- schieden nach der Anzahl der Personen je Haushalt

Im Schnitt leben 3,9 Personen in einem Haushalt, das sind etwas mehr als in der Grundgesamtheit (Ø= 3,4; DBV 2019). Auf Betriebsebene teilt sich die Stichprobe in 82%

Haupterwerbs- und 18% Nebenerwerbsbetriebe auf, wäh- rend es in Deutschland lediglich 48% Haupterwerbsbe- triebe gibt (vgl. DESTATIS 2017b). Dies spiegelt sich in der Größenverteilung der Betriebe wider, wie Abbildung 3 zeigt. Über die Hälfte der Betriebe in der Stichprobe be- wirtschaften mehr als 50 ha, deutschlandweit liegt die

2%

15%

22%

32%

25%

1% 7% 4%

17%

36% 31%

8%

0%

10%

20%

30%

40%

24 bis 25 bis 34 35 bis 44 45 bis 54 55 bis 64 65 und älter Eigene Daten (2020) n = 333 Deutschland (2016) n=276.100

4%

4%

1%

44%

25%

10%

61%

25%

17%

64%

25%

38%

57%

10%

72%

0% 20% 40% 60% 80%

Mit Partner/in und Kindern (44%) Bei den Eltern (17%) Mehr als zwei Generationen in einem Haushalt (24%)

mehr als 5 5 4 3 2 1

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Notizen aus der Forschung Nr. 22 / Juni 2020

- Fachbereich Agrarwirtschaft, Soest -

www4.fh-swf.de/cms/forschungsnotizen/ ISSN 2567-0484

durchschnittlich bewirtschaftete Fläche pro Betrieb bei 44 ha (EBD.).

Abbildung 3: Verteilung der Betriebsgrößen der Stichprobe im Vergleich mit der deutschen Landwirtschaft (Quelle: DESTATIS 2017b)

Im Vergleich der angegebenen Betriebszweige mit den Be- triebsschwerpunkten der deutschen Landwirtschaft zei- gen sich der Ackerbau und die Veredlung überrepräsen- tiert, während Futterbau stark unterrepräsentiert ist (vgl.

Tab.1). Hier zeigt sich ein Zusammenhang mit der geogra- phischen Verteilung der Betriebe, die sich mit einem 58%- igen Anteil der Befragten stark auf NRW und Niedersach- sen, als Ackerbau- und Veredelungsregionen, kon- zentriert. Befragte aus den südlichen Bundesländern, mit einer großen Anzahl an Futterbaubetrieben, waren weni- ger häufig vertreten.

Tabelle 1: Verteilung der angegebenen Betriebszweige in der Stichprobe (2020; nNennungen= 885) im Vergleich zu Betriebsschwer- punkten in Deutschland (2016; n= 275.392)

Stichprobe Deutschland Δ

Ackerbau 40% 32% 8%

Futterbau 25% 41% -16%

Veredelung 25% 17% 8%

Gartenbau und

Dauerkultur 9% 9% 0%

(Quelle: DESTATIS 2017b)

Diskussion

Die Befragung deutscher Landwirte und Landwirtinnen zu ihrer Einschätzung der Corona-Pandemie musste der Dy- namik des Krisenverlaufs gerecht werden, um ein breites Meinungsbild zu zeichnen. Darum stand eine zeitnahe, einfache Rekrutierung mit einer hohen Rücklaufquote im Fokus. Als eine Onlineumfrage mit einer Rekrutierung über verschiedene Webseiten und Schlüsselpersonen kann die vorliegende Befragung diese Forderungen erfül- len (EINHORN 2008). In der vorliegenden Stichprobe gibt es jedoch Unterschiede zur Grundgesamtheit. Durch die Selbstselektion der Teilnehmer und keiner vorgegebenen Quotierung ist die vorliegende Stichprobe als nicht-reprä- sentative, nicht-probabilistische Convenience-Stichprobe einzuordnen. Es stellt sich die Frage, wer sich vom Aufruf zu einer Befragungsteilnahme angesprochen fühlt (BATINIC

&BOSNJAK 1997). Die Ergebnisse zeigen zum einen, dass sich besonders Befragte von Haupterwerbsbetrieben mit mehr als 50 ha zur Teilnahme motivieren ließen. Die

Wachstumsschwelle landwirtschaftlicher Vollerwerbsbe- triebe liegt in Deutschland bei 100 ha. Damit kann ange- nommen werden, verstärkt Betriebe erreicht zu haben, die sich mit Zukunftsfragen beschäftigen (DESTATIS 2017b).

Dies wird unterstützt durch einen überdurchschnittlich hohen Anteil der 25- bis 34- Jährigen. Zum anderen kon- zentriert sich die Betriebsverteilung stark auf NRW und Niedersachsen. An dieser Stelle zeigt sich der Einfluss der häufigsten Rekrutierungskanäle: Bauer Willi, Topagrar und FH Südwestfalen, welche einen hohen Nutzendenkreis im Nordwesten haben. Es wird empfohlen, zu untersuchen wie sich diese in ihrem Antwortverhalten von den weite- ren genutzten Rekrutierungskanälen unterscheiden (BATINIC &BOSNJAK 1997). Mit der vorliegenden Stichprobe kann vermutlich trotz systematischer Verschiebungen in relevanten Merkmalen, ein Überblick zur Einschätzung der Corona-Krise gegeben werden, da größtenteils die Sorgen, Ängste und Wünsche junger Befragten von zukunftsorien- tierten Betrieben einfließen. Zudem leben die Befragten in größeren Haushalten mit mehreren Generationen als im Bundesdurchschnitt, wodurch anzunehmen ist, dass sie dadurch stärker mit Ängsten um Risikopatienten konfron- tiert sind. Trotzdem muss jedoch zurückhaltend mit Rück- schlüssen auf die Grundgesamtheit der Landwirtschaft in Deutschland umgegangen werden.

Quelle

BATINIC,B.&BOSNJAK,M. (1997): Fragebogenuntersuchungen im Internet. In:

Batinic, B. (Hrsg.): Internet für Psychologen, Göttingen: Hogrefe, 221- 243.

BERKES,J.,OLLIER,C.,MERGENTHALER,M.

- 2020a: Perspektiven der Direktvermarktung aus Sicht von Landwirten und Landwirtinnen zu Beginn der Corona-Pandemie. Notizen aus der Forschung 23/ Juni 2020. FH Südwestfalen, Soest.

- 2020b: Persönliche Betroffenheit der in Deutschland lebenden Land- wirte und Landwirtinnen zu Beginn der Corona-Pandemie. Notizen aus der Forschung 24/ Juni 2020. FH Südwestfalen, Soest.

BUNDESINSITUT FÜR BAU-,STADT- UND RAUMFORSCHUNG (BBSR) (2012): Zahl der über 80-Jährigen steigt stark an - BBSR veröffentlicht Raumordnungs- prognose 2030. https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Raumentwick- lung/RaumentwicklungDeutschland/Projekte/Archiv/BevPrognose/Be- voelkerung.html?nn=411742 (22.06.2020)

BUNDESREGIERUNG (2020): Leitlinien gegen Ausbreitung des Coronavirus.

https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/leitli- nien-bund-laender-1731000 (09.06.2020).

DEUTSCHER BAUERNVERBAND E.V. (2019): Situationsbericht 2019/20 Trends und Fakten zur Landwirtschaft. Berlin.

EINHORN,M. (2008): Nutzen und Grenzen von Onlinemarktforschung in der Automobilindustrie am Beispiel von Audi. In Herrmann, A, Homburg, C., Klarmann, M.(Hrsg.): Handbuch Marktforschung. 3. Auflage. Wiesba- den: Verlag Dr.Th. Gabler, 1023-1040.

HOBBS, J.E (2020):Food Supply Chain during COVID-19 pandemic. Canadian Journal of Agricultural Economics. 1-6.

OLLIER,C.,BERKES,J.,MERGENTHALER,M. (2020): Auswirkungen des Arbeitskräf- temangels zu Beginn der Corona-Pandemie auf einen möglichen zukünf- tigen Einsatz außerlandwirtschaftlicher Arbeitskräfte. Notizen aus der Forschung 25/Juni 2020. FH Südwestfalen, Soest.

STATISTISCHES BUNDESAMT (DESTATIS)

- 2017a: Agrarstrukturerhebung 2016: Arbeitskräfte und Berufsbildung der Betriebsleiter/ Geschäftsführer. Fachserie 3 Reihe 2.1.8. Wiesba- den: Statistisches Bundesamt.

- 2017b: Agrarstrukturerhebung 2016: Rechtsformen und Erwerbscha- rakter. Fachserie 3 Reihe 2.1.5. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt.

2% 2% 3%

16%

34% 31%

8% 2% 2%

9%

16% 21% 24%

17%

9%

3% 1% 1%

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< 5 ha 5 bis <

10 ha 10 bis <

20 ha 20 bis <

50 ha 50 bis <

100 ha100 bis

< 200 ha

200 bis

< 500 ha

500 bis

< 1000 ha

> 1000 ha

Anteil der Betriebe

Eigene Daten (2020) n = 450 Deutschland (2016) n = 275.300

Referenzen

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