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Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts des Bundeswirtschafts-ministeriums vom 3.3.08

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Deutscher

Gewerkschaftsbund Bundesvorstand

Bereich Tarifpolitik

Bereich Arbeits- und Sozialrecht Seite 1 von 4

Stellungnahme

zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung

des Vergaberechts

des Bundeswirtschafts-

ministeriums vom 3.3.08

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Deutscher

Gewerkschaftsbund Bundesvorstand

Bereich Tarifpolitik Bereich Arbeits- und Sozialrecht

Seite - 2 - von 4

I. Allgemeines

Die Bundesregierung sollte bei der jetzt anstehenden Modernisierung des Vergaberechts eine umfassende Lösung anstreben, die ihrer eigenen Zielsetzung auch gerecht werden muss. In der Begründung des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechtes heißt es auf Seite 3, unter Zielsetzung:

„Das deutsche Vergaberecht soll vereinfacht werden und eine transparente und mittelstandsfreundliche Ausgestaltung erhalten. Dabei ist darauf zu achten, dass die Verfahren einfacher und anwenderfreundlicher und nicht komplizierter und bürokratischer werden“.

Dieses Ziel wird mit dem vorgelegten Entwurf nicht erreicht. Insbesondere wäre es dringe- nd geboten, ein Bundesgesetz zu schaffen, mit dem Transparenz für alle föderalen Struk- turen gewährleistet wird.

Es sei in diesem Zusammenhang wiederholt darauf hingewiesen, dass öffentliche Investitionen in Deutschland etwa 13 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmachen und somit ein Volumen von rund 300 Mrd. Euro pro Jahr bedeuten. Insbesondere mittelstandsfreundlich wäre es, wenn der Wettbewerb unter Wettbewerbern gerade nicht über die Lohnhöhe, sondern über andere Merkmale wie Qualität der Produkte oder der Dienstleistungen geführt wird. Davon profitiert insbesondere der Mittelstand.

Insofern ist auch die Vergabe nach Kriterien unter Einhaltung von Tarifverträgen und weiteren sozialen Kriterien definitiv festzulegen, insbesondere für Aufträge, die der Bund als Verwaltung erteilt. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.07.2006 zum Berliner Tariftreuegesetz handelt es sich dabei auch nicht mehr um sogenannte vergabefremde Aspekte. Es wurde darin festgestellt, dass weder Art. 9 Abs. 3 GG noch Art. 12 GG durch eine Tariftreueerklärung verletzt sind.

Pointiert zusammengefasst heißt es in der Pressemeldung vom 3. November 2006 zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 11. Juli 2006:

„Die Tariftreueregelung verletzt nicht Art. 12 GG. Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Zwar betrifft die den Bauunternehmen auferlegte Tariftreuepflicht durch die Einflussnahme auf die Verträge mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern einen wichtigen Gewährleistungsgehalt der Berufsfreiheit, das Gewicht des Eingriffs wird jedoch dadurch gemindert, sodass die Verpflichtung zur Zahlung der Tariflöhne nicht unmittelbar aus einer gesetzlichen Anordnung erfolgt, sondern erst in Folge der eigenen Entscheidung, im Interesse der Erlangung eines öffentlichen Auftrags eine Verpflichtungserklärung abzugeben. Die Auswirkungen der Tariftreuepflicht sind zudem auf den einzelnen Auftrag beschränkt. Die rechtfertigenden Gründe, die den Gesetzgeber zu der Regelung veranlasst haben, haben denen gegenüber erhebliches Gewicht. Der Erstreckung der Tariflöhne auf Außenseiter soll ein Verdrängungs- wettbewerb über die Lohnkosten entgegenwirken, die Ordnungsfunktion der Tarifverträge unterstützen und damit zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Bausektor beitragen.

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Bereich Arbeits- und Sozialrecht Seite - 3 - von 4

- 3 - Sie dient dem Schutz der Beschäftigung solcher Arbeitnehmer, die bei tarifgebundenen Unternehmen arbeiten, und damit auch der Erhaltung wünschenswert angesehener sozialer Standards und der Entlastung, der bei hoher Arbeitslosigkeit oder bei niedrigen Löhnen verstärkt in Anspruch genommenen Systeme der sozialen Sicherheit. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Verbindung mit der Gewährleistung der finanziellen Stabilität des Systems der sozialen Sicherheit ist ein besonders wichtiges Ziel, bei dessen Verwirklichung dem Gesetzgeber gerade unter den gegebenen schwierigen arbeitsmarktpolitischen Bedingungen ein relativ großer Entscheidungsspielraum zugestanden werden muss. Dieser Gemeinwohlbelang, dem die Tariftreueregelung Rech- nung zu tragen versucht, besitzt eine überragende Bedeutung.“

Mit dem vorliegenden Vorhaben erfolgt nicht der richtige Ansatz einer Rahmen- gesetzgebung des Vergaberechts des Bundes, aus der zwangsläufig die Länder zu entsprechenden Schritten verpflichtet und veranlasst werden. Noch nicht einmal für die Auftragsvergabe des Bundes wird eine zwingende Vergabe nach sozialen Kriterien, wie der Tariftreue, vorgeschlagen. Jedoch nur durch eine flächendeckende Regelung lässt sich Rechtssicherheit und Transparenz herstellen. Es bedarf eines politischen Umdenkens, dass öffentliche Aufträge aus Steuermitteln finanziert werden und die Zahlenden dieser Steuern einen Anspruch haben, dass der Staat seine Vorbildfunktion auf allen Ebenen wahrnimmt und nicht elementare, gesellschaftliche und soziale Ziele unter reinen Gesichtspunkten einer kurzfristigen fiskalischen Betrachtung außer Acht lässt.

Auch wenn nach der jüngsten Entscheidung des EuGH vom 3.4.08 in der Konsequenz nur noch bestimmte Tarifverträge, die die Anforderungen der EU-Entsenderichtlinie erfüllen, im Rahmen einer Tariftreueerklärung verlangt werden können, sollte dies geregelt werden. Zudem sollten Bund und Länder daran interessiert sein, auf europäischer Ebene eine Klarstellung der Anforderungen zu erreichen, um den sozialpolitisch erwünschten Arbeitnehmerschutz zu erhalten. Schließlich dürfen diese Standards in Deutschland nicht nach unten gezogen werden. Zudem wären jährliche Vergabeberichte des Bundes und der Länder sinnvoll, die auch auf entsprechender Evaluation basieren sollten. Der Gesetzgeber hat zu regeln, dass die Regelung ein solches Gesetz mit entsprechendem Handeln umsetzt, indem er die Kontrollen wirkungs- voll anlegt und auch Sanktionen vorsieht.

Die Bundesregierung sollte sich bei diesem Gesetz von dem Gedanken leiten lassen, dass mit Lohndumping und der Ausweitung des Niedriglohnsektors die wirtschaftliche und soziale Stabilität in Deutschland bedroht wird. Tariftreueregelungen bieten in den Bundesländern und den jeweiligen Branchen entsprechende Sicherheit für Betriebe und Beschäftigte. Es wäre eine verheerende Signalwirkung zu befürchten, wenn Anbieter, die bewusst keine Tariflöhne zahlen, dann auch noch den Auftrag der öffentlichen Hand erhielten.

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Bereich Arbeits- und Sozialrecht Seite - 4 - von 4

- 4 - II. Zu ausgewählten Regelungen im Einzelnen:

1. Zu § 97 Abs. 3 und 4 Satz 1

Beide Ergänzungen werden begrüßt.

2. Zu Abs. 4 Satz 2

„Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang aus dem Auftragsgegenstand entstehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben.“

Hier wäre neben der eingangs bereits bemängelten fehlenden definierten Regelung zudem eine Konkretisierung und Definition des Begriffs „soziale“ erforderlich, damit Rechtsklarheit entsteht. Zudem sind diese zusätzlichen Anforderungen eingeschränkt durch den eingefügten Halbsatz der verlangt, dass diese Aspekte „im sachlichen Zusammenhang aus dem Auftragsgegenstand entstehen“.

Zudem: Der letzte Satz im Abs. 4 könnte missverständlich sein, wenn es hier heißt:

„Andere oder weitergehende Anforderungen dürfen an Auftragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist“. Diese anderen oder weitergehenden Anforderungen dürfen jedoch die zuvor in Satz 2 genannten

„soziale(n) (…) Aspekte“ nicht aufheben oder ersetzen.

Zu den sozialen Kriterien zählen die Gewerkschaften die ILO-Kernarbeitsnormen, fair- Trade, Verbot von Kinderarbeit, Frauenförderung und die Verankerung ökologischer Kriterien. Inwieweit die Tariftreueregelung unter soziale oder andere Anforderungen fällt, sollte der Gesetzgeber entscheiden. Auf keinen Fall darf dieser wichtige Punkt der Tariftreue fehlen.

Das Vergaberecht sollte bei der Neufassung insbesondere die Frage der EU- Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Dienstleistungsfreiheit zentral mit im Auge haben. Mit Ausnahme von Tätigkeiten, durch denen Tarifverträge auf Basis des Entsendegesetzes die Zahlung eines Mindestlohnes vorschreiben, würden in nächster Zeit alle anderen Tätigkeiten in Deutschland zu Entgeltbedingungen von Beschäftigten aus den neuen Beitrittsländern erfolgen können. Hierin besteht eine weitere Gefahr der Wettbewerbs- verzerrung. Es ist deshalb von zentraler Bedeutung – unterstrichen noch einmal durch die Entscheidung des EuGH vom 3.4.08 -, dass das Entsendegesetz die jeweiligen Branchen erfasst, die bei der Vergabepraxis von Bedeutung sind. Denn durch eine „normale“

Allgemeinverbindlicherklärung nach dem Tarifvertragsgesetz lässt sich das Problem nicht sozialverträglich lösen, weil dadurch ausländische Anbieter nicht erfasst würden. Auch gerade zu dieser Frage liegen der Bundesregierung ausreichend Hinweise der Gewerkschaften vor, warum die Tariftreue des Vergabegesetzes in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen.

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