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FS IV 97- 15Humankapitaltheorie der TransformationHorst AlbachJuni 1997ISSN Nr. 0722 - 6748discussion papersForschungsschwerpunkt Marktprozeß und Unter nehmensentwicklungResearch Area Market Processes and Corporate Development

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FS IV 9 7 - 15

Humankapitaltheorie der Transformation

H orst Albach

Juni 1997

ISSN Nr. 0722 - 6748

Forschungsschwerpunkt Marktprozeß und Unter nehmensentwicklung Research Area

Market Processes and Corporate Development

(2)

Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH, Reichpietschufer 50, 10785 Berlin, Tel. (030) 2 54 91 - 0

(3)

von Horst Albach

Das Humankapital wird in diesem Beitrag als Produktionsfaktor behandelt. Die Einstel­

lung von Mitarbeitern und die Ausgaben für ihre Ausbildung sind Investitionen in Humankapital. In den Staaten mit sozialistischer Wirtschaftsordnung wurde diese Auf­

gabe der Unternehmen, das Humankapital des Unternehmens zu pflegen, sträflich ver­

nachlässigt. In dem Beitrag wird zunächst dieser Befund näher dargestellt. Daraus wird die Bedeutung einer Theorie interdependenten Lernens im Transformationsprozeß abge­

leitet. Diese Theorie wird vertragstheoretisch weiter ausgebaut. Die Bedeutung des Humankapitals im Transformationsprozeß wird schließlich produktionstheoretisch be­

gründet. Diese Begründung stützt sich au f eine ökonometrische Schätzung des produk­

tionstheoretischen Modells der Transformation für die Daten von 17 ungarischen und 17 polnischen Unternehmen einbezogen wurden. Abschließend werden einige kurze Ausführungen zum Transformationsprozeß russischer Betriebe gemacht.

ABSTRACT

Human Capital Theory o f Transformation

In this paper human capital is treated as a production factor. Hiring employees and training costs are investments in human capital. In countries with a socialist economic system, these investments were strongly neglected. After explaining this in more detail the paper then outlines important issues o f a theory o f interdependent learning in the transformation process. This theory is then extended in a contract theoretical sense.

Finally the importance o f human capital in the transformation process is justified in terms o f production theory. This reasoning is based on an econometric estimation o f a produc­

tion function o f transformation, which uses the data o f 17 Hungarian and 17 Polish enterprises. The paper concludes with some brief remarks on the transformation process o f Russian enterprises.

(4)

A. Einleitung

Das Humankapital eines Unternehmens gilt seit Gary Becker als ein Produktions­

faktor. Im Gegensatz zu Erich Gutenberg, bei dem die Menschen nur mit den Leistungen, die sie innerhalb der betrachteten Produktionsperiode erbringen, in die Produktionsfunktion eingehen, betont die Humankapitaltheorie den Gebrauchsgutcharakter der Mitarbeiter. Die Einstellung von Mitarbeitern und die Ausgaben für ihre Ausbildung sind Investitionen in Humankapital.

Die Wartung dieses Humankapitals ist eine quantitative und eine qualitative Auf­

gabe. Die qualitative Aufgabe heißt, die Mitarbeiter stets auf dem Stand des Wissens zu halten, das es ihnen ermöglicht, Produkte herzustellen, die auf globa­

len Wettbewerbsmärkten Käufer finden.

In den Staaten mit sozialistischer Wirtschaftsordnung wurde diese Aufgabe der Unternehmen, das Humankapital des Unternehmens zu pflegen, sträflich vernachlässigt. Trotz der Lehren von Lenin, die Weltmarktpreise zum Maßstab für die Wirtschaftlichkeit der Produktion zu machen, und trotz der Bench­

marking-Versuche der sozialistischen Wirtschaftsführung, die man "Ermittlung der Weltmarktstandards" nannte, zeigte sich spätestens nach dem Zusammen­

bruch des COMECON, daß das Humankapital der ehemals volkseigenen Betriebe nicht in der Lage war, die Unternehmen erfolgreich in die Marktwirtschaft zu integrieren.

Im folgenden wird zunächst dieser Befund näher dargestellt (Teil B). Daraus wird die Bedeutung einer Theorie interdependenten Lernens im Transformations­

prozeß abgeleitet (Teil C). Diese Theorie wird vertragstheoretisch weiter ausge­

baut (Teil D). Die Bedeutung des Humankapitals im Transformationsprozeß wird schließlich produktionstheoretisch begründet (Teil E). Abschließend werden einige kurze Ausführungen zum Transformationsprozeß russischer Betriebe gemacht (Teil F). Hier ist der bekannte Satz wörtlich zu nehmen: "If the theory does not fit the facts, it's too bad for reality!"

(5)

B. Das Humankapital in den ehemals volkseigenen Betrieben

Folgt man dem Qualitätsmodell der Sachverständigenkommission "Kosten und Finanzierung der beruflichen Bildung"1, so kann man das Humankapital eines Unternehmens einteilen in die

formale Komponente

arbeitsplatzbezogene Komponente untemehmensbezogene Komponente gesellschaftsbezogene Komponente.

Die formale Komponente kann hier unberücksichtigt bleiben2.

Trotz des vor der Wende weitverbreiteten Glaubens, daß die Mitarbeiter in den volkseigenen Betrieben vorzüglich ausgebildet und daher ein großes Plus im Transformationsprozeß seien, zeigte sich nach der Wende, daß erhebliche Defizi­

te im arbeitsplatzbezogenen Wissen bestanden, weil die Arbeitsplätze, an denen die Mitarbeiter bis zur Wende tätig waren, technisch überholt, unproduktiv und für die Produktion von in der Marktwirtschaft absetzbaren Produkten nicht geeignet waren. Die Mitarbeiter hatten zudem große Defizite in den kaufmänni­

schen, organisatorischen und vertrieblichen Bereichen. Die Qualifikationsdefizite in diesen Bereichen waren bei den Geschäftsführern am größten. Sie lagen zwischen 80% und 100%. An marktwirtschaftlichen Kenntnissen mangelte es dagegen auf allen Ebenen in den Unternehmen - was nicht verwundert3.

Um diese Defizite schnell zu beseitigen, mußten die Unternehmen auf die lern­

fähigsten Mitarbeiter setzen. Das führte zu einer bemerkenswerten Umstrukturie­

rung des Personals im Transformationsprozeß. Bei den Thüringer Teppichfabri­

ken waren vier Jahre nach der Wende dreimal so viele Hochschulabsolventen wie

1 Sachverständigenkommission Kosten und Finanzierung der beruflichen Bildung: Kosten und Finanzierung der außerschulischen beruflichen Bildung (Abschlußbericht), Bielefeld 1974, S. 186 ff.

2 vgl. aber Albach, H., Schwarz, R.: Die Transformation des Humankapitals in ostdeutschen Betrieben, WZB-Paper, Berlin, Januar 1993.

3 Icks, A.: Betriebspraktika von qualifizierten Mitarbeitern aus Unternehmen in Ostdeutschland oder gründungswilligen Bürgern aus der ehemaligen DDR in westdeutschen Betrieben, Diplomarbeit Bonn 1991; dies.: Mittelständische Unternehmen als Qualifizierungspaten: Betriebspraktika für ostdeutsche Fach- und Führungskräfte. Begleitforschung in einer Initiative der Stiftung Industrieforschung, in:

Schriften zur Mittelstandsforschung Nr. 49 NF, Stuttgart 1992.

(6)

1989, genauso viele Facharbeiter und nur etwa halb so viele ungelernte und ange­

lernte Arbeiter beschäftigt wie 19894.

Besonders wichtig sind diejenigen Komponenten des Humankapitals im Unter­

nehmen, die nicht nur an die einzelne Person gebunden sind, sondern

"Organisationswissen" darstellen. Das sind die untemehmensbezogenen und die gesellschaftsbezogenen Komponenten. Die Veränderungen bei diesen Kompo­

nenten kommen in den Veränderungen in den Funktionsbereichen des Unterneh­

mens sowie in der Struktur des dispositiven Faktors zum Ausdruck.

Bei den Thüringer Teppichfabriken war fünf Jahre nach der Wende die Funk­

tionsverteilung im Unternehmen eine grundsätzlich andere als im Jahre 1988. Es gab 2,4 mal so viele Mitarbeiter im Vertrieb, aber nur ein Drittel im Personal­

bereich. Während die Belegschaft in Forschung und Entwicklung um 30% ver­

stärkt worden war, lag der Anteil der Mitarbeiter in Produktion und Materialwirt­

schaft um fast 40% niedriger als vor der Wende.

Bei der W amow-W erft war die Anzahl der Geschäftsführer auf das Dreifache gestiegen, die Anzahl der Direktoren und Bereichsleiter praktisch gleich geblie­

ben, von den Gruppenleitern und Meistern war überhaupt keiner mehr vorhanden.

Gruppenleiter und Meister hatten in der DDR keine dispositiven Aufgaben; sie waren lediglich Versorgungsposten.

Das gesellschaftsbezogene Humankapital umfaßt das Wissen um Faktormärkte und Produktmärkte sowie die Kenntnis der in der Marktwirtschaft geltenden Normen. Ich spreche in diesem Zusammenhang von netzwerkspezifischem Wissen. A u f diesem Feld haben sich während des Transformationsprozesses dramatische Veränderungen vollzogen. Bei der LACUFA verdoppelte sich die Anzahl der Transaktionspartner bei rückläufigem Geschäftsvolumen. Die Anzahl der westlichen Geschäftspartner stieg auf das Dreifache. Die Anzahl der Zuliefe­

rer pro Produkt stieg von vier auf acht; die Anzahl der westlichen Zulieferer pro Produkt stieg von zwei auf fünf, während gleichzeitig die Anzahl der Zulieferer aus dem Osten von 2,5 auf 1,8 zurückging. Die Lieferanten- und die Abnehmer­

4 Vgl. Albach, H.: Schrumpfung und Wachstum von Humankapital im Transformationsprozeß ostdeutscher Betriebe, in: Albach, H. (Hrsg.): Globale soziale Marktwirtschaft. Ziele - Wege - Akteure. Festschrift zum 60. Geburtstag von Prof. Dr. Dr. Santiago Garcia Echevarria, Wiesbaden 1994, S. 141-181.

(7)

netzwerke zeugen von intensivem Wettbewerb mit Lieferantenwechsel. Die Unternehmen sind im Laufe des Transformationsprozesses viel preisbewußter geworden, die Netzwerke wurden viel spezialisierter ausgebaut5.

C. Transformationstheorie als Theorie interdependenten Lernens

I. D as lern en d e U n tern eh m en

Die Betriebe der ehemals sozialistischen Wirtschaftssysteme mußten lernen, sich in einer Marktwirtschaft mit intensivem Wettbewerb und hohem Innovations­

tempo zu bewegen. Das verlangte ein Umschalten von einer eher niedrigen Lem- rate in den sozialistischen Wirtschaftssystemen auf die hohe Lemrate in markt­

wirtschaftlichen Systemen. Während des Transformationsprozesses mußte also die Lemrate deutlich höher sein als die der Unternehmen, die sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges bzw. seit der Währungsreform in marktwirtschaftlichen Systemen bewegten.

Das verlangte nicht nur hohe individuelle Lemanstrengungen, sondern auch ein hohes Maß an Organisationsiemen6. Die empirischen Untersuchungen dieser Lernprozesse haben gezeigt, daß Lernen durch Übertragung von Praktiken und Verfahren aus westlichen Unternehmen einen geringeren Transformationserfolg bewirkte als innovatives Lernen. Eine hohe Rate innovativen Lernens erzwang Änderungen in der Untemehmensorganisation in Richtung auf flache Hierar­

chien, lockere und schlankere Management-Prozesse und selbststeuemde Projektgruppen. Ich habe diese flexiblen Organisationsformen in Erweiterung des

"Amoeben-Konzepts" von Flik7 die "amorphe Organisation" genannt.

5 Vgl. Albach, H.: Zerrissene Netze, Berlin 1993. Vgl. auch: Albach, H.: The Transformation of Firms and Markets, Uppsala 1994.

6 Vgl. hierzu Albach, H.: Organization and Learning: Transformation of Industry Structures in Eastern Germany, in: Rudolph, H. (Hrsg.): Geplanter Wandel, ungeplante Wirkungen. Handlungslogiken und -ressourcen im Prozeß der Transformation, WZB-Jahrbuch 1995, Berlin 1995, S. 253-265.

7 Flik, H.: The Ameba-Concept.... Organizing around Opportunity within the GORE Culture, in:

Simon, H. (Hrsg.): Herausforderung Untemehmenskultur, Stuttgart 1990, S. 91-129.

(8)

II. D er lern en d e Staat

In Deutschland hatten manche Sachverständige, unter denen sich auch der Sach­

verständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung8 befand, die Ansicht vertreten, die DDR brauche eine Übergangsperiode des Lernens und der Reformen von mehreren Jahren, die von der Bundesrepublik wirtschaftlich und finanziell gefordert werden müsse. Andere, wie Renate Merklein9, glaubten, der sofortige Anschluß der DDR an die Bundesrepublik sei gewollt und notwendig und die Transplantation des in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechts und der DM als Zahlungsmittel seien genug, um den Übergang schnell zu bewältigen. Beide Ansichten erwiesen sich als falsch.

Der Staat mußte aus den Schwierigkeiten der Unternehmen im Transformations­

prozeß lernen und tat dies auch. So gab die Treuhandanstalt ihren Grundsatz

"Restitution geht vor Entschädigung" auf. In den Jahren 1990 bis 1993 wurden nicht weniger als zehn Gesetze erlassen, die dazu beitragen sollten, den Trans­

formationsprozeß im Sinne des Grundsatzes "Vorfahrt für Investitionen" zu beschleunigen. Die Tarifparteien haben aus den Fehlem, die sie zu Anfang des Transformationsprozesses machten, gelernt und Beschäftigung sichernde

"Öffnungsklauseln" in den Tarifverträgen geschaffen.

Die Staaten Osteuropas haben inzwischen gelernt, daß man das Wissen aus den führenden Industrienationen der Welt nicht einfach transplantieren kann. Sie haben erkannt, daß Transformationsprozesse pfadabhängig sind. Das hat zum einen bewirkt, daß jeder Staat seinen eigenen Weg der Transformation sucht und Erfahrungen anderer Transformationsstaaten praktisch nicht nutzt. Das hat sicherlich nicht zur Beschleunigung der Transformationsprozesse in diesen Ländern beigetragen.

8 In seinem Sondergutachten "Zur Unterstützung der Wirtschaftsreform in der DDR: Voraussetzungen und Möglichkeiten" vom 20. Januar 1990 hielt der Rat eine Reform "von innen heraus" für möglich und befürwortete sie. Während der "sehr schwierigen Übergangsphase" sollten "alle Möglichkeiten der politischen Kooperation mit Blick auf das Ziel der deutschen Einheit intensiv genutzt werden".

Der DDR-Regierung empfahl der Rat, "die Reform zügig" zu vollziehen. Das Sondergutachten ist im Jahresgutachten 1990/91 des Sachverständigenrats abgedruckt. Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: auf dem Wege zur wirtschaftlichen Einheit Deutschlands, Jahresgutachten 1990/91, Stuttgart 1990, S. 276 ff.

9 Merklein, R.: Gutes Geld und gutes Recht für das ganze Deutschland, in: Die Welt vom 22. Februar 1990, S. 4.

(9)

Im folgenden wollen wir versuchen, diese in Fallstudien gewonnenen Erkennt­

nisse theoretisch zu begründen. Dabei bauen wir auf zwei stilisierten Fakten auf:

1. Je größer das Organisationswissen über marktwirtschaftliche Prozesse in den Unternehmen ist und je schneller es gewonnen wird, desto erfolgreicher ist die Transformation der Unternehmen.

2. Je besser die Lernprozesse im Unternehmen organisiert sind, je mehr also der dispositive Faktor im Unternehmen, die corporate govern­

ance, auf die schnelle Diffusion neuen Wissens im Unternehmen aus­

gerichtet ist, desto erfolgreicher ist die Transformation.

D. Ein Property Rights-Modell der Transformation

I. D ie T h eo rie u n vollstän d iger V erträge

Im folgenden wird eine Humankapitaltheorie der Transformation entwickelt, die dem property rights-Ansatz folgt, den Oliver Hart entwickelt hat10. Hart versteht das Unternehmen als ein System von unvollständigen Verträgen. Unvollständig sind Verträge, weil ihr Inhalt nicht im voraus für jede mögliche Situation der Zukunft festgelegt werden kann. Eigentum an den Produktionsmitteln einer Firma heißt unter diesen Umständen, die letzte Kontrolle über die Auslegung des Vertrages in einer gegebenen Situation zu besitzen und Loyalität von Mitarbei­

tern erwarten zu dürfen.

Wir übertragen nun die Überlegungen von Oliver Hart über die organisatorischen Formen der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen auf den Fall des Entstehens von Geschäftsbeziehungen zwischen privaten Unternehmen aus dem Westen und ehemals volkseigenen Betrieben im Prozeß der Transformation der sozialisti­

schen Wirtschaft in die Marktwirtschaft westlicher Prägung.

10 Hart, O.: Firms, Contracts, and Financial Structure, Oxford 1995; vgl. auch Hart, O., Moore, J.:

Property Rights and the Nature of the Firm, in: Journal of Political Economy, Bd. 98 (1990), S. 1119- 1158: Grossman, S.J., Hart O.D.: The Costs and Benefits of Ownership: A Theory of Vertical and Lateral Integration, in: Journal of Political Economy, Bd. 94 (1986), S. 691-719; Hart, O.: An Economist's Perspective on the Theory of the Firm, in: Columbia Law Review, Bd. 89 (1989), S.

1757-1774; Holmstrom, B.R., Tirole, J.: The Theory of the Firm, in: Schmalensee, R., Willig, R.D.

(Hrsg.): Handbook of Industrial Organization, Bd. 1,. Amsterdam-New York-London-Tokyo 1989, Kapitel 2, S. 61-133.

(10)

II. D a s vertra g sth eo retisch e H u m an k ap italm od ell der T ran sform ation

Angenommen, es gebe zwei Unternehmen, W und O. Sie verfügen über eine Ausstattung mit Sachmitteln Kw und Ko. Die beiden Firmen machen Investitio­

nen in ihre jew eiligen Geschäftsbeziehungen, die als Humankapitalinvestitionen Hw und Ho gezeichnet werden. Diese Investitionen sind nicht übertragbar.

Wenn die beiden Firmen in Geschäftsbeziehungen miteinander treten, machen sie die Humankapitalinvestitionen so, daß sie sich gewinnerhöhend ergänzen. Wenn sie nicht miteinander in Geschäftsbeziehungen treten, liefern sie an ihre jew eili­

gen Drittmärkte und tätigen dafür Investitionen in Humankapital.

Zunächst operieren die beiden Unternehmen in verschiedenen Wirtschaftssyste­

men. Ihre Ausstattung mit Sachkapital ist praktisch unabhängig voneinander, da es zwischen den beiden Wirtschaftssystemen praktisch keinen Handel gibt. Ent­

sprechend ist auch das Humankapital ausschließlich auf die jeweiligen Wirt­

schaftssysteme und die darin geknüpften Geschäftsbeziehungen bezogen. Die beiden Unternehmen entwickeln sich unabhängig voneinander.

Nun war natürlich vollständige Autarkie der Wirtschaftssysteme auch vor der Wende nicht optimal. Die Gewinne aus dem Ost-West-Handel waren positiv, wenn auch nicht in gleichem Maße für beide Seiten. Es werde folglich ange­

nommen, daß Handel zwischen den beiden Unternehmen vorteilhaft ist und auch zustande kommt. Solange aber die Sachkapitalausstattung der beiden Unter­

nehmen unabhängig in dem Sinne ist, daß die Gewinne zumindest eines Partners unabhängig davon sind, ob der Handel mit dem anderen Partner zustande kommt oder nicht, ist es ökonomisch sinnvoll, daß beide Partner keine Humankapital­

investitionen für den Ausbau ihrer Geschäftsbeziehungen tätigen.

Nun sei angenommen, es kommt zum Anschluß der DDR an die Bundesrepublik.

Das hat für die beiden Unternehmen W und O und ihre Zusammenarbeit Folgen.

Der Reservationspreis p*, den O für seine Produkte im COMECON erzielen konnte, sinkt erheblich, weil die Partner in den ehemaligen RGW-Staaten nun in harter Währung bezahlen müssen. Der Ostmarkt bricht zusammen. Entsprechend muß die Sachkapitalausstattung Ko stärker auf den westlichen Markt umgestellt werden. Sie wird komplementär zu Kw . Für O wird der Aufbau von Geschäfts­

beziehungen zu W viel attraktiver. Kommen sie zustande, sind sie unvollständig in dem Sinne, daß ein Vertrag zwischen W und O den Lieferinhalt zum Zeitpunkt

(11)

des Abschlusses des Vertrages nicht vollständig spezifizieren kann. Wesentliche Teile des Vertrages wie Lieferumfang, ggf. auch Abmessungen und Qualität der Produkte werden in späteren Zeitpunkten festgelegt. O muß aber, will es die Geschäftsbeziehung eingehen, Humankapitalinvestitionen für den Vertrag mit W tätigen und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem das Unternehmen noch nicht weiß, ob W entsprechende Investitionen tätigt und sich damit seine eigenen Investitio­

nen auszahlen werden. O wird also geneigt sein, die Humankapitalinvestitionen, die sich spezifisch auf die Geschäftsbeziehung mit W beziehen, eher niedrig anzusetzen. Nimmt man die Liquiditätsengpässe der Treuhandunternehmen als Argument hinzu, wird diese Unterinvestition in Humankapital noch wahrschein­

licher.

Auch bei W sind Humankapitalinvestitionen in die neue - oder erneuerte - Geschäftsbeziehung erforderlich. Nun hat W aber bereits mit anderen Unter­

nehmen im Westen gute Geschäftsbeziehungen. Die Humankapitalinvestitionen, die W für diese Geschäftsbeziehungen getätigt hat, sind inzwischen sunk costs.

Für W ist die Geschäftsbeziehung zu O also nur sinnvoll, wenn der Preis p, zu dem O liefert, niedrig und die Investitionen des O in die Geschäftsbeziehung mit W hoch sind. O kann sicher wegen seines niedrigen Reservationspreises p* auf die Preisforderungen von W eingehen (sofern dieser Preis nicht den Bankrott herbeiführt), aber O wird die Erwartungen von W hinsichtlich seiner Human­

kapitalinvestitionen nicht erfüllen wollen. Es wird also nicht zur Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zwischen W und O kommen, und zwar auch dann nicht, wenn früher schon Lieferbeziehungen zwischen W und O bestanden.

Für O sind jedoch Geschäftsbeziehungen mit W von existentieller Bedeutung.

Sein Überleben hängt von dem Humankapital bei W ab. Wie kann nun aber O das Unternehmen W veranlassen, entsprechende Humankapitalinvestitionen in die Geschäftsbeziehungen mit O zu tätigen? Ein Weg ist, W die Kontrolle über die Sachkapitalausstattung Ko von O zu gehen. In diesem Falle wird W höhere Investitionen in sein Humankapital tätigen, als wenn O weiterhin ganz selbstän­

dig wäre. Dies ist der Fall der Typ 1 Integration von Hart. In der Praxis haben einige westdeutsche Unternehmen diese Form der Transformation gewählt. Sie haben das Management der ostdeutschen Betriebe übernommen, also die Kontrolle über Ko ausgeübt, gleichzeitig ihr gesamtes Wissen dem Unternehmen O zur Verfügung gestellt und Mitarbeiter aus W nach O abgeordnet und auf diese

(12)

Weise erhebliche Investitionen in das Humankapital für diese Geschäfts­

beziehung getätigt.

Allerdings sind diese Investitionen nicht so groß, wie sie wären, wenn die Unvollständigkeit der vertraglichen Beziehungen zwischen W und O ganz besei­

tigt würde. Das ist der Fall, wenn W das Unternehmen O kauft. Dies ist die first- best-Lösung im Sinne von Hart.

III. E rg eb n is

Der property rights-Ansatz liefert also folgendes Ergebnis:

1. Investitionen in spezifisches Humankapital sind für jede Geschäfts­

beziehung wichtig.

2. Das Humankapital bei W ist fur O wichtiger als das Humankapital bei O fü rW .

3. Durch Wegfall der Ostmärkte sank der Reservationspreis p* von O, gleichzeitig stieg er aber wegen der gestiegenen Löhne und Vor­

materialpreise.

4. Die Wende bewirkte, daß die Betriebsmittelausstattung von 0 kom­

plementär zu der von W wurde bzw. gemacht werden mußte.

5. Selbständigkeit von W und O mit Handel zwischen W und O erfordert hohe Humankapitalinvestitionen in die Beziehungen zwischen W und O bei O. Diese sind jedoch höchst unsicher, da sie nur in Verbindung mit hohen Investitionen in Humankapital bei W ökonomisch vertretbar sind. O kann aber bei Selbständigkeit keinen Einfluß auf die Human­

kapitalinvestitionen bei W nehmen.

6. Selbständigkeit von W und O nach der Wende und Handel zwischen W und O sind unter diesen Bedingungen unwahrscheinlich. O würde abgewickelt werden müssen. Tatsächlich haben unsere Untersuchun­

gen von realen Transformationsprozessen mit der GERT-Methode

(13)

gezeigt, daß die Erfolgswahrscheinlichkeit bei den Transformations­

prozessen sehr gering war11.

7. Die Treuhandanstalt konnte Einfluß auf die Humankapitalinvesti­

tionen bei W nehmen, indem sie die Kontrolle über das Sachkapital Ko an W übertrug und die Investitionen in Humankapital, die W tätigen mußte, bezahlte. Das bedeutete zugleich Absicherung der Humankapitalinvestitionen bei 0 . Die Bezahlung der Humankapital­

investitionen bei W war erforderlich, da W genügend Geschäfts­

beziehungen mit anderen Unternehmen hatte, bei denen die netzwerk­

spezifischen Humankapitalinvestitionen sunk costs waren.

8. Die Humankapitalinvestitionen bei W und 0 sind am höchsten und folglich der gemeinsame Gewinn am größten, wenn W das Unter­

nehmen O kauft. Damit diese Situation für W günstiger ist als der Fall der Kontrolle über das Sachkapital von O, muß die Treuhandanstalt auch im Falle des Kaufes die Humankapitalinvestitionen bei W bezahlen. Das erklärt die negativen Verkaufspreise, die die Treuhand­

anstalt beim V erkauf ehemals volkseigener Betriebe erzielt hat12.

E. Ein produktionstheoretisches Modell der Transformation I. Theoretische Formulierung

Das property rights-Modell zeigt die Notwendigkeit auf, das für die Geschäfts­

tätigkeit in einer Marktwirtschaft erforderliche spezifische Humankapital aufzu­

bauen. Es hilft zu verstehen, warum dafür spezielle Humankapitalinvestitionen auch auf westlicher Seite erforderlich sind und warum die Unternehmen aus dem Westen sich dieses Know-How so teuer haben bezahlen lassen. Es trägt aber

11 vgl. Albach, H.: The Management of Transition in East German Firms, in: Jauch, L.R., Osborn, R.N.

(Hrsg.): The Best in Management Worldwide: Linking Management Scholarship. Proceedings of the Second International Federation of Scholarly Associations of Management (IFSAM) Conference, Dallas 1994, S. 1-2.

12 Diese Theorie unterscheidet sich grundsätzlich von der Sinn und Sinn's, die die negativen Kaufpreise mit einer Überangebotsthese erklären wollen: Ein Vermögensbestand an Unternehmen sei angeboten worden, und die Nachfrage hätte nur aus dem Einkommen gespeist werden müssen. Meiner Ansicht nach reichte das Einkommen der ganzen Welt sehr wohl aus, den kleinen Vermögensbestand ostdeutscher Unternehmen zu kaufen. Vgl. Sinn, G., Sinn, H.-W.: Kaltstart - Volkswirtschaftliche Aspekte der deutschen Vereinigung. Tübingen 1991.

(14)

nicht zum Verständnis des Prozesses bei, wie marktwirtschaftliches Know-How in die ehemals volkseigenen Betriebe übertragen wird und wie lange der Prozeß der Transformation dauert, bis er entweder erfolgreich beendet wird oder abgebrochen werden muß.

Um diesen Prozeß und seine rechtlichen Rahmenbedingungen besser verstehen zu können, wird im folgenden ein produktionstheoretisches Modell entwickelt, das a u f dem multivariaten flexiblen Akzelerator-Modell von Epstein und Denny aufbaut.

Das Modell von Epstein und Denny minimiert die Produktionskosten und die Kosten der Anpassung an einen optimalen Entwicklungspfad der Unternehmen über die Zeit. Angepaßt werden die quasi-fixen Faktoren des Produktionsprozes­

ses. Die variablen Produktionsfaktoren lassen sich ohne Kosten und ohne Ver­

zögerung an ihr jeweils optimales Niveau anpassen.

Zunächst sei das Modell von Epstein und Denny wiedergegeben13.

Seien

c 0 - P - x - m - q - R y-

Rf -

Q O - p -

Kapitalwert Produktpreise Produktionsmenge

Preis je Einheit der variablen Produktionsfaktoren Preis je Einheit der quasi-fixen Produktionsfaktoren Einsatzmenge der variablen Produktionsfaktoren Einsatzmenge der quasi-fixen Produktionsfaktoren Anpassungskosten der quasi-fixen Produktionsfaktoren Diskontierungssatz

13 Epstein, L.G., Denny, M.: Endogenous Capital Utilization in a Short-Run Production Model. Theory and Empirical Application, in: Journal of Econometrics, Bd. 12 (1980), S. 189-207; Epstein, L.G., Denny, M.: The Multivariate Flexible Accelerator Model: Its Empirical Restrictions and an Empirical Application to U.S. Manufacturing, in: Econometrica, Bd. 51 (1981), S. 647-674; Epstein, L.G.:

Duality Theory and Functional Forms for Dynamic Factor Demands, in: Review of Economic Studies, Bd. 48 (1981), S. 81-95; Epstein, L.G. Comparative Dynamics in the Adjustment-Cost Model of the Firm, in: Journal of Economic Theory, Bd. 27 (1982), S. 77-100; Denny, M., Fuss, M.:

A General Approach to Intertemporal and Interspatial Productivity Comparisons, Working Paper No.

8202, Institute of Policy Analysis, University of Toronto, Toronto 1982; Claßen, K.: Determinanten der Investitionstätigkeit deutscher Unternehmen. Eine ökonometrische Analyse des Verhaltens von Industriegesellschaften, in: Albach.H., Krümmel, H.-J., Sabel, H.: Bonner Betriebswirtschaftliche Schriften Nr. 23, Bonn 1987.

(15)

K -

Betriebsmittel

L -

Beschäftigung (Anzahl der Mitarbeiter)

a K -

Abschreibungssatz auf die eingesetzten Betriebsmittel

a L -

Abgangsrate der Beschäftigung

c -

user cost o f capital w - user cost o f labor

uK -

Investitionen in Betriebsmittel

uL -

Einstellung von Mitarbeitern.

Die Formulierung des Problems lautet

(1)

max Co =

J

(px - mRv - qRF - Q(.)) e pl dt 0

unter den Nebenbedingungen (2)

Q=Q(Rf ,v)

(3)

Q(0,.)=0

(4)

Q'(u,.),> 0 für u>0

(5)

Q "(u)> 0

(6) Rf

= {K, L)

(7)

K = uK- a KK

(8)

L = uL- v f L

(9)

q = (c,

w)

(10)

x = F(Ry,

Rf, u) > 0

(16)

Dieses Problem kann gelöst werden, wenn bestimmte Regularitätsannahmen gemacht werden14. Die Gleichung (19) ist die Lösung.

In (19) ist

M

- Anpassungsmatrix

(G,, G2) -

Vektor firmenindividueller Parameter - Vektor firmenindividueller Parameter Yp Y2 - Störterme

r -

n x n

- Matrix der Autokorrelationsparameter y ..

E

- Matrix

14 Die Regularitätsbedingungen lauten:

(11)

Co (x, Rv> 0; Co

ist stetig differenzierbar

(12) S Co /8 X > 0 (13) SC g/§R ,.< 0 (14) SC 0/S R y < 0 (15) Cgist konvex in

Rf

(16)

Es existiert eine eindeutige Lösung fü r jedes

(x, Rpo, p') (17)

Es existiert ein optimales

Rp * (x, p )

fü r jedes

(x, Rpo, p)

(18)

Für jedes

(x, RF0,u'^

existiert ein p ' mit der Eigenschaft, daß u' der Vektor der optimalen Investitionsausgaben zum Zeitpunkt 0 in bezug a u f die Zielfunktion (I) und gegebenes

(x, Rpo, p'^

ist.

(17)

(19)

e ,A

E22>

( c >vt-i

w ,-t

fG,j

> — x <-,

A > +

y , '

U-J

Das Modell wurde von mir erweitert um die Überlegung, daß die Anpassungs­

kosten nicht unabhängig sind von den Agency Costs einer Firma. Es wurde ange­

nommen, daß die Agency Costs umso höher sind, je geringer der Anlagen­

deckungsgrad ist, je weniger Eigenkapital also dem Sachanlagevermögen gegen­

übersteht15.

Das Ergebnis lautet

0 ^ < 7 + M /7 + ß ;JD

M,

(20) 12

M2l 1 + M22 + $ 2D

y k - k ^

jy L - L \

Darin sind

K* -

optimales Sachkapital

L* -

optimale Beschäftigung ß p ß , - Anpassungskoeffizienten

D -

Anlagendeckungsgrad.

15 Albach, H.: The Optimal Investment Process in German Industry, in: Albach, H. Unternehmen im Wettbewerb, Wiesbaden 1991, S. 15-168, hier S. 166.

(18)

Während bei hoher Verschuldung des Unternehmens

(JD = 0)

die Anpassung des Sachanlagevermögens knapp 3 Jahre und die Anpassung der Beschäftigung an das optimale Niveau rund 11 Monate dauert, beträgt die Anpassungsdauer bei einer Eigenkapitaldeckung des Sachanlagevermögens von 50% bei den Betriebsmitteln 2,5 Jahre und bei der Beschäftigung nur noch 10 Monate. Die Anpassungsdauem sinken bei weiterem Anstieg des Anlagendeckungsgrades weiter.

Kayser und ich haben die Produktionsftinktion mit quasi-fixen Produktionsfakto­

ren au f den Transformationsprozeß übertragen. Dabei waren zwei Einsichten maßgebend:

1. Für einen erfolgreichen Transformationsprozeß reicht es nicht aus, daß die erforderlichen Betriebsmittel bereitgestellt werden und die Beschäftigten ler­

nen, diese Betriebsmittel zu bedienen. Es muß Organisationswissen vorhan­

den sein, wie man in einem marktwirtschaftlichen Unternehmen effektiv zusammenarbeitet und Kundennähe herstellt.

2. Organisationswissen entsteht in einem lernenden Unternehmen. Eine lernende Organisation ist durch eine ganz bestimmte Governance Structure gekenn­

zeichnet. Je größer der Anteil der nicht-staatlichen bzw. der privaten Mitglie­

der in den Leitungsgremien des Unternehmens ist, umso schneller entsteht das erforderliche Organisationswissen.

Aus diesen beiden Überlegungen folgt für die produktionstheoretische Formulie­

rung des Transformationsprozesses:

1. Organisationswissen ist ein selbständiger Produktionsfaktor neben Betriebsmitteln und objektbezogener Arbeit. Es verursacht zwar Kosten, trägt aber entscheidend zur Produktivität des betrieblichen Leistungsprozesses bei.

Organisationswissen ist selbständiges Humankapital.

2. Die Governance Structure eines Unternehmens gewährleistet, daß die Ergie­

bigkeit aller Produktionsfaktoren verbessert wird. Sie erhöht die Effizienz des Kombinationsprozesses und senkt die Anpassungskosten eines jeden Produk­

tionsfaktors. Die Governance Structure ist Ausdruck des dispositiven Faktors.

Dieser wird, wie in der Theorie Gutenbergs üblich, nicht in die Produktions­

ftinktion einbezogen, sondern geht nur in die Zielfunktion ein.

(19)

Damit ergibt sich folgendes kontrolltheoretische Maximierungsproblem:

(21)

max Co = ] (px - c K - w L - kff-Q (.)) e~p‘dt 0

unter der Nebenbedingung (22)

x = F (K ,L ,H )= 0

sowie den übrigen Bedingungen der Produktionsfunktion mit quasi-fixen Produktionsfaktoren. Natürlich ist auch das Know-How-Kapital

H

ein quasi-fixer Faktor. Sein Einsatz kostet

k

DM je Einheit. In (21) ist

p

der Verkaufspreis des Produkts und

x

die Ausbringungsmenge, die unter marktwirtschaftlichen Bedin­

gungen Käufer findet. Die Anpassungskosten

Q

sind gegeben durch (23)

Q = Q (K ,L,H ,uK ,u L,u H ,D)

uH

sind die Verbesserungen im Organisationswissen eines Jahres,

D

bezeichnet den Typ des dispositiven Faktors.

Die Lösung dieses Produktionssystems lautet

X + ß / > m 12

( K - K * \

(24)

L =

m 21 m 22 + $ 2d

L - L *

l

M3I

m 32

Die Ausdrücke in der Hauptdiagonalen müssen negativ sein. Aus ihnen kann die direkte Anpassungsgeschwindigkeit der entsprechenden Produktionsfaktoren nach den Formeln

(25)

G = ln 0 ,5 /ln(l + Mu

+ ß bzw.

(26) G = ( / + ß , D + M , ) / - M ,

bestimmt werden. Im folgenden wird die jeweils niedrigere der beiden Anpas­

sungsgeschwindigkeiten gewählt.

(20)

Der Faktor

D

des dispositiven Faktors wird wie folgt definiert:

D

ist gleich dem Anteil der nicht-staatlichen (Typ

E)

bzw. der privaten (Typ D) Mitglieder im Vorstand und im Aufsichtsrat des Transformationsuntemehmens. Mithin

(27)

O<D<1

M an kann aber auch annehmen, daß die Durchsetzungsfähigkeit marktwirtschaft­

lichen Wissens nicht vom numerischen Anteil der Personen in den Leitungs­

gremien abhängt, die über dieses Wissen verfügen, sondern von den Herrschafts­

verhältnissen im Unternehmen. Für diesen Fall soll gelten (28)

D = < falls [0,5< D < l]

0< D < 0,5\

D

Das Humankapital

H

wird bestimmt durch die Diffusion des Wissens über marktwirtschaftliche Prozesse, das bei den privaten bzw. nicht-staatlichen Mit­

gliedern in den Leitungsgremien des Unternehmens vorhanden ist. Dieses breitet sich in Form eines Diffusionsprozesses im ganzen Unternehmens aus. Der Diffusionsprozeß weist abnehmende Zuwächse auf. Für das von einem Anteil

D

an Privaten/Nicht-Staatlichen in den Leitungsgremien im Jahre

0

nach

N

Jahren geschaffene Know-How-Kapital gilt

Z -8(Af+/) (29)

H0 = D — ~ -

1 — e

8 bestimmt die Abnahme des Zuwachses an Organisationswissen. In den öko­

nometrischen Schätzungen wird 8 mit 0,2 angenommen. Für das in T geschaf­

fene Know-How-Kapital gilt

(30)

HX=D-

1 — e

und für das gesamte Know-How-Kapital im Jahre

t

(31)

H = ± H X

Damit sind die Bausteine des produktionstheoretischen Modells bestimmt.

(21)

II. E m p irisch e Schätzung

1. Das Sample

In die empirische Schätzung des produktionstheoretischen Modells der Trans­

formation wurden 17 ungarische und 17 polnische Unternehmen einbezogen.

Alle Unternehmen wurden von Stefan Kayser oder einem polnischen Kollegen bzw. einer ungarischen Kollegin besucht. Dabei wurden Fragebogen ausgefüllt, aus denen die für die ökonometrische Prüfung erforderlichen Daten von Stefan Kayser ermittelt wurden.

Tabelle 1 gibt eine Übersicht über das Sample von insgesamt 34 Unternehmen.

2. Die Ergebnisse

2.1. Die Produktionsfunktion ohne Berücksichtigung des dispositiven Faktors

In einer ersten Schätzung wurden die Produktionsfunktionen mit Organisations­

wissen, jedoch ohne Berücksichtigung des Einflusses der Governance Structure auf den Transformationsprozeß ermittelt. Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse für den T y p K

Überraschend ist, daß die Anpassungsdauer beim Know-How in ungarischen Unternehmen länger ist als in polnischen. Das liegt, wie später zu zeigen sein wird, daran, daß die Governance Structure einen großen Einfluß auf die Anpas­

sungsdauer beim Organisationswissen ausübt. Andererseits ist die deutlich länge­

re Anpassungsdauer bei der Belegschaft in polnischen Unternehmen bemerkens­

wert. Das liegt möglicherweise daran, daß in Polen, wo die Privatisierung über Belegschaftsbeteiligung eine der bedeutendsten Privatisierungsformen ist, die Entlassung von Mitarbeitern deutlich schwerer ist als in Ungarn, wo der Verkauf an private Unternehmer überwiegt.

(22)

Tabelle 1: Zusammensetzung des Untersuchungssamples

Ungarn Polen Ungarn & Polen

1. Anzahl der Unternehmen 17 17 34

2. Branchenverteilung Verarbeitendes Gewerbe

Ernährung 4 23,5% 2 11,8% 6 17,6%

Textil 1 5,9% 1 5,9% 2 5,9%

Papier/Druck 1 5,9% 1 2,9%

Chemie 1 5,9% 1 5,9% 2 5,9%

Mineralöl 1 5,9% 1 2,9%

Gummi 2 11,8% 1 5,9% 3 8,8%

Glas/Keramik/Steine 4 23,5% 4 11,8%

Metallerzeugung u. -Verarbeitung 2 11,8% 1 5,9% 3 8,8%

Maschinenbau 1 5,9% 1 2,9%

Elektro 2 11,8% 2 11,8% 4 11,8%

Fahrzeug-, Lokomotiv-, Schiffbau 2 11,8% 1 5,9% 3 8,8%

Holzverarbeitung 1 5,9% 1 2,9%

Handel 0 2 11,8% 2 5,9%

Dienstleistung 0 1 5,9% 1 2,9%

3. Zahl der Beschäftigten

1-100 0 0,0% 2 11,8% 2 5,9%

100-500 5 29,4% 8 47,1% 13 38,2%

500-1000 6 35,3% 3 17,6% 9 26,5%

>1000 6 35,3% 4 23,5% 10 29,4%

4. Privatisierungsstand

voll privatisiert 11 64,7% 5 29,4% 16 47,1%

teilprivatisiert (>50%) 1 5,9% 8 47,1% 9 26,5%

teilprivatisiert (<50%) 3 17,6% 3 17,6% 6 17,6%

noch nicht privatisiert 2 11,8% 1 5,9% 3 8,8%

5. Zeitpunkt der Privatisierung

1989 1 5,9% 0 0,0% 1 2,9%

1990 0 0,0% 0 0,0% 0 0,0%

1991 4 23,5% 4 23,5% 8 23,5%

1992 2 11,8% 0 0,0% 2 5,9%

1993 3 17,6% 0 0,0% 3 8,8%

1994 3 17,6% 1 5,9% 4 11,8%

1995 2 11,8% 7 41,2% 9 26,5%

1996 bzw. noch nicht privatisiert 2 11,8% 5 29,4% 7 20,6%

6. A rt der Privatisierung

direkte Privatsg./direkter Teilverkauf 11 64,7% 4 23,5% 15 44,1%

Kommerzialisierung 2 11,8% 2 5,9%

Mitbesitz d. Privatgs.-Agentur (Ungam)/allg. Privatisg durch Nat.

Investitionsfonds (Polen)

3 17,6% 9 52,9% 12 35,3%

kleine Privatisierung 0,0% 1 5,9% 1 2,9%

Selbstprivatisierung 1 5,9% 1 2,9%

nicht privatisiert 2 11,8% 1 5,9% 3 8,8%

7. Eigentümeranteil

private Eigentümer >50% 10 58,8% 5 29,4% 15 44,1%

Mitarbeiter >50% 2 11,8% 2 5,9%

Staat >50% 6 35,3% 1 5,9% 7 20,6%

Privatsg.Agentur bzw. Nat.

Invest.fonds >50%

8 47,1% 8 23,5%

Banken >50% 1 5,9% 1 5,9% 2 5,9%

(23)

T a b elle 2: Anpassungsdauem im Transformationsprozeß Produktionsfunktion mit Humankapital

Bezeichnung Ungarn Polen

Betriebsmittel 9,31 10,06

Beschäftigung 0,14 3,69

Humankapital 7,24 3,73

r

2

Betriebsmittel 0,9919 0,9999

r

2

Beschäftigung 0,8227 0,9713

r

2

Humankapital 0,7773 0,9977

DW Betriebsmittel 1,5100 2,0223

DW Beschäftigung 1,8726 2,1146

DW Humankapital 2,0922 2,0083

2.2 Die Produktionsfunktion mit Berücksichtigung des dispositiven Faktors

In einer zweiten Schätzung wurde auch der Effekt der Governance Structure auf die Anpassungsdauem bei den Produktionsfaktoren Betriebsmittel, objektbe­

zogene Arbeit und Know-How-Kapital (Humankapital) berücksichtigt. Dabei wurde für Ungarn die Governance Structure vom Typ

D

(Anteil der Privaten) und für Polen die Governance Structure vom Typ

E

(Anteil der Nicht-Staatlichen zugrunde gelegt. Die Ergebnisse enthält Tabelle 3.

T a b elle 3: Anpassungsdauem im Transformationsprozeß

Produktionsfunktion mit Humankapital und dispositivem Faktor

Bezeichnung Ungarn Polen

Betriebsmittel 4,31 5,54

Beschäftigung 0,45 2,76

Humankapital 1,77 2,79

r

2

Betriebsmittel 0,9772 0,9998

r

2

Beschäftigung 0,7555 0,9713

r

2

Humankapital 0,7403 0,9978

DW Betriebsmittel 1,4804 2,0568

DW Beschäftigung 2,0063 2,0659

DW Humankapital 2,2987 1,9050

(24)

Die Anpassungsdauem sind in beiden Ländern deutlich verkürzt. Nur die Anpas­

sung der Beschäftigung in ungarischen Unternehmen scheint nun etwas länger zu dauern. Die angegebenen Schätzwerte sind Mittelwerte über alle Unternehmen.

Das heißt, je höher der Anteil der Nicht-Staatlichen bzw. der Privaten in Vor­

stand und Aufsichtsrat der Unternehmen ist, um so schneller vollzieht sich die Anpassung der Produktionsfaktoren an das jeweils optimale Niveau. Besonders auffällig ist der Einfluß der Governance Structure auf die Anpassung des Humankapitals in den ungarischen Unternehmen. Hier verkürzt sich die Anpas­

sung au f rund ein Viertel. In den polnischen Unternehmen ist der Einfluß der Governance Structure auf den Transformationsprozeß im Ganzen schwächer als in den ungarischen Unternehmen. Das erscheint einleuchtend: in "labor-managed firms" ist der Einfluß der Leitungsgremien wegen weitgehender Personenidentität wohl geringer als in "kapitalistischen" Unternehmen. Es erscheint auch plausibel, daß nun die Anpassungsdauer des Organisationswissens bei den ungarischen Unternehmen kürzer ist als die der polnischen Unternehmen. Die Mitarbeiter in den ungarischen Unternehmen haben schon seit Jahren durch die frühere Öffnung des Landes für wettbewerbliche Prozesse eine gewisse Erfahrung mit marktwirt­

schaftlichen Gepflogenheiten.

Die Bedeutung der Governance Structure für den Transformationsprozeß zeigt sich auch, wenn man die ungarischen und die polnischen Unternehmen zusam­

menfaßt, in denen (noch) keine Vertreter privaten Kapitals in Vorstand und Auf­

sichtsrat sind.

Wie Tabelle 4 zeigt, sind die Anpassungsdauem zwar kürzer, als wenn die Governance Structure überhaupt nicht im Ansatz berücksichtigt wird (Tabelle 2), aber deutlich länger als in dem Fall, in dem alle Unternehmen mit ihrem jew eili­

gen Anteil an Privaten in die Berechnung eingehen.

(25)

T a b elle 4: Anpassungsdauem im Transformationsprozeß

Produktionsfunktion mit Humankapital und dispositivem Faktor

Bezeichnung

Ungarische und polnische Unternehmen ohne private Vertreter in Vorstand und

Aufsichtsrat

Betriebsmittel 7,38

Beschäftigung 3,17

Humankapital 3,59

r

2

Betriebsmittel 0,9997

R.2 Beschäftigung 0,967

r

2

Humankapital 0,9971

DW Betriebsmittel 2,0876

DW Beschäftigung 2,1392

DW Humankapital 2,124

F. Der Transformationsprozeß russischer Betriebe

In die empirischen Untersuchungen wurden nicht nur polnische und ungarische, sondern auch elf russische Betriebe einbezogen. Dabei wurde deutlich:

1. Die Kenntnis potentieller westlicher Partner ist in allen Unternehmen vor­

handen.

2. Die meisten Unternehmen haben Berater aus dem Westen in Anspruch genommen, weil das Voraussetzung für die Aufnahme westlichen Kapitals ist.

3. Die westlichen Berater haben kein Verständnis für marktwirtschaftliche Führungsprozesse vermitteln können. Jeder Betriebsdirektor kennt das Wort

"Business Plan", aber nur wenige verstehen die darin enthaltenen Zahlen. Das liegt nicht nur an den Betriebsdirektoren.

4. Es ist schwierig, marktwirtschaftliche Führungsprozesse zu lernen, wenn die Inflationsrate über 100% beträgt. Das wissen wir Betriebswirte seit Walter Mahlberg und Fritz Schmidt. Die russischen Betriebsdirektoren erfahren es jetzt.

(26)

5. Es ist schwierig, das erforderliche Organisationswissen anzusammeln, wenn das Überleben des Betriebes mehr von firmenspezifischen staatlichen Ver­

günstigungen und von dem Wissen über die Höhe der "Tarife" der verschie­

denen Behörden für die Bestechung ihrer Mitarbeiter als vom Erfolg am Markt abhängt.

6. Es ist schwierig, die Transformation zu bewältigen, wenn der Erfolg der Transformation weniger von der Entwicklung neuer Produkte und von der Qualität der Produkte als von der Fähigkeit abhängt, die ausstehenden Kundenforderungen einzutreiben.

7. Es ist unmöglich, Transformationsprozesse im Betrieb durchzuführen, wenn der Staat aus den Problemen der Unternehmen nicht lernt. Eine investitions­

feindliche Steuerpolitik erstickt jeden Keim marktwirtschaftlicher Entwick­

lung.

8. W enn der Staat weder gutes noch schlechtes Recht durchsetzen kann, herrscht Anarchie. In einer solchen Situation wird von Industriebetrieben weder in Betriebsmittel noch in Humankapital investiert. Transformation findet nicht statt.

In einem solchen Land können Transformationsprozesse theoretisch nicht erklärt und ökonometrisch nicht erfaßt werden. Sie können nur mit einem abgewandelten Dichterwort kommentiert werden:

Wo Hold-Up, Anarchie und Willkür walten, Da kann sich keine Theorie entfalten!

Da führt der Boss nicht, nein: er muddelt through, Und irgendwann macht er die Bude zu!

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