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Entscheidungen - Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Vorhalt und Ermahnung im Zusammenhang mit richterlichem Erledigungspensum

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- Bevollmächtigte: Rechtsanwältin (…)-

1 BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 1473/20 -

In dem Verfahren über

die Verfassungsbeschwerde des Herrn (…),

gegen a) das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Mai 2020 - RiZ (R) 3/19 -,

b) das Urteil des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Stuttgart

vom 21. Mai 2019 - DGH 1/18 -,

c) das Urteil des Dienstgerichts für Richter bei dem Landgericht Karlsruhe

vom 4. Dezember 2012 - RDG 6/12 -

hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin Hermanns,

den Richter Maidowski und die Richterin Langenfeld gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 11. November 2021 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenom- men.

G r ü n d e :

Die Verfassungsbeschwerde betrifft den im Rahmen der Dienstaufsicht gegenüber einem Richter ausgesprochenen Vorhalt ordnungswidriger Ausführung seiner Amts- geschäfte und die Ermahnung zu ihrer ordnungsgemäßen, unverzögerten Erledigung (§ 26 Abs. 2 DRiG).

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3 I.

1. Der Beschwerdeführer ist Richter am Oberlandesgericht Karlsruhe. Im April 2010 fand zwischen der damaligen Präsidentin des Oberlandesgerichts, dem damaligen Vorsitzenden des Senats, dem der Beschwerdeführer angehörte, sowie dem Be- schwerdeführer selbst ein Gespräch unter anderem über die Erledigungszahlen und den Verfahrensbestand im Dezernat des Beschwerdeführers statt. Darin erläuterte dieser seine Auffassung über Inhalt und Reichweite der richterlichen Unabhängigkeit, seine Arbeitsweise und deren Auswirkungen auf die Erledigungszahlen. Nach ent- sprechender Ankündigung im Oktober 2011 erließ die Präsidentin des Oberlandes- gerichts am 26. Januar 2012 einen Bescheid, mit dem sie dem Beschwerdeführer im Rahmen der Dienstaufsicht die ordnungswidrige Art der Ausführung seiner Amtsge- schäfte gemäß § 26 Abs. 2 DRiG vorhielt und ihn zu ordnungsgemäßer, unverzöger- ter Erledigung der Amtsgeschäfte ermahnte. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die richterliche Unabhängigkeit die Festlegung von Arbeitszeiten verbiete, der von einem Richter geschuldete Einsatz aber nach dem durchschnittlichen Erledi- gungspensum vergleichbarer Richterinnen und Richter zu bemessen sei. Sie be- nannte die durchschnittlichen Erledigungszahlen des Beschwerdeführers sowie am Oberlandesgericht insgesamt für die Jahre 2008 bis 2011 und führte aus, dass der Beschwerdeführer das Durchschnittspensum seit Jahren „ganz erheblich und jen- seits aller großzügig zu bemessender Toleranzbereiche“ unterschreite. 2011 habe er weniger Verfahren erledigt als dies der durchschnittlichen Leistung einer Halbtags- richterin/eines Halbtagsrichters am Oberlandesgericht entspreche; ein unbefriedi- gendes Arbeitspensum dürfe beanstandet werden. Der vom Beschwerdeführer ge- gen den Bescheid erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg.

2. Den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Unzulässigkeit des Be- scheids vom 26. Januar 2012 und des Widerspruchsbescheids vom 20. April 2012 wies das Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Karlsruhe mit Urteil vom 4. Dezember 2012 zurück. Die hiergegen eingelegte Berufung blieb erfolglos. Auf die Revision des Beschwerdeführers hob der Bundesgerichtshof – Dienstgericht des Bundes – mit Urteil vom 7. September 2017 das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an den Dienstgerichtshof zurück.

Zur Begründung führte er aus, dass der Vorhalt und das Anhalten zu einer unverzö- gerten Erledigung den Beschwerdeführer zwar grundsätzlich nicht in seiner richterli- chen Unabhängigkeit beeinträchtigten. Die Grenze zu einer solchen Beeinträchti- gung werde erst überschritten, wenn eine Erledigung der Eingänge in sachgerechter Weise nicht mehr möglich sei; diese Grenze sei nicht nach den subjektiven Vorstel- lungen des einzelnen Richters, sondern im Vergleich zu anderen Richtern zu bestim- men. Die Feststellung des Dienstgerichtshofs, dem Beschwerdeführer werde auch nicht indirekt ein Pensum abverlangt, welches sich allgemein, also auch von anderen Richtern, sachgerecht nicht mehr bewältigen lasse, sei jedoch nicht rechtsfehlerfrei getroffen worden, da der Dienstgerichtshof den Einwendungen des Beschwerdefüh- rers zur Ermittlung der Durchschnittszahlen hätte nachgehen müssen.

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6 3. Die vom Beschwerdeführer hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde nahm

das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. März 2018 - 2 BvR 174/18 - nicht zur Entscheidung an.

4. Nach Einholung weiterer Stellungnahmen zu den erhobenen Zahlen wies der Dienstgerichtshof bei dem Oberlandesgericht Stuttgart die Berufung mit Urteil vom 21. Mai 2019 zurück. Die richterliche Unabhängigkeit des Beschwerdeführers werde durch den Vorhalt und die Ermahnung nicht beeinträchtigt. Nach eingehender Prü- fung der vorgelegten Statistiken und Zählweisen sei der Senat der Auffassung, dass die Angaben in den Bescheiden zuträfen. Der Vorhalt verlange bei zutreffender Aus- legung keine bestimmte, sondern nur eine insgesamt höhere, sich mehr dem Durch- schnitt annähernde Arbeitsleistung. Der Senat verkenne nicht, dass aufgrund unter- schiedlicher Arbeitsweisen verschiedene Richterkollegen unterschiedliche Erledigungszahlen hätten. Hinzu kämen besondere Konstellationen, in denen für ei- ne gewisse Zeit ein Absinken von Erledigungen auftreten könne. Es wäre daher nicht gerechtfertigt, von jedem Richter ein Erledigungspensum zu erwarten, welches grundsätzlich im Bereich des Durchschnitts liege. Der Beschwerdeführer könne je- doch nicht allein unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit für sich in Anspruch nehmen, grundsätzlich über viele Jahre hinweg eine auf Dauer erheblich vom Durchschnitt abweichende Erledigungs- leistung zu erbringen. Soweit er moniere, der Präsidentin sei bewusst gewesen, dass er nur seine Arbeitsweise ändern könne, indem er Verfahren weniger sorgfältig bear- beite, könne der Senat dem nicht folgen. Der Vorhalt sei so zu verstehen, dass er selbst seine Arbeitsweise reflektieren könne auf etwaige Vorgehensweisen, die ihn unnötig viel Zeit kosteten, ohne dass sich dies auf die Qualität der Rechtsprechung auswirken könnte.

5. Die Revision des Beschwerdeführers wies der Bundesgerichtshof – Dienstgericht des Bundes – mit Urteil vom 12. Mai 2020 zurück. Der Dienstgerichtshof habe den Prüfungsantrag nunmehr ohne Rechtsfehler für unbegründet erachtet. Dem Be- schwerdeführer werde mit dem angefochtenen Bescheid nach der Auslegung des Dienstgerichtshofs keine bestimmte, sondern nur eine insgesamt höhere, sich mehr dem Durchschnitt annähernde Arbeitsleistung abverlangt. Diese tatrichterliche Wür- digung sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Vorhalt beeinträchtige den Beschwerdeführer unter Zugrundelegung der ergänzenden Feststellungen nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit. Die in dem Vorhalt von Rückständen und der Ermahnung zu unverzögerter Erledigung enthaltene Aufforderung, die Arbeitsweise zu ändern, bedeute nicht, in einem bestimmten Sinn zu entscheiden oder sein Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben. Der Dienstgerichtshof habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dem Beschwerdeführer werde nicht indirekt ein Pensum abverlangt, wel- ches sich allgemein, also auch von anderen Richtern, sachgerecht ohne Zuhilfenah- me pflichtwidriger Praktiken nicht mehr bewältigen lasse. Entgegen der Auffassung der Revision begegne der in der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats verwendete Begriff der Sachgerechtigkeit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

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10 Die Sachgerechtigkeit sei nicht das Gegenteil der dem Richter vorgegebenen Ge-

setzesbindung, sondern impliziere, dass der Richter die ihm übertragenen Aufgaben im Rahmen der jeweils maßgeblichen Verfahrensordnung sowie unter Berücksichti- gung des einschlägigen materiellen Rechts wahrnehme und sich seine Überzeugung bilden könne, ohne gegen das Gesetz zu verstoßen. Dass die Kolleginnen und Kol- legen des Beschwerdeführers am Oberlandesgericht sachgerecht arbeiteten, hebe die Revision selbst hervor. Damit ziehe sie die Überzeugung des Dienstgerichtshofs, dass andere Richter vergleichbarer Positionen das von ihnen tatsächlich erledigte, in dem Vorhalt angegebene Pensum bewältigt haben, ohne auf pflichtwidrige Prakti- ken zurückzugreifen, nicht in Zweifel. Die von der Revision erhobenen Verfahrensrü- gen habe der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Für ein willkürliches Verhalten der Präsidentin des Oberlandesgerichts bestehe, anders als die Revision meine und unter anderem mit schriftsätzlichen Äußerungen im Berufungsverfahren zu belegen versuche, kein Anhaltspunkt.

6. Die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers wies das Dienstgericht des Bundes mit Beschluss vom 7. Juli 2020 zurück.

II.

Der Beschwerdeführer hat am 18. August 2020 Verfassungsbeschwerde erhoben.

Er rügt eine Verletzung von Art. 33 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

1. Die Entscheidungen der Dienstgerichte verletzten seine richterliche Unabhängig- keit. Die Präsidentin des Oberlandesgerichts habe ihn aufgefordert, seine Rechtsan- wendung grundlegend zu ändern, um die von ihr verlangten Durchschnittszahlen zu erzielen. Dabei seien ihr die Ursachen für seine unterdurchschnittlichen Erledigungs- zahlen bekannt gewesen. Eine andere Möglichkeit zur Erzielung höherer Erledi- gungszahlen habe die Präsidentin unstreitig nie genannt.

Tragender Grund der Entscheidungen sei die Erwägung, die Dienstaufsicht dürfe bei Rückständen und unterdurchschnittlichen Erledigungszahlen nur dann nicht ein- schreiten, wenn dem Richter damit indirekt ein Pensum abverlangt werde, welches sich allgemein, also auch von anderen Richtern, sachgerecht nicht mehr bewältigen lasse. Diese Erwägung verlasse den Boden des Grundgesetzes. Sie würde zum ei- nen bedeuten, dass Richter eine „Durchschnittssachgerechtigkeit“ in der Rechtsan- wendung anderer Richter zum Maßstab ihrer eigenen Rechtsprechung erheben müssten. Zum anderen würde sie bedeuten, dass die Exekutive deren Einhaltung kontrollieren und Abweichungen sanktionieren dürfe. Die vom Bundesgerichtshof be- reits früher verwendeten Formulierungen wären verfassungsrechtlich nur haltbar, wenn jeder Richter gemäß seiner eigenen Überzeugung entscheiden könnte, was für ihn in der Rechtsanwendung „sachgerecht“ sei. Der Vorhalt einer „unzureichenden Arbeitsleistung“ sei nur insoweit zulässig, als damit keine Einflussnahme verbunden sei. Das könnte beispielsweise bei einer unzureichenden Arbeitszeit eines Richters oder bei der willkürlichen Nichtbeachtung einer gesetzlichen Frist möglich sein. Sol-

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16 che Umstände lägen jedoch nicht vor. Soweit die Entscheidungen behaupteten, die

Maßnahme der Präsidentin habe keinen Einfluss genommen, handle es sich um Leerformeln, die den allgemeinen Denkgesetzen und dem Vorbringen der Parteien widersprächen.

Der Bundesgerichtshof missachte die neuere Rechtsprechung des Bundesverfas- sungsgerichts, die die Bedeutung der zur Verfügung stehenden Zeit für die Rechts- anwendung und die richterliche Unabhängigkeit hervorgehoben habe. Die angegrif- fene Entscheidung beschäftige sich an keiner Stelle mit der Frage, welche Bedeutung die jeweilige richterliche Überzeugung im Rahmen von Art. 97 Abs. 1 GG haben müsse. Ebenso fehle eine Auseinandersetzung mit der Gesetzesbindung des Richters (Art. 20 Abs. 3 GG), die mit der richterlichen Unabhängigkeit korrespondie- re. Die Entscheidung berücksichtige nicht, dass er bei einer überzeugungswidrigen Rechtsanwendung in den Bereich der Rechtsbeugung gelangen würde.

2. Die angegriffenen Entscheidungen verletzten zudem sein Recht auf rechtliches Gehör. Wesentliche Teile des Sachverhalts sowie seines Vorbringens seien nicht be- rücksichtigt und seine Beweisanträge zu Unrecht abgelehnt worden.

3. Die Entscheidungen der Dienstgerichte seien im Übrigen willkürlich. Es sei unter keinem denkbaren rechtlichen Aspekt vertretbar, eine Einflussnahme der Dienstauf- sicht auf die Rechtsanwendung eines Richters zu gestatten. Es liege auf der Hand, dass eine überzeugungsgemäße Rechtsanwendung verschiedener Richter unter- schiedlich ausfalle und mit deutlich unterschiedlichem Zeitbedarf verbunden sein könne. Dass sich der Bundesgerichtshof damit nicht beschäftige, sei nicht nachvoll- ziehbar. Der Umgang mit Inhalt und Bedeutung der Maßnahme vom 26. Januar 2012 sei angesichts des vorliegenden Sachverhalts nicht erklärbar.

III.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungs- beschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist sie zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers angezeigt, da sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl.

BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Sie ist unzulässig, denn sie ist nicht hinreichend substanti- iert begründet.

1. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG ist im Verfassungsbeschwerdeverfahren der die behauptete Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüs- sig vorzutragen. Bei einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten Verfas- sungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer sich mit dieser inhaltlich auseinander- zusetzen (vgl. BVerfGE 82, 43 <49>; 86, 122 <127>; 88, 40 <45>; 105, 252 <264>).

Es muss deutlich werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeich- nete Grundrecht verletzt sein soll; soweit das Bundesverfassungsgericht für be- stimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, müssen die-

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19 se herangezogen werden (vgl. BVerfGE 77, 170 <214 ff.>; 78, 320 <329>; 101, 331

<345 f.>; 105, 252 <264>; 130, 1 <21>). Mit dem einfachen Recht hat sich der Be- schwerdeführer jedenfalls insoweit auseinanderzusetzen, als dies für die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Aspekte des zur Prüfung des Bundesverfassungsgerichts gestellten Falles erforderlich ist.

2. Gemessen daran hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 33 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 GG nicht substantiiert dargelegt.

a) aa) Art. 97 Abs. 1 GG ist kein rügefähiges Grundrecht im Sinne des § 90 BVerfGG (vgl. BVerfGE 27, 211 <217>; 48, 246 <263>). Das Bundesverfassungsge- richt hat aber anerkannt, dass Art. 33 Abs. 5 GG auch die hergebrachte Stellung von Richtern als besondere Gruppe von Angehörigen des öffentlichen Dienstes umfasst und diesen grundrechtsähnliche Individualrechte einräumt, soweit sich für sie vom Gesetzgeber zu beachtende hergebrachte Grundsätze des richterlichen Amtsrechts nachweisen lassen, die gerade die persönliche Rechtsstellung des Richters mitge- stalten (vgl. BVerfGE 12, 81 <87>; 15, 298 <302>; 26, 141 <154>; 56, 146 <162>).

Zu den hergebrachten Grundsätzen des Richteramtsrechts zählt insbesondere auch der Grundsatz der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit (vgl. BVerfGE 12, 81

<88>; 55, 372 <391 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juli 2016 - 2 BvR 661/16 -, Rn. 14).

Nach Art. 97 Abs. 1 GG sind Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.

Die damit umschriebene Garantie der sachlichen Unabhängigkeit bedeutet im We- sentlichen, dass die Richter nur an das Gesetz gebunden, also frei von Weisungen sind (vgl. BVerfGE 14, 56 <69>; 26, 186 <198>; 27, 312 <319>; 148, 69 <89 ff.>).

Zum Schutzbereich der sachlichen richterlichen Unabhängigkeit gehören in erster Li- nie die eigentliche Rechtsfindung und die ihr mittelbar dienenden Sach- und Verfah- rensentscheidungen, einschließlich nicht ausdrücklich vorgeschriebener, dem Inter- esse der Rechtssuchenden dienender richterlicher Handlungen, die in einem konkreten Verfahren mit der Aufgabe des Richters, Recht zu finden und den Rechts- frieden zu sichern, in Zusammenhang stehen (sog. Kernbereich; stRspr, vgl. etwa BGH, Urteil vom 22. Februar 2006 - RiZ (R) 3/05 -, juris, Rn. 20 f. m.w.N.). Der Exe- kutive ist jede vermeidbare Einflussnahme auf die richterliche Unabhängigkeit unter- sagt; dazu zählen auch mittelbare, subtile und psychologische Einflussnahmen (vgl.

BVerfGE 26, 79 <93 f.>; 55, 372 <389>; 148, 69 <90 f. Rn. 57>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Januar 2013 - 2 BvR 2576/11 -, Rn. 8;

Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Februar 2016 - 2 BvR 2223/15 -, Rn. 76). Wie jede dienstliche Beurteilung, verstanden als Verfahren und als Akt der Bewertung richterlicher Tätigkeit, hat auch die Formulierung von Maßstäben für die (quantitative) Erledigungsleistung die Unabhängigkeit des Richters umfassend zu re- spektieren. Derartige Maßnahmen der Gerichtsverwaltung beziehungsweise der zu- ständigen Normgeber verletzen die richterliche Unabhängigkeit dann, wenn sie auf eine direkte oder indirekte Weisung hinauslaufen, wie der Richter künftig verfahren oder entscheiden soll. Eine auch nur mittelbare Einflussnahme hat zu unterbleiben,

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23 wenn sie den Richter veranlassen könnte, in Zukunft anders zu entscheiden als ohne

diese Kritik (zur dienstlichen Beurteilung vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Februar 2016 - 2 BvR 2223/15 -, Rn. 78; BGH, Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ (R) 3/83 -, juris, Rn. 8; BGH, Urteil vom 4. Juni 2009 - RiZ (R) 5/08 -, juris, Rn. 15 m.w.N.).

bb) Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebun- den. Der dem Gesetz unterworfene Richter wird durch diese aus dem Rechtsstaats- prinzip hergeleitete Bindung in seiner verfassungsmäßig garantierten Unabhängig- keit nicht berührt (vgl. BVerfGE 18, 52 <59>; 19, 17 <31 f.>; 111, 307 <325>), sondern im Gegenteil gestärkt. Sowohl die Rechtsbindung als auch die Unterwerfung unter das Gesetz konkretisieren die den Richtern anvertraute Aufgabe der rechtspre- chenden Gewalt (vgl. Art. 92 GG; BVerfGE 111, 307 <325>); die in Art. 97 Abs. 1 GG garantierte sachliche Unabhängigkeit der Richter soll sicherstellen, dass die Gerichte ihre Entscheidung allein an Gesetz und Recht ausrichten (vgl. BVerfGE 107, 395

<402 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juli 2016 - 2 BvR 661/16 -, juris, Rn. 17).

b) Unter Berücksichtigung dieser vom Beschwerdeführer im Wesentlichen zutref- fend wiedergegebenen verfassungsrechtlichen Maßstäbe lässt sich dem Beschwer- devorbringen eine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit nicht mit hinreichen- der Deutlichkeit entnehmen.

Der Beschwerdeführer sieht seine sachliche richterliche Unabhängigkeit durch den Vorhalt und die Ermahnung der Präsidentin des Oberlandesgerichts beeinträchtigt, weil er damit zu einer grundlegenden Änderung seiner Rechtsanwendung aufgefor- dert werde. Dabei wendet er sich insbesondere gegen die ständige Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes, wonach das dienstaufsichtliche Eingreifen wegen vorhandener Rückstände und der mit einem Vorhalt verbundene Erledigungsdruck dann eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit ist, wenn dem Richter damit indirekt ein Pensum abverlangt wird, welches sich allgemein, also auch von anderen Richtern, sachgerecht nicht mehr bewältigen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ (R) 5/87 -, juris, Rn. 16; Urteil vom 5. Oktober 2005 - RiZ (R) 5/04 -, juris, Rn. 21; Urteil vom 3. Dezember 2009 - RiZ (R) 1/09 -, juris, Rn. 35;

Urteil vom 7. September 2017 - RiZ (R) 2/15 -, juris, Rn. 22). Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass die Prüfung einer vermeintlichen „Sachgerechtigkeit“ verfas- sungsrechtlich nur haltbar wäre, wenn jeder Richter gemäß seiner eigenen Überzeu- gung entscheiden könnte, was für ihn in der Rechtsanwendung nach Inhalt, Methode und Arbeitsweise „sachgerecht“ sei. Eine „Durchschnittssachgerechtigkeit“ sei von Art. 97 Abs. 1 GG und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfas- sungsgerichts nicht gedeckt.

aa) Dabei setzt sich der Beschwerdeführer bereits nicht hinreichend mit der dem Vorhalt und der Ermahnung zugrundeliegenden einfachrechtlichen Grundlage aus- einander. Nach § 26 Abs. 2 DRiG umfasst die Dienstaufsicht auch die Befugnis, die

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26 ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und zu ord-

nungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen, soweit dadurch nicht die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt wird. Daraus haben die Dienstgerichte in den angegriffenen Entscheidungen den Schluss gezogen, dass auch die Arbeitsleistung eines Richters in quantitativer Hinsicht der Dienstaufsicht nicht von vornherein entzogen sei. In der Literatur wird ebenfalls die Auffassung ver- treten, dass der Vergleich von Erledigungszahlen zwar mit einer gewissen Zurück- haltung zu beurteilen sei, es angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 26 Abs. 2 DRiG aber keinem Zweifel unterliege, dass etwa ein unbefriedigendes Arbeitspen- sum eines Richters grundsätzlich beanstandet werden könne (vgl. Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl. 2009, § 26 Rn. 24).

Da der Beschwerdeführer die Regelung des § 26 Abs. 2 DRiG verfassungsrechtlich nicht in Zweifel zieht, hätte er sich näher mit ihrem Inhalt auseinandersetzen und dar- legen müssen, welcher Anwendungsbereich noch bliebe, wenn, wie er meint, die

„Sachgerechtigkeit“ der Erledigung allein durch die subjektive Überzeugung und per- sönliche Arbeitsweise des einzelnen Richters bestimmt wird. Er führt zwar aus, dass der Vorhalt einer „unzureichenden Arbeitsleistung“ nur insoweit zulässig sei, als da- mit keine Einflussnahme auf die richterliche Arbeit verbunden sei; dies könnte bei- spielsweise bei einer unzureichenden Arbeitszeit oder bei der willkürlichen Nichtbe- achtung einer gesetzlichen Frist möglich sein. Diese Ausführungen setzen sich jedoch nicht mit dem Wortlaut des § 26 Abs. 2 DRiG und der vom Gesetzgeber aus- drücklich vorgesehenen Befugnis der Dienstaufsicht auseinander, nicht nur zu „ord- nungsgemäßer“, sondern auch zu „unverzögerter“ Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen. Der Beschwerdeführer berücksichtigt auch nicht, dass das Abstellen auf ein an Durchschnittswerten orientiertes Verständnis von Sachgerechtigkeit unter Wahrung „großzügiger Toleranzbereiche“ die richterliche Unabhängigkeit möglicher- weise eher schützt als einengt. Die Komplexität der damit aufgeworfenen Fragen und der Umstand, dass der Beschwerdeführer seiner Auffassung im Kern eine verfas- sungskonforme einschränkende Auslegung des § 26 Abs. 2 DRiG zugrunde legt, hät- te ihn dazu veranlassen müssen, die aufgeworfenen Fragen eingehend zu erörtern.

bb) Ungeachtet dessen legt der Beschwerdeführer auch eine Verletzung seiner richterlichen Unabhängigkeit durch die konkrete Anwendung des § 26 Abs. 2 DRiG in Gestalt der angegriffenen Entscheidungen nicht substantiiert dar.

(1) Soweit er geltend macht, er sei von der Präsidentin zur Erzielung bestimmter Durchschnittszahlen aufgefordert worden, zeigt er nicht auf, dass die – anderslauten- de – Auslegung, die der Bescheid vom 26. Januar 2012 durch die Entscheidungen der Dienstgerichte erfahren hat, unvertretbar sein könnte. So hat der Dienstgerichts- hof ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer mit dem Bescheid der Präsidentin eine quantitativ unbefriedigende Arbeitsleistung vorgehalten und nicht nur ein statistischer Zahlenvergleich vorgenommen werde. Dabei hat er zum einen darauf abgestellt, dass neben der Auflistung der durchschnittlichen Erledigungszahlen in dem Bescheid ausdrücklich von einem unbefriedigenden Arbeitspensum gesprochen werde sowie

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28 davon, dass der Beschwerdeführer weniger erledigt habe, als dies der durchschnitt-

lichen Leistung eines Halbtagsrichters oder einer Halbtagsrichterin entspreche. Zum anderen hat der Dienstgerichtshof ausgeführt, dass der nicht näher ausgeführte Ver- weis auf die „großzügig zu bemessenden Toleranzbereiche“ gerade ein Hinweis dafür sei, dass dem Beschwerdeführer keine bestimmte, schon gar nicht eine im Durchschnitt liegende Arbeitsleistung abverlangt werde. Der Vorhalt verlange bei zu- treffender Auslegung nur eine insgesamt höhere, sich dem Durchschnitt annähernde Arbeitsleistung.

Mit dieser vom Dienstgericht des Bundes revisionsrechtlich nicht beanstandeten tatrichterlichen Würdigung setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Er macht geltend, die Dienstgerichte hätten eine Subsumtion des streitgegenständli- chen Sachverhalts unterlassen und verweist hierzu insbesondere auf die Berufungs- erwiderung der Präsidentin des Oberlandesgerichts Karlsruhe, wonach „durch die gesetzliche Vorgabe der Personalausstattung und das tatsächliche Fallaufkommen […] der verbindliche Maßstab aufgestellt“ werde, „wie viel der einzelne Richter in sei- ner jeweiligen Funktion insgesamt zu erledigen“ habe. Dem Beschwerdeführer ist zu- zugeben, dass diese Äußerung für sich genommen mit Blick auf die richterliche Un- abhängigkeit zu beanstanden sein dürfte, da sie möglicherweise als Befürwortung eines „Erledigungspensums nach Kassenlage“ verstanden werden könnte. Jedoch haben die angegriffenen Entscheidungen diesen Ansatz nicht nur nicht aufgenom- men oder gar gebilligt, sondern die Maßgeblichkeit einer objektiven Auslegung des vom Beschwerdeführer beanstandeten Vorhalts betont. Das Dienstgericht des Bun- des hat hierzu ausgeführt, dass es nicht auf die vom Beschwerdeführer in Anknüp- fung an die vorzitierte Passage der Berufungserwiderung behauptete Absicht der Präsidentin ankomme, sondern auf den in Rede stehenden objektiven Gehalt des Vorhalts, der dem Beschwerdeführer weder konkrete Vorgaben zu seiner Arbeitswei- se gemacht noch ein bestimmtes Pensum abverlangt habe. Diese Auslegung des Vorhalts und nicht das dem Vorhalt vom Beschwerdeführer und möglicherweise von der Präsidentin des Oberlandesgerichts zugewiesene Verständnis liegt den angegrif- fenen Entscheidungen zugrunde. Dem tritt die Beschwerdeschrift inhaltlich nicht ent- gegen.

(2) Auch im Hinblick auf sein Vorbringen, er sei durch den Vorhalt der Präsidentin zu einer grundlegenden Änderung seiner Rechtsanwendung aufgefordert worden, legt der Beschwerdeführer nicht substantiiert dar, dass die hiervon abweichende Würdigung des Vorhalts durch die Dienstgerichte unvertretbar sein könnte. Der Dienstgerichtshof hat ausgeführt, der Vorhalt sei so zu verstehen, dass der Be- schwerdeführer selbst seine Arbeitsweise reflektieren könne auf etwaige Vorgehens- weisen, die ihn unnötig viel Zeit kosteten, ohne dass sich dies auf die Prüfung der einzelnen Fälle oder allgemein die Qualität der Rechtsprechung auswirken könnte.

Dies betreffe nicht die eigentliche Rechtsprechung oder Sorgfalt bei der Bearbeitung der Verfahren, sondern beispielsweise organisatorische Aspekte. Auch das Dienst- gericht des Bundes hat festgestellt, dass die in dem Vorhalt enthaltene Aufforderung,

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31 die Arbeitsweise zu ändern, gerade nicht bedeute, in einem bestimmten Sinn zu ent-

scheiden oder das Amt in einer bestimmten Richtung auszuüben.

Der Beschwerdeführer trägt zwar vor, die Behauptung, dass die Maßnahme der Präsidentin keinen Einfluss genommen habe, sei eine Leerformel, die den allgemei- nen Denkgesetzen und dem Vorbringen der Parteien widerspreche. Dies legt er je- doch ebensowenig nachvollziehbar dar wie seine Auffassung, die angegriffene Maß- nahme werde sich auf seine künftige richterliche Arbeit inhaltlich auswirken. Soweit er auf einzelne Umstände hinweist, aus denen sich die von ihm wahrgenommene Absicht der Präsidentin ergebe und die, wie etwa die Besonderheiten in der Wahr- nehmung seiner richterlichen Verantwortung, die er in einem Vermerk vom 6. No- vember 2011 niedergelegt habe, seiner Auffassung nach von den Dienstgerichten nicht berücksichtigt worden seien, setzt er sich wiederum nicht mit den Ausführungen in den angegriffenen Entscheidungen auseinander. So hat etwa der Dienstgerichts- hof das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Präsidentin sei bewusst gewesen, dass er seine Arbeitsweise nur insoweit ändern könne, dass er Verfahren weniger sorgfältig bearbeite oder sich nicht mehr an das Gesetz halten könne, gewürdigt, ist diesem jedoch nicht gefolgt. Im Hinblick auf den Vortrag des Beschwerdeführers, ihm seien im gesamten dienstrechtlichen Verfahren keine konkreten Hinweise zu einer Änderung seiner Arbeitsweise gegeben worden, hat der Dienstgerichtshof zudem zu Recht darauf hingewiesen, dass in diesem Fall ein Eingriff in die richterliche Unab- hängigkeit anzunehmen sein könnte, da dem Beschwerdeführer dann möglicherwei- se tatsächlich eine bestimmte Verfahrensweise für einzelne Verfahren vorgegeben werden solle.

Darüber hinaus lässt der Beschwerdeführer unberücksichtigt, dass er zuletzt vor den Dienstgerichten und auch im vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren wiederholt vorgetragen hat, er ziehe nicht in Zweifel, dass seine Kolleginnen und Kol- legen am Oberlandesgericht ihre Entscheidungen sachgerecht und an das Gesetz gebunden träfen. Im Hinblick auf den Umstand, dass sich der vom Beschwerdeführer beanstandete Vorhalt an der Erledigungsleistung dieser Kolleginnen und Kollegen orientiert, gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, nachvollziehbar zu begründen, dass er selbst – anders als seine Kolleginnen und Kollegen – dem Vorhalt nur durch eine Änderung der Rechtsanwendung nachkommen könnte, die von ihm nur unter Verletzung seiner richterlichen Unabhängigkeit verlangt werden könnte. Soweit der Beschwerdeführer die Auslegung des § 26 Abs. 2 DRiG durch die angegriffenen Ent- scheidungen als Grundlage für die Erwartung einer befriedigenden quantitativen Ar- beitsleistung nicht in Frage stellt (zu seiner abweichenden Auslegung siehe oben Rn. 24), ist sein Vortrag in sich unauflöslich widersprüchlich, weil er zugleich an- nimmt, bei einer Orientierung an dieser Auslegung in seiner eigenen Tätigkeit unter Verletzung des Art. 97 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5 GG in die Nähe der strafbaren Rechts- beugung zu geraten oder die Grenze hierzu gar zu überschreiten.

Demgegenüber vermag auch der Verweis des Beschwerdeführers auf den Nichtan- nahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 2016 - 2 BvR 661/16

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36 - nicht zu überzeugen. Dort hat das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Ver-

urteilung eines ehemaligen Richters wegen Rechtsbeugung festgestellt, dass die Verwirklichung dieses Straftatbestandes voraussetzt, dass dem zur Entscheidung berufenen Richter ausreichend Zeit zu einer allein an Recht und Gesetz orientierten Bearbeitung des Falles zur Verfügung steht (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juli 2016 - 2 BvR 661/16 -, Rn. 20). Da der Beschwer- deführer jedoch ausdrücklich nicht in Zweifel zieht, dass seine Kolleginnen und Kolle- gen am Oberlandesgericht ihre Entscheidungen an das Gesetz gebunden getroffen haben, erschließt sich aus dem Beschwerdevorbringen auch in diesem Zusammen- hang nicht, weshalb er durch den Vorhalt gezwungen werden könnte, seine Entschei- dungen unter Missachtung der Bindung an Recht und Gesetz zu treffen oder sich gar einer Rechtsbeugung strafbar zu machen.

Soweit das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung außerdem ausge- führt hat, dass stets die konkrete, subjektive Belastungssituation des Richters in den Blick zu nehmen sei und eine Orientierung allein an vermeintlich objektiven, durch- schnittlichen Bearbeitungszeiten dem nicht genüge (vgl. BVerfG, a.a.O.), setzt sich der Beschwerdeführer wiederum nicht damit auseinander, dass ihm nach der Ausle- gung des Vorhalts in den angegriffenen Entscheidungen nicht nur eine (gelegentli- che) Abweichung von Durchschnittswerten, sondern eine über Jahre anhaltende ins- gesamt unzureichende Arbeitsleistung vorgehalten wird.

cc) Der Beschwerdeführer zeigt nach alledem eine Verletzung seiner richterlichen Unabhängigkeit durch die angegriffenen Entscheidungen nicht hinreichend substan- tiiert auf, so dass seine Verfassungsbeschwerde insoweit unzulässig ist. Ob der Vor- halt und die Ermahnung auch in der Gestalt, die sie durch die angegriffenen gericht- lichen Entscheidungen gefunden haben, den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die richterliche Unabhängigkeit inhaltlich in vollem Umfang genügen, muss daher offenbleiben.

3. Die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG hat der Beschwerdefüh- rer ebenfalls nicht substantiiert dargelegt. Dem Beschwerdevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass die Dienstgerichte entscheidungserhebliches Vorbringen nicht berücksichtigt oder die Beweisanträge des Beschwerdeführers ohne Stütze im Prozessrecht abgelehnt haben könnten.

4. Schließlich zeigt der Beschwerdeführer eine mögliche Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als allgemeines Willkürverbot nicht mit hinreichen- der Deutlichkeit auf. Das Beschwerdevorbringen geht insoweit inhaltlich nicht über das Vorbringen zur Beeinträchtigung der sachlichen richterlichen Unabhängigkeit hinaus. Eine in keiner Weise vertretbare Begründung der angegriffenen Entscheidun- gen ist damit nicht ansatzweise dargetan.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgese- hen.

(12)

37 Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Hermanns Maidowski Langenfeld

(13)

Bundesverfassungsgericht, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11. November 2021 - 2 BvR 1473/20

Zitiervorschlag BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Novem- ber 2021 - 2 BvR 1473/20 - Rn. (1 - 37), http://www.bverfg.de/e/

rk20211111_2bvr147320.html

ECLI ECLI:DE:BVerfG:2021:rk20211111.2bvr147320

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