Notizen 113 Photoinduzierte Dechlorierungsreaktion
an Dichlorbenzolen, Anilinen und Phenolen in Gegenwart von Protonendonatoren Photoinduced Dechlorination Reaction of Dichlorobenzenes, Chloroanilins and Chlorophenols in the Presence of Protondonors
H. Parlar*, P. G. W. Steven, R. Baumann*
und F. Körte
Institut für Ökologische Chemie der Gesellschaft für Strahlen- und
Umweltforschung mbH München, Schulstr. 10, D-8050 Freising-Attaching*
und Institut für Chemie der Technischen Universität München, D-8050 Freising-Weihenstephan Z. Naturforsch. 34b, 113-114 (1979);
eingegangen am 22. September 1978 Quantum Yields,
Monosubstituted Chlorobenzenes
Photokinetic experiments show that the de- chlorination reaction of dichlorobenzenes, chloro- anilins, and chlorophenols is dependent on nature of solvent, but undependent on oxygen.
Quantum yields determined in n-hexane indicate that there is a strong deviation within the ortho, meta, and para products.
Zu den wichtigsten Detoxikationsmechanismen der Chlorpestizide wird die Dechlorierung gezählt, die entweder durch biologischen Abbau oder durch elektromagnetische Strahlung der Sonne in Gegen- wart von Protonendonatoren zu erreichen ist. Die
Sonderdruckanforderungen an H. Parlar, Institut für Ökologische Chemie der Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung mbH München, Schulstraße 10, D-8050 Freising-Attaching.
Photodechlorierungsreaktionen monosubstituierter Chlorbenzole ist als eine Modelluntersuchung anzu- sehen, da einige von ihnen Abbauprodukte von wichtigen und in großen Mengen angewendeten Pflanzenschutzmitteln, wie die Phenylharnstoff- herbizide und die Carbamate, sind [1-3]. Die UV- Spektren der substituierten Benzole zeigen alle drei Banden ^B, iL a und xLb) des Benzols, obwohl die hohe Symmetrie des Aromaten durch die Substi- tuenten stark verändert wird. Gegenüber Benzol er- fahren substituierte Benzole eine bathochrome Ver- schiebung [4]. Daneben tritt noch ein anderer wesentlicher Effekt auf. Während nämlich beim Benzol die Übergänge !La XA und xLb XA aus Symmetriegründen strikt verboten sind, trifft dies bei substituierten Benzolen nicht mehr zu. So stei- gen die £-Werte für die xLb-Banden, die für die Dechlorierung der monosubstituierten Chlorbenzole verantwortlich sein dürften, von 140 bei Benzol auf 352 bei o-Dichlorbenzol, 3400 bei o-Chloranilin und 5044 bei o-Chlorphenol. Aus den oben genannten Gründen kann diese Substanzklasse auch in erd- bodennahen Schichten der Atmosphäre dehaloge- niert werden, wo nur Wellenlängen oberhalb 290 nm anzutreffen sind. Deshalb wurden im Rahmen dieser Arbeit Dichlor benzole, Chloraniline und Chlor- phenole mit Wellenlängen oberhalb 290 nm in Gegenwart von Protonendonatoren (w-Hexan, Me- thanol und Methanol/Wasser) bestrahlt. Tab. I gibt die Ergebnisse dieser Bestrahlungsexperimente wieder. Auffällig sind die guten Ausbeuten, die im Falle des o-Dichlorbenzols und ra-Chlorphenols er- zielt wurden. Dagegen setzen sich die p-chlor- substituierten Aromaten schlecht oder gar nicht um.
Versuche, die mit o-Dichlorbenzol und ra-Chlor- phenol in Methanol mit steigender Konzentration von Wasser durchgeführt wurden, zeigen deutlich den Einfluß des Wassers auf die Photodechlorie- rungsreaktion (Abb. 1).
Beim Versuch, den Einfluß des Luftsauerstoffs zu ermitteln, wobei die Luft durch Einleiten von Stick -
c [10 mol/l]
Abb. 1. Einfluß des Wassers auf die
•/.H2O Photodechlorierungsreaktionen v o n o-Di- chlorbenzol (links) und m-Chlorphenol (rechts) (jeweils die Bildung der Photo- produkte Chlorbenzol bzw. Phenol).
114 Notizen stoff aus den Lösungsmitteln entfernt wurde, stellte
sich heraus, daß die Reaktionsgeschwindigkeit vom Sauerstoffpartialdruck nicht abhängig ist. Auch bei den Experimenten mit o-Dichlorbenzol, o-Chlor- anilin und m-Chlorphenol in Dioxan, das durch wiederholtes Einfrieren, Evakuieren und Auftauen vom Sauerstoff befreit wurde, blieben die Umwand- lungsraten unverändert.
Die Quantenausbeuten der Bildung der Dechlo- rierungsprodukte, die bei Einstrahlung in die 1Lt,- Tab. I. Ausbeuten und Quantenausbeuten der mono- substituierten Chlorbenzole.
Dechlo- Ausbeute Verbindung rierungs- [%]* AxLb 0 p**
produkt
C . ^ Q ^ N H ,
OH OH
16a
21b 7C
4a 6b
< la
< lb nnc
2a
nn2b c
7a
10b 5C
nna
nnb
nnc
5a
20a
22b 12c
2a
< l b
271 2,44 10"1
273 4,17-IO-2
276 4,48-10-3
292 6,20-10-5
292 4,29-10-2
300
275 2,74-10-2
275 2,01-10-!
282 2,88-10-3
* 50 h (A > 290 nm),
** in n-Hexan bei 20 °C in Totalabsorption,
a n-Hexan, b Methanol,
c Methanol/Wasser 1:1, nn nicht nachgewiesen.
Bande der monosubstituierten Chlorbenzole in w-Hexan gemessen wurden, zeigen deutlich, daß sie um Zehnerpotenzen voneinander abweichen.
Besonders stark unterscheiden sich die Chlor- aniline, bei denen das p-Chlorprodukt nicht de- chloriert wird. Die Quantenausbeuten stimmen mit den Ergebnissen der im präparativen Maßstab durchgeführten Versuche überein und bestätigen u.a. die Resultate von Mansour et al. [5] und Munakata [6], die in ihren Untersuchungen fest- stellten, daß bei Chloranilinen das Chlor in meta- Stellung bevorzugt dehalogeniert wird.
Experimenteller Teil
Alle Photoreaktionen im präparativen Maßstab wurden mit einer Hg-Lampe HPK 125 W (Fa.
Philips) in 2 • 10- 2 M Lösungen durchgeführt. Als Filter diente Pyrex-Glas. Der Reaktionsverlauf wurde gascliromatographisch kontrolliert. Als inne- rer Standard wurde für o- und m-Dichlorbenzol Undecan, für p-Dichlorbenzol 2-Heptanon verwen- det. Als stationäre Phase diente Bentone 34/DC550.
Die Bestimmung der gebildeten Anilinmoleküle wurde auf einer Glassäule, 15% Siponat DS 10 auf Chromosorb W - A W - D M C S + 2 % NaOH, vorge- nommen. Als innerer Standard wurde Pentadecan eingesetzt. Die Bildung des Phenols wurde auf einer Glassäule, 10% DEGS + 3 % H 3 P O 4 auf Chromo- sorb W - A W - D M C S , bestimmt. Da kein geeigneter Standard gefunden werden konnte, wurde die ana- lytische Bestimmung nach der Zumischmethode vorgenommen. Die Belichtungen bei der Bestim- mung der Quantenausbeute wurden mit einer opti- schen Bank in tliermostatisierten (20 °C) 1 cm-UV- Küvetten (Hellma 110 QS) in Totalabsorption aus- geführt. Als Lichtquelle in Verbindung mit einem High-Intensity-Monochromator (Fa. Bausch &
Lomb) diente eine Xenonlampe X B O 450 W-4 (Fa.
Osram), die mit dem Vorschaltgerät T N X 450 (Fa. Heinzinger) betrieben wurde. Der Quanten- strom wurde nach der Methode von Hatchard und Parker mit einem Eisenoxalataktinometer gemes- sen. Die Quantenausbeuten haben eine Genauigkeit von ± 10%. Die Reproduzierbarkeit beträgt da- gegen 4 % . Die Bestrahlungszeit wurde in Vor ver- suchen so festgelegt, daß die Menge des Dechlorie- rungsproduktes unter 1 % blieb. Zur exakten gas- chromatographischen Bestimmung kleiner Mengen (c ~ 10"5 mol/1) war es notwendig, äußerst reine Ausgangssubstanzen zu verwenden. Aus diesem Grunde wurden sie durch präparative Gaschromato- graphie auf der gleichen stationären Phase wie bei der analytischen Bestimmung nochmals gereinigt und waren 99,9% rein.
[1] R. L. Dalton, A. W. Evans und R. C. Rhodes, Weeds 14, 31 (196G).
[2] R. Bartha, J. Agric. Food Chem. 16, 602 (1968).
[3] C. C. Still und O. Kuzirian, Nature (London) 216, 799 (1967).
[4] L. Daub und J. M. Vandeubelt, Am. Soc. 77, 2414 (1949).
[5] M. Mansour, Diplomarbeit, Universität Bonn 1973.
[6] K. M. Munakata, Residue Rev. 25, 13 (1969).