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Kompetenzbereich historische Orientierungskompetenzen

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Kompetenzbereich historische Orientierungs- kompetenzen

Waltraud Schreiber

1. GRUNDLEGENDEÜBERLEGUNGEN ZUR HISTORISCHEN ORIENTIE-

RUNG

„Orientierung“ wird sowohl in alltäglich-lebensweltlichen, als auch in wissenschaftlichen Kontexten verwendet. Das hat zur Folge, dass unter- schiedliche Konzepte ausdifferenziert worden sind. Gemeinsam ist ihnen, dass es jeweils um Ausrichtung bzw. um ein Sich-Ausrichten1und um ein Sich-Zurecht-Finden geht.

Historische Orientierung meint dann ein Ausrichten zeitlicher Verän- derungen und Entwicklungen2und ein Sich-zurecht-Finden im Wandel, wobei die Endlichkeit des konkret in der Zeit Existierenden und die Un- endlichkeit der Zeit die besondere Herausforderung an zeitliche Orientie- rung markieren.

Wegen des Kontinuums der Zeit ist „zeitliche Orientierung“ notwen- dig immer auch „historische“ Orientierung und das nicht nur rein formal, in dem Sinne, dass alles, was im jetzigen Augenblick gegenwärtig ist, im nächsten vergangen ist. Aspekte der Vergangenheit sind vielmehr immer auch qualitativ gegenwärtig in den konkreten Lebensumständen: Alles Ge- genwärtige ist geworden und birgt deshalb notwendigerweise auch Ver- gangenes in sich, wobei das, was Kontinuität schaffend aus der Vergangen- heit aufgegriffen wird, zugleich und notwendigerweise in jeder Gegenwart

„anders“3wird. Die in der Gegenwart nachwirkende bzw. in die Zukunft hineinwirkende Vergangenheit ist also nicht die „damalige“ Vergangen- heit. Die vergangenen Erfahrungen, auf die Bezug genommen wird, wer- den als Teil der Gegenwart neu und anders belebt. Rüsen bezeichnet diese Vergangenheitsbezüge als „subjektive Geschichte“,4als einen Rückgriff auf die Erfahrungen der Vergangenheit also, der durch gegenwärtige Bedürf-

1 lat. oriens = aufgehend, sich nach dem Aufgang der Sonne = Osten ausrichten.

2 Zu Zeitdifferenz als Charakteristikum historischer Zeit vgl. Schöner, Kompetenzbereich Sachkompetenzen, in diesem Band S. 265-314; dort auch weiterführende Literatur.

3 Vgl. auch Rüsen, Kann Gestern besser werden, 2003.

4 Rüsen, Faktizität, 2004; Rüsen, Faktizität, 2006.

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nisse bzw. durch zukunftsbezogene Orientierungsbedürfnisse bestimmt ist.5Explizit bezieht er sich dabei auf Droysens Einsicht, dass aus den ‚Ge- schäften der Vergangenheit Geschichte(n) für die Gegenwart‘ werden.6 Was heißt das generell für historische Orientierung?

Einmal bedeutet es, dass zwischen der je angeeigneten Vergangenheit (der aus Gegenwarts- und Zukunftsinteressen heraus gedeuteten) und der „ge- wesenen“, „wirklichen“ Vergangenheit (die uns aber nur als „empirisch triftig re-konstruierte“ zugänglich ist) unterschieden werden muss.

Über die Möglichkeiten und über die Grenzen der Re-Konstruierbarkeit von Vergangenem denkt die Geschichtswissenschaft, insbesondere in ihrer Teildis- ziplin der Historik, nach, seit es sie als Wissenschaftsdisziplin gibt.7Die Posi- tionen verhärteten sich in den letzten Jahrzehnten: Auf der einen Seite stehen solche Vertreter der historischen Forschung und der Geschichtsdidaktik,8die die Geschichtstheorie als das anerkennen, was sie immer schon sein wollte, als Instanz der Selbstreflexion der Disziplin, die somit konsequenterweise geschichtstheoretische Einsichten für das eigene Tätigkeitsfeld adaptieren.

Auf der anderen stehen Historiker und Geschichtsdidaktiker, die das aktuell erfolgende Nachdenken über Geschichte, wie es inzwischen verstärkt auch von anderen Disziplinen betrieben wird, nicht für sich rezipieren wollen. – Soziologie, Literaturwissenschaft, Theologie, die neuen Kulturwissenschaften gaben und geben dem Nachdenken über Geschichte wichtige neue Impulse,9 wobei allerdings „spezifisch Historisches“ zum Teil aus dem Blick rückt(e). – Möglicherweise zeigen Beiträge wie die Jörn Rüsens zu „Faktizität und Fik- tionalität“ konstruktive Möglichkeiten auf, um Brücken zu schlagen und einen Diskurs innerhalb der Geschichtswissenschaft und zwischen den Disziplinen in Gang zu setzen, der so noch nicht in der nötigen Breite geführt wurde. Er

5 Rüsen, Vernunft, 1983; vgl. auch die weiteren Bände des Zyklus Grundzüge der Histo- rik.

6 Droysen, Historik (Leyh, Bd. 1. S. 69 ff.); vgl. auch die umfängliche Droysen-Rezeption, die selbstverständlich ihrerseits „zeitgebunden“ erfolgt und inzwischen eine eigene Wirkungsgeschichte (z.B. in der Geschichtstheorie und der Geschichtsdidaktik) hat.

7 Einen prägnanten Überblick über aktuelle geschichtstheoretische Positionen eröffnet Lorenz, Konstruktion, 1997. Vgl. auch Goerz, Umgang, 1995; Sellin, Einführung 1995.

8 Geschichtswissenschaft besteht aus den drei Säulen historische Forschung, Geschichts- theorie und Geschichtsdidaktik.

9 Wirkungsmächtig wurden z.B. die von Hayden White angeführte Debatte über Historio- graphie und Literatur sowie die soziologische Debatte über Objektivität der Sozialwis- senschaften, die u.a. von Max Weber und Georg Simmel eingeleitet wurde und die in der Debatte über Geschichte als Wirklichkeit derzeit von der Kulturwissenschaft aufge- griffen und weitergeführt wird, aber auch in der Theologie (Exegese/Hermeneutik) zu verorten ist. Dazu kommt die alle Disziplinen berührende Debatte über den Konstruk- tivismus.

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müsste die „Wirklichkeit“ von Vergangenem, die Möglichkeiten einer metho- disch geleiteten Re-Konstruktion, den Konstruktcharakter und die Triftigkeits- kriterien für die Re-Konstruktion ebenso thematisieren wie die „Wirklichkeit/

Wirksamkeit“ von Geschichte in der Gegenwart und für die Zukunft.

Zum anderen muss weiter über die Sinnkriterien nachgedacht werden, durch die historische Orientierung erst möglich wird.

Auch hier weist Jörn Rüsen mit seinen aktuellsten Beiträgen und den im Kon- text seines Humanismus-Projekts mündlich vorgetragenen Überlegungen Wege: Der „unvordenkliche“10Ausgangspunkt jeder Sinnbildung sei ein „Ur- vertrauen“ in die Möglichkeit sinnvoller Zeitverläufe. Es entstehe aus der Erfahrung mit einem vergangenheitsbezogenen Handeln in der Gegenwart und mit einer historisch fundierten Zukunftsplanung in der „wirklichen Lebenspraxis“. Rüsen geht davon aus, dass der „Vollzug der Lebenspraxis“

auch als „wirksame […] Kraft der Konstruktion“ „expliziter Geschichten“ fun- giert, die Zeitverläufe „in der Form einer narrativen Explikation“11darstellen.

Die immer schon gemachte Erfahrung, die „subjektive Geschichte“, sei also jeder Konstruktion historischer Narrationen immer schon voraus und bestim- me sie mit.

In diesem Apriori eines historischen Sinns kann jeder Mensch als historisch denkendes Subjekt Sinnkontinua für konkrete Zeitverläufe konstruieren. Dazu schafft er, seiner jeweiligen Fragestellung folgend12und seinen Kompetenzen entsprechend, eine historische Narration. Diese Narrationen können mehr oder weniger triftig, mehr oder weniger orientierend sein. Seine Fragestellung kann der Einzelne vorrangig und explizit auf die Orientierung der eigenen Gegenwart/Zukunft fokussieren. Es ist aber ebenso möglich, vornehmlich auf die methodisch kontrollierte Re-Konstruktion von Vergangenem abzuheben oder auch, auf einer Metaebene, auf Sinnkriterien oder auf die Art und Weise der Re-Konstruktion und Darstellung.13– Das Apriori historischer Sinnbildung steht immer im Hintergrund, schon deshalb, weil die Gegenwartsgebunden- heit jedes historisch Erzählenden unhintergehbar ist, weil jeder historisch Erzählende in seine einerseits immer schon vorhandenen, andererseits ständig neu entstehenden subjektiven Geschichten eingewoben ist und jeder Rezipient von historischen Narrationen diese in seine subjektiven, sein Leben orientie- renden Geschichten aufnehmen und einbinden kann.

Welche Sinnkriterien eine lebensweltlich sinnvolle Zeitverlaufsvorstellung ermöglichen, welche Narrationen nach welchen Kriterien in sich triftig sind,

10 Vgl. Rüsen, Faktizität, 2006, insbesondere S. 129ff.

11 Rüsen, Faktizität, 2006, S. 130.

12 Vgl. Schreiber, Kompetenzbereich Fragekompetenzen, in diesem Band S. 155-193.

13 Vgl. hierzu die Überlegungen zu den drei „Fokussierungen“, in denen der Umgang mit Vergangenheit/Geschichte erfolgen kann; sie schließen die Zusammenhänge zwischen den Fokussierungen immer mit ein, vgl. u.a. die Hinweise im Glossar dieses Bandes.

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hängt von der gewählten Fragestellung ab und vom jeweiligen Horizont des historisch Denkenden (vgl. Zeit-, Gruppen- und Kulturspezifität). Besteht die verfolgte Fragestellung z.B. darin, als Historiker vergangene Erfahrung zu rekonstruieren, muss der Denkprozess vor allem methodisch kontrolliert ablaufen, den damaligen Normen- und Wertehorizont berücksichtigen und als Ergebnis zu einer schlüssigen, konsensfähigen narrativen Explikation für die in Frage stehenden Zeitverläufe führen. Ob die geleistete Deutung zugleich für die Sinnbildung in Bezug auf Gegenwart und Zukunft trägt, interessiert den Historiker oft weniger als die, die dessen Ergebnisse für eigene Orientierungen nutzen wollen.

Ist dagegen das Ziel explizit eine zukunftsbezogene Orientierung unter Rückgriff auf vergangene Erfahrungen, genügt der Denkprozess den Triftig- keitskriterien erst dann, wenn nicht nur die Vergangenheits-, sondern auch die Gegenwarts- und Zukunftspartikel methodisch kontrolliert erhoben werden (empirische Triftigkeit), wenn ein für die Rezipienten akzeptierbares Sinnkri- terium zu Grunde gelegt und dabei die Alterität der damaligen und heutigen Wertehorizonte mitbedacht wird (normative Triftigkeit) und wenn dazu, durch konsensfähige, plausible Kontextualisierungen dieser Vergangenheits-, Gegen- warts- und Zukunftspartikel eine narrativ triftige Narration geschaffen wird.14 Schließlich besteht eine große Herausforderung darin, die Diskussion um historische Orientierung in die Pragmatik der Beschäftigung mit Vergan- genheit/Geschichte zu implementieren. Pragmatik findet sowohl in der in- dividuellen Lebenswelt, als auch in spezifischen Feldern der Geschichts- kultur, im Geschichtsunterricht oder in Forschungsinstituten und Univer- sitäten statt.

Das vorliegende Kompetenz-Strukturmodell verfolgt die Absicht der Im- plementation. Es greift die disziplinäre Matrix Jörn Rüsens15auf und verbin- det sie mit Überlegungen zur Entwicklung historischer Kompetenzen. Bei der Ausdifferenzierung der Kompetenzbereiche wurde darauf geachtet, dass sie eindeutig definierbar und voneinander abgrenzbar sind, dass zugleich Über- lappungsbereiche zwischen den Bereichen zu bestimmen sind.16

Bevor in Kapitel 3 der Kompetenzbereich der Orientierungskompetenzen, insbesondere auch in seinen Überlappungen mit den anderen Kompetenz-

14 Vergangenheitsbezogene Re-Konstruktionsprozesse liefern zudem Bausteine, die auch für Orientierung in der Gegenwart genutzt werden können, z.B. um eine bereits vorhan- dene „subjektive Geschichte“, die das eigene Leben orientieren soll, zu korrigieren bzw.

um als ‚objektive Geschichte’ dazu beizutragen, dass „sich die Subjekte die in der Reali- tät ihrer gewordenen Lebensumstände selber immer schon wirksame Vergangenheit geistig an[eignen], um dadurch in und mit ihr tätig sein zu können.“ Rüsen, Faktizität, 2006, S. 131.

15 Rüsen, Matrix, 2002.

16 Vgl. Basisbeitrag, in diesem Band S. 17-53.

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bereichen, näher ausdifferenziert wird, gehe ich in Kapitel 2 noch konkre- ter auf Einzelaspekte der historischen Orientierung ein.

2. KONKRETISIERUNG AUSGEWÄHLTERASPEKTE DER HISTORISCHEN

ORIENTIERUNG

2.1 GEGENWARTSGEBUNDENHEIT

Der Orientierung Suchende bzw. Gebende bleibt immer Teil seiner eigenen Gegenwart, unabhängig davon, ob er zukunftsbezogene Orientierung sucht oder ob es ihm um ein Sich-zurecht-Finden in der Vergangenheit geht. In dieser seiner Gegenwart, abhängig von den je herrschenden Rah- menbedingungen, oft für seine Gegenwart und Zukunft, entwickelt er sei- ne Fragestellungen. Diese Gegenwartsgebundenheitkann nie aufgehoben werden. – Weil jede Gegenwart geworden und damit Teil eines zeitlichen Kontinuums ist, impliziert die Gegenwartsgebundenheit zugleich „Ge- schichtlichkeit“.17Damit ist gemeint, dass vergangene Erfahrungen in die Gegenwart hineinragen, in der Gegenwart aufgegriffen und neu belebt werden, dass Vergangenes immer in Teilen mitgewusst wird.

Mit der Kompetenz, sich historisch zu orientieren, ist nicht die Ge- schichtlichkeit gemeint, der sich niemand entziehen kann, sondern die Fä- higkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, sich aktiv im Wandel der Zeit zurecht zu finden, indem zeitliche Erfahrungen als sinnvolle Zeitverläufe gedeu- tet und in die Form historischer Narrationen gebracht werden.

2.2 HISTORISCHEORIENTIERUNG ALS FÄHIGKEIT, FERTIGKEIT UND

BEREITSCHAFT, ZEIT- UNDSINNKONTINUA HERZUSTELLEN

Bei der historischen Orientierung geht es darum, sowohl die unmittelba- ren, eigenen Zeiterfahrungen als auch die mittelbaren, nicht selbst ge- machten, einzubinden in Zeit- und Sinnkontinua, die ein Sich-zurecht-

17 Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlichen Alters in einer Gesellschaft/Kul- tur, in der einen Welt schafft eine Erinnerungsgemeinschaft (kommunikatives Gedächt- nis), die abhängig von den Erfahrungen, die die Mitlebenden gemacht haben, immer wieder anders wird (vgl. auch die Konzepte „living memory“, „floating gap“, oder „re- cent past“). Das „kommunikative“ Gedächtnis umfasst, so Jan Assmann, 3–4 Generatio- nen, ungefähr den Zeitraum von 80 Jahren (vgl. Assmann, Gedächtnis, 1992, 48-56). Vom

„floating gap“ sprach wohl erstmals der Ethnologe Jan Vansina, ders., Oral Tradition, 1985, S. 24.

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Finden ermöglichen. Die Problematik liegt zum einen darin, dass weder die Geschehnisse, die durch eigene Wahrnehmungen erfasst wurden, noch die historischen Erfahrungen, die von anderen in historischen Narrationen dargestellt wurden, noch die in den Überresten aus der Vergangenheit manifest gewordenen, objektiv, im Sinne von unabhängig vom Wahrneh- menden/Beobachtenden, sind. Dazu kommt zum anderen, dass auch die Orientierungsprobleme nicht in diesem Sinne objektiv gefasst werden können, dass es für den Einzelnen aber dennoch notwendig ist, sich zu verhalten (zu handeln, sich zu äußern, Urteile zu fällen …).

Die Zeit- und Sinnkontinua, die in dieser Situation geschaffen werden, umfassen grundsätzlich die Zeitdimensionen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sie dienen insbesondere der Bewältigung der Kontingenzen im menschlichen Dasein und greifen dazu die erfahrbaren qualitativen Differenzen in der Zeit auf. – Es geht dabei nicht einfach um ein chronolo- gisches Aneinanderreihen von in der Zeit Geschehenem: Sinnkriterien für die Auswahl und Ordnung, aber auch Akzentuierung dessen, was im dar- gestellten Zeitverlauf geschehen ist/geschehen soll, sind unerlässlich.

Jörn Rüsen charakterisiert den Prozess der Orientierung als „Sinnbildung über Zeiterfahrung“und „Sinn“ als „die vierte Dimension der Zeit, ohne die die drei anderen menschlich nicht gelebt werden können“.18Sinnbil- dung schafft Kohärenz, hebt die wahrnehmbaren und qualitativ unter- scheidbaren, zeitlich und räumlich bestimmbaren Geschehnisse in einem Ganzen auf, das Zeitverläufe nicht nur sichtbar, sondern vor allem aus ei- ner inneren Sinnhaftigkeit heraus verstehbar macht.

Dabei sollte man sich zweierlei bewusst halten: Einmal, dass auch die Sinnkategorien selbst nicht überzeitlich sind. Am Beispiel von „Religion“,

„Vernunft“, „Humanität“ lässt sich die Abhängigkeit dieser denkbaren

„Sinn-Mitten“ von Zeit und/oder Raum und/oder Kultur unmittelbar ein- sehen. Zum Zweiten sollte man sich klar machen, dass nicht nur diese kon- kreten Sinnkategorien im Fluss sind, sondern dass gerade auch die prinzi- piellen Grundannahmen über die Sinn-Dimension nicht gesichert sind/

nicht gesichert sein können. An die Stelle eines Nachweises muss das aus der Geschichtlichkeit allen Seins gespeiste „Urvertrauen“ in die Möglich- keit von Sinn treten, das menschliches Leben erst lebbar macht. – Es sind letztlich philosophische Grundentscheidungen, ob man davon ausgeht,

18 Rüsen, Kultur, 2006, S.193, vgl. dort das gesamte Kapitel: Aus Zeit Sinn machen – Ver- such einer Typologie temporaler Sinnbildung, S. 191-225; die vierte Dimension der Sinn- bildung bezeichnet Rüsen auch als übergeordnete Meta-Zeit (ebd., S. 199).

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dass Sinn „da“ ist und deshalb gesucht werden muss bzw. dass er, unter Berücksichtigung bestimmter Kriterien „gemacht“ werden kann bzw. dass es einen tieferen, vielleicht göttlichen, den Menschen nur in Teilen zugäng- lichen Sinn gibt.

In den explizit auf Orientierung zielenden historischen Narrationen lassen sich analytisch (und theoretisch) mehrere unterschiedliche Sinnbildungs- musteridentifizieren. Jörn Rüsen hat „traditionale, exemplarische, geneti- sche und kritische Formen” unterschieden;19u. a. Bodo von Borries20und Hans-Jürgen Pandel21oder Michele Barricelli22 haben an diesem Ansatz weitergearbeitet.23

Wenn mit Hilfe von historischer Sinnbildung explizit oder implizit in- dividuelles und kollektives Leben orientiert und personale und kollektive Identität gebildet werden soll, muss für die Orientierung-Suchenden eine Anschlussfähigkeit zwischen den Sinnbildungsmustern der Narratio- nen und den eigenen Erfahrungenbzw. deren Beurteilung und Einord- nung bestehen, den Normen und Werten, die sie akzeptieren, den Deutun- gen, die sie für plausibel halten.

Aber, auch wenn sinnbildende Kontextualisierungen und Deutungen rezipienten- bzw. adressatenbezogen sein müssen, sollten sie zugleich Ob- jektivierungskriterienberücksichtigen. Diese erhöhen nämlich die Orien- tierungschancen für Gegenwart und Zukunft, insbesondere deren inter- subjektive Diskutierbarkeit und Akzeptanz.24 Zum einen richtet sich die Objektivierung auf das Feststellen der Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftspartikel (empirische Triftigkeit), zum anderen auf die Konstruk- tion der Narration (narrative Triftigkeit), zum Dritten auf die Berücksich-

19 Vgl. die kompakte Zusammenstellung in: Rüsen, Erzählen, 1997. Ausführlichere Dar- stellungen finden sich u.a. in Rüsen, Zeit und Sinn, 1990, S. 153-230; Rüsen, Zerbrechen- de Zeit, 2001, S.43-105; Rüsen, Kultur macht Sinn, 2006, S. 191-225.

20 von Borries, Bildung, 2003; von Borries, Geschichtslernen, 1988; von Borries, Geschichts- bewusstsein, 2001, insbes. S. 247-252.

21 Vgl. weiterführende Überlegungen bei Hans-Jürgen Pandel, Erzählen, 2002.

22 Barricelli, Schüler, 2005, v.a. S. 68-80 und S. 220-232.

23 Manche Autoren gehen davon aus, dass jede historische Narration diesen Sinnbildungs- mustern folgt, weil implizit oder zumindest latent in historischen Narrationen immer Sinn für die Gegenwart/Zukunft gebildet wird. Ich verwende die Termini bewusst im engeren Sinne der expliziten Sinnbildung, weil sie mir dadurch aussagekräftiger er- scheinen. Die Deutungsmuster in Sach- und Werturteilen unterscheide ich davon. Hier werden die Urteile nämlich immer ex post getroffen; sie richten sich, anders als Sinnbil- dungen, nicht in eine offene Zukunft hinein.

24 Rüsen spricht von „Wahrheitsansprüchen als zentralen Faktoren kultureller Sinnbil- dung“; Rüsen, Kultur macht Sinn, 2006, S. 159 (Beitrag: Wissenschaft und Wahrheit).

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tigung eines akzeptierbaren Werte- und Normenhorizonts (normative Triftigkeit).25

Die Feststellung der Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftspartikel wird objektiviert, indem die Abläufe durch Methoden reglementiert, damit auch intersubjektiv überprüfbar gemacht werden. In der „Methodisierung“ kommt Wissenschaftlichkeit als Regulativ für Orientierung ins Spiel.

Die festgestellten Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftspartikel wer- den in historischen Narrationen so verknüpft, dass sie Orientierung in Ge- genwart und Zukunft ermöglichen. Auf diese Weise wird „Sinn“, Rüsens vier- te Dimension der Zeit, erzählbar. Die Objektivierbarkeit besteht hier darin, dass Konstruktionsprinzipien beachtet werden, die Texte verständlich machen (vgl. u.a. Medienspezifik, textuelle Kohärenz).

Als sinnvoll werden Narrationen aber nur dann rezipiert, wenn ihr Werte- und Normenhorizont als tragfähig für die gesuchte Orientierung eingeschätzt wird. Zur Objektivierung müssen vergangenheits-, gegenwarts- und zukunfts- bezogene Vorstellungen explizit aufeinander bezogen werden.

Letzte Sicherheit können den Orientierungsangeboten auch diese „Objek- tivierungskriterien“ nicht geben. Die Objektivierungsbemühungen be- gründen aber erhöhte Geltungsansprüche für die Orientierungsangebote.

Diese können zumindest so lange aufrechterhalten werden, bis sie falsifi- ziert worden sind.26

2.3 „ORIENTIERUNG IN DERVERGANGENHEIT“?

Bei der Analyse vorliegender historischen Narrationen erkennt man bald, dass in ihnen nur in den seltensten Fällen der Zusammenhang zwischen allen drei Zeitdimensionen explizit hergestellt wird. Über weite Teile wer-

25 Zu „Triftigkeiten“ vgl. Rüsen, Vernunft, 1983, v.a. S. 85-116. Hermann Lübbe spricht ana- log von Begründungs-, Konstruktions- und Konsensobjektivität (vgl. Lübbe, Aufklä- rung, 1976). Gemeint ist jeweils, dass die historischen Narrationen und die in ihnen er- haltenen Sinnbildungen für die Gegenwart/Zukunft plausibel sein müssen, damit ihnen

„geglaubt“ werden kann, damit sie erfolgversprechend sind. Der wissenschaftliche Um- gang kommt so zumindest als Regulativ ins Spiel. „Begründungsobjektivtät“ verweist, wie „empirische Triftigkeit“, auf die besondere Qualität wissenschaftlicher Erkenntnis- prozesse, „methodisch geregelt“ zu sein und die Ergebnisse terminologisch und argu- mentativ geordnet darzustellen. Diese Bindung des Arbeitsprozesses an begriffliche Konzepte und Termini und an Argumentationsstrukturen korreliert zudem, ebenso wie der inner- und interdisziplinäre Diskurs, mit „narrativer Triftigkeit“ bzw. „Konstruk- tionsobjektivität“. „Konsensobjektivität“ bzw. „normative Triftigkeit“ verweisen auf ei- nen transparenten, für die Rezipienten nachvollziehbaren und akzeptierbaren Umgang mit Wertehorizonten.

26 Vgl. Popper, Logik, 1994.

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den in den „vorliegenden Geschichten“ Entwicklungen und Veränderun- gen in der Vergangenheit bzw. historische Phänomene untersucht. Das heißt, die historischen Narrationen bringen Zeiterfahrungen, die allesamt vergangen und oft „abgeschlossen“ sind, in Zusammenhang, wobei der ex post re-konstruierende Historiker bzw. der vergangenheitsinteressierte Laie dann meist versucht, Entwicklungen und Veränderungen, Gegeben- heiten und Begebenheiten „aus seiner Zeit heraus“27zu beurteilen. – Der Autor bezieht in solchen Fällen die von ihm erarbeiteten Narrationen nicht explizit auf seine eigene Gegenwart und/oder auf die für ihn offene Zu- kunft. Er nutzt seine Geschichte also weder explizit zur eigenen Orientie- rung noch macht er seinen Rezipienten ein deutlich erkennbares Orientie- rungsangebot.

Manche Analysten neigen deshalb dazu, solchen Narrationen das Attribut „historisch“ abzusprechen.28Ich bin im Gegensatz dazu der An- sicht, dass es nicht reicht, zu klären, ob die Narration Vergangenes explizit auf Gegenwart und Zukunft bezieht; in die Beurteilung muss vielmehr das zu Grunde liegende Geschichtsverständnis einbezogen werden: Selbstver- ständlich können auch Historiker, die Geschichte als Narration betrachten, ausschließlich vergangenheitsbezogene Fragestellungen verfolgen. Nicht selten wird im konkreten Fall durch Einleitung und Schluss eine „narrative Klammer“29 geschaffen, die den vergangenheitsbezogenen Fragestellun- gen Relevanz für Gegenwartsverständnis und/oder Zukunftserwartung gibt. Zum Teil verweisen auch Abbreviaturen auf aktuell vorhandene Orien- tierungsbedürfnisse.

Und selbst wenn derartige Hinweise auf die anderen Zeitdimensionen ganz fehlen, muss der Wert, ja die Funktion, von – mit Rüsen gesprochen – „objektiven Geschichten“30für historische Orientierung bedacht werden:

Was für sich ‚entfremdet’, ‚blutleer’, für Narrativisten gar ‚unhistorisch’ er- scheinen mag, ist möglicherweise in der Lage, „subjektive[n] Geschichten“

ein Korrektiv zur Seite zu stellen, das ihr Orientierungsangebot tragfähi- ger und konsensfähiger macht. „Subjektive Geschichten“ entstehen in der Lebenspraxis, „indem im denkenden Rückgriff auf die Erfahrung der Ver- gangenheit zukunftsgerichtete normative und werthafte Einstellungen, Ängste, Wünsche, Hoffnungen und Befürchtungen den Blick auf die Er-

27 Karl Ernst Jeismann brachte dafür den Terminus Sachurteil ins Spiel. Vgl. u.a. Jeismann, Grundfragen, 1978.

28 Bei Schulbuchanalysen z.B. hat sich diese Beurteilungsweise breit gemacht. Vgl. Pandel und auch v. Borries, in: Handro/Schönemann, Schulbuchforschung, 2006.

29 Schöner, in: Schöner/Schreiber, Schulbücher analysieren, 2007 (in Vorbereitung).

30 Rüsen, Faktizität, 2006.

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fahrungen der Vergangenheit bestimmen“.31Die methodisch kontrollier- ten Re-Konstruktionen, die sich explizit nur auf Vergangenes beziehen und Gegenwart und Zukunft (weitgehend) ausklammern, können sie hin- sichtlich ihrer Vergangenheitsbezüge korrigieren oder ergänzen. – Uner- lässlich ist aber die Einsicht der Autoren, dass durch Geschichte grund- sätzlich alle drei Zeitdimensionen in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht werden. Nur vor diesem Horizont sind konkrete Fragestellun- gen, die Zeitverläufe in der Vergangenheit klären wollen, legitim und zu- gleich auch notwendig. Sie bilden nämlich ein Reservoir an historischen Erfahrungen, auf die zurückgegriffen werden kann, wenn orientierende historische Narrationen geschaffen werden sollen. „Zurückgreifen“ be- deutet nicht, sie als „Wahrheit“ zu übernehmen. Das verbieten allein schon die unvermeidbare Gegenwartsgebundenheit aller Autoren und die Gren- zen der Re-Konstruierbarkeit von Vergangenem. „Zurückgreifen“ heißt, Vorarbeiten anderer zu nutzen, zu denen man sich selbst dann so „verhal- ten“ kann, wie die eigene Fragestellung/ein explizites Orientierungsbe- dürfnis das nahe legen.

Bildhaft könnte man von einer Arbeitsteilung sprechen: Auf der einen Seite stehen Historiker als Experten für Vergangenheitsbezüge. Sie verzich- ten zum Teil darauf, die Gegenwartsabhängigkeit und Gegenwarts-/Zu- kunftsbezogenheit ihrer Fragestellungen und Sinnbildungen zu themati- sieren, können sich aber dennoch niemals ganz aus ihr herausnehmen.

Wertfreie Wissenschaft gibt es nicht. Je bewusster sie sich dieser Bindungen sind, desto triftiger re-konstruieren sie ihre Geschichten. – Auf der anderen Seite stehen die Vertreter der unterschiedlichen Felder der Geschichts- kultur, darunter die Geschichtslehrer, die, im Idealfall auf plausible Weise, Orientierungsangebote für ihre Rezipienten bereitstellen und dabei auf die Vorarbeiten, vor allem auch die methodischen Erfahrungen der Historiker zurückgreifen. Grundsätzlich sollten auch die Experten der Geschichts- kultur Forschungskompetenz haben wie die Historiker.32In der Realität liegt ihr Schwerpunkt aber darin, die Spezifika ihres Tätigkeitsfeldes zu be- herrschen: die medien- und adressatenspezifische Präsentation von Ge- schichte, die die Fragen und Orientierungsbedürfnisse ihrer Rezipienten beachtet.

Dazu kommen die subjektiven, lebensweltlich orientierenden Ge- schichten. In sie sind die Wissenschaftler ebenso verstrickt wie die Laien oder die Vertreter der Geschichtskultur. Nicht immer werden diese Ge-

31 Rüsen, Faktizität, 2006, S. 131.

32 Vgl. Schreiber, Kompetenzorientierte Lehrerbildung, in diesem Band S. 771-801.

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schichten bewusst produziert; zum Teil scheinen sie einfach da zu sein. – Die Vergangenheitsdeutungen der Historiker, die Orientierungsangebote der Geschichtskultur können die Orientierungsleistung dieser subjektiven Geschichten optimieren, indem sie ihre Plausibilität und Transparenz erhöhen. Vice versa können sie aus den subjektiven Geschichten aber auch Fragestellungen für weitere Vertiefungen entwickeln.

Auf Möglichkeiten der Verknüpfung zwischen vergangenheitsorientierten Sinnbildungen mit aktuellen Orientierungsbedürfnissen wird abschlie- ßend an drei Beispielen eingegangen:

1) Erfassen von Alterität – Zeitspezifik – Kontinuität und Wandel Vergangenheitsbezogene Zeit- und Sinnkontinua beziehen sich häufig nicht auf einzelne Entwicklungen, sondern werden mit der Absicht ei- ner zuweilen so bezeichneten „Orientierung in der Vergangenheit“ ge- schaffen. Dazu werden konkrete Zeitverläufe systematisiert und mit Hilfe von Deutungsmusternzu größeren Komplexen zusammenge- fasst. Durch bestimmte Kriterien (Kategorien, Konzepte, Handlungs- dispositionen …) werden historische Phänomene, Entwicklungen, Umbrüche und Durchbrüche z.B. zu Epochen33gebündelt oder mit Hilfe anderer Zeitverlaufsvorstellungen34 zusammengefasst; Frage- stellungen nach Übergangsphasen und Transformationen, nach Erin- nern, Verdrängen, Vergessen schließen sich dem an. Diese Heraus- arbeitung von übergreifenden Strukturen erlaubt vice versa die Ein- ordnung und den Vergleich einzelner Fälle. Alterität, aber auch Konti- nuität und Wandel können mit Hilfe der oben angesprochenen Muster kategorial erfasst werden.

Die Ausweisung von Zeit-, Raum- und Kulturspezifik sind gerade auch für plausible Sinnbildungen bezogen auf Gegenwart und Zu- kunft von Bedeutung: Die vorgenommenen Sinnkonstruktionen wer- den diskutierbar; auch im Hinblick auf die Frage, ob sie die grundsätz- liche Alterität von Vergangenheit und Gegenwart berücksichtigen.

2) Sinnbildungsmuster und vergangenheitsbezogene Deutungen Wenn Zeitverlaufsvorstellungen, die retrospektiv als Deutungen ver- gangener Entwicklungen gewonnen wurden, „prospektiv“ auf Gegen-

33 Vgl. hierzu den Beitrag Schöner, Graduierungsüberlegungen zu „Epochen“, in diesem Band S. 563-598.

34 Vgl. hierzu den Beitrag Bauer, Graduierungsüberlegungen zu „Fortschritt“ als Zeitver- laufsmuster, in diesem Band S. 599-621.

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wart und Zukunft bezogen werden, können dabei traditionale oder exemplarische Sinnbildungen, die auf Vorbilder und Regeln zurück- greifen, vollzogen werden bzw. kritische oder genetische, die „histori- sieren“. – Die Deutungsmuster werden in die Gegenwart/Zukunft hi- nein verlängert, sie werden gebrochen oder modizifiert.

3) Die „Ver-Gegenwärtigung“ vergangenheitsbezogen gewonnener Deutungsmuster

Wenn den auf Re-Konstruktion fußenden Sachurteilen, die ursprüng- lich vergangene Zeitverläufe mit Bedeutung versehen wollten, „Sinn“

für die Orientierung von Gegenwart/Zukunft beigemessen wird, kön- nen zum einen umfassende Zeit- und Sinnkontinua geschaffen wer- den, die aktuelle Entwicklungen und Veränderungen in einer überzeit- lichen Gültigkeit aufheben. – Die Bedeutungszumessung, die in den Sachurteilen über Vergangenes zum Ausdruck kommt, und der Sinn, der diesen zudem für die Orientierung von Zukunft gegeben werden soll, können aber auch als von einander abweichend bestimmt werden.

Für Letzteres spräche die Zeitlichkeit der Sinnkriterien, für Ersteres sprechen Konstanten im Menschsein und in den kategorialen Erklä- rungsmustern für Veränderung. – Begriffsgeschichten à la Koselleck verdeutlichen beides.35

3. ORIENTIERUNGSKOMPETENZEN: FÄHIGKEIT, FERTIGKEIT, BEREIT-

SCHAFT SICH HISTORISCH ZU ORIENTIEREN

Die Orientierungskompetenzen gehören zu den prozeduralen Kompe- tenzbereichen, die sich unmittelbar aus dem Prozess historischen Denkens ableiten lassen. In der historischen Orientierung erfolgt die lebensprakti- sche Wendung des Umgangs mit Vergangenheit/Geschichte. Die Kern- kompetenzen, die diesem Kompetenzbereich zugeordnet wurden, ergeben sich einmal aus den Bereichen, auf die Orientierung sich beziehen kann (Kompetenzen zur Reflexion und Erweiterung des Welt- und Fremd- und des Selbstverstehens). Zum anderen setzen sie dort an, wo Geschichte zu absichtsvollem Handeln führen kann (Kompetenz zur Reflexion und Er- weiterung der Handlungsdispositionen). Die dritte der Kernkompetenzen, die Kompetenz zur Re-Organisation des eigenen Geschichtsbewusstseins, meint die Neu-Abstimmung und Anpassung des eigenen Geschichts- bewusstseins als Grundlage für weiteres historisches Denken.

35 Vgl. z.B. den Sammelband Koselleck, Begriffsgeschichten, 2006.

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In diesem Kapitel erfolgt nicht nur die Ausdifferenzierung des Kompe- tenzbereiches in Kernkompetenzen, sondern ebenso die Auseinanderset- zung mit den Überlappungsbereichen zwischen Orientierungs- und Fra- gekompetenzen und Orientierungs- und Methodenkompetenzen sowie Orientierung- und Sachkompetenzen.

Geht man zurück auf die disziplinäre Matrix Jörn Rüsens, so sind die Orientierungskompetenzen in der Lebenspraxis verortet,36 die Überlap- pungsbereiche zu Frage- und Methodenkompetenzen verknüpfen lebens- weltliches und wissenschaftliches Denken. In der Fassung der Jahre nach 2000 ordnet Rüsen der Matrix das fungierende, reflexive und operative Ge- schichtsbewusstsein zu.37 Der Orientierungskompetenz wäre dann das

„fungierende Geschichtsbewusstsein“ zuordenbar, in den Überlappungs- bereichen käme das „operative Geschichtsbewusstsein“ zur Geltung.38 3.1 KOMPETENZ, DAS EIGENEGESCHICHTSBEWUSSTSEIN ZU RE-ORGANI-

SIEREN UND DEN JEWEILS NEU GEWONNENEN KENNTNISSEN, EIN-

SICHTEN, VERFAHRENSWEISEN, HALTUNGEN ETC. ANZUPASSEN

3.1.1 Charakteristik der Kernkompetenz

Re-Organisationskompetenz meint die Fähigkeit, Fertigkeit und Bereit- schaft, die eigenen Möglichkeiten zur Verarbeitung von Vergangenheit und Geschichte zu reflektieren und ggf. zu revidieren. Insofern das Subjekt sich bewusst (zumindest teilbewusst) entscheidet, vorhandene Strukturen seines Geschichtsbewusstseins zu modifizieren, ist die Re-Organisations- kompetenz gewissermaßen auf der Metaebene anzusiedeln. Neben der be- wussten Re-Organisation gibt es auch intuitive, vorbewusste Formen der Veränderung des Geschichtsbewusstseins, die z.B. durch ästhetische Ein- drücke oder emotionale Erfahrungen ausgelöst werden; diese werden im Folgenden ausgeklammert, verdienen aber Beachtung in zukünftigen Ar- beiten. Im Fokus dieses Beitrags steht eine bewusst vollzogene Re-Organi- sation des Geschichtsbewusstseins. Diese setzt voraus, dass vorab Kom- petenzzuwächse erfolgt sind und dass auf sie zugegriffen wird.39 Erst

36 Seit den 2000er Jahren weist Rüsen neben „Orientieren“ auch „Motivieren“ aus und meint damit, dass historische Orientierung „zum Kern absichtsvollen Handelns“ wird.

(Rüsen, Sinnbildung, 2006, S. 139; vgl. auch Rüsen, Matrix 2002; Rüsen, Weg, 2001).

37 Vgl. Rüsen, Matrix, 2002.

38 Vgl. Rüsen, Matrix, 2002.

39 Zu prüfen wäre, ob Niveausteigerungen im Bereiche der Frage- und Methodenkompe- tenzen und in anderen Kernkompetenzen der Orientierungskompetenz sich bereits als

(14)

wenn diese neuen Elemente in die „mentale Struktur“ des eigenen Ge- schichtsbewusstseins aufgenommen worden sind, stehen sie für den Voll- zug weiteren historischen Denkens zur Verfügung. Im Zuge der Ausprä- gung neuer Strukturen des Geschichtsbewusstseins können bislang bereits enthaltene Elemente einen anderen Stellenwert bekommen.40

Der Anlass für die Re-Organisation kann sich z.B. situativ aus Orientie- rungsanforderungen und Orientierungsangeboten ergeben. Zudem kann die Re-Organisation auch die Konsequenz von vertieften Einsichten in den historischen Denkprozess sein. Schließlich kann Re-Organisation die Folge von Metareflexion und -kommunikation sein, in der geschichtstheoretische Fragen diskutiert werden, die bisherige Überzeugungen als revisionsbe- dürftig erscheinen lassen.

3.1.2 Überlappungen mit anderen Kompetenzbereichen

„ Die Re-Organisation des Geschichtsbewusstseins in Bezug auf die eigenen Sachkompetenzenbetrifft zum einen die Begriffskompetenz: Es kann über einen ergänzten, erweiterten und differenzierten Bestand an Begriffskonzepten, Fachtermini und kategorialen Strukturierungsele- menten verfügt werden. Diese in das eigene Geschichtsbewusstsein adaptierten Prinzipien/Kategorien/Konzepte/Scripts können in einem weiteren Schritt zur Strukturierunghistorischen Denkens aktiviert wer- den. – Re-Organisation meint, die neuen Formen denen zur Seite zu stellen, über die das Geschichtsbewusstsein bereits verfügen kann, bzw. alte Formen zu ersetzen. Weil es bei der Re-Organisation im Be- reich der Sachkompetenzen auch um die Reflexion, Erweiterung, Differenzierung und Konkretisierung des Geschichtsbegriffs geht, der dem eigenen Denken zugrunde gelegt wird,41eröffnet sich in der Re-

(erweiterte) Verfahrensscripts, Konzepte, Kategorien, vertiefte Einsichten in Prinzipien in den Sachkompetenzen sedimentiert haben müssen, bevor eine bewusste Re-Organi- sation erfolgen kann.

40 Hier geht es z.B. darum, bislang verwendete und für valide gehaltene Begriffe und Klas- sifizierungen auf der Basis neu erworbenen Wissens zu revidieren, zu ergänzen, ggf.

ganz zu verwerfen. Zur Re-Organisationskompetenz gehört aber auch, den Umgang mit Geschichte durch neu erlernte Methoden zu professionalisieren oder die Fähigkeit und Bereitschaft, „lieb gewonnene“ Vorstellungen dessen, was Geschichte will und kann, zu relativieren. Hierzu ein Beispiel: Wer eine früher gehegte Auffassung aufgibt, Geschich- te sei die möglichst vollständige Abbildung „der“ als Gesamtzusammenhang gedachten

„Vergangenheit“, weil er die konstitutive Bedeutung der Perspektivität erkannt hat, be- weist, dass er diese Kompetenz ausgeprägt hat. Das Niveau der Ausprägung ist näher bestimmbar.

41 Zur Differenzierung der Kategorien siehe die Kapitel Schöner, Kompetenzbereich Sach- kompetenzen, in diesem Band S. 265-314.

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Organisation auch die Chance der Evaluierung der bisherigen Leis- tungen des Geschichtsbewusstseins und, darauf aufbauend, der Opti- mierung der Orientierungsleistung.

„ Die Re-Organisation des Geschichtsbewusstseins in Bezug auf die Methodenkompetenzenbezieht sich sowohl auf den synthetischen (Re- Konstruktion) wie analytischen (De-Konstruktion) Umgang mit Ver- gangenem/historischen Narrationen und den dialektischen Bezug zwischen den beiden Basisoperationen des historischen Denkens. Das Repertoire, über das verfügt werden kann, wird erweitert.

„ Die Re-Organisation der Fragekompetenzen42erlaubt, immer neue As- pekte des Historischen auf adäquate Weise zu historischen Fragen zu verarbeiten. Immer mehr ‚fremde’ Fragen können erfasst und auf die eigene Situation bezogen werden.

„ Die Re-Organisation der anderen auf historische Orientierung bezogenen Kernkompetenzenerlaubt, bisherige Vorstellungen von Mensch und Welt, auch von sich selbst, anders zu bewerten, ihnen eine andere (auch: mindere) Relevanz für Orientierungsfragen zuzuschreiben.

Einzelne Sichtweisen können gegebenenfalls sogar gegen neue ausge- tauscht werden. Bei der Re-Organisation des Geschichtsbewusstseins kann es auch um das Agieren in der eigenen Lebenspraxis gehen.

3.2 KOMPETENZ ZURREFLEXION UNDERWEITERUNG DESWELT- UND

FREMDVERSTEHENS

Zwei Vorbemerkungen will ich machen: 1.Die Trennung zwischen Welt- und Fremdverstehen auf der einen, und Selbstverstehen auf der anderen Seite ist, wiewohl eindeutig zu vollziehen, eine idealtypische. Die Ent- wicklung der individuellen und kollektiven Identität erfolgt notwendig an und mit den historischen Erfahrungen über die Welt und ihre Menschen.

Welt- und Fremdverstehen sind an das Subjekt gebunden, das die Wahr- nehmungen macht und diese in Erfahrungen und Erkenntnis aufhebt.

2.Auch im Falle des Welt- und Fremdverstehens wird auf die bewuss- teAuseinandersetzung fokussiert, die auf der Basis historischer Einsichten erfolgt, die in konkreten historischen Denkprozessen oder in Prozessen der Meta-Kommunikation gewonnen wurden. Damit wird weder negiert, dass es auf allen Niveaustufen auch vor- und unbewusste Veränderungen im historischen Welt- und Fremdverstehen gibt, noch werden diese für un- wichtig gehalten.

42 Vgl. hierzu Schreiber, Kompetenzbereich Fragekompetenzen, Aspekt „Konventionen reflektierten und (selbst-)reflexiven Fragens“, in diesem Band S. 155-193.

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3.2.1 Charakteristika der Kernkompetenz

In dieser Kernkompetenz geht es um Vorstellungen von konkreten Ver- gangenheiten, um die jeweils mitgedachte Geschichtlichkeit von Mensch und Welt, die der Einzelne bzw. die Gruppe, zu der er sich zugehörig fühlt, hat, um die Zeitverlaufsvorstellungen, die er sich macht, um Sinnkonti- nua, die er für relevant in Bezug auf die historische Orientierung hält. – Im Blick steht die Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, die eigenen Vorstel- lungen von der Welt und ihren Menschen zu reflektieren und ggf. zu re- vidieren.

Diese Kernkompetenz betrifft, wie der gesamte Kompetenzbereich

„Orientierungskompetenzen“, zentral den Gegenwarts- und Lebenswelt- bezug historischen Denkens, weil es darum geht, in welcher Form und auf welchem Niveau der Einzelne in der Lage ist, das Verhältnis historischer Ereignisse, Gegeben- und Begebenheiten, Zustände und Prozesse zu sei- ner eigenen Welt und Zeit zu überdenken.

Um die Orientierungsmöglichkeiten historischer Narrationen für Ge- genwart/Zukunft besser nutzen zu können, werden zum einen Vorstellun- gen über Vergangenes, über die Zusammenhänge innerhalb der früheren Zeitebenen, zum anderen Vorstellungen über Zeitverläufe, die diese frü- heren Zeitebenen mit der Gegenwart/ Zukunft verbinden, überprüft, in Frage gestellt, revidiert oder erweitert bzw. bewusst beibehalten. „Alteri- tätserfahrungen“, also das Wahrnehmen und Verarbeiten zeitlicher, kul- tureller, aber auch intersubjektiver Differenzen, stehen dabei im Zentrum, wobei „Alterität“ auch zwischen in der Vergangenheit verorteten Ge- schehnissen und Zuständen bestehen kann und nicht nur auf Differenzen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft abhebt.

Sich dessen bewusst zu sein, ist ein wichtiger Aspekt bei der Bestim- mung dieser Kernkompetenz: Der Einzelne muss sowohl die eigenen Sach- urteile über Vergangenes als auch die eigenen, die Zeitdimensionen um- spannenden Sinnbildungen und ihre angenommene Relevanz für heute und morgen erkennen und abrufen können. Die neuen im Prozess des his- torischen Denkens oder in der Kommunikation über Geschichte erworbe- nen Einschätzungen müssen mit den bisherigen in Beziehung gesetzt wer- den.43

Kennzeichen für reflektierte Formen ist, zwischen vorherigen und neuen Urteilsformen explizite Zusammenhänge herstellen zu können.

43 Hilfreich ist z.B. zu wissen, ob es sich um Konkretisierungen und Differenzierungen handelt, um Verallgemeinerungen, ob die neuen Einschätzungen mit den eigenen Vor- Überzeugungen in einem Spannungsverhältnis oder gar einem Widerspruch stehen.

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Diese korrelieren vermutlich ihrerseits auch mit dem jeweils erreichten Ni- veau der Kompetenzentwicklung: Zwischen dem bisherigen und dem neuen Geschichtsbild kann z.B. ein „Regel-Ausnahme-Verhältnis“ kon- struiert werden, ein „Richtig-falsch“-Verhältnis, ein Überblick-Detaillie- rung-Verhältnis. Es kann aber auch eine ganz neu gedachte Beurteilung und Einordnung historischer Phänomene und Entwicklungen erfolgen, die auch als „neu“ für einen selbst oder gar für die Forschung bewusst ist.

Die Erweiterung des Welt- und Fremdverstehens manifestiert sich ent- weder an neuen Erfahrungen und Deutungen oder an der Umbewertung bereits bekannter und genutzter: Neu erarbeitete Aspektewerden in den ursprünglich vorhandenen Bestand an historischen Vorstellungen einge- baut und zur Erklärung und Deutung von Vergangenem und/oder zur Sinnbildung für die Zukunft herangezogen. Bereits bekannte historische Erklärungenund Vorstellungen können neu gewichtet werden, z.B. des- halb, weil sie in ihrer Triftigkeit überprüft und für zutreffend und aussa- gestark erachtet wurden oder weil Dimensionen bewusst werden, die bis- lang übersehen worden sind.

3.2.2 Überlappungen mit anderen Kompetenzbereichen

Bei der Reflexion und Revision des eigenen Welt- und Fremdverstehens gibt es Überlappungen mit allen anderen Kompetenzbereichen.

„ Aus modifizierten Weltsichten und Fremdwahrnehmungen ergeben sich differenziertere, anders ausgerichtete historische Fragen. Die Mög- lichkeiten, fremde Fragestellungen zu verstehen und mit eigenen zu vernetzen, nehmen zu. Ebenso erweitert sich die Möglichkeit zu erken- nen, welche Fragestellungen hinter vorhandenen historischen Narra- tionen stehen.

„ Das eigene Welt- und Fremdverstehen zu erweitern, setzt einerseits eine Niveausteigerung im Bereich der Begriffs- und Strukturierungs- kompetenzbereits voraus, andererseits unterstützt sie auch die weitere Differenzierung der Sachkompetenzen: Ein z.B. durch Geschichtsun- terricht erweitertes Begriffs- oder Strukturierungswissen wird in der Kernkompetenz „Welt- und Fremdverstehen reflektieren und revidie- ren“ für die eigeneWeltsicht und daseigene Wahrnehmen der Anderen wirksam gemacht.44Die volitionale Komponente, also die Bereitschaft,

44 Andreas Körber verdanke ich das folgende Beispiel: „Wer als Liebhaber von Natur und Kunst durch historische Lektüre erstmals die ‚politische’ Programmatik der Romantik als einer gegen die französische Revolution und ihre Ideen gerichteten Bewegung ken-

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seine Geschichtsbilder zu ändern und die Bezüge zwischen Vergangen- heit und Gegenwart/Zukunft neu zu denken, spielt dabei eine heraus- ragende Rolle. – Die Operationen, die bei der Veränderung des Welt- und Fremdverstehens ablaufen, können „gerinnen“ und begrifflich ge- fasst werden bzw. sich in Konzepten/Scripts für Veränderungen mani- festieren. Als Begriffe und Verfahrensschemata sind sie dann ihrerseits dem Bestand der Sachkompetenz zuzuordnen.

„ Im Überlappungsbereich mit den Methodenkompetenzen kann z.B.

die Beherrschung neuer Verfahren für den Umgang mit Quellen und historischen Narrationen bzw. die Ausdifferenzierung bereits bekann- ter eine Voraussetzung zu einer Erweiterung/Veränderung des Welt- und Fremdverstehens schaffen.

„ Auch zu den anderen Kernkompetenzen der historischen Orientie- rungskompetenz bestehen Zusammenhänge: Das eigene Selbstverste- hen kann sich verändern, wenn die Wahrnehmung von Welt und Mensch in bestimmen Phasen der Vergangenheit sich modifiziert oder wenn neuartige Sinnbildungen einen bislang nicht gedachten Zusam- menhang zwischen den Zeitdimensionen ergeben. – Neue Weltsichten und neue Wahrnehmungen des Anderen können Auswirkungen auf die eigenen Handlungsdispositionen haben. Das eigene Welt- und Fremd- verstehen nicht nur momentan und bezogen auf einzelne Fällen zu ver- ändern, sondern dauerhafter, ist dadurch möglich, dass die mentale Struktur des Geschichtsbewusstseinsentsprechend re-organisiert wird.

3.3 KOMPETENZ ZURREFLEXION UNDERWEITERUNG DESSELBST-

VERSTEHENS – IDENTITÄTSREFLEXION

3.3.1 Charakteristik der Kernkompetenz45

Die dritteKernkompetenz innerhalb der historischen Orientierungskom- petenzen ist die Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, die eigene histori- sche Identität zu reflektieren und ggf. zu revidieren. Hier wird in ausge-

nenlernt, wird seinen Geschmack deswegen nicht ändern, wohl aber wird ihm die Kunst dieser Zeit und dieses Stils nicht mehr ein unpolitisches Schauspiel von Schönheit sein, sondern immer auch aufgeladen mit einer mit zu bedenkenden politischen Dimension.

Die Fähigkeit und Bereitschaft, solche neuen Erkenntnisse mit den zuvor gehegten zu verbinden, und einen neuen Begriff von ‚Romantik’ zu entwickeln, ist ein Beispiel für die Überlappung zwischen „Sachkompetenz“ und Orientierungskompetenz/Kernkompe- tenz, das eigene Welt- und Fremdverstehen zu reflektieren.

45 Die Charakteristik greift Überlegungen von Johannes Meyer-Hamme auf, vgl. Körber/

Meyer-Hamme/Schreiber, Graduierungen zur Orientierungskompetenz, in diesem Band S. 473-504.

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prägter Weise Selbstreflexion verlangt. Wiederum, vielleicht sogar noch mehr als in Bezug auf die anderen Kernkompetenzen, gilt, dass neben den im Folgenden ins Zentrum gerückten bewussten Prozessen der Identitäts- reflexion auf allen Kompetenzniveaus auch un- und vorbewusste stehen.

Identität kann man als handlungsermöglichendes Deutungsmuster seiner selbst und der Gruppen, denen man zugehört, verstehen, das u.a.

auch eine diachrone Dimension hat:46Die eigene Zeitlichkeit und die Zeit- lichkeit der Welt und ihrer Menschen müssen zu einer stimmigen Vor- stellung vom Verlauf des eigenen Daseins im Rahmen der äußeren Bedin- gungen verarbeitet werden. Das Identitätskonzept muss einerseits eigenes Handeln ermöglichen, dieses andererseits in ein übergeordnetes Ganzes einordnen und dadurch die Grenzen (insbesondere die der Endlichkeit) aushaltbar machen, an die man ständig stößt. Lebenspraktisch wird in die- sen Identitätsbildungsprozessen „Geschichte“ – als retrospektiver, parti- kularer, konstruierender Umgang mit Vergangenem – ‚lebendig’: Der seine Identität Ausbildende eignet sich solche Aspekte der Vergangenheit an, die in seinem Umfeld in der Gegenwart noch wirksam sind, mit Claude Lévi- Strauss oder Jan und Alleida Assmann gesprochen, „heiß“ sind. Dabei stellt er sich in Kontinuitäten, „adoptiert sich“47Vorfahren, greift Erfahrungen auf und modifiziert sie ggf.

Mehr als Rüsen das tut, wenn er die Identitätsbildung lebensweltlich verankert, betont Paul Ricoeur deren Konstruktions-Charakter.48Er unter-

46 Diese Unterscheidung verweist darauf, dass auch „historische Identität“, wie das in der Identitätsforschung üblich ist, in eine Ich-Identität und in Wir-Gruppen-Identitäten dif- ferenziert werden kann (vgl. dazu Straub, Identität, 2004). Bodo v. Borries gibt hierzu wichtige Anregungen (ders., Bildung, 2004, S. 262-263): Die Bildung vonIch-Identität um- fasst z.B. die Identifikationen des Einzelnen mit historischen Personen, sei es in Form von direkten Vorbildern oder auch in Form von Imaginationen mit einem „Helden“ einer his- torischen Narration. (Das Phänomen solcher Imaginationen ist bislang noch kaum unter- sucht; vermutlich sind die Grenzen zwischen Imaginationen und wissenschaftlicher Geschichtsschreibung durchaus fließend. Vgl. hierzu von Borries, Geschichte, 1996, S. 7- 16, vgl. auch Schörken, Imagination, 1994.)

Von der Bildung von Wir-Gruppen-Identitäten ist z.B. dann zu sprechen, wenn das Selbst sich in Beziehung zu historischen Narrationen der für es relevanten Gruppen setzt bzw.

gesetzt wird. Eine Zuordnung zu nur einer Gruppe ist in der Regel nicht eindeutig mög- lich; Wir-Gruppen-Identitäten sind deshalb nur im Plural zu denken. In den aktuellen, durch Einwanderung geprägten Gesellschaften geht es vor allem auch darum, mit den unterschiedlichen und zum Teil widersprüchlichen Geschichten, Erinnerungen und Tra- ditionen in der eigenen Lebenswelt umzugehen. (Vgl. Welsch, Moderne, 1997.) 47 Pandel, Dimensionen, 1987.

48 „It is in telling our own stories that we give ourselves an identity. We recognise oursel- ves in the stories we tell about ourselves. It makes little difference whether these stories are true or false, fiction as well as verifiable history provides us with an identity.“ Ri-

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streicht die narrative Struktur sowohl von Identität als auch von Geschich- te. In Anlehnung an ihn kann von der Bildung historischer Identität dann gesprochen werden, wenn das eigene Selbst in Beziehung zu historischen Narrationen gesetzt wird, die Entwicklungen und Veränderungen be- schreiben, erklären, einordnen, ihnen Bedeutung und Sinn für Gegenwart/

Zukunft geben. Daraus ergibt sich, dass auch historische Identitätdurch Sinnbildung über Zeiterfahrung entsteht und zudem ihrerseits ‚geschicht- lich’ist. – Das in den Identitätsbildungsprozessen vorfindliche Maß an Re- flektiertheit und Selbstreflexion streut weit, wobei intersubjektive Gel- tungsansprüche in der Regel nur dann durchsetzbar sind, wenn sie durch triftige Sinnbildungen unterstützt werden.49

Bezogen auf die Kernkompetenz, das historische Selbstverständnis zu re- flektieren und gegebenenfalls zu revidieren, ergibt sich die Notwendig- keit, die gegenwartsgebundenstattfindenden Identitätsbildungsprozesse in ihren empirischen Vergangenheitsbezügen ebenso zu prüfen, wie in der Art, in der Vergangenes mit Sinn für Gegenwart und Zukunft versehen wird: Es geht nicht darum, historische Identitätzu haben,sondern darum, grundsätzlich in der Lage zu sein, sie zu reflektieren und ggf. einer Revision zu unterziehen.50Schließlich beinhaltet die Kompetenz zur Identitätsrefle- xion auch die Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, Identitätsentwürfe und -angebote Anderer zu erkennen und auf die eigene Situation und die eigene historische Erkenntnis zu beziehen, wie auch die Fähigkeit, sie in ein Verhältnis zu den bisher gehegten zu setzen.

coeur, History, 1985, S. 214. Vgl. auch Ricoeur, Gedächtnis, 2004. Im ersten Kapitel be- fasst Ricoeur sich im Kontext von Gedächtnis und Erinnerung immer wieder mit Iden- tität; auch hier betont er deren narrative Struktur und Konstruktcharakter. Vgl. z.B.:

„Auf diese Weise kommt es zu einem gefährlichen Bündnis zwischen dem Erinnern (re- mémoration), dem Memorieren (mémorisation)und dem Gedenken (commémorisation).“ (S.

137f.)

49 Am Beispiel ethnozentrischer Deutungsmuster kann man sich das bewusst machen: Was in der eigenen Gruppe gilt, gilt noch lange nicht im interkulturellen Kontext. Im inter- kulturell angelegten Humanismus-Projekt Jörn Rüsens scheinen die Strategien erfolg- reich zu sein, die bei Diskussion der unterschiedlichen Sinnbildung auf einer abstrakten Ebene auf „Vernunftkriterien“ rekurrieren und dabei den wissenschaftlichen Diskurs su- chen.

50 Dabei lassen sich Einzelkompetenzen, die der Kernkompetenz Identitätsreflexion zuzu- ordnen sind, bestimmen. Es handelt sich um Operationen historischen Denken, wie z.B.

historische Komponenten der eigenen Identität bestimmen zu können, sie zu erweitern, zu revidieren oder auch begründet beizubehalten, aber zugleich, diesem Identitätsbil- dungsprozess keine Beliebigkeit zuzuordnen, sondern eine Form historischer Bindung anzuerkennen.

(21)

3.3.2 Überlappung mit anderen Kompetenzbereichen

Auch in Bezug auf Identitätsreflexion sind Überlappungen mit den ande- ren Kompetenzbereichen zu beobachten.

„ Aus dem modifizierten Selbstverständnis, das durch Identitätsrefle- xion aufgebaut wird, ergeben sich anders ausgerichtete (z.B. nach innen gewendete) historische Fragen. Sobald das Identitätskonzept auch als intersubjektiv verstanden wird und deshalb fremde Identitäts- vorstellungen herangezogen werden können, um die eigene Identität zu bedenken, nehmen die Möglichkeiten zu, fremde Fragestellungenzu verstehen und mit eigenen zu vernetzen. Ebenso ergeben sich neue Ansatzpunkte, um zu erkennen, welche subjektbezogenen/identitäts- bezogenen Fragestellungen hinter vorliegenden historischen Narratio- nen stehen.

„ Die eigene Identität zu reflektieren, setzt wiederum eine Weiterent- wicklung der Begriffs- und Strukturierungskompetenz einerseits voraus (man muss auf Kategorien/Konzepte/Scripts/historische Prin- zipien zurückgreifen können, damit sie zur Identitätsbildung bzw. zur Identitätsreflexion einsetzbar sind). Andererseits unterstützt Identi- tätsreflexion die Ausdifferenzierung der Sachkompetenzen. Die voli- tionale, stark auf Selbstreflexion gerichtet Komponente, also die Bereit- schaft, historische Narrationen und Identitätsreflexion zusammenzu- denken, spielt dabei eine wichtige Rolle: Neue Herausforderungen an die Strukturierungskompetenz entstehen. – Zusätzlich gilt, dass Ope- rationen, die bei der Identitätsreflexion ablaufen, „gerinnen“ und be- grifflich gefasst werden bzw. sich in Konzepten/Scripts für Verän- derungen manifestieren können. Als Termini und Verfahrensschemata sind sie dann ihrerseits dem Bestand der Sachkompetenz zuzuordnen.

„ Auch mit den Methodenkompetenzenbestehen Überlappungen: Ins- besondere eine entwickelte De-Konstruktionskompetenz ist hilfreich, um auf reflektierte Weise Zusammenhänge zwischen Identitätsbil- dung und historischen Narrationen zu erschließen.

„ Überlappungen auch mit den anderen Kernkompetenzen der histori- schen Orientierungskompetenz sind zu erkennen: Das nach außen gerichtete Welt- und Fremdverstehen kann z. B. auf die Identitätsrele- vanz hin betrachtet werden. Identitätsreflexion hat nicht selten Rück- wirkungen auch auf Handlungsdispositionen. DurchRe-organisation des Geschichtsbewusstseins erfolgt eine Verstetigung der Selbstreflexion.

Während die Reflexion und Erweiterung des Welt- und Fremdverstehens sich nicht zwingend auf die aktuelle Welt beziehen müssen, hat die Revi-

(22)

sion und Erweiterung des Selbstverständnisses notwendig mit dem eige- nen Leben zu tun und verändert es. Notwendigerweise liegen Prozesse der auf Gegenwart und Zukunft bezogenen Sinnbildung zugrunde. Dazu ge- hört auch die Möglichkeit, sich seine eigenen „Vorfahren zu adoptieren“,51 z.B. indem man auf seine Weise versucht, von deren Erfahrungen zu lernen.

3.4 KOMPETENZ ZURREFLEXION UNDERWEITERUNG DERHANDLUNGS-

DISPOSITIONEN52

Folgte man Kulturwissenschaftlern wie Friedrich Jäger, würde die vierte Kernkompetenz ihren Status verändern und über dem Kompetenzbereich

„Orientierung“ stehen: Aus Sicht der Kulturwissenschaften versteht er Orientierung nämlich als eine auf die Zukunft gerichtet „Anleitung“ für menschliches Leben und Handeln.53Auch Jörn Rüsen betont, dass histori- sches Denken in der Lebenspraxis „Möglichkeitsspielräume für Hand- lungsziele“54eröffne. Idealtypisch gesehen sei jedes Handeln zweckhaft (teleologisch).55Mit der mentalen Operation „motivieren“ versucht Rüsen seit etwa 2000 diesen Aspekt der historischen Sinnbildung auch im Regelkreis historischen Denkens zu verankern.562006 schlägt er sogar vor, den „Erwerb von Motivationskompetenz“ als eigenen Kompetenzbereich zu definieren: Es geht „darum, den Kindern ein Bewusstsein davon zu ver- mitteln, dass und wie historische Orientierungen handlungsmotivierend wirken.“57 In dieser Formulierung handelt es sich um eine didaktische Kompetenz, nicht um eine Kompetenz historischen Denkens. Wir haben uns deshalb entschieden, den Handlungsaspekt als Kernkompetenz dem Kompetenzbereich „historische Orientierung“ zuzuschlagen und spre- chen von der „Kompetenz zur Reflexion und Revision historisch fundier- ter Handlungsdispositionen“.

Ziel ist, nicht konkrete Handlungen, sondern eben „Handlungsdispo- sitionen“ historisch zu reflektieren, sie ggf. zu revidieren. Teil dieser Kom- petenz ist deshalb notwendig die Fähigkeit, Fertigkeit, Bereitschaft, Hand- lungsbedingungen als historisch geworden zu betrachten.

51 Pandel, Dimensionen, 1987.

52 Vgl. hierzu auch die markanten Erläuterungen in Rüsen, Matrix, 2002.

53 Historikertag 2000, Aachen, Redemanuskript; vgl. Jäger, Handbuch Kulturwissenschaft, Bd 1, 2004.

54 Rüsen, Kann gestern besser werden, 2003, S. 28.

55 Vgl. hierzu auch die Überlegungen von Handlungstheoretikern, die oft der Soziologie angehören (Ulrich Schimank (z.B. ders.: Handeln, 2000, insbes. S. 23-69),Thomas Luck- mann (z.B. ders.: Theorie des sozialen Handelns, 1992) Peter Berger (vgl. ders./Luck- mann, Wirklichkeit, 1972), Max Weber (vgl. z.B. ders., Wirtschaft, 1980)).

(23)

Charakteristik der Kernkompetenz „Reflexion und Revision historisch fundierter Handlungsdispositionen“

„Handlungsdispositionen“ stehen hinter den konkreten Handlungen. Ob- wohl also „Praxis“ die Leitidee ist, geht es nicht um Performanz, sondern um ein durch die Beschäftigung mit Vergangenheit/Geschichte angelegtes

„Handlungsrepertoire“, das in entsprechenden Situationen zu konkretem Handeln befähigt. In historisch fundierten Handlungen manifestieren sich Konsequenzen des auf einen selbst, und/oder die Welt und den anderen bezogenen historischen Denkens. Die Kernkompetenz besteht demzufolge in der Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, historische Erkenntnisse da- rauf hin zu untersuchen, inwiefern aus ihnen Konsequenzen für das eige- ne Handeln zu ziehen sind.

Historisch fundierte Handlungen sind an die Gegenwart gebunden, in der sie vollzogen werden. Sie sind oft auf die Zukunft gerichtet. Deshalb liegen ihnen notwendigerweise „Sinnbildungen“ zugrunde. Um weitere Ausdifferenzierungen zu vollziehen, wäre es vermutlich sinnvoll, Ge- schichtstheorie und Handlungstheorie zusammenzudenken. Eine derarti- ge historische Ausprägung allgemeiner Handlungstheorien liegt jedoch derzeit nicht vor.58

Die hier vorgeschlagene Systematisierung der auf Reflexion und ggf.

Revidierung der Handlungsdispositionen ausgerichteten historischen Kernkompetenz erfolgt über die Inhalte der Handlungen (1), über die Sinnbildungsmuster (2) und über „Funktionszuweisungen“ (3).59Sie weist auf die Überlappung mit den anderen Kompetenzbereichen voraus:

56 Der Zweck von Handeln, so Rüsen lapidar, sei „happiness“. Wiederum idealtypisch sei Handeln nämlich auf eine bessere Zukunft gerichtet. „Und dieses Ende [das Handeln, das durch historische Sinnbildung orientiert wird] ist ‚happy’, weil alle zweckhafte Aus- richtung von Handeln stets auf ‚happiness’ bezogen ist, auf eine sinnbestimmte, zweck- haft entworfene und handelnd angestrebte normativ aufgeladene Positivität mensch- licher Befindlichkeit (und sei es auch nur zur Vermeidung oder Beseitigung hindernder oder beeinträchtigender Umstände).“ (Rüsen, Kann Gestern besser werden, 2003, S. 31).

57 Rüsen, Sinnbildung, 2006, S. 142.

58 Die geschichtsdidaktischen Publikationen zur Handlungsorientierung im Geschichts- unterricht haben nämlich viel eher „Selbsttätigkeit“, Handlungsorientierung als päda- gogisches Prinzip, Handlungsorientierung als Methode historischen Lernens, manch- mal auch Handlungsorientierung zur Steigerung der Motivation zum Ziel. Auch Bärbel Völkel gelingt es nicht, sichere Fundamente für eine historische Handlungstheorie zu le- gen, obwohl Bausteine in ihrer Monografie zu finden sind (dies., Handlungsorientie- rung, 2005, insb. S. 5-8, S. 21-38).

59 Vgl. hierzu auch Rüsen, Historische Orientierung, 1994, Kapitel Theorie der Geschichte, insbesondere S. 78-82.

(24)

1) Handeln kann durch den Inhaltsbezug historisch orientiert werden:

Es wird ein kategorialer innerer Zusammenhang zwischen vergange- nen und gegenwärtigen Erfahrungen hergestellt. Eine inhaltsbezoge- ne Kontinuität wird hergestellt, indem bestimmte Erfahrungen aus vergangenen Kontexten ausgewählt und mit Bedeutung und Sinn für Gegenwart und Zukunft versehen werden. Bei der Auswahl der in- haltsbezogenen Kategorien kann von Gegenwartsproblemen ausge- gangen und regressiv nach handlungsleitenden vergangenen Vorbil- dern/Erfahrungen gesucht werden.

Es ist aber auch möglich, den Ausgang von einem historischen Hand- lungsvorbild zu nehmen und dieses dann „progressiv“ auf die eigene Gegenwart/Zukunft zu beziehen. Eine von der Vergangenheit in die Zukunft weisende Kontinuität wird konstruiert, die Handeln orientie- ren kann/soll.

Die Überlappung zwischen Orientierungs- und Sachkompetenzen liegt bei der inhaltsbezogenen Prägung der Handlungsdispositionen auf der Hand: Die jeweils ausgewählten Kategorien/Konzepte stellen den Zusammenhang her. Ebenso offensichtlich ist die Überlappung mit den historischen Fragekompetenzen:Historische Fragen setzen die Sinn- bildung erst in Gang und halten sie dann in Bewegung.

2) Handeln kann historisch fundiert werden, indem es sich von den be- kannten Sinnbildungsmusternleiten lässt. Rüsen weist mehrfach da- rauf hin, dass die historischen Sinnbildungsmuster mit den Hand- lungszielen korrelieren,die der Einzelne bzw. Gruppen sich setzen.

Traditionale Sinnbildung verpflichtet „Handlungen auf Bewährtes“.

Exemplarische Sinnbildungen ermöglichen es, Regeln für Handlungen festzulegen. Handlungsziele können sich aber auch aus der kritischen Bewertung vergangenen oder gegenwärtigen Tuns ergeben „Nie wie- der“ wäre eine der möglichen kritischen Formen.60Handlungen kön- nen, der genetischen Sinnbildung folgend, auch an Entwicklungen/

Veränderungen ausgerichtet werden. Die aus der Vergangenheit er- schlossenen Handlungsmuster müssen dann notwendigerweise modi- fiziert ggf. sogar verworfen und neu konzipiert werden.

Handlungsdispositionen operationalisieren sich z.B. darin, über ein Repertoire von historischen Vorbildern und Regeln für aktuelles Handeln zu

60 „Nie wieder“ taucht bei Rüsen u.a. in Überlegungen auf, wie Traumata, Unmenschli- ches, konkret Holocaust und andere die Menschenrechte missachtenden Verbrechen in die historische Orientierung einbezogen werden können. Vgl. u.a. Rüsen, Zerbrechende Zeit, 2001.

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