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Inklusion – Anspruch und Wirklichkeit

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Academic year: 2022

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Zeitschrift des Behindertenbeirates Sachsen-Anhalt

finanziertvomLandSachsen-Anhalt

2/2016

Thema: Inklusion

Anspruch und Wirklichkeit

Inhalt

Innensicht:EineMutter über ihrbesonderesKind

AufeinWort:Menschen­

rechtnachKassenlage?

Aktuell: Kinderdemonstrie­

renfür (ihr)gleichesRecht

Nachgefragt:Wieviel In­

klusionwollen wirundwie kannsieerreicht werden?

Beitrag:Inklusionander Universität

Thema:Teilhabeoderlieber wirtschaftliche Belastung?!

Thema:OhneInklusionin derSchulegehtesnicht

Beirat:Chancengleichheit sieht andersaus

Zuguter Letzt:Steinedes Anstoßesverschwunden.

Weiter geht’s: Selbermachen!

Worthülsen

Es ist schon fast zur Gretchen-Frage geworden: Wie halten wir es mit der Inklusion? Zwischen Theorie und Praxis gibt es noch immer eine Kluft. Längstnoch gibt eskeine einheitlicheUmgangsweisein denein­

zelnen Bundesländern. Das führt dazu, dass es große Unterschiede in denRegionen gibt.Undwerhätteesgedacht: Sachsen-AnhaltistSpitze!

Bei der Exklusion. Bei der Inklusion hingegen gehören wir zu den Schlusslichtern. VielmehrsindwirdasLandderFörderschulen.

Wobleibt dieGleichberechtigung?Was unterscheidetsievon Gleichma­

cherei? Gleiches Recht für alle? Oder nur Worthülsen? Andere Länder machenes vor:Nichtnur Skandinaviengeht mit gutemBeispiel voran.

In Italien gibt es seit30 Jahren keine Förderschulen mehr. Dabei geht esnichtnurumsLernen,sondernumdenWeg inseigenständigeLeben, umdieTeilhabeanderGesellschaft.MiteinemSchulabschluss,einerBe­

rufsausbildung, einem Arbeitsplatz. Aber auch darum, welche Gesell­

schaftwirseinwollen!

Indieser „normal!“-AusgabegehenwirderFragenach:Wie stehtesin Sachen-Anhalt um die Inklusion? Was ist die Vorstellung, wie sieht die Umsetzungaus? ZwischenAnspruchundWirklichkeit.

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Innensicht

Gedanken einer Mutter

Nie ...

Es gibtsovieleDinge inDeinemAnderssein,die ich nie tun odererfahrenwerde.

Dinge,die für andereselbstverständlichsind.

Du bistjetzt14Jahre,

dochich habenoch nie eine Klassenarbeitunterschrieben,

Dich noch nie zuFreundengefahrenoderzu einemHobby gebracht.

Noch nie habeich Dichvon einer Party geholt­

noch nie habeich DirGeld indieHand gedrücktund gesagt:

„Gehlos undkaufDir was Schönes“, Dich noch nie alleinzuHausegelassen.

Vielleichtwerde ichDir nie Ratschlägezu Frisurund Make up geben,

nie warten,dass Duwiedervon der FeiermitFreundennach Hausekommst.

Vielleicht nie erfahren, dassDu mirDeinenerstenFreund vorstellst, nie vor PrüfungenmitDir bangen.

Wahrscheinlich werdeich nie DeinenFührerschein bewundern, Deine eigeneWohnung,DeineSelbstständigkeit ...–

nie einKind von DirindenArmenhalten.

Wahrscheinlich werdeich immer– stärkeralsjederandere– das Gefühlhaben,Dichbeschützenzu müssen,

wahrscheinlich DeineHand nie ganzloslassen können, damit DualleinDeinenWeg gehenkannst.

Wahrscheinlich werdeich nie aufhören,

mir Sorgenum DeineZukunftzu machen,fürDeine Rechteinzutreten.

All die Dinge,die gewissalle Elternfühlen– die jedochbei Dir durchDeineEinzigartigkeit fürmichso vielintensiversind.

Auch wennmirdieses NIEinmanchenMomenten schmerzlichbewusstwird:

nie möchteich mitanderenMüttern tauschen,

denn ich werde nie dankbarersein,DichmeinKind nennenzu dürfen.

Denn nie sindGefühleechter, Tatenund Worte ehrlicheralsbei Dir.

Unddochtut esmir unendlich weh,

dass dusovieleDinge inDeinemLeben

nie tunodererfahrenwirst, die fürandere

selbstverständlich sind...

AdinaLechner

(AnmerkungderRedaktion:Diebe­

schriebene Tochter hat eine früh­

kindlichegeistigeBehinderung, inkl.

Hirn-OP im vierten Lebensjahr. Sie ist ein hübsches Mädchen. Sie be­

sucht die Förderschule Tangerhütte und ist auf ständige Unterstützung angewiesen.)

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Auf ein Wort

Menschenrecht nach Kassenlage?

Adrian Maerevoet, Landesbehinderten­

beauftragter

VerehrteLeserinnenund Leser,

ein großes Thema ist Inklusion in der Bildung.

Denn alles,was wirindiesemBereichfalschma­

chenoderwowirMenschennichtsofördern, wie sie es brauchen, zahlen wir später vielfach. Die Menschengeratensooft ineine lebenslangeAb­

hängigkeitvon staatlicherUnterstützung, weilwir ihnen keine oder die falschen Chancen gegeben haben. Derzeit bewegt mich ganz besonders, dassichvom BildungsministerdasSignalerhalte, Inklusion würde sich Schritt für Schritt entwi­

ckeln, aber Eltern, Schüler und Lehrer das Ge­

genteilberichten.

Wie würden Sie reagieren, wenn Ihnen die Schulleitungmitteilt,dassIhrKindwegendesbe­

hinderungsbedingten Bedarfs nicht zur Schule gehen könne?WärenSie zufrieden,wennderBil­

dungsministerIhnenmitteilt,dassdiesrechtsfeh­

lerhaft sei und umgehend durch Personal­

verschiebunggeändertwürde,obwohl Siegleich­

zeitig wissen, dass damit an anderer Stelle ein Lochgerissenwird?

Oder würde es Ihnen gefallen, wenn Ihr Kind wegen seiner Behinderung zum „Wanderpokal“

würde, weil die Lehrer nicht genügend Ressour cenhaben,umsichumIhrKindzukümmern, ob­

wohlsie esgerneunterrichten würden?

Wären Sie nicht auch hilflos und verzweifelt, wennIhrmentalsehreingeschränktes,abergroß gewachsenes Kind altersbedingt in eine Klasse versetzt würde, welche viel weiter ist, Ihr Kind hänseltundsomitständigüberfordert?Unddann erleben Sie, wie Ihr Kind verzweifelt ist und weint, Ihnen aber sagt: „Mutti wir schaffen das schon!“. AbertatsächlichzerbrichtIhrKindjeden Tag ein Stück mehr daran. Gleichzeitig erfahren Sie, dass eine andere Lösung wegen Personal­

mangelsnichtmöglichsei.AberweilSiedochIhr Kind lieben und stärken wollen, lachen Sie mit ihm, obwohl Sie gleichzeitig weinen und wissen, in welchem Zustand es von der Schule nach Hausekommen wird.

Was würden Sie sagen, wenn Sie eine überbe­

trieblicheAusbildungmachenundmorgensgegen vier Uhr aufstehen müssen, damit Sie von Burg nach Halberstadt fahren, um rechtzeitig inIhrer Berufsschule zu sein? In Magdeburg gibt es für eine eigene Berufsschulklasse in dem Ausbil­

dungszweig zu wenig Schüler und die wenigen zusätzlichbenötigtenLehrerstundenstehennicht zur Verfügung.

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Was würdenSiesagen,wennSie Grundschulleh­

rer wären und in Ihrer Klasse Integrationshelfer eingesetzt werden, die jedoch nicht unterstüt­

zendpädagogischtätig werdendürfen?Denn die LehrergehörenzumBildungsministerunddieIn­

tegrationshelfer werden von der Sozialagentur bezahlt. Was würdenSiedenken, wennsolch ein Integrationshelfer hinten in der Klasse sitzt und schläft oder vor der Tür steht und raucht, wäh­

rend Sie nicht wissen,wie Sie denUnterricht in­

klusiv gestalten? Und kommt dann doch mal pädagogische Unterstützung, dann bleibt diese für wenige Stunden in der Woche, so als ob der zuunterstützendeMenschnurdannbehindertist und die restlicheZeitnicht.

Wie beurteilen Sie, dass der allergrößte Teil der Förderschulabsolventen keinenqualifizierten Ab­

schluss erreicht und dann häufig von lebenslan­

gerstaatlicherUnterstützungabhängigsein wird – unddasnur, weilwirdenMenschenwegenihrer Behinderung keine andere Chance gegeben haben?

WürdenSiesichtatsächlichwundern,wennEltern und Lehrer Inklusion deutlich ablehnen, weil die BildungsministerInklusionzurPersonaleinsparung missbraucht haben und örtliche Personalbedarfe durchVerschiebungenimmerneueLöcherreißen?

Trotz allergegenteiligen Behauptungen aus dem Bildungsministerium kann ich nicht erkennen, dass Inklusionin derSchule tatsächlichgestärkt wird. Insbesondere nach der Entlassungswelle derpädagogischenMitarbeiterwirdoffensichtlich nur noch der Mangel verwaltet. Folge ist, dass weiterhinMenschenwegenihrerBehinderungbe­

nachteiligt werden. Unddas nenne ich Diskrimi­

nierung, und so wird Inklusion vor die Wand gefahren!

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Aktuell

Kinder demonstrieren vor dem Magdeburger Landtag

Gleiches Recht für alle!

LautesTrillerpfeiffenvor dem Magdeburger Land­

tag.„Wirsindanders, aberwirsindnichtdumm“, prangt es auf einem der Banner, den die Jungen undMädchen,ihreAngehörigenundBetreuermit­

gebracht haben zur Demonstration für gleiche RechteundgegenAusgrenzung.Organisiertwurde sievon einer Elterninitiative.Kinderhaben Rechte und Pflichten, dazu gehört die Schulpflicht, doch KindermitHandicap werden immerwieder davon ausgeschlossen, berichten Eltern. Grund istunter anderem fehlende Betreuungsmöglichkeit. Doch anstattzusätzlicheIntegrationslehrerundPädago­

gischeMitarbeiteranden Regelschuleneinzustel­

len,werdenStellen gestrichen.

Ausgrenzung statt Teilhabe.

„Weil Fachpersonal fehlt, wer­

denMenschenmit Behinderun­

gen an den Schulen diskrimi­

niert“,ist das Fazitvon Adrian

Maerevoet, Sachsen-Anhalts Landesbehinderten­

beauftratem. „Jahrelang haben Bildungsminister nach außenInklusionverkauft undnach innen Per­

sonalabbau betrieben. Anstatt jungen Menschen mitBeeinträchtigungenqualifizierteAbschlüssezu ermöglichen,wurden sie, ihreSchulenundihreEl­

ternalleingelassen. Jetzt gibtesdie bittereQuit­

tung.“ Vielerorts mehren sich die Beschwerden, weil einklares undtragfähiges Konzept zurInklu­

sionindenSchulennichterkennbarist.Zusätzlich problematisch:„Die bisherige Aufteilung der Zu­

ständigkeiten in Eingliederungshilfe und Bildung fördert und festigt Ausgrenzung und ist eine Ver­

schwendungvon Ressourcen.“

Schulpflicht und Inklusion seien keine einseitigen Ver­

pflichtungen, die für das Bil­

dungsministerium nicht gel­

ten,soAdrianMaerevoet.

Plakateund BannerderteilnehmendenKinder, ElternundandererDemonstranten vor demLandtag.

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Thema

Das „Konzept zum gemeinsamen Unterricht“ hinterfragt

Wie viel Inklusion wollen wir und wie kann sie erreicht werden?

DurchArtikel 24 derUN – Behindertenrechtskon­

ventionistDeutschland, unddamitauchSachsen- Anhalt verpflichtet, eininklusives Bildungssystem aufzubauen.

Dasfrühere KultusministeriumunseresBundeslan­

des erarbeitete ein „Konzept zum gemeinsamen Unterricht“,dasals erster Schrittauf diesemsicher langenWeg angesehen werdenkann.

Esregelt– wiederTitelschonsagt– dasgemein­

same Lernen von Schülerinnen und Schülern mit undohneFörderbedarfimUnterrichtderallgemei­

nenSchule.

WarenzunächstdieGrundschulenVorreiterdieser Beschulungsform, sind inzwischen alle Schulfor­

menmitderUmsetzungdes Konzeptsbefasst.

Dasgelingt inunterschiedlicherQualität.

DieSekundarschule „Carlvon Clausewitz“inBurg isteine von sechszertifizierten „Sekundarschulen mit inklusivem Bildungskonzept“ in Sachsen-An­

halt.GemeinsamenUnterrichtpraktiziertmanhier erfolgreich seit dem Schuljahr 2007/2008, also langevor BehindertenrechtskonventionundErlas­

senzumgemeinsamen Unterricht.

BeispielfürindividuellesArbeiten:

Alsder erste „GU – Jahrgang“ die Sekundarschul­

laufbahn imJahr 2013 abschloss, stand fest,dass 77ProzentderSchülerinnen undSchüler dieSchule mit einem höheren Schulabschluss verließen, als man ihnen am Anfang ihrer Schullaufbahn zuge­

trauthatte.Dasheißt:ausden potenziellenSchul­

abbrechern (denn so werden Absolventen der FörderschulefürLernbehindertestatistischgezählt, weilsiedieSchule ohneeinen anerkanntenSchul­

abschlussverlassen) wurdendurchFörderung und individuellesArbeitenHaupt- undRealschüler.

Oft wird nach dem „Geheimrezept“ gefragt. Das aber gibt es nicht. Es waren und sind allgemeine Parameter, diesich jedochleicht auf dasgesamte Schulsystemübertragenlassen.

GrundfrageistdiepersonelleAusstattung.

An der Clausewitz-Schule arbeiten durchgängig zwei Förderschullehrkräfte. Es geht also nicht darum, dass „mal jemand da ist“, sondern, dass

„immer jemand vor Ort ist“, der Tipps und Hin­

weisegibt, Ansprechpartnerfür Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnenund Lehrerist.

Ausgebildetes Personal zur Begleitung von Schü­

lerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und/oder Teilleistungsstörungenge­

hörtinausreichenderAnzahlverlässlichund plan­

bar an jede Schule des Landes. Das ist Grundvoraussetzung ebenso wie ein ständiges Fortbildungsangebotfür Regelschullehrer.

Auchhier isteinSchlüsselzumErfolg anderBur­

gerSekundarschule zu sehen. EinDrittel desKol­

legiums (einschließlichderSchulleitung)setztsich berufsbegleitendeinJahrlangselbstaufdieSchul­

bank, um sich in der umfassenden Theorie, aber auch in praktischen Übungen zum differenzierten Arbeiten fitzu machen.

Als weitere Grundvoraussetzung für ein Gelingen inklusiverUnterrichtsstrukturenistnebendenper­

sonellen auch die sächliche Basis zu nennen. Die bauliche Barrierefreiheit der Schulgebäude muss im Zuge weiterer Sanierungsmaßnahmen entge­

gendemSparwahnvorangetriebenwerden,wenn manesmitderInklusionernstmeint.

Hinderlich waren an der Clausewitz-Schule aber auchbürokratischeHürden.Wennunterschiedliche SchulträgersichumtechnischeHilfsmittelstreiten, bleibt am Ende meist das Kind auf der Strecke.

Hier sind unbürokratische Lösungen auf kommu­

nalerEbene anzustreben.

WichtigistVerlässlichkeit:

DemLandhingegen istquasialsHausaufgabeauf­

zugeben, dass Konzepte erstellt werden müssen, die dieVerlässlichkeitundPlanbarkeitimSchulsys­

temwiederherstellen. AngesichtswachsenderPer­

sonalknappheit wird der Spagat zwischen dem Festhalten am überholten Förderschulsystem in seiner Gesamtheit auf der einen und den inklusi­

ven Ansätzen auf der anderen Seite nicht mehr langedurchzuhaltensein.

DieProteste und Aktionen zum EinsatzPädagogi­

scher Mitarbeiterinnen sprechen dazu ihre eigene Sprache. Hier muss das Land Farbe bekennen:

Wieviel Inklusion wollen wir und wie setzen wir knappeRessourcensinnvollein?Welcheintelligen­

tenLösungenfindenwirimÜbergangundwieviel Besonderung und Förderschulversorgung wird es weiterhinundanwelchenStandortengebenmüs­

sen?SovielWahrheitmuss unsdieZukunftunse­

res Landes – und das sind nun mal unsere Kinder, auch die mit sonderpädagogischem Förderbedarf– wertsein. Frank Schiwek

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Thema

Inklusion an der Universität

Eine Veranstaltungsreihe

ImOktober undNovember2016fandimCampus- TheaterderOtto-von-Guericke UniversitätMagde­

burg die Ringvorlesung „All inclusive“ zum Themenschwerpunkt „Inklusion“statt.Bereitszum zweitenMalorganisiertedie AGInklusion von der humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität dieseVeranstaltungsreiheundsetztesichfürmehr Offenheitsowie Toleranzein.

Zum Organisationsteam der AG Inklusion zählten neben neun Studierenden im Bachelor- und Mas­

terstudiumBildungswissenschaftauch zweiDozen­

ten des Lehrstuhls für soziale Integration und beruflicheRehabilitation.

An fünf Terminen wurden unterschiedliche The­

menschwerpunkte der Inklusion durch nennens­

werteDozenten referiert:

• Inklu…was?

EineEinführungindenInklusionsdiskurs.

Dozenten:AdrianMaerevoet& WolframStäps

• MigrationinDeutschland– ZwischenExklusion&

Inklusion.Dozentinnen:Prof. Dr.LindaJuang& Dr.

Anne-KathrinWill

• Inklusion– hier, dort,am anderenOrt? Impulse

aus verschiedenen Ländern.

Dozent:Prof. Dr.Andreas Hinz

• SexuelleSelbstbestimmungmit geistigerBehin­

derung.

Dozenten: MirkaSchulz&Dr. SusanLeue-Käding

•InklusiveSchulevs. Förderschule–EineDiskus­

sion. Dozenten: Prof. Dr. Bernd Ahrbeck, Bastian Fischer,Wolfram Stäps&Dieter Steinecke

DieVeranstaltungenstellteneinePlattformdar,auf welcher durchdie Vorträge sowie anschließenden DiskussionenderAustauschunterschiedlicherPer­

spektiven ermöglichtwerden konnte.Das Ziel be­

standdarin,dass dieZuhörer aufeinenreflexiven UmgangmitInklusionsensibilisiertwerden.Inklu­

sionbeziehtsichschließlichnichtnuraufMenschen mit Behinderung, sondern versteht sich als ge­

samtgesellschaftlicher Prozess, an welchem wir allebeteiligtsind.GesellschaftlicheAusschlusspro­

zesse müssen bewusst gemacht sowie endlich überwundenwerden,umdiegleichberechtigteTeil­

habe aller Menschen zu ermöglichen. Mit dieser MotivationimGepäcksindwirbestrebt,dieVeran­

staltungsreiheimnächstenJahrsoerfolgreichfort­

setzenzu können. NicoleBeck

Integrative und inklusive Bildung

Studienrichtung der Bildungswissenschaft

AnderhumanwissenschaftlichenFakultätderOtto von-GuerickeUniversität MagdeburgistderStudi­

engang Bildungswissenschaft angesiedelt. Das Bachelorstudium dauert in der Regel 6 Semester undwirdanschließendmitdemakademischenTitel

„BachelorofArts (B.A.)“ausgezeichnet.

NebenderAbsolvierungdesreinenGrundstudiums kann zum Hauptfachein Nebenfach gewählt wer den. Hier besteht die Wahlmöglichkeit zwischen dem Studiengang Psychologie oder Sozialwissen­

schaft.Das Studienzielistdie BefähigungzumDi­

agnostizieren,GestaltenundEvaluierenvonLern- undBildungsbedingungen.Fachliches Wissenwird diesbezüglich in beispielsweise folgenden Berei­

chenvermittelt:Kulturarbeit,Erwachsenenbildung, Beratung und Prävention sowie rehabilitative und gesundheitliche Förderung.

Die Vielfalt der Lehrinhalte spiegelt sich auch in

­­

denspäterenBerufsfeldernwider. BeruflicheTätig­

keitensindu.a.inMinisterien,Hochschulen,imBil­

dungsmanagement, der außerschulischen Jugendarbeit oder auch in Bereichen der sozialen Arbeitmöglich.Dies istgrundlegendabhängigvon dempersönlichen Schwerpunktdes Studiums.

Wurde das Bachelorstudium erfolgreich gemeis­

tert, besteht weiterhin die Möglichkeit, in einem anschließenden Masterstudium seinen gewählten Schwerpunkt zuvertiefen.

HierbietetdasInstitutfürErziehungswissenschaf ten vierverschiedeneVertiefungen an:Integrative undinklusive Bildung,Bildungssystemdesign,Cul­

tural Engineering sowie internationale und inter­

kulturelle Bildung.

DieStudiendauerbeträgtinderRegel 4 Semester.

DerabschließendeakademischeTitelist„Masterof Arts“ (M.A.).

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Information

Sachsen-Anhalt ist Spitze in Exklusion! Andere Länder leben Inklusion

Wir sind das Land der Förderschulen

DeutschlandradioKulturberichtetüberInklusioninSpanien:

Pablo Pineda gilt als geistig behindert, weil er mit dem Down-SyndromzurWeltgekommenist.Dennochhaterein LehramtsstudiumabgeschlossenundarbeitetalsAutor, Re­

ferentundSchauspieler.Quelle:DeutschlandradioKultur/fb

Während wir uns inDeutschland schwertun mitderInklusion,gehörtsieinanderenLän­

dernlängstzumAlltag.Skandinaviengiltals Vorbild, Schweden und Finnland haben nur nochwenigeFörderschulen,Norwegenkeine mehr.InItalienwurdenvormehrals30Jah­

ren Förderschulen und Sonderklassen abge­

schafft- undsehrguteErfahrungen gemacht!

Natürlich funktioniertedasnichtvon heuteaufmor­

gen. Natürlich gab es auch Eltern mit Bedenken, auf beiden Seiten. Die Einen fragten sich, ob ihr Kind mit Handicap benachteiligt oder überfordert wird?DieAnderen, ob ihr Kindin der Entwicklung ausgebremstwird.Jahrespätersindsichdiebefrag­

tenElterneinig:Eshatallepositivvorangebracht.

Gelebt wird, dass alle Menschen zur Gesell­

schaft gehören,mitall ihrenBesonderheiten.

Daszeigt sichhierzulande sehrgutindenKinder­

tagesstätten.GemeinsamesLernen undSpielen ist in Kitas bereits weit verbreitet. Doch beim Über­

gangindie SchuleändertsichdasBild. Zwarwer den Deutschlands Schulen zunehmend inklusiver, wie eine Analyse der Bertelsmann-Stiftung zeigt.

Sie belegt aber ebenso: Je höher die Bildungs­

stufe, desto geringer sind die Chancen auf Inklu­

sion. Sie findet vor allem an Haupt- und Gesamtschulenstatt.Auchdanach - in derAusbil­

dung- ist Inklusionebenfallsselten.

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DerInklusionsanteillagdeutschlandweit im Schul­

jahr 2013/14bei 31,4Prozent.Dabei sindLänder, die den gemeinsamen Unterricht bereits seit län­

gerer Zeit vorangetrieben haben, inzwischen gut auf dem Weg zu einer inklusiven Schule vorange­

kommen:BezogenaufalleSchülerderJahrgangs- stufen 1 bis 10 lernen in Berlin nur noch 3,4, in Schleswig-Holstein nur noch 2,4 und in Bremen garnurnoch1,9Prozent„exklusiv“inFörderschu­

len – bei einem bundesweiten Durchschnittswert von 4,7 Prozent.Deutlich höhere Anteilen anFör derschülern gibt es in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt(jeweils6,8Prozent).

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Offene Türen und offene Blicke

Arbeit für Menschen mit Behinderungen: Wettbewerb „Pro Engagement“

EndspurtimWettbewerb „ProEngagement“.Auch indiesemJahrsuchtederLandesbehindertenbeirat Firmen, die sich für Menschen mit Behinderung einsetzen und ihnen die Teilhabe am Berufsleben ermöglichen. Bewerbungen gab es aus dem gan­

zen Bundesland,vom HarzbiszurAltmark.Verge­

ben werden Preise in drei Kategorien: im öffentlichenDienst, inkleineren Firmen mit weni­

gerals 20Mitarbeitern undgrößerenBetrieben.

Ausgewählt wurden die als Preisträger infrage kommenden Firmen bereits von einer Jury, deren Vertreter in den vergangenen Tagen die Betriebe undEinrichtungenbesuchthaben,umsichvor Ort von derRichtigkeit derBewerbungen zu überzeu­

gen. Die Preisverleihung erfolgt am 7. Dezember durchdie stellvertretendeMinisterpräsidentin Petra Grimm-Benne.BisdahinbleibendieFirmennamen geheim.

Beispiele „Pro Engagement“: In einem Unterneh­

men trägt eine blinde Frau durch telefonische Be­

fragungen zur Kundenzufriedenheit bei. Für ihre Orientierungwurdefestgelegt,dassTürenentweder geschlossenoderoffensind,ganzodergarnicht.In einer anderen Firma wurde für einen kleinwüchsi­

gen Mitarbeiter einPodestangeschafft. „Manchmal sindessehreinfacheDinge,diegroßeVeränderun­

gen bringen“, sagt Landesbehindertenbeauftragter Adrian Maerevoet. Er berichtet zudem von einem Gehörlosen, der spürt, wenn an seiner Maschine etwas nicht stimmt, was anderen Kollegen bei der Lautstärke in derProduktionshalle entgeht.

Wer wird PreisträgerbeimWettbewerb „ProEnga­

gement“ 2016? Die Ergebnisse werden nach der Preisverleihung imInternet veröffentlicht:

www.pro-engagement.sachsen-anhalt.de

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Thema

Unsinn und Sinn eines Förderschulsystems

Schule - Arbeit - Teilhabe

oder wirtschaftliche Belastung

„Die mangelnde Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt stellt eine erhebliche wirtschaftliche Belastung dar.“

Diese Aussageuntersetzt dasCenter for Disability andIntegration der UniversitätSt. GallenmitStu­

dienderOECD(OrganisationfürwirtschaftlicheZu­

sammenarbeit und Entwicklung). Diese Untersuchungender OECDzeigen, dassdieAnzahl der Menschen mit Behinderungen in den letzten Jahrzehnten in sämtlichen Industriestaaten ange­

stiegenist.NachAngabenderOECDhaben14Pro­

zentderBevölkerungimerwerbsfähigenAltereine Behinderung.Nur42ProzentderMenschenmitBe­

hinderung sindin Beschäftigung, währendder An­

teil bei den Menschen ohne Behinderung bei 73 Prozentliegt.

Weil Arbeit ein wesentlicher Faktor für die gesell­

schaftliche Teilhabe und ein selbstbestimmtes Lebenist,schafftdiemangelndeEinbindunginGe­

sellschaft undArbeitbeiMenschenmitBehinderun­

gen ein Klimader Unzufriedenheit und mindert so schleichendihre Arbeits- undLeistungsfähigkeit.

AuchfürUnternehmenstelltdie zunehmendeInva­

lidisierungeineerhebliche Belastungdar. VieleBe­

troffenesind nichtvon Geburtan von Behinderung betroffen,sondernerfahreneineBehinderungwäh­

rendihresErwerbslebens.ZahlendesStatistischen LandesamtesSachsen-Anhaltzeigen:von 189.289 schwerbehinderten Menschen sind 80.185 im er werbsfähigen Alter zwischen 18 und 65 Jahren, 60.198davon sind45Jahreundälter. Folglichver­

lieren UnternehmenimLaufe derJahre produktive und gut ausgebildete Arbeitskräfte, wenn sie sich nicht um den Erhalt der Arbeits- und Leistungsfä­

higkeitdieserPersonengruppebemühen.

Letztendlich belastet diese Entwicklung in zuneh­

mendem Ausmaßdiesozialen Sicherungssysteme.

Möglichst vielen Menschenmit Behinderung einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen, stellt daher volkswirtschaftlich eine folgerichtige Konse­

quenzdar.

Viele Jugendliche mit Behinderungen haben jedochbereitsimÜbergangvonderSchulein die Ausbildung Schwierigkeiten, diese erste Schwelle erfolgreich zu bewältigen. Sie lan­

denimÜbergangssystem.

3.402KinderundJugendlicheimAltervon 6 bis18

­

Jahren mit einem Grad der Behinderung von 50 leben derzeit in Sachsen-Anhalt. Im Schuljahr 2015/2016 besuchen 10.401 Schüler eine Förder­

schule.1.380habendieseimabgelaufenenSchul­

jahrverlassen,davon sind548Schulabgängereiner Schule mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ und 280 von ihnen Absolventen einer Schule mit dem Förderschwerpunkt„geistigeBehinderung“.

Was passiert mit diesen Jugendlichen, wenn sie nachihrerallgemeinenSchulpflichtvon neun Jah­

ren die Förderschule verlassen? Über einen aner­

kannten Schulabschluss – also einen Hauptschulabschluss– verfügensienämlich nicht.

Ebenso wenig wie die über 800 Jugendlichen, die imletzten SchuljahrdieSchule lediglichmit einem Abgangszeugnisverlassenhaben.

EinkleinerTeil von ihnen besuchtimAnschluss an dieFörderschuleeinereguläreSekundarschuleund holt dort in der Regel den Hauptschulabschluss nach. DergrößteTeiljedochlandetim sogenannten Übergangssystem.DassindunterschiedlicheÜber­

gangsmaßnahmen,dieinsbesonderederBerufsori­

entierungund-vorbereitungdienen.

IneinigenFällenistesebenfallsmöglich,auchhier einen höherwertigen Schulabschluss nachzuholen.

Erfolgreichistdabeinurjeder Dritte.

Der Hauptschulabschluss ist ein wichtiger SchrittinRichtungAusbildung.

EinHauptschulabschlussistjedocheinewesentliche Mindestvoraussetzung füreinenerfolgreichenÜber­

gang von der Schule in die Berufsausbildung, ge­

rade wenn es darum geht, einen betrieblichen Ausbildungsplatzzusuchen.

Untersuchungendes Bundesinstitutsfürberufliche Bildung(BiBB)zeigen:NurjederfünfteJugendliche ohneHauptschulabschlussschafftdenÜbergangin Ausbildung innerhalb eines Jahres, ein schneller Übergangin einebetrieblicheAusbildung istsogut wie ausgeschlossen. Das schaffen nicht einmal 3 Prozentderjenigen,diekeinenanerkanntenSchul­

abschlusshaben.

Über gut drei Jahre hinweg haben die Mitarbeiter des BiBBJugendliche in diesem Übergangssystem beobachtet.SiekommenzudemSchluss:„FürTeil­

nehmende,dieohneeinenHauptschulabschlussge­

blieben sind, ist die Wahrscheinlichkeit einer EinmündungineineAusbildungüberdengesamten BeobachtungszeitraummitAbstandgeringer alsfür jene, die einen Hauptschulabschluss erworben

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(9)

Thema

habenoder diesenbereitsvor derÜbergangsmaß­

nahmebesaßen.“

Die Zahlenzeigen:nach drei Jahrenhaben gerade einmal 40 Prozent aller Jugendlichen ohneHaupt­

schulabschlusseinevollqualifizierteAusbildungbe­

gonnen, mitHauptschulabschluss sindesimmerhin schon über60Prozent.

1,3 MilliardenEuro zahltenBund und Länder2012 direktindiesesÜbergangssystem,dasinTeilenein SchulsystemversagenimHinblickaufdieVorberei­

tung auf eine Ausbildung ausgleichen soll. Trotz vielfältigerBemühungen an dieserStellescheitern immer noch 30Prozent aller Jugendlichenim Hin­

blickauf die nachhaltige Einmündung in eine Aus­

bildung.

Es stellt sich die berechtigte Frage, ob das Geldnichtwirksamerschonwährendderall­

gemeinenSchulpflicht imRahmeninklusiver Bildung investiert wäre, nach dem Motto:

Das, was wir früher investieren, sparen wir

späterein. Maike Jacobsen

Es geht nur mit Inklusion an Schulen

InklusionisteinwichtigerSchrittzurVerbes­

serungdes Übergangsvonder Schuleinden Beruf.

Inklusionkanngelingen! AuchinSchulen!Daszei­

gen Forschungsergebnisse und Beispiele guter schulischer Praxis auch aus Sachsen-Anhalt, die dieBertelsmann Stiftungzusammengetragenhat.

Die Forscher haben aus Sicht der Schüler, Eltern und Lehrer die Erfahrungen mit inklusiver Schule untersucht und mit denen getrennter Beschulung verglichen. Sieben Jahre nach dem Paradigmen­

wechsel durch die UN-Behindertenrechtskonven­

tionlässtsichsicherlich nochkeine abschließende Bilanzziehen, eine erste Standortbestimmunger scheintjedoch schonmöglich.

InBezugaufdieSchüler:

Diverse Studien aus dem deutschsprachigen und internationalen Raum zu den Effekten gemeinsa­

men Lernens machen deutlich, dass sowohl die Schüler mit als auch jene ohne sonderpädagogi­

schen Förderbedarf in ihrer Leistungsentwicklung vom inklusiven Unterricht profitieren. Vorausset­

zung dafürist eine achtsameLerngruppenzusam­

mensetzung, eine gute individuelle Förderung sowieeinekonsequenteArbeitandersozialen Ak- zeptanzund amSelbstkonzeptderSchüler.

­

InBezugaufEltern:

Befragung von Eltern zeigen, dass diese ein Be­

wusstsein für die positiven Effekte inklusiver Bil­

dung entwickeln, wenn sie in Kontakt mit dem gemeinsamenLernenkommen,seiesdurchdieei­

genen Kinderoder durch Kinderin ihrem Umfeld.

Interessant ist, dass inklusive Lernumgebungen positiver bewertetwerden alsnicht inklusivarbei­

tende Schulen – und zwar unabhängig davon, ob das eigeneKind Förderbedarfhat odernicht.

InBezugaufLehrkräfte:

Eine Umfrage mit 1.000 Lehrkräften kommt zu demErgebnis,dassLehrkräfteaninklusivenSchu­

len intensiver kooperieren als Lehrkräftenicht in­

klusiver Schulen, und das bei vergleichbarer beruflicher Zufriedenheit.

Fazit:

Die Ressourcen (hier insbesondere Geld) sind im System schulischer und beruflicher Bildung vor­

handen. ErfolgreicheKonzepteundErfahrungenin­

klusiver Bildung ebenfalls. Jetzt gilt es, mutig zu sein und das Geld dahin fließen zu lassen, wo es imSinneder UN-Behindertenrechtskonventionge­

sellschaftlichundvolkswirtschaftlichwirksamwer

den kann. Maike Jacobsen­

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Beirat

„Chancengleichheit sieht anders aus“

Informationen aus dem Landesbehindertenbeirat

Regelmäßiginformiert die „normal!“ über die Sit zungendes Landesbehindertenbeirates. Seit dem ErscheinendervorigenAusgabefandam10.Sep­

temberdie80.Sitzung inMagdeburgstatt,zuder wieder viele Vertreter der Regionen Sachsen-An­

halts angereistsind.

WegenErkrankung des Vorsitzenden AdrianMae­

revoetübernahm die stellvertretendeVorsitzende des Beirates Frau Dr. Hildebrand die Leitung. Sie begrüßtebesonders Frau MinisterinPetra Grimm- Benne zu einem Gespräch über die künftige Ent wicklungderBehindertenpolitikinSachsen-Anhalt.

Weitere Gäste waren die behindertenpolitischen SprecherinnenderLandtagsfraktionen sowieFrau Kötke und Frau Schöppen vom Verein „Reforma­

tionsjubiläum2017e. V.“.

­­

Mitbesonderer Spannung wurden die Ausführun­

genderMinisterinzuraktuellenDebattezumBun­

desteilhabegesetz erwartet. Vielfältige Probleme derBehindertenpolitikdesLandesundderUmset­

zung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN­

BRK) in Sachsen-Anhalt interessierten die Anwesenden.

FrauGrimm-Benneerklärte,dass siesichdasZiel gesetzt hat, die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ressorts der Landesregierung auf dem Gebiet der Behindertenpolitik wesentlich zu verbessern. Sie verwies auf die im Koalitionsver­

trag verankerten Inhalte zur Umsetzung der UN­

BRK. Dabei stehe das Leitbild der Inklusion als MenschenrechtimMittelpunkt.

Bundesgleichstellungsgesetz:

Bemerkenswert hier insbesondere ihre Kritik am Gesetzgebungsverfahren zum Bundesgleichstel­

lungsgesetz auf Bundesebene. Ihrer Auffassung

nach geht die Barrierefreiheit dabei längst nicht weit genug. Ihre Forderung, Barrierefreiheitnicht nur verpflichtend für die öffentliche Verwaltung, sondern auch im privaten Sektor zu regeln, trifft auf volle Zustimmung im Beirat. Barrierefreiheit muss auch für Geschäfte, Arztpraxen und andere privatbetriebeneInstitutionengeschaffenwerden.

Bundesteilhabegesetz:

Auch für das kürzlich in den Bundestag einge­

brachteBundesteilhabegesetz(BTHG)fandsiekri­

tische Worte. Ihr Fazit: Echte Chancengleichheit fürMenschen mitBehinderungensiehtanders aus.

Trotzdemstelltesieauchpositive AspektedesGe­

setzentwurfesheraus:

Verbesserungen beiderAnrechnung von Vermögen/Einkommen aufEingliederungshilfe

StärkungderTeilhabeamAllgemeinen Arbeitsmarkt

Budget f.ArbeitmitRückkehrrechtindie Werkstatt

Bedarfsermittlungsverfahren

Vertragsrecht

DesWeitereninformierteMinisterinGrimm-Benne über das Vorhaben, in den Kommunen Teilhabe­

managerzu installieren, die ausEuropamitteln fi­

nanziert werden. Sie kündigte an, dass das Ministerium anstrebt, künftig alle amtlichen Schreiben in einfacher Sprache zur Verfügung zu stellen.

Diskussion:

Inder Diskussionwar neben der Ankündigung,in denKommunen Teilhabemanager einzusetzen,das BTHGeinSchwerpunkt.IndiesemZusammenhang wurdewiederumdieHöhedesBlindengeldeskriti­

siert.Außerdem wurde dieForderung nacheinem Platz im Landesrundfunkrat für einen Vertreter/

eine VertreterinderMenschenmitBehinderungen erneuert.

FrauDr. HildebranddanktederMinisterinfürihren Besuch und freut sich auf eine konstruktive Zu­

sammenarbeit.

BarrierefreiimLuther-Jahr?

In einem weiteren Tagesordnungspunkt stellte Frau Kötke vom Verein „Reformationsjubiläum 2017e.V.“ ZielundAufgabendesVereinsvor.Sie informierte anhand einerPräsentation über die in VorbereitungdesLuther-JubiläumslaufendenPro­

jektedesKirchentagesinBerlin undWittenberg.

BreitenRauminderDiskussionnahmendierelativ

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Aktuelles

unzureichende Barrierefreiheit in Wittenberg und die ungünstigen Anreisemöglichkeiten mit der DeutschenBahnein.Sowurdekritisiert,dassRoll­

stuhlfahrer lange Umwege in Kauf nehmen müs­

sen, da der direkte Umstiegsbahnhof nicht barrierefrei ist. Eine Alternative istnoch nichtbe­

kannt. Auch Fragen nach barrierefreien Toiletten konnten noch nicht beantwortet werden. Frau Kötke nahmdie Hinweise und Vorschlägeauf und erläuterteMaßnahmenderVorbereitung.Sieinfor­

mierte,dasszentrumsnaheParkmöglichkeitenge­

schaffen werden für Rollstuhlfahrer, die mit dem Autoanreisen.

Im Rahmen der Beschlusskontrolle verwies Frau Dr. Hildebrand aufeine StellungnahmedesSozial­

ministeriums auf den Beschluss 1/2016 Wohnen mit Hilfebedarf: Dazu wird dringend um ein Ge­

spräch mit dem Ministerium und VertreterInnen der AG Inklusion gebeten. Zu den Beschlüssen 2 und 3/2016lagennochkeineReaktionenaus dem zuständigen Ministeriumvor.

DieAGInklusionriefdieAnwesendenauf, sichder Petition der BundesvereinigungLebenshilfegegen ausgrenzendeRegelungenimEntwurfdesBundes­

teilhabegesetzes anzuschließen.

Neu im Netz: Film zum Projekt „Frühe Hilfen“

Für einen guten Start als Familie

DasBildzeigteinenAusschnittausdemFilm„FrüheHilfen“, derjetztbarrierefreiimInternetzusehenist,unteranderem mit Übersetzung in Gebärdensprache und einer Hör-Version.

Im Projekt „Kinderschutz von Anfang an – Neue Wegegehen“isteinFilmentstanden,indemfrühe HilfenfürFamilienimMittelpunkt stehen.Erwurde kürztlich barrierefrei im Internet veröffentlicht.

Titel:„Frühe Hilfen – Kinderschutz. Netzwerke in Sachsen-Anhalt“.

FrüheHilfenhabenindenvergangenen Jahrenan BedeutunghinzugewonnenundsindmitdemBun­

deskinderschutzgesetz erstmals gesetzlich veran­

kertworden.Sie bieteneinenpräventiven Ansatz, umdas gesunde und gewaltfreie Aufwachsenvon allenKindern zu ermöglichen. Frühe Hilfen bieten passgenaue Unterstützungsangebote für Eltern undKinderabderSchwangerschaftbiszurVollen­

dungdesdrittenLebensjahresdesKindes.Siever­

binden die Angebote und Maßnahmen aus unterschiedlichen Systemen – insbesondere aus dem Gesundheitswesen, derKinder- und Jugend­

pflege,derSchwangerenberatungundderFrühför­

derung– miteinanderund entwickelnsieweiter.

DerFilminformiertüberModellprojekte,Unterstüt­

zungsangebotefürjungeFamilienundwesentliche Punkte des Bundeskinderschutzgesetzes. Es wird gezeigt, welche Strukturen mit den lokalen Netz werken„KinderschutzundFrüheHilfen“indenver­

gangenen Jahren aufgebaut worden sind. Seit 2012enstanden Netzwerke mitKoordinationsstel­

len in den Landkreisen und kreisfreien Städten sowie Projekte in drei Krankenhäusern Sachsen- Anhalts. „Jeder Arzt, der Familien betreut, sieht immer wieder die gleichen Probleme“, erklärt Dr.

Uwe A. Mathony, Chefarzt des Klinikums Dessau.

DurchdasNetzwerk findensichnunpassendeAn­

sprechpartner. „Allein können wir die Probleme nichtlösen, aber ineinem Netzwerk könen wir es gemeinsampacken undkönnen denFamilien eine bessere Zukunft, zumindest einen besseren Start ermöglichen“,betontderMediziner. Eineganzheit­

liche BetreuungseiHerzenssache.

So individuell Familien sind, so individuell ist der Bedarf an Unterstützung. Der mögliche Bereich

­

von Hilfenistweit gefächert.Nichtnur imZusam­

menhang mitDrogen, Alkoholund Zigaretten gibt es Handlungsbedarf, auch psychische Probleme undganzalltäglicheÄngstespieleneineRolle,bei­

spielsweise bei Frühgeburten. Wer Hilfe braucht, bittet meist nicht darum, so die Erfahrung der Fachleute. BildetsichdurchGesprächejedocheine Vertrauensbasis, lässt sich offen über Angebote redenunddannwerdendieseaucheherangenom­

men.Sokann Familien in belastendenLebenslagen geholfen werden.Es gibtkeine Pflicht, auchkeine Auflagen des Jugendamtes, alle Angebote beste­

henaufFreiwilligenbasis. Esgehtdarum,Familien in belastenden Situationenzu helfen, wenn ihnen die Erziehung und Versorgung schwerfällt. Ihnen soll derZugangzu Angebotenerleichtertwerden.

„Der Bedarf hat zugenommen“, sagt Dr. Daniel Clauß von der Kinderklinik der Uni-Klinik Halle.

Dort wurdenmöglicheBelastungsfaktoren zusam­

mengetragen und ausgewertet. Geradedie ersten Lebensjahresindentscheidendfürdieemotionale, kognitive, sozialeEntwicklung,betonter.

DieHilfsangebotesindimNetz abrufbar.

Der FilmistimInternet zu findenunter www.ms.sachsen-anhalt.de/

themen/familie/fruehe-hilfen-fuer-familien

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Zu guter Letzt

Die den Stein ins Rollen bringt ...

NachJahrenderKritikgingesplötzlich ganzschnell.

WashabensichdieRollstuhlfahrergeärgertüber denversperrtenZugangaufsGeländedesSozi­

alministeriums in Magdeburg beziehungsweise den versperrten Ausweg.Die Schrankeöffnete sichnur für Autos – und ein riesiger Stein, ein Findling,verhinderte das Drum-herum-Fahren.

Was hatte sich die „normal“-Autorin Sabine KronfothdieFingerwundgeschriebenüberdie­

sesThema! AuchbeimInterviewmitderneuen Sozialministerin Petra Grimm-Benne sprachen wir das Problem an –wie bei den Vorgängern auch.DochWunder:Kaumhattedie„normal!“­

RedaktiondenBeitragzum„SteindesAnstoßes“

fertig, reagierte Frau Grimm-Benne – und ließ die Steine wegschieben. Ganz einfach! Und machtauchnochdenSpaßfürsFotorechtsmit.

Dasagenwir:Danke, undweiterso!

Selbermachen – stolz sein

Etwasselbstzustandezubringen, zu bauen, malern, gestalten – das machtnichtnurSpaß,sondern auch stolz.DochdamitdasSelbermachen allen Menschenmöglich wird, müs- sen noch viele Barrieren abgebaut werden.DieBundesvereinigung der Lebenshilfeunddertoom-Baumarkt habendeshalb ein Magazin mit be- liebtenHeimwerkerthemen zusam- mengestellt.Sie geben Anleitungen zum Selbermachen, mit Fotos und

Erklärungen in leichter Sprache. Es können auch jeweils die einzelnen HeftealspdfausdemInternetgela­

den werden. Themen sind:Wände streichen, eine Holz-Kiste bauen undKräuterselbstpflanzen.

Zu finden im Internet auf der Seite www.lebenshilfe.de (Spenden/Mit machen - so helfen andere - toom) oder aufderFacebook-Seiteder Le­

benshilfe (auch ohne Anmeldung sichtbar).

­

Impressum

Herausgeber: RedaktionundLayout:

DerLandesbehindertenbeirat, vertretendurch Redaktionsausschuss desLandesbehinderten- denBeauftragtenderLandesregierung fürdie beirates,verantwortlich: BirgitAhlert

Belange derMenschenmitBehinderungen, AdrianMaerevoet(V.i.S.d.P.)

Druck:

Turmschanzenstraße 25 Halberstädter

39114Magdeburg Druckhaus GmbH

Tel.:(0391)567-6985 / 45 64 Fax:(0391)567-4052

E-Mail:behindertenbeauftragter@

ms.sachsen-anhalt.de Die„normal!“ kannauchimInternet unter www.behindertenbauftragter.sachsen­

anhalt.deheruntergeladen oderunter

AlleRechtefürdieseAusgabeliegenbeimHerausgeber, www.bsv-sachsen-anhalt.de gehörtwerden.

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung.

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