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Pertussis: Boosterimpfungen für Jugendliche und Erwachsene empfohlen

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ARS MEDICI 16 2006 F O R T B I L D U N G

In den letzten Jahren feiert der Keuchhusten mancherorts ein wahres Comeback. Weder eine durchgemachte Pertussisinfektion noch die Grundimmunisierung im Kindesalter führt zu einem lebenslangen Schutz, deswegen sind nach US-amerikanischer Auffassung Auffrischimpfungen auch bei Jugendlichen und Erwachsenen ratsam.

J O U R N A L O F T H E A M E R I C A N M E D I C A L A S S O C I AT I O N

In den USA wurden die meisten Kinder seit den Vierzigerjahren in den ersten Lebensjahren gegen Bordetella pertussis geimpft, doch in letzter Zeit hat die Zahl der Keuchhustenfälle deutlich zugenommen. Viele Experten sind der Meinung, dass die Zu- nahme an Pertussisinfektionen in den letzten zehn Jahren teil- weise auf einen abnehmenden Immunschutz zurückzuführen ist, der fünf bis zehn Jahre nach der Impfung eintritt. Das führt dazu, dass Jugendliche besonders empfänglich für Keuch- husten sind und dass Erwachsene zu einem Infektionsreservoir und zu einer Gefahrenquelle für ungeimpfte Säuglinge werden, schreibt Mike Mitka im «Journal of the American Medical Association» (JAMA).

Wurden 1976 nur 1060 Pertussisfälle gemeldet, so waren es im Jahr 2004 bereits 25 000, wobei nach Schätzungen ein Drittel der Erkrankungen bei Jugendlichen auftrat. Wahrscheinlich sind die geschätzten Zahlen niedrig angesetzt. Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) schätzen, dass die Per- tussisprävalenz in der erwachsenen Bevölkerung (bei 20- bis 64-Jährigen) in Wirklichkeit eher bei etwa 600 000 liegt. Die meisten Keuchhustenerkrankungen bei Erwachsenen bleiben unerkannt, weil sie relativ mild verlaufen und einer banalen Erkältung ähneln.

Früher wurde der Pertussisimpfstoff nur Säuglingen im Alter von 2, 4 und 6 Monaten verabreicht. Im Alter von 18 Monaten und zwischen dem 4. und 6. Lebensjahr erfolgte eine Auf- frischimpfung. In der Regel wurden Jugendliche und Erwach- sene nicht geimpft, weil die Nebenwirkungen des früher ver- wendeten Impfstoffs auf zellulärer Basis in dieser Altersgruppe gravierender waren. Ausserdem glaubte man vor 20 Jahren, dass die Pertussisimpfung oder eine durchgemachte Infektion für eine lebenslange Immunität sorgt, und deshalb wurden Keuchhustenerkrankungen bei älteren Menschen häufig auch gar nicht als solche erkannt.

Azellulärer Impfstoff

Doch der Immunschutz nimmt ab und dies erfordert Auffrisch- impfungen. In den Neunzigerjahren wurde eine azelluläre Pertussisvakzine entwickelt, die lediglich pertussis spezifische Proteine enthält und die mit Tetanus- und Diphtherieimpfstoff kombiniert wird (dTpa-Vakzine, in der Schweiz Boostrix®).

Damit ist heute für Menschen aller Altersgruppen eine Booster- impfung ohne Nebenwirkungen möglich. Im Mai 2005 erhielt ein solcher verbesserter Kombinationsimpfstoff für Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 18 Jahren die Zulassung durch die Food and Drug Administration (FDA), im Juni folgte die FDA-Zulassung für einen Impfstoff, der für 11- bis 64-Jährige entwickelt wurde. Diese Produkte ähneln dem Kombinations-

Pertussis: Boosterimpfungen für

Jugendliche und Erwachsene empfohlen

■■

■ Ein durchgemachter Keuchhusten hinterlässt keine lebenslange Immunität.

■ Viele Pertussisfälle treten bei Erwachsenen auf.

■ Erwachsene Keuchhustenpatienten sind eine führende Infektionsquelle für Kinder.

■■

■ In den USA werden für 19- bis 64-Jährige alle zehn Jahre Auffrischimpfungen mit einer Kombinations- vakzine (Tetanus, Diphtherie, Pertussis) empfohlen.

M M M

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P E R T U S S I S : B O O S T E R I M P F U N G F Ü R J U G E N D L I C H E U N D E R W

P E R T U S S I S : B O O S T E R I M P F U N G F Ü R J U G E N D L I C H E U N D E R W A C H S E N E E M P F O H L E N A C H S E N E E M P F O H L E N

ARS MEDICI 16 2006

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impfstoff, der bei Säuglingen und jungen Kindern zum Einsatz kommt, nur ist die Diphtherie- und Pertussiskomponente niedriger dosiert. Diese Dreifachkombination (dTpa) ist zwar teurer als der herkömmliche Impfstoff gegen Tetanus und Diph- therie, doch dürfte sie angesichts der Vermeidung vieler Infek- tionsfälle kosteneffektiv sein, schreibt Mike Mitka.

Amerikanische Impfempfehlungen

Im Oktober 2005 empfahl die Impfkommission (Advisory Com- mittee on Immunization Practices), die herkömmliche Tetanus- Diphtherie-Auffrischimpfung durch einen dTpa-Booster zu er- setzen. Diese Boosterung soll bei 19- bis 64-Jährigen alle zehn Jahre erfolgen. Im Dezember 2005 folgte eine Grundsatzerklä- rung der American Academy of Pediatrics, in der eine generelle dTpa-Impfung für Kinder im Alter von 11 oder 12 Jahren sowie eine Catch-up-Impfung (Aufholimpfung) für Jugendliche emp- fohlen wird.

Damit wurden die Pertussis-Impfempfehlungen auf einen brei- ten Bereich an Altersklassen ausgedehnt. Derzeit arbeitet die CDC-Impfkommission an Empfehlungen für spezifische Bevöl-

kerungsgruppen. Beispielsweise wird diskutiert, welche Impf- empfehlungen für Menschen in Gesundheitsberufen sinnvoll sind, denn diese Berufsgruppe kommt häufig mit Patienten in Kontakt und könnte zur Ausbreitung der Pertussisinfektion beitragen.

Auch wird an Vorschlägen für Schwangere gearbeitet. Zwar handelt es sich bei dem neuen Impfstoff um eine inaktivierte Vakzine, doch ist über die Auswirkungen der mütterlichen Im- munisierung und den Antikörpertransfer auf Säuglinge nicht sehr viel bekannt.

Dass der dTpa-Impfstoff noch nicht ausdrücklich für über 65- Jährige empfohlen wird, liegt daran, dass es keine Studien zur Sicherheit und Verträglichkeit in dieser Altersklasse gibt.

Erwachsene für Impfungen gewinnen

Durch die jüngsten US-amerikanischen Empfehlungen steigt das Bewusstsein, dass jetzt ein Pertussisimpfstoff für Erwach- sene zur Verfügung steht. Allerdings ist zu befürchten, dass viele Erwachsene darauf verzichten werden. So ergab eine Er- hebung aus dem Jahr 1999, dass nur etwa 40 bis 60 Prozent der Erwachsenen hinsichtlich ihrer Tetanus- und Diphtherie- impfungen auf dem Laufenden sind.

Es ist aber nach Auffassung der amerikanischen Instanzen ganz wichtig, die Impfcompliance von Erwachsenen zu verbessern.

Denn Keuchhusten kann auch bei Erwachsenen zu schweren Komplikationen wie Pneumonie oder Rippenfrakturen (durch die mechanische Belastung bei anhaltenden Hustenattacken) führen. Darüber hinaus dürfte eine hohe Durchimpfungsrate bei Erwachsenen zu einer Senkung der Pertussisinzidenz füh- ren. Dieser Aspekt ist von besonderer Bedeutung, denn Er- wachsene sind heute eine führende Infektionsquelle für Kinder.

Hausärzte und Internisten sollten gerade auch bei ihren erwachsenen Patienten unbedingt auf einen ausreichenden

Impfschutz achten.

Quelle:

Mike Mitka: Age Range Widens for Pertussis Vaccine. JAMA 2006; 295: 871–872.

Andrea Wülker

Interessenkonflikte: keine deklariert.

Die Situation in der Schweiz

Im Jahr 2001 traten in der Schweiz noch 6000 Keuchhusten- fälle auf. Zwei Drittel der an Pertussis Erkrankten sind jünger als 15 Jahre, 14 Prozent jünger als 2 Jahre. Rund 90 Prozent aller Kinder werden in der Schweiz gegen Keuchhusten geimpft. Dies reicht jedoch nicht aus, um Keuchhustenaus- brüche zu verhindern.

Im Schweizerischen Impfplan 2006 wird eine Auffrischimp- fung gegen Pertussis für Jugendliche und Erwachsene gegen- wärtig nicht empfohlen. Hingegen soll eine fehlende Dosis mit dem dTpa-Impfstoff nachgeholt werden (bis insgesamt 5 Dosen). Ist gleichzeitig auch eine Polio-Auffrischimpfung not- wendig, soll die monovalente IPV-Vakzine (Poliorix®) oder der kombinierte dTpa-IPV-Impfstoff (Boostrix Polio®) verwendet werden.

H.B.

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