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FORUM

Jochen Geilfuß

Jiddisch als SOV-Sprache*

L Einleitung

Es ist nicht leicht zu entscheiden, ob das Jiddische eine SOV-Sprache oder eine SVO-Sprache ist. Man kann für die eine wie für die andere Annahme Evidenz anfuhren.1 In diesem kurzen Beitrag will ich zeigen, daß die verschiedenen line- aren Abfolgen von Verben im Jiddischen beschrieben werden können, wenn für das Jiddische eine SOV-Grundstruktur angenommen wird, wie man sie unter anderem für das Standarddeutsche, das Niederländische, das Westflämische und das Zürichdeutsche annimmt.

2. Verbumstellung

Wenn das Jiddische eine SVO-Sprache ist, ist zu erwarten, daß das finite Verb in der Grundstruktur vor den infiniten Verben und deren Komplementen steht;

wenn das Jiddische eine SOV-Sprache ist, ist zu erwarten, daß das finite Verb in der Grundstruktur hinter den infiniten Verben und deren Komplementen steht.

Im Jiddischen steht das finite Verb generell (also auch in Nebensätzen) nicht in einer Position neben den infiniten Verben, sondern in der V2-Position:

* Für zahlreiche Hinweise und Kommentare danke ich Hans den Besten, Uli Lutz, Susanne Trissler und den Gutachtern dieser Zeitschrift; für tatkräftige Unterstützung bei der Beurteilung der verschiedenen jiddischen Beispiele danke ich vielmals meinen Infor- manten. Die Orthographie der Beispiele ist durchweg der YIVO-Notation angepaßt.

l Die Arbeiten von Moed-van Walraven 1982 und den Besten/Moed-yan Walraven (B/M 1986) sind, soweit ich weiß, die einzigen, die ausführlich Argumente für und wider SVO und SOV erörtern. In der sonstigen Literatur wird gewöhnlich ohne Diskussion eine SVO-Grundstruktur angenommen.

Zeitschrift für Sprachwissenschaft 9, l und 2 (1990), 170-183

© Vandenhoeck & Ruprecht, 1991 ISSN 0721-9067

(2)

Jiddisch als SOV-Sprache 171 (1) a. Moyshn hot er gegebn a bukh. [= B/M 1986: (8a)]

Moyshe hat er gegeben ein Buch 'Moses gab er ein Buch.'

b. Vos hot er geleyent? [= B/M 1986: (7a)]

was hat er gelesen 'Was hat er gelesen?'

c. Avrom zogt, az haynt vet Rokheln kumen. [= B/M 1986: (Ha)]

Avrom sagt daß heute wird Rokhel kommen 'Abraham sagt, daß heute Rachel kommen wird.'

d. Ikh vays nit, far vos er iz mir moikhl |> B/M 1986: (57 c)]

ich weiß nicht für was er ist mir verzeihend 'Ich weiß nicht, warum er mir verzeiht.'

H e. dos bukh vos er git ir [= B/M 1986: (52b)]

das Buch was er gibt ihr 'das Buch, das er ihr gibt'

/gl. dazu B/M 1986, Santorini 1988, ausführlich Santorini 1989 und Diesing 990.

Aus der Position des finiten Verbs können daher keine unmittelbaren Rück- chlüsse auf SO V oder SVO gezogen werden; aufschlußreich für die Analyse der Verschiedenen Verbabfolgen im Jiddischen sind somit vor allem die Positionen

er infiniten Verben. Schauen wir uns folgende Beispiele an:

V(2) a. Matones zaynen gevorn gebrakht. [= B/M 1986: (14)]

; Geschenke sind worden gebracht 'Geschenke wurden gebracht.' b. Matones zaynen gebrakht gevorn.

Geschenke sind gebracht worden

(3) a. Dos bukh vet vern gekoyft. [= B/M 1986: (15)]

das Buch wird werden gekauft 'Das Buch wird gekauft werden.' b. Dos bukh vet gekoyft vern.

das Buch wird gekauft werden

(4) a. A hoyz muz vern geboyt. [= B/M 1986: (16)]

ein Haus muß werden gebaut 'Ein Haus muß gebaut werden.' b. A hoyz muz geboyt vern.

ein Haus muß gebaut werden

In den (a)-Beispielen stehen die übergeordneten Verben gevorn und vern vor den untergeordneten Verben gebrakht, gekoyft und geboyt: Diese Abfolge ist zu er- warten; wenn das Jiddische eine SVO-Sprache ist. In den (b)-Beispielen stehen die übergeordneten Verben gevorn und vern hinter den untergeordneten Verben

(3)

172 Jochen Geilfuß

gebrakht, gekoyft und geboyt: Diese Abfolge ist zu erwarten, wenn das Jiddische eine SOV-Sprache ist,2

Für diese verschiedenen Abfolgen sind folgende Analysen möglich: Die Ab- folge in den (a)-Beispielen ist die Grundabfolge (SVO) und die Abfolge in den (b)-Beispielen ist abgeleitet; die Abfolge in den (b)-Beispielen ist die Grundab- folge (SO V) und die Abfolge in den (a)-Beispielen ist abgeleitet; oder die Abfolge in den (a)-Beispielen ist wie die Abfolge in den (b)-Beispielen eine Grimdabfolge (SOVO).

Die SVO- Analyse ist nicht die naheliegende: In germanischen SVO-Sprachen wie dem Englischen und dem Schwedischen können infinite Verben nicht in dieser Weise umgestellt werden, vgl. (5), wohl aber in germanischen SOV-Spra- chen wie dem Niederländischen, dem Westflämischen und dem Zürichdeut- schen, vgl. (6). Im Jiddischen können infinite Verben umgestellt werden, vgl. (2) bis (4). Das Jiddische verhält sich also hinsichtlich der Verbumstellung wie eine germanische SOV-Sprache und nicht wie eine germanische SVO^Sprache.

(5) a. */ would told have _ her the story.

'Ich hätte ihr die Geschichte erzählt.' b. *Hon har göra most _ det.

'Sie hat es tun müssen.'

(6) a. Ik ml hem kunnen zien. [= H/R 1986: (22f)]

Ich will ihn sehen können.*

b. Jan hee geen vlees willen eten. [=H/R 1986: (52)]

'Jan hat kein Fleisch essen wollen.'

c. Hans hat kä fläisch wele ässe. [= H/R 1986: (53)]

'Hans hat kein Fleisch essen wollen.'

Für das Niederländische, das Westflämische und das Zürichdeutsche kann eine Regel wie (7) formuliert werden, die die Verben im Verbalkomplex umstellt und so auch die Beispiele in (6) aus der SOV-Grundstruktur ableitet. Diese Umstellungsregel ermöglicht es der SOV-Analyse, die (a)^Beispiele in (2) bis (4) wie die Beispiele in (6) abzuleiten.3

(7)V2V1-V1V2

2 B/M 1986 merken an, daß die (a)-Beispiele unterschiedlich beurteilt werden. Wäh- rend Hall 1967 die Verb-Abfolge in den (a)-Beispielen (vern/gevorn vor dem Partizip) ausschließt, sind in Moed-van Walraven 1982 beide Verb-Abfolgen (vern/gevorn vor oder hinter dem Partizip) grammatisch. In jedem Fall ist die SOV- Abfolge (vern/gevorn hinter dem Partizip) grammatisch.

3 Bech 1955/57: § 17 folgend bezeichne ich ein unites Verb in der V2-Position als V0

und ein Verb in der VE-Position als Vx. Da im Jiddischen das finite Verb stets in der V 2- Position steht und somit stets V0 ist, ist im Jiddischen anders als in den anderen germani- schen SOV-Sprachen Vl stets ein infinites Verb.

(4)

Jiddisch als SOV-Sprache 173

* Die übergeordneten infiniten Verben gevorn, vern, kunnen, willen und wele sind VJL, die untergeordneten infiniten Verben gebrakht, gekoyft, geboyt, zien, eten

^ und ässe sind V2. (7) ist im Jiddischen außer bei vern obligatorisch: V^ steht vor

11 V2, es sei denn, V2 ist wie in (2) bis (4) eine Form von vera.4

^ ; Diese SOV-Umstellungsregel hat gegenüber einer entsprechenden SVO-Re- gel, die die (b)-Beispiele in (2) bis (4) aus einer SVO-Grundstruktur ableiten 8? würde, den Vorzug, keine spezifisch jiddische Regel zu sein, sondern eine Regel,

für die man unabhängig vom Jiddischen in anderen germanischen Sprachen N Evidenz findet.

* · Der SOVO-Analysemöglichkeit entspricht der Vorschlag von B/M: Sie neh-

a' , men an, daß vern die (idiosynkratische) Eigenschaft hat, wie in den (b)-

* | Beispielen in (2) bis (4) auch auf der linken Seite eine Verb-Projektion zuzulas- 3 ;sen.

3. Scrambling

Um weitere Entscheidungsgründe für die Wahl zwischen den drei möglichen Ajaalysen zu finden, müssen komplexere jiddische Beispiele herangezogen wer- Pen.

Ü.(8) a. Zi git der shnur dos pekl [= Birnbaum 1979: 295]

··' 'Sie gibt der Schwiegertochter das Paket.'

b. Zi darf es ir gebn. [== Birnbaum 1979: 295]

'Sie soll es ihr geben.'

In (8 a) steht das indirekte Objekt der shnur vor dem direkten Objekt dos pekl; in (8b) steht das indirekte Objekt ir hinter dem direkten Objekt es. Wenn es im Jiddischen eine Grundabfolge von indirektem und direktem Objekt gibt, ist entweder (8 a) oder (8 b) die Grundabfolge. Ist die Abfolge in (8 a) die Grundab- folge, sind die Objekte in (8b) umgestellt und umgekehrt. Diese Umstellung ist anders als Topikalisierung keine Umstellung in das Vorfeld, sondern eine Um- stellung im Mittelfeld. Ich bezeichne sie, S/S 1988:452ff. folgend, als Scrambling (vgl. auch Hall 1979 und B/M 1986:126 f.). Scrambling bewegt ein Komplement aus der Grundposition nach vorne.5

4 Das gilt zumindest, wenn V2 im 1. Status (lesen) oder im 3. Status (gelesen) steht.

Beispiele, in denen V2 im 2. Status (zu lesen) steht, werden hier nicht diskutiert. Zum Begriff Status vgl. Bech 1955/57: § 1.

5 Webelhuth 1989: Kap. 6.2 zeigt, daß Scrambling bei verschiedenen syntaktischen Phänomenen denselben Bedingungen unterliegt wie w-Bewegung. Da w-Bewegung eine Phrase aus der Grundposition nach vorne an den Satzanfang bewegt (z. B. eine w-Phrase in einem w-Interrogativsatz), halte ich die Annahme für sinnvoll, daß auch Scrambling wie

(5)

174 Jochen Geilfuß

Wenn indirektes vor direktem Objekt die Grundabfolge ist, ist in (8b) es gescrambelt; wenn direktes vor indirektem Objekt die Grundabfolge ist, ist in (8 a) der shnur gescrambelt.

Auch die Beispiele in (9) können als Beispiele für Scrambling beschrieben werden:6

(9) a. % Er hol Rivken dem seyder hayom gevolt vayzn.

er hat Rivke die Tagesordnung gewollt zeigen

wollte Rebekka die Tagesordnung zeigen/[vgl. Hall 1979: (39)]

b. Er hot Rivken gevolt dem seyder hayom vayzn.

c. Er hot gevolt Rivken dem seyder hayom vayzn.

Rivken ist das indirekte Objekt und dem seyder hayom das direkte Objekt von vayzn. Beide Objekte stehen nicht neben voyz/t, sondern neben gevolt. Wenn die Annahme richtig ist, daß Objekte in der Grundstruktur neben dem Verb stehen, von dem sie selegiert werden, stehen in (9 a) Rivken und dem seyder hayom und in (9b) Rivken nicht in den Grundpositionen, sondern sind nach vorne vor gevolt bewegt. D. h., in (9 a) sind Rivken und dem seyder hayom gescrambelt und in (9 b) Rivken.

Da durch Scrambling nicht obligatorisch beide Objekte bewegt werden, ist zu erwarten, daß auch das direkte Objekt gescrambelt sein kann, ohne daß das indirekte Objekt gescrambelt ist. Diese Erwartung trifft zu:

(10) a. %Er hot es gevolt ir vayzn. [vgl. Hall 1979: (39)]

er hat es gewollt ihr zeigen wollte es ihr zeigen.'

b. %Ikh hob dos bukh gevolt dem man gebn.

ich habe das Buch gewollt dem Manngeben 'Ich wollte das Buch dem Mann geben.'

In (10 a) ist das direkte Objekt es von vayzn gescrambelt und in (10 b) das direkte Objekt dos bukh von gebn, ohne daß die indirekten Objekte ir und dem man gescrambelt sind.

Keine der drei Analysen kann die Objekt-Verb-Abfolgen in (9) ohne Scram- bling beschreiben. In der SVO-Analyse ist die Grundposition der NP Rivken

w-Bewegung eine Phrase aus der Grundposition (im Mittelfeld) nach vorne bewegt. Wenn man nicht annimmt, daß das Jiddische eine Grundabfolge hat, können die verschiedenen Objekt-Verb-Abfolgen natürlich auch anders analysiert werden. ..

6 Mit % markiere ich Beispiele, die von einem Teil der Informanten als .akzeptabel und von dem anderen Teil als kaum akzeptabel oder unmöglich bewertet werden. Mit ? und * sind wie üblich Beispiele markiert, die von allen Informanten als zweifelhaft oder unmög- lich bewertet werden.

(6)

Jiddisch als SO V-Sprache 175 hinter vayzn. Die von allen Informanten akzeptierte Reihenfolge in (9b) erhält man nur, wenn Rivken aus dieser Grundposition hinter vayzn nach vorne vor gevolt bewegt ist. In der SOV-Analyse und in der SOVO-Analyse ist die Grund- position der NP Rivken hinter gevolt und vor vayzn; die Reihenfolge (9b) erhält man nur, wenn Rivken aus dieser Grundposition hinter gevolt nach vorne vor gevolt bewegt ist.

Man könnte diese jiddischen Beispiele in (9) in der SOV-Analyse auch ohne Scrambling ableiten. Wenn das direkte Objekt mit dem Verb eine V'-Projektion bildet und das indirekte Objekt mit dieser V'-Projektion eine VP-Projektion bildet (IO-DO-V), könnten in (9a) VA und V2, in (9b> Vt und V2 und in (9c) V1

i mnd VP2 umgestellt sein. Diese Umstellung liefe auf eine Regel wie (11) hinaus f(jvgl. H/R 1986: 426):

;J

1) [ypV'V0] -* [VPV°Vl] für 0 < i < 2

c biese Ableitung reicht aber schon für Beispiele wie (10) nicht hin: (10 a) und Ob) können nicht durch Umstellung von Vi und V'2 abgeleitet werden, da in ) Hl 0 a) und (l 0 b) anders als in (9 b) das indirekte Objekt mit V2 umgestellt worden

\t, ohne daß das indirekte Objekt mit V2 eine V'*Projektion bildet.

J Wenn umgekehrt das indirekte Objekt mit dem Verb eine V'-Projektion bildet äpad das direkte Objekt mit dieser V'-Projektion eine VP-Projektion bildet (DO-

• ib-V), könnten mit der Umstellungs-Regel (11) zwar die Beispiele in (10), nicht 'aber die Beispiele in (9) abgeleitet werden.

Ermöglicht nun Scrambling irgendwelche Rückschlüsse auf SVO, SOV und SOVO? Eine Generalisierung über Scrambling besagt, daß fokussierte Phrasen nicht gescrambelt werden können (S/S 1988: 466).7 (Die Grundposition einer gescrambelten Phrase markiere ich mit s.)

(12) a. l*weil im Hilton·^ der Präsident si wohnt b, l*weil freiwillig^ das niemand s{ tun würde

Wenn fokussierte Phrasen nicht gescrambelt werden können, können gescram- belte Phrasen wie unbetonte Phrasen nicht im Fokus stehen. Santorini 1988 diskutiert folgende jiddische Beispiele, in denen ein Pronomen aus einer Objekt- position in eine Position vor dem Subjekt gescrambelt ist:

7 Vgl. Hall 1979:271 („Climbing is a de-focusing [...] transformation.*')· Ich vereinfa- che hier die Zusammenhänge zwischen Akzent, Intonation und Fokus und markiere, S/S 1988: 466 folgend, die fallende Intonation auf der fokussierten Konstituente mit \. Ein Beispiel wie (12b) ist sehr viel akzeptabler, wenn auf freiwillig eine steigende Intonation und auf niemand eine fallende Intonation ist (I-Topikalisierung, vgl. Jacobs 1982).

(i) weil freiwilllgi / das niemand \ s-t tun würde

(7)

176 Jochen Geilfuß

(13) a. Varft im der yungerman aroyf oyfn tish a tsenerl.

wirft ihm der junge Mann hinauf auf-den Tisch einen Zehner

*Da wirft ihm der junge Mann einen Zehner auf den Tisch.' b. Eyn fus hot im a koyl aropgeshosn.

einen Fuß hat ihm eine Kugel abgeschossen

4Einen Fuß schoß ihm eine Kugel weg/

Die Pronomen in (l 3) sollten nach dieser Generalisierung nicht im Fokus stehen können, da sie gescrambelt sind. Das trifft zu: Die Pronomen in (13) können nicht betont werden, d, h. nicht im Fokus stehen. Auch die Unakzeptabilität von (14) folgt aus der Generalisierung, wenn dos bukh gescrambelt ist:

(14) ?*7fcA hob dos bukh{\ gevolt s{ leyenen. [= Hall 1979: (41 b)]

ich habe das Buch gewollt lesen

4Ich wollte das Buch lesen.'

Das direkte Objekt dos bukh kann als gescrambelte Phrase nicht im Fokus ste- hen.Wenn die Generalisierung über fokussierte Phrasen und Scrambling auch für das Jiddische gilt, ergibt sich aus Beispielen wie (15) ein Argument gegen die SVO-Analyse. In (15) kann das indirekte Objekt Avromen nicht gescrambelt sein, da Avromen im Fokus steht. Avromen steht hier somit in der Grundposi- tion. Da diese Grundposition eine Position vor dem Verb gegebn ist, ist die SVO- - Analyse, derzufolge diese Gründposition eine Position hinter gegebn sein müßte, ausgeschlossen. Zudem ist in SVO-Sprachen wie dem Englischen und dem j Schwedischen Scrambling wie in (9 a) und (9b) ausgeschlossen, vgl. (16).-,

(15) Ikh hob dos bukh Avromen\ gegebn. [= Hall 1979: (7)]

ich habe das Buch Avrom gegeben 'Ich gab das Buch Abraham/

(16) a. */ -would her have told the story.

b. *Hon har det mäst göra.

In der SOV-Analyse und in der SO VO-Analyse ist die Position von Avromen in / (15) eine mögliche Grundposition, d.h., Avromen kann im Fokus stehen.8 ,

8 Bei zwei Objekten machen die SOV-Analyse und die SOVO-Analyse interessanter- weise verschiedene Vorhersagen: Der SOV-Analyse zufolge kann Moyshn in (i) im Fokus stehen, da die Position von Moyshn eine Grundposition ist. Der SOVO-Analyse zufolge.

kann Moyshn oder dos bukh in (i) nicht im Fokus stehen, da eins der beiden Objekte vor i gegebn gescrambelt sein müßte.

(8)

Jiddisch als SOV-Sprache . 177 Die jiddischen Beispiele in (13) zeigen im übrigen noch einmal, daß keine der diskutierten Analysen ohne eine Regel auskommt, die ein (pronominales) Ob- jekt aus einer Grundposition nach vorne in eine Position bewegt, die keine Grundposition ist. Denn sowohl in SVO als auch in SOV und SOVO steht das Subjekt in der Grundabfolge anders als in (13) vor und nicht hinter zw.

Objekt-Verb-Abfolgen, wie sie in (9) vorliegen, sind aus der Literatur über alemannische Dialekte wohlbekannt:

(17) a. Er wil em Karajan en arie chöne vorsinge. [= H/R 1986: 434f.]

will Karajan eine Arie vorsingen können.' b. Er w/7 em Karajan chöne en arie vorsinge.

c. Er wil chöne em Karajan en arie vorsinge.

(18) a. Wiar hew ama aalta Ma Chia wella ga. [= C/F: (19)]

'Wir haben einem alten Mann Kühe geben wollen.' b. Wiar hew ama aalta Ma wella Chia ga.

c. Wiar hew wella ama aalta Ma Chia ga.

n den (a)-Beispielen in (17) und (l 8) sind wie in (9 a) beide Objekte gescrambelt;

n den (b)-Beispielen in (17) und (18) ist wie in (9b) nur das indirekte Objekt jescrambelt. Hier verhält sich das Jiddische also wie eine SOV-Sprache. Wenn fc!?das Jiddische wie das Zürichdeutsche (17) und der Bosco/Gurin-Dialekt (18) zu

* "den SOV-Sprachen gehört, stehen die Spuren der gescrambelten Objekte in fol- genden Positionen:9

o

(19) a. Er hot Rivken{ dem seyder hayom^ gevolt s{s^ vayzn.

b. Er hot Rivken{ gevolt sf dem seyder hayom vayzn.

c. Er hot gevolt Rivken dem seyder hayom vayzn.

(Fortsetzung von Fußnote 8)

(i) %Er hot Moyshn dos bukh gegebn. [= Moed-van Wakaven 1982: (86)]

er hat Moyshe das Buch gegeben gab Moses das Buch.'

Ich habe vorläufig darauf verzichtet, die möglichen Foki in (i) zu überprüfen, da (i) nicht von allen Informanten akzeptiert wird.

9 Entsprechend analysiere ich auch deutsche Beispiele:

(i) wobei der Wind einem Mann{ den Hut^ vom Kopfk hätte jj$jSk reißen können (ii) wobei der Wind einem { den Hut^ hätte 5S s± vom Kopf reißen können (iii) wobei der Wind einem Mann{ hätte 5f den Hut vom Kopf reißen können (iv) wobei der Wind hätte einem Mann den Hut vom Kopf reißen können

(9)

178 Jochen Geilfuß

4. Verbumstellung und Scrambling™

Mit der Umstellungsregel (7) können die komplexeren Umstellungen in (9) und (10) nicht abgeleitet werden, da diese Umstellungsregel nur Verben, nicht aber Verben zusammen mit ihren Objekten umstellt: Mit (7) kann man (9 a) ableiten, nicht aber (9b), (9c) und (10). Ich ersetze daher (7) durch (7'), um auch diese komplexeren Umstellungen ableiten zu können:11

(7) [vpVPVHtvpVVP]

Diese Umstellungsregel (7') stellt anders als die Umstellungsregeln (7) und (11) nur Verben und deren VP-Komplemente um.

Ich nehme hier an, daß ein Verb, das den 1. Status oder den 3. Status zuweist, ein VP-Komplement selegiert und daß das Verb, dem der I.Status oder der 3. Status zugewiesen wird, der Kopf dieses VP-Komplements ist (vgl. S/S 1988:

427 ff.). Die (vereinfachte) Grundstruktur von (9) ist demnach (20).

(20) er hot [VPl [v?2Rivken dem seyder hayom vayzn2]gevoltl]

Aus der Umstellungsregel (7') und dem Scrambling ergibt sich für die (a)- Beispiele in (9), (l 7) und (l 8) die Struktur (21 a), für die (b)-Beispiele die Struktur (21 b), für die (c)-Beispiele die Struktur (21 c) und für die Beispiele in (10) die Struktur (21 d).

(21)a.IOiDOj[yPlV1[vp25i5jV2]]

Wird eine VP, d.h. ein Verb zusammen mit seinen Objekten timgestellt, stehen die Objekte relativ zum Verb in der Grundposition. Sind die Objekte von dem Verb getrennt, stehen diese Objekte nicht in den Grundpositionen, sondern sind gescrambelt.

Auch die Beispiele in (22) werden von der Umstellungsregel (7') erfaßt: (22 a) ist grammatisch, (22 b) nicht.

10 Dieser Abschnitt basiert auf der von S/S 1988: 476 ff. für das Westflämische und das Zürichdeutsche vorgeschlagenen Analyse.

11 Es ist offensichtlich, daß mit der Regel (T) allein die spezifischen Unterschiede zwischen den möglichen Objekt-Verb-Abfolgen in den verschiedenen-germanischen SOV- Spracheii und -Dialekten nicht erfaßt werden können. Es ist, soweit ich sehe, völlig offen, wie diese spezifischen Unterschiede (a) angemessen beschrieben und (b) erklärt werden können. Ich beschränke mich hier auf das Jiddische, ohne weiter auf diese offenen Fragen einzugehen.

(10)

Jiddisch als SOV-Sprache 179 (22) a. %Er hot gezolt kenen Dovidn a matone gebn.

er hat gesollt können Dovid ein Geschenk geben

sollte David ein Geschenk geben können.' [= Hall 1979: (29)]

b. *Er hot kenen gezolt Dovidn a matone gebn.

Die (vereinfachte) Grundstruktur von (22) ist (23 a). Da (7') wie (7) im Jiddi- schen außer bei vern obligatorisch ist, werden V\ und VP2 sowie V2 und VP3 umgestellt. Werden V\ und VP2 umgestellt, erhält man (23 b). Werden dann V2 und VP3 umgestellt, erhält man die Struktur (23 c), die der Abfolge in (22 a) entspricht. Die Abfolge in (22 b) erhält man nur, wenn man zuerst V2 und VP3 und dann Vj und VP3 umstellt: Die Umstelhing von Vx und VP3 ist aber durch (7') ausgeschlossen.12

[23) a. Er hot [ypl[yp2l^p3Dovidn a matone gebn3]kenen2] gezolt^.

b. Er hot [Vplgezolti[Vp2[Vp3i>ovidn a matone gebn3] kenen2]]- c. Er hot [VPl gezolt l[Vp2kenen2[Vp3Dovidn a matone gebn3]]].

Weitere jiddische Beispiele für VP-Umstellung ohne Scrambling sind die Bei- spiele in (24) und für VP-Umstellung mit Scrambling die Beispiele in (25). (Die l jrrundposition einer topikalisierten Phrase markiere ich mit t.)

l'i*]

f j!(24) a. % Yisroyli hot ^ gevolt^ [VP2 Feygln a mayse dertseyln2].

!** Yisroyl hat gewollt Feygl eine Geschichte erzählen

*" 'Israel wollte Feygl eine Geschichte erzählen/ [= Hall 1979: (40)]

: b. %Feyglni hot Yisroyl gevolt1 [VP2^ a mayse dertseyln2].

c. %A mayse{ hot Yisroyl gevolt^ [yp2 Feygln t{ dertseyln2].

(25) a. %Feygln{ hot Yisroyl a maysej gevoltl [VP2 tisj derfseyln2].

b. %A mayse j hot Yisroyl Feygln{ gevolti [yp2 ^ t$ dertseyln2].

Für (24 b), (24 c) und (25) sind auch Strukturen denkbar, in denen die topikali- sierten Objekte zuerst gescrambelt und dann topikalisiert werden. Diese Struk- turen schließe ich durch folgende Bedingung aus: Topikalisiert werden können nur Phrasen, die in einer Grundposition oder in einer Spezifiziererposition ste- hen, nicht aber Phrasen, die in einer Scramblingposition stehen.13 Feygln und mayse können also nicht zuerst gescrambelt und dann topikalisiert werden.

12 Die Reihenfolge V2V1V3, die im Jiddischen ausgeschlossen ist, ist im Zürichdeut- schen in gewissen Fällen akzeptabel, was zeigt, daß die Umstellungsregel (70 schon für das Zürichdeutsche nicht hinreicht.

(i) wo s aagfange hat rägne [= Lötscher 1978: (23)]

* (ii) wo fner aber de votier vor de beiz gsee hand staa

13 Diese Bedingung entspricht dem einen Teil des Prinzips der eindeutigen nonA- Bindung von Müller/Säbel 1989: 32f.

(11)

180 Jochen Geilfuß 5. Extraposition

Wenn das Jiddische eine SOV-Sprache ist, sind alle Abfolgen, in denen die infini- ten Verben nicht in der Endposition stehen, keine Grundabfolgen, sondern ab- geleitete Abfolgen. In der SOV-Analyse*muß also eine Regel angenommen wer- den, die die Konstituenten, die hinter den infiniten Verben stehen, aus den Grundpositionen vor den infiniten Verben nach hinten bewegt. Diese Bewegung nenne ich hier Extraposition.14 Extraposition ist im Jiddischen weder auf eine Konstituente noch auf Objekte und Adverbiale beschränkt, vgl. (26 e) und (27).

(26) a. %Avrom hot Soren nekhtn a matone gegebn.

Avrom hat Sore gestern ein Geschenk gegeben

'Abraham gab Sarah gestern ein Geschenk.' [= Hall 1979: (4)]

b. % Avrom hot Soren nekhtn gegebn a matone.

c. % Avrom hot a matone nekhtn gegebn Soren.

d. % Avrom hot Soren a matone gegebn nekhtn.

e. % Avrom hot gegebn Soren a matone nekhtn.

(27) a. %Ikh veys, az die grine hoyzn hot (zikh) ongeton Berele.

ich weiß daß die grüne Hose hat (sich) angezogen Berele Ich weiß, daß Berele sich die grüne Hose angezogen hat/

[= Hall 1979: (59)]

b. vemen es zaynen onfartroyt gevorn die andere funktsyes wem es sind anvertraut worden die anderen Funktionen 'wem die anderen Funktionen anvertraut wurden'

[= Diesing 1990: (44)]

c. Loyter iz geveyn der himl.

klar ist gewesen der Himmel

'Klar war der Himmel; [= Birnbaum 1979: 303]

Daß auch Subjekte extraponiert werden können wie in (27), bedeutet, daß alle drei möglichen Analysen (SVO, SOV, SOVO) ohne Extrapositionsregel nicht adäquat sein können, denn nur durch Extraposition kann das Subjekt in der Endposition landen, die weder in der SVO Analyse noch in der SOV- oder SO- VO-Analyse eine Grundposition für das Subjekt ist.

Wenn indirekte und direkte Objekte extraponiert werden können, ist wie beim Scrambling zu erwarten, daß sowohl die Abfolge indirektes Objekt vor direktem Objekt als auch die umgekehrte Abfolge extraponiert möglich ist. Das ist der Fall, wie die jiddischen Beispiele (28 a) und (28 b) zeigen.

14 Vgl. Prince 1988 (Subject-Postposing), Hall 1979: 255ff. Im Rahmen der SOV- Analyse müßten die uneinheitlichen Bewertungen von Beispielen wie (26) wohl auf unter- schiedliche Extrapositionsmöglichkeiten (optional oder obligatorisch) zurückgeführt wer- den.

(12)

Jiddisch als SO V-Sprache 1 81 (28) a. Ikh hob gegebn dem man dos bukh.

ich habe gegeben dem Mann das Buch Ich gab dem Mann das Buch.'

b. Ikh hob gegebn dos bukh dem man.

Entsprechend müssen hier auch andere jiddische Beispiele analysiert werden, in denen ein Objekt oder ein Adverbial nicht wie in der SOV-Grundstruktur vor, sondern hinter dem infiniten Verb steht. In (29 a) ist die PP in yam aus der Grundposition vor gebodn nach hinten in die Position hinter gebodn bewegt worden. Ein standarddeutsches Beispiel für eine solche Bewegung ist (29 b), in dem der Satz der laut bellt aus der Grundposition direkt hinter der NP einen Hundnsich hinten in die Position hinter füttern bewegt ist. (Die Grundposition einer extraponierten Phrase markiere ich mit e.)

29) a. *, gebodn [in yam\ hob ikh zikh nokh nisht. [= P/H 1989: (7b)]

gebadet im Ozean habe ich sich noch nicht 'Im Ozean gebadet habe ich noch nicht.'

b. Einen Hund elj\4ttern [der laut bellt\ sollte man besser nicht.

Mithilfe von Topikalisierung, Scrambling, VP-Umstellung und Extraposition jj können auch sehr komplexe jiddische Beispiele analysiert werden (Hall 1979:

-:

1 (30) a. Yisroy^ hot t{ gevolt1 [VPz Feygln e$ dertseyln2] a mayse-r

b. Yisroyli hot t{ Feygln^ gevoltl [VP2 s^ ek dertseyln2] a mayse^.

c. Yisroyli hot t-v gevoltl [VP2 e$ a mayse dertseyln2] Feygln^

d. Yisroy^ hot ^ a mayse 5 gevolt^ [VP2 5j ek dertseyln2] Feygln^

6. Zusammenfassung

Jede Analyse der verschiedenen Objekt-Verb-Abfolgen im Jiddisfchen, die von i einer Grundstruktur ausgeht (sei es SVO, SOV oder SOVO), muß folgende l Typen von Bewegung annehmen:

- Topikalisierung (Bewegung in das Vorfeld) - Scrambling (Bewegung im Mittelfeld) - Extraposition (Bewegung in das Nachfeld)

Mithilfe dieser drei Bewegungstypen und der Umstellungsregel (7'), die ein Pen-

dant im Alemannischen und im Westflämischen hat, kann die Analyse, die für ·

(13)

182 Jochen Geilfuß

das Jiddische eine SOV-Grundstruktur annimmt, auch komplexere jiddische Objekt-Verb-Abfolgen wie in (9), (24), (25) und (30) beschreiben.15

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15 Unklar bleibt allerdings, wie die variierende Bewertung jiddischer Beispiele wie (10) und (24)-(26) angemessen erklärt werden kann. - Hans den Besten hat mich darauf aufmerksam gemacht, daß es im Jiddischen - anders als im Standarddeutschen, im Ale- mannischen und im Niederländischen - keinen Ersatzinfinitiv gibt:

(i) %Er hot gezolt kenen Dovidn a matone gebn.

(ii) *Er hot zoln kenen Dovidn a matone gebn.

Nach Besten et al. 1988 könnte das bedeuten, daß die verschiedenen möglichen Verbabfol- gen im Jiddischen fundamental anders beschrieben werden müßten als im'Alemannischen und im Westflämischen. Der Frage, ob diese Vermutung gerechtfertigt ist, kann ich hier nicht nachgehen.

(14)

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u» ·

, Eingereicht am 20.3.1989. Neu eingereicht am 20.3.1990. ! ochen Geilfuß, Sonderforschungsbereich 340. Universität Tübingen,

'alwerstr. 7, D-74QO Tübingen

1

(15)

Uwe Mönnich

Überlegungen zum Stand der Lexikologie Eine kritische Rückschau auf das Handbuch der

Lexikologie 1985*

L Jüngere Forschungsaspekte

1.1. Zum Verhältnis von Lexikon und Syntax

Die Entwicklungen in der Sprachtheorie der letzten Jahre haben dazu geführt, daß die Frage nach der Stellung und der Funktion des Lexikons von besonderer Aktualität ist. In grober Vereinfachung der methodologischen Veränderungen läßt sich dieser Sachverhalt am Beispiel des Prinzipien-und-Parametermodells wie folgt illustrieren. In diesem Rahmen wird üblicherweise das Lexikon von dem Berechnungssystem der Syntax unterschieden. In der Syntax selbst spielen vier Repräsentationsebenen eine ausgezeichnete Rolle: die D-Struktur, die S- Struktur und die Ebenen der Phonetischen und der Logischen Form. Jede dieser Ebenen ist charakterisiert durch eine Untermenge allgemeiner Prinzipien der Üniversalgrammatik, und die Beziehungen zwischen ihnen werden durch Ope- rationen vermittelt, die ebenfalls dem durch die universalgrammatischen Be- schränkungen spezifizierten Sprachvermögen entstammen.

Nach Chomsky bilden die D-Struktur und die Ebenen der Phonetischen und Logischen Form die Kontaktstellen, an denen das Sprachvermögen mit anderen Systemen des Geistes/Gehirns kommuniziert. Die Phonetische Form bildet da- bei die Brücke zum perzeptuell-motorischen System, und die Logische Form.

stellt die Verbindung mit dem System begrifflicher Gliederungen her. Es ist ein offenes Problem, welchem kognitiven Vermögen die D-Struktur zuzuordnen ist.

Zwar ist nach einer üblichen - allerdings keineswegs einhelligen - Auffassung an der D-Struktur die Verknüpfung mit dem Lexikon festzumachen, aber selbst unter einer Konzeption des Lexikons, die in ihm eine eigenständige Komponente

* Der ursprüngliche Entwurf der folgenden Überlegungen war gedacht als Grundlage für eine Rezension üblichen Umfangs. Marga Reis gebührt Dank für den Vorschlag, diesen Entwurf zu überarbeiten, anstatt ihn nur drastisch zu kürzen. Die Kommentare der Gutachter waren bei dem Versuch, ein Gedankenprotokoll in eine geordnete wissenschaft- liche Diskussion zu übersetzen, sehr hilfreich.

Zeitschrift für Sprachwissenschaft 9, l und 2 (1990), 184-212

© Vandenhoeck & Ruprecht, 1991 ISSN 0721-9067

(16)

Handbuch der Lexikologie 185 sieht, dürften sich nur wenige Linguisten bereitfinden, eine Einteilung zu vertei- digen, nach der das Lexikon unter die außersprachlichen mentalen Module zu rechnen ist.

Nach der „klassischen" Position des Prinzipien-und-Parametermodells bildet dann auch das Lexikon neben Phonologic, Semantik und Syntax eine Subkom- ponente sprachlichen Wissens. Es ist allerdings nie mit wünschenswerter Klar- heit ausgeführt worden, welches die allgemeinen Prinzipien der Universalgram- matik sind, die das Lexikon als selbständige Komponente charakterisieren. Man liat sich im allgemeinen damit begnügt, das Lexikon als Verzeichnis idiosynkra- tischer Informationen zu kennzeichnen und im übrigen darauf zu verweisen, daß

» 130 dem Wissen um die Bedeutung einfacher und komplexer Ausdrücke sich

* dasselbe Mißverhältnis zwischen dem, was ein Sprecher intuitiv beherrscht, und

|iäem, was ihm explizit in einer Lemsituation vermittelt worden ist, manifestiert, vie es aus Phonologie und Syntax vertraut ist. Die genaue Beschreibung der Bedeutung eines Wortes bereitet erhebliche Schwierigkeiten. Die einschlägige prachphilosophische Literatur zur Bedeutung von Eigennamen, Stoffbezeich- mngen, Namen für natürliche Arten und Adjektiven legt dafür ein beredtes iZeugnis ab. Offenbar lernen Kinder ohne sichtliche Mühe, diese Ausdrücke Ijweitgehend richtig zu verwenden, ohne je in expliziten Trainingssituationen mit lehren Gebrauchsbedingungen vertraut gemacht worden zu sein. Die naheliegen- de Hypothese für diesen verblüffenden Tatbestand lautet wie im Fall von Syntax

; und Phonologie, daß auch lexikalisches Sprachwissen Gesetzmäßigkeiten unter- [ liegt, die zur artspezifischen Ausstattung des Menschen gehören und im wesent-

lichen unabhängig von Erfahrung vorgegeben sind.

Erst in jüngster Zeit ist deutlich geworden, daß allgemeine Prinzipien der , Grammatik, die auf verschiedenen Repräsentationsebenen wirksam sind, auch die Eigenschaften der Elemente des Lexikons bestimmen. Diese Behauptung läßt sich belegen mit Ergebnissen zur Flexionsmorphologie, zur Syntax der Ex- pletiva, zum Problem der Klammerparadoxien in der Morphologie, zum Status von synthetischen Komposita (Zusammenbildungen), diathetischen Prozessen und dem Verhalten kohärenter Infinitive im Deutschen (vgl. u.a. Baker 1988, Chomsky 1989, Pollock 1989, Sternefeld 1988). Diese Ergebnisse widersprechen in ihrer Tendenz der älteren Konzeption des Lexikalismus, der das Lexikon, zumindest unter dem Aspekt der Wortbildung, als eine monolithische Kompo- nente ansah, und bestätigen den generellen Wechsel der Perspektive im Rahmen des Prinzipien-und-Parametermodells, durch den konstruktionsspezifische Re- geln zugunsten universeller Prinzipien und Beschränkungen aufgegeben werden.

Ein solcher Perspektivenwechsel im Bereich des Lexikons wirft allerdings eine Reihe von Fragen auf. Wenn das Lexikon keine eigene Komponente des sprach- lichen Wissens bildet, sondern unter das gemeinsame System von Prinzipien

! fallt, das auch die verschiedenen Repräsentationsebenen bestimmt, ist damit keineswegs entschieden, wie sich z. B. der Unterschied zwischen Flexions-, Deri- vations- und Kompositionsmorphologie auf die Interaktion zwischen den Ebe-

(17)

186 UweMönnich

nen der D-Struktur, S-Struktur, Phonetischen und Logischen Form verteilt.

Anders ausgedrückt: Wenn es sich bei der Morphologie um ein System von Prinzipien handelt, das nicht die Charakterisierung einer ausgezeichneten (lexi- kalischen) Repräsentationsebene darstellt, sondern unabhängig von den Reprä- sentationsebenen des syntaktischen Berechnungssystems funktioniert, muß er- klärt werden, auf welche Weise syntaktische Prozesse durch morphologische Prinzipien beschränkt sind. Morphologie, bzw. das Lexikon als Wortbildungs- komponente, gehörte dann zu derselben theoretischen Kategorie wie die Prinzi- piensysteme der X-bar-Theorie, der Bindungstheorie oder der Rektionstheorie.

Wenn es richtig ist, daß die Distribution des Lexikons über die verschiedenen syntaktischen Strukturebenen nicht nur nicht zur Aufhebung spezifisch lexiko- logischer Fragestellungen führt, sondern im Gegenteil die Präzisierung des Ver- hältnisses zwischen Lexikon und Syntax noch dringender macht, als dies im Rahmen eines lexikalistischen Ansatzes der Fall ist, dann gilt eine analoge Fest- stellung für Probleme, die nicht den Besitz, sondern den Erwerb sprachlichen Wissens betreffen. Solange das Lexikon als unabhängige Komponente geführt wird, erscheint es plausibel, einzelsprachliche Parametrisierungen auf lexikali- sche Eigenschaften zu reduzieren. Es ergibt sich folgerichtig die Vorstellung von der einheitlichen menschlichen Sprache, die von einem System universeller Prin- zipien geprägt ist und deren historische Vielfalt allein auf Unterschieden beruht, die an bestimmten lexikalischen Kategorien festzumachen sind (Borer 1984).

Erweist sich hingegen die Hypothese, die in dem Lexikon ein Untersystem von Prinzipien sieht, angesichts der zu erklärenden sprachlichen Fakten als die über- legene Alternative, verlieft das Bild der einen Sprache und des variablen Lexi- kons erheblich an Suggestivkraft. Die Parametrisierungen betreffen jetzt das Prinzipiensystem selbst, und analog zu der oben skizzierten wechselseitigen Be- schränkung syntaktischer und morphologischer Prozesse geht es bei der Fixie- rung der Parameter in dem gewandelten theoretischen Modell darum, die empi- rischen Konsequenzen abzuwägen, die durch die unterschiedliche Justierung von Subsystemen allgemeiner Prinzipien entstehen.

Die gesteigerte Komplexität der theoretischen Probleme, die sich aus der jün- geren Entwicklung des Modells der Bindung und Rektion ergibt und die u. a. die interne Organisation morpho-syntaktischer Erklärungen und die Lokalisierung einzelsprachlicher Faktoren im Bereich des durch universelle Prinzipien charak- terisierten Sprachvermögens betrifft, legt es nahe, nach dem Kriterium der Ein- fachheit und Eleganz solchen Konzeptionen den Vorzug zu geben, die das Lexi- kon „unten" einsetzen und bei denen ein großer Teil der Syntax sich „im Lexi- kon" abspielt. Zu denken wäre etwa an solche Konkurrenten der Rektions- und Bindungstheorie wie die Generalisierte Phrasenstrukturgranunatik oder die Le- xikalisch-Funktionale Grammatik. Im Hinblick auf einen solchen Vergleich zwischen verschiedenen theoretischen Konzeptionen ist allerdings zu betonen, daß es sich bei dem Gegensatz zwischen Ansätzen, die eine verschiedene Zahl von Repräsentationsebenen postulieren, um keinen Widerspruch im logischen

(18)

Handbuch der Lexikologie 187

Sinn handelt. Durch geeignete Indizierungskonventionen ist es im Regelfall möglich, die Zahl der Ebenen zu reduzieren. Auf der anderen Seite mangelt es im Normalfall an einem geeigneten Vergleichsmaßstab, der es ermöglichte, ver-

; schiedene Theorien im Hinblick auf eine formalisierte Komplexitätshierarchie zu vergleichen. Vor diesem Hintergrund relativiert sich der Unterschied zwi- schen Theorien, die dem Lexikon eine verschiedene Rolle zuweisen.

Bekanntlich hat es innerhalb der Rektions- und Bindungstheorie verschiede- ne Versuche gegeben, die D-Struktur als unabhängige Ebene aufzugeben und die dort notierten Informationen über thematische Relationen durch kettenbilden- de Algorithmen zu erschließen, die direkt auf der Struktur operieren (vgl. z. B.

; Chomsky 1981, Kap. 6; Rizzi 1986). Die erwähnten Untersuchungen zu mor- phologischen und diathetischen Prozessen von Baker, Pollock, Sproat u.a. ha- lben nicht nur Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Lexikon und Syntax, ondern auch auf die interne Organisation der Syntax selbst. Von zentraler Be- eutung für Pollocks Darstellung der Verbbewegungen im Englischen und Fran- ösischen und für Bakers Inkörporationsanalyse diathetischer Prozesse ist die innahme einer unabhängigen D-Struktur, die u. a. Flexionsmorpheme und an- ere Affixe als Köpfe maximaler Projektionen enthält und durch eine direktio- lale Abbildung in die S-Struktur überführt wird. Probleme, die zunächst nur die iterne Struktur des Lexikons zu betreffen scheinen, stehen somit in engem Zu- 'lammenhang mit der Debatte, die über den Status der D-Struktur als einer

• unabhängigen syntaktischen Repräsentationsebene geführt wird.

l. Die Redefinition des Lexikons in der jüngeren Entwicklung der Rektions- und Bindungstheorie ist von dem Bemühen bestimmt gewesen, durch Änderungen an bestimmten Annahmen der Theorie ihre Erklärungskraft zu verstärken. Man ,hat bei dem Umbau des Theoriegebäudes Bestandteile aufgegeben, die nicht zu den tragenden Elementen zu rechnen sind. Das charakteristische Merkmal des theoretischen Rahmenwerks ist das Zusammenspiel von Subsystemen allgemei- ner Prinzipien. Demgegenüber hat das Postulat des Lexikons als einer separaten Komponente nur die Bedeutung einer Hilfskonstruktion, die ohne Folgen für die Stabilität und die zugrundeliegende Idee des Gesamtrahmens aufgegeben werden kann. Im Fall von mono-stratalen Theorien wie der Generalisierten Phrasenstrukturgrammatik sind die Stellen, an denen man Modifikationen vor- nehmen kann, ohne die Statik zu gefährden, nach anderen Gesichtspunkten verteilt, und es ist schwer vorstellbar, wie das Lexikon hier zugunsten eines Bündels allgemeiner Gesetzmäßigkeiten aufgegeben werden könnte. Aus diesen Bemerkungen ergibt sich, daß solche ästhetischen Kategorien wie Eleganz und Einfachheit, die zur Bewertung der Attraktivität miteinander konkurrierender Theorien dienen, sich nicht auf einzelne Teile dieser Theorien beziehen lassen, sondern sinnvoll nur für den Vergleich integraler Theorien über identische Phä-

• nomenbereiche herangezogen werden dürfen. Aus diesem Grund kann die un- terschiedliche Einrichtung der Beziehung zwischen Lexikon und Syntax und die

• damit zusammenhängende verschiedene Verteilung der Eigenschaften, die einer-

(19)

188 UweMönnich

seits die Variabilität des Begriffs menschlicher Sprache begrenzen und die ande- rerseits die Fokussierung auf eine bestimmte Sprache bewirken, nur einen limi- tierten Beitrag für die Einschätzung der umfassenden Einfachheit und Eleganz einer linguistischen Theorie bilden.

Wenn der vorangehende Abschnitt auch gezeigt hat, daß von der ästhetischen Qualität eines Theorieteiis keine Schlüsse auf den Rechtfertigungsgrad der in diesem Teil vorkommenden Begriffe und Gesetzeshypothesen gezogen werden dürfen, so hat die Diskussion des Problems der Bewertung von alternativen Theorien indirekt den Zweck gehabt, auf die zentrale Rolle des Lexikons im Rahmen von linguistischen Modellen zu verweisen, die die sprachliche Realität in anderen Kategorien zu erfassen suchen, als dies in dem auf Prinzipien und Parametern fußenden Ansatz geschieht. Die innertheoretischen Veränderungen in der jüngsten Inkorporation des Prinzipien-und-Parametermodells haben be- wirkt, daß die Eigenschaften von Wörtern aus Prinzipien folgen, die auf den verschiedenen Ebenen der Grammatik wirksam sind. Bildlich gesprochen wird bei diesem Vorgehen das Lexikon „von oben" determiniert. Die konkurrieren- den mono-stratalen Ansätze würden mit dem Lexikon ihre Steuerzentrale verlie- ren.

1.2. Wortbedeutung

1.2.0. Was für die Sprachtheorie selbst der Fall ist, gilt in noch höherem Maße für die Wissenschaften, mit denen sie in fruchtbarer Wechselwirkung steht: Auch in diesen Gebieten hat die Frage nach Stellung und Funktion des Lexikons eine besondere Aktualität gewonnen. Als Beispiel möge die Behandlung von Wortbe- deutungen in der Psychosemantik dienen. Innerhalb dieses Diskussionszusam- menhangs lassen sich zwei Themenbereiche identifizieren, die für die Frage nach der Bedeutung von lexikalischen Einheiten besonders relevant sind.

1.2.1. Zum einen besteht Uneinigkeit darüber, ob die Identifizierung von Be- deutungen sich nur zu orientieren hat an einem eng umgrenzten Geflecht von Bedeutungsrelationen oder ob in die Bestimmung dessen, was mit einem Aus- druck gemeint ist, die Totalität seiner epistemischen Verbindungen eingeht. Be- kanntlich vertritt Quine eine holistische Position, nach der die Bedeutung unse- rer Wörter nicht unabhängig gegeben ist, sondern nur indirekt durch ihre Rolle in dem Netz unseres Alltagswissens erschließbar ist (vgl. Quine 1960). Gestützt scheint diese Ansicht durch Ergebnisse in der Wahrnehmungspsychologie zu werden, nach denen der Informationsgehalt in Wahraehmungssituationen durch den Einfluß von allgemeinen Annahmen aus „höheren" kognitiven Zen- tren bestimmt wird. Zu den bekanntesten Phänomenen dieser Art gehört die Wiederherstellung von verstümmelten Phonemsequenzen. In einem von Fodor 1983:65 referierten Beispiel hören die Versuchspersonen ein Signal der Struktur

(20)

Handbuch der Lexikologie 189

/legi(Husten)lature/ als eine Äußerung von /legislature/. Derartige Effekte schei- nen daher zu rühren, daß Hörer das vernehmen, was ihren Erwartungen ent- spricht; daß ihre intentionale Einstellung und ihr Glaubenshorizont die Arbeit des „niederen" Eingabemoduls, das die akustischen Reize weitergibt, bestim- men.

Derartige, oft unter dem Schlagwort „New Look" geführte Ideen sind in jüngster Zeit von Vertretern einer modularen Organisaton geistiger Vermögen heftig angegriffen worden, etwa von Fodor 1983. Der Streit ist keineswegs ent- schieden, und es ist wiederum von höchstem Interesse, zu erfahren, ob bei der Analyse lexikalischer Bedeutung eher eine modulare oder eine holistische Posi- tion von den sprachlichen Fakten gestützt wird. Da die gegenwärtige For- schungssituation dadurch gekennzeichnet ist, daß Vertreter einer im Konnektiö- nismus verankerten Theorie des Geistes (Churchland 1989) auf Vorstellungen des „New Look" zurückgreifen, bekommt die Auseinandersetzung um die Al- ternative einer holistischen oder - im nicht-metaphysischen Sinn einer Betonung der Unabhängigkeit einzelner Ideen - platonischen Bedeutungstheorie eine un- erwartete zusätzliche Dimension, indem nämlich die Anhänger einer modularen Konzeption des Geistes, wie Chomsky und Fodor, vehement eine syntaktische oder propositionale Theorie von den Berechnungsvorgängen des Geistes gegen- über den Vorschlägen zu verteidigen suchen, die - gestützt auf Forschungen in ' der Neurobiologie - in der Arbeitsweise des Gehirns eine Ausbreitung von Erre- , gungsmustern nach dem Vorbild von Vorstellungen zum parallel verteilten

Rechnen sehen.

7.2.2. Der zweite Themenbereich kreist um die Alternative einer individualisti- schen gegenüber einer situationsabhängigen Semantik. Dieser Kontrast muß sorgfaltig von dem Gegensatz zwischen Holismus und Platonismus unterschie- den werden. Eine individualistische Prägung der Semantik verträgt sich mit einer holistischen Charakterisierung der Bedeutung, und eine situationsbe- stimmte Auffassung der Semantik steht nicht im Widerspruch zu einer platoni- stischen Abgrenzung intentionaler Entitäten. Bei der Opposition zwischen einer Theorie, die Wörtern als einzelnen Elementen ihre Bedeutung zuweist (Platonis- mus), und einer Theorie, die dabei unser gesamtes Wissen heranzieht (Holis- mus), steht zur Debatte, ob z. B. die Bedeutung, die Sprecher A mit dein Adjektiv groß verbindet, von dem Quineschen Prinzip reguliert wird, daß 'revision can strike anywhere' (Putnam 1988: 9), ob somit - überspitzt gesagt - auch ein Wandel in As Vorurteilen über das Paarungsverhalten der Wolpertinger Konse- quenzen für die Bedeutung von groß haben kann. Diese Debatte verbleibt im Rahmen von As Individualpsychologie und beschäftigt sich mit Bedeutungsre- lationen innerhalb des konzeptuellen Systems. Bei der Frage dagegen, ob die Semantik eventuell nicht-individualistisch verfaßt ist, geht es um die Berechti- gung der Behauptung, daß Wortbedeutungen (teilweise) von Faktoren abhän- gen, die außerhalb des Individuums in seiner Umgebung zu lokalisieren sind.

(21)

190 UmMönnich

Putnam hat diese Auseinandersetzung auf die griffige Formel reduziert, daß es darum gehe, ob Bedeutungen „im Kopf4 sind.

Die idealistische Auffassung von dem Geist als einer Schatzkammer von Ge- danken, die in der abendländischen Literatur zuerst im „Theätet" erwähnt wird, setzt sich ungebrochen fort in Fodors Konstrukt einer angeborenen Sprache des Denkens (Fodor 1975). Nach ihm gehören die fundamentalen Eigenschaften des konzeptuellen Systems zur biologischen Ausstattung des Menschen. Das kon- zeptuelle System als artspezifische Komponente des menschlichen Geistes unter- liegt nur geringer individueller Variation und ist unabhängig von jeder Erfah- rung und sozialer Interaktion die Basis für den Erwerb lexikalischer Einheiten.

Das Kind, das eine Sprache lernt, steht bei dem Hören neuer Wörter allein vor der Aufgabe, deren Lautgestalt mit den in ihm schon vorhandenen mentalen Repräsentationen der angeborenen Begriffe zu verbinden. Die Verknüpfungen zwischen den mentalen Repräsentationen bilden die Erklärung für analytische Bedeutungsrelationen, und die mentalen Prozesse der Informationsverarbei- tung entsprechen formalen Manipulationen über den Ausdrücken der Sprache des Denkens, die man sich in Analogie zu den formalen Herleitungen der Be- weistheorie vorzustellen hat.

Sollte dieser individualpsychologische Strang der Bedeutungstheorie richtig sein, dann wird durch sie jeder Versuch einer situationsorientierten Theorie der Informationsvermittlung und -Verarbeitung unterhöhlt. Für einen entsprechen- den Versuch lassen sich jedoch eine wachsende Menge von Evidenzen anführen, die zusammengenommen ein hohes Maß an Plausibüität für einen Ansatz erge- ben, der die relativierenden Einflüsse der Umgebung auf den Bedeutungsgehalt von sprachlichen Ausdrücken berücksichtigt. Zu den Evidenzen, die gegen eine Bedeutungstheorie sprechen, die den rationalistischen Gedanken von dem In- nenraum der Ideen im Rahmen der kognitiven Individualpsychologie auf- nimmt, gehören die Ausarbeitung der Theorie des situierten Schließens in der Situationssemantik (Barwise 1989), der Gegensatz zwischen definitorischen und prototypischen Eigenschaften (Rösch 1978), die deiktische Fixierung von Stoff- bezeichnungen (Kripke 1972) und die Rolle der Sprachgemeinschaft für die Bedeutung von Wörtern (Bürge 1989), um nur einige Beispiele zu nennen. Die Schwierigkeiten, die diese Beispiele für eine individualistische Bedeutungstheo- rie aufwerfen, haben alle eine gemeinsame Ursache. Um den Effekt der Umge- bung auszugleichen, müßte das Arsenal der mentalen Repräsentationen immer mehr angereichert werden. Das scheint jedoch eine Aufgabe zu sein, die in einen Regreß führt. Die unartikulierten Konstituenten einer Äußerung, die sich auf Aspekte des situativen Kontextes beziehen, lassei) sich nicht ohne Rest verbali- sieren, detin die sprachlichen Mittel, mit deren Hilfe sie explizit gemacht werden sollen, enthalten selbst wieder unartikulierte Konstituenten, deren Explikation wiederum einen unausgedrückten Rest aufweist. Daß dieser Regreß abgebro- chen Werden kann, muß von den Vertretern eines methodologischen Individu- alismus in der Semantik gefordert werden. Einer Theorie, zu deren fundamenta-

(22)

Handbuch der Lexikologie 19l len Annahmen das Postulat einer angeborenen konzeptuellen Struktur gehört, obliegt die Verpflichtung, zu erklären, wie sie sich die „Selbst-Interpretation"

mentaler Repräsentationen vorstellt.

1.3. Zusammenfassung

Das Verhältnis von Lexikon und Syntax, der Gegensatz zwischen einer modula- ren und einer holistischen Konzeption psychosemantischer Vorgänge und die Relation zwischen Sprache und Umwelt bilden Brennpunkte aktueller Probleme des Lexikons. Die Diskussion der drei Problemfelder hat das Ziel gehabt, die Eingangsbehauptung von dem aktuellen Interesse an Struktur und Funktion des Lexikons zu belegen. Die Skizze der Fragen, mit denen jede Beschäftigung mit dem Lexikon konfrontiert ist, beansprucht keine Vollständigkeit und ist in ihrer Auswahl von persönlichen Forschungsinteressen bestimmt. Daß der jüngeren Entwicklung der Sprachtheorie, die in dem menschlichen Sprachvermögen ein durch allgemeine Prinzipien charakterisiertes mentales Modul sieht, ein beson- derer Platz eingeräumt wurde, geschah deswegen, weil in ihr ein Rahmen vorge- jgeben ist, der in seinen Konturen deutlich genug ist, um einer begründeten Wi- Hderlegung zum Opfer fallen zu können. Trotz der sehr schematischen Form, in r; der der Ansatz, die Sprache nach den beiden Leitmotiven der Prinzipien und

! Parameter zu betrachten, angedeutet wurde, lassen sich für die Methodologie

fe .und die Interessenschwerpunkte der Lexikologie Folgerungen ziehen, die dazu

* beitragen, andere Ansätze in ihrer theoretischen Eigenständigkeit zu charakteri- sieren.

Es hatte sich bei der Präsentation der drei Themenschwerpunkte („lexikalisti- sche" vs. „derivationale" Auffassung des Lexikons, isolationistische vs. holisti- sche Psychosemantik, individualistische vs. situationsbestimmte Information) gezeigt, daß die Konzeption der Prinzipien und Parameter sich jeweils eindeutig einer der Alternativen zuordnen läßt. Ein Blick auf den wissenschaftshistori- , sehen und wissenschaftstheoretischen Ort, an dem Chomsky seine Theorie an- siedelt, macht deutlich, welches die Voraussetzungen sind, aus denen diese Posi- tionsbestimmungen folgen (Chomsky 1988b). Die generative Grammatik soll danach ihre Wurzeln in der zweiten kognitiven Revolution der 50er Jahre haben.

In ihr werden nach Chomskys Darstellung Ideen der ersten kognitiven Revolu- tion des 17. und 18. Jahrhunderts aufgenommen. Im Zentrum steht ein Bild des Geistes, das in ihm ein Bündel von Verfahren sieht, nach denen strukturierte formale Objekte (Repräsentationen) formalen Operationen (Berechnungen) un- terworfen sind. Das menschliche Sprachvermögen ist ein solches Verfahren, das durch eine Menge ausgezeichneter Objekte und Operationen charakterisiert ist.

Zu ihnen gehören u. a. die syntaktischen Repräsentationsebenen und die Regel 'Bewege a', deren Resultate durch das System allgemeiner Prinzipien restringiert sind. Die Linguistik als Teil der Psychologie ist nach diesem generellen Schema

(23)

192 UweMönnieh

damit beschäftigt, die im Verfahrensmodul 'Sprachvermögen' möglichen Zu- stände und deren Übergänge zu beschreiben. Dies geschieht ohne Rücksicht auf soziale oder andere Umgebungsfaktoren,

2. Zur Konzeption des Handbuchs der Lexikologie

Wenn man die Beziehung zwischen dem Lexikon und der Syntax, deren Proble- matik wir an den Beginn des ersten Abschnitts gestellt haben, ergänzt um einen Themenschwerpunkt, der sich auf die interne Gliederung des Lexikons konzen- triert, lassen sich die so gewonnenen vier Diskussionsfelder mit der Unterteilung in Beziehung setzen, die Christoph Schwarze und Dieter Wunderlich, die Her- ausgeber des Handbuchs, für die von ihnen zusammengestellten Beiträge ge- wählt haben. Die interne Struktur des Lexikons, sein Verhältnis zur Syntax, die Verarbeitung der Information im Lexikon durch andere mentale Fähigkeiten und die Auswirkungen des linguistischen Ansatzes auf anwendungsorientierte Aktivitäten im Erst- und Zweitsprachenerwerb, in der Sprachtherapie, der Lexi- kographie und der Kognitionswissenschaft sind die vier Komplexe, in die sich nach Meinung der Herausgeber die verschiedenen Bemühungen um das Lexikon gruppieren lassen. Sie verweisen in ihrer Einleitung zwar auf den „Rahmen einer einheitlichen Grundkonzeption" (S. 8), schwächen diesen Hinweis allerdings dadurch ab, daß sie die Gemeinsamkeit zwischen den Autoren der einzelnen Bei- träge „auf eine allgemeine Einschätzung der wissenschaftsgeschichtlichen Situa- tion" (ib.) beschränken. Stellt man in Rechnung, welchen Zeitraum die Durch- führung eines Unternehmens, wie es die Planung und Koordination eines Hand- buches für ein forschungsintensives Fachgebiet ist, in Anspruch nimmt, kann man der Entscheidung der Herausgeber nur zustimmen, jüngste Entwicklungen nicht zu berücksichtigen. Man mag darüber streiten, ob die Konzentration auf die Interdependenz von universalen Prinzipien und einzelsprachlichen Parame- tern zum Zeitpunkt des Erscheinens des Handbuches noch zu den „neuesten Entwicklungen" zu rechnen war, die „noch nicht dokumentiert werden [konn- ten]" (S. 8); auf jeden Fall jedoch bieten sich die methodologischen Implikatio- nen aus diesem Ansatz nicht nur als Hintergrund an, vor dem aktuelle Probleme des Lexikons schärfere Konturen gewinnen, sondern auch als geeigneter Kon- trast zu der Vorgehensweise der Autoren des vorliegenden Bandes.

Unter semantischem Blickwinkel gleicht die Struktur des Wortschatzes nach den skizzierten Vorstellungen der Prinzipien-und:Parameter-Konzeption einem eng verknüpften Netz von Begriffen. Dieses Netz bildet die Grundlage für die Unterscheidung von analytischen und synthetischen Urteilen; zwischen seman- tischen Relationen, die unabhängig von tatsächlichen Verhältnissen gelten, und solchen, deren Wahrheitsgehalt vom Zustand der Welt abhängt. Im Fokus des Interesses steht die erfahrungsunabhängige Form des konzeptuellen Schemas

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Handbuch der Lexikologie 193

und sein Zusammenspiel mit seiner einzelsprachlichen Repräsentation, während die Frage nach der Kongruenz zwischen den Kategorien dieser (Einzel-Jsprache des Denkens und den Kategorien der Realität in der Perspektive dieser Theorie an Bedeutung verliert. Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß die Grenze zwischen Lexikon und Syntax im Zusammenhang mit der Verteilung von univer- salen Prinzipien und einzelsprachlichen Fixierungen der Parameter gesehen wer- den kann und daß bestimmte Bereiche der Wortbildung nach dem Muster von Prinzipien sich behandeln lassen, die auch für syntaktische Konstruktionen an- wendbar sind. Gewinnen solche Probleme der Zuweisung zu einzelnen Struktur- ebenen schon innerhalb des grammatischen Vermögens eine besondere Dring- lichkeit, wenn die Idee der Modularität konsequent durchgehalten wird, so gilt dies umso mehr für die Abstimmung verschiedener mentaler Subsysteme unter- einander. Erklärungsmodelle, die nach der Metapher von Abschnitt 1.2.1 „von oben nach unten" gerichtet sind, Modelle, die Wahrnehmungsinhalte bestimmt sehen von den Vorurteilen und Erwartungen der Subjekte, werden zurückge- drängt, und der Einfluß des 'New Look* der Wahrnehmungsforschung auf me- thodologische Strategien in der Kognitionswissenschaft und der Künstlichen Intelligenz wird abgelöst von dem Versuch, Eingabesysteme unabhängig von zentralen kognitiven Prozessen als schnelle Informationsverwalter zu beschrei- ben, die spezifischen Gesetzmäßigkeiten gehorchen.

Obwohl die Herausgeber in liberaler Haltung sich darauf beschränkt haben, das allgemeine Bewußtsein von der zentralen Funktion des Lexikons zur Richt- schnur der Beiträge zu nehmen, ist es trotz dieser theoretischen Zurückhaltung nicht zu übersehen, daß in den vier Hauptabschnitten des Handbuchs eine Per- spektive auf die Grundlagen und Auswirkungen der Lexikologie sich durchsetzt, die notwendigerweise zu anderen Vorgehensweisen führt, als es im Rahmen des in groben Umrissen vorgestellten Zugangs zur Sprache der Fall ist, der von der Wechselwirkung der Prinzipien und Parameter seinen Ausgang nimmt. So ist es vielleicht nicht ohne innere Logik, daß der erste Beitrag zum überwiegenden Teil semantischen Fragen gewidmet ist, die sich nicht an den Kontaktstellen zwi- schen den verschiedenen Vermögen des Geistes, sondern erst dann aufdrängen, wenn über die Wahrheit von Sätzen und die Referenz von Ausdrücken nachge- dacht wird. Auf ähnliche Weise, wenn auch nicht im Sinne einer Referenzseman- tik, wird in dem folgenden Beitrag zur Dekomposition von Wortbedeutungen die Intension semantischer Merkmale durch den Rückgriff auf sozial vermittelte Einf uhrungsbedingungen bestimmt, die ebenfalls auf etwas Bezug nehmen, das außerhalb eines individualpsychologisch verstandenen konzeptuellen Moduls liegt. Für das Verhältnis von Satz- und Wortgrammatik wird behauptet, daß ihre Operationen als „weitgehend unabhängig voneinander" (S. 155) zu charakteri- sieren sind. Die Satzgrammatik selbst wird als typentheoretisch gesteuerter Komp'ositionsalgorithmus im Stil der Montague-Grammatik abgehandelt. Die Darstellung des Zusammenspiels von grammatischen und psychischen Prozes- sen im dritten Teil des Handbuchs ist geprägt von Ideen der Richtung der Per-

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zeptionsforschung, die fasziniert war von dem Einfluß konzeptueller Kategorien auf die Verfahrensmodalitäten „tieferer" Prozesse wie z.B. des Behaltens und Erkennens von Wortformen. Schließlich kommt auch in den Kapiteln zu ausge- wählten Bereichen der Anwendung von lexikologischen Ansätzen eine Tendenz zum Ausdruck, deren Stichwort „wissensbasierte Prozesse*4 (S. 442) lautet. Da- durch ist nicht nur die Verwandtschaft zu 'New Look'-Vorstellungen impliziert, sondern auch eine Abwendung vom Modularitätsbegriff und eine Hinwendung zu einer Konzeption des Geistes gegeben, die in ihm die Grundlage allgemein intelligenten Verhaltens vermutet. Vereinfachend zusammengefaßt bedeutet dies, daß sich in dem Handbuch eine methodologische Position dokumentiert, die den Bedeutungsbegriff nicht in erster Linie durch ein Netzwerk interner Oppositionen, sondern durch einen intentionalen Bezug zu nicht-sprachlichen Einheiten determiniert sieht, die das Lexikon und die Syntax als voneinander unabhängige Ebenen der Grammatik ansetzt und die in dem, was jemand glaubt und was er an Erwartungen nährt, den zentralen Faktor auszumachen glaubt, der den Stil der mentalen Prozesse prägt.

Das notwendigerweise gedrängte Referat der einzelnen Beiträge wird im fol- genden auf das Problem des konzeptuellen Rahmens und der sich daraus erge- benden wissenschaftlichen Vorgehensweise nicht mehr zurückkommen. Es sei daher betont, daß durch die Hinweise zur Orientierung der Hauptteile des Handbuches im Spektrum der gegenwärtigen Theoriedebatte nur die allgemeine Richtung angezeigt werden sollte, Die Autoren lassen sich nicht durch die Kate- gorien des gewählten Beschreibüngsapparates die Sicht auf Phänomene verstel- len, für die bei blinder Anwendung des theoretischen Instrumentariums kein Platz gewesen wäre.

3. Das Handbuch im einzelnen

3.1. Die Herausgeber beschreiben in ihrer Einleitung (S. 7-23) die Struktur des Lexikons, seine Stellung im Verhältnis zu anderen Komponenten der menschli- chen Sprachfähigkeit und die Rolle des Lexikons aus der Sicht der Spracher- werbsforschung, der Sprachgeschichte, der Psychologie, der Wörterbuchfor- schung und der Künstlichen Intelligenz. Der Artikel vermittelt eine willkomme- ne Übersicht über die im Handbuch dargestellten Bereiche der Lexikologie. Der Bericht aus der Vogelperspektive verfolgt weitgehend deskriptive Ziele, während propädeutische und koordinative Aufgaben ein wenig stiefväterlich wahrge- nommen werden. Es wird sich keine Einigung darüber erzielen lassen, über wel- che formalen Voraussetzungen der ideale Linguist verfügen -sollte. Von ihm zu erwarten, daß er sich in nicht-monotoner und mehrwertiger Logik, Theorie der Relationen, intensionaler Typentheorie, Theorie der klassischen Vervollständi- gung von partiellen Modellen und universaler Algebra - die Liste ließe sich verlängern - auskennt, dürfte nur in einer besseren Welt, als es diese ist, voraus-

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