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Das Studienheft und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ist nicht er­

laubt und bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Rechtein­

habers. Dies gilt insbesondere für das öffentliche Zugänglichmachen via Internet, die Vervielfältigung und Weitergabe. Zulässig ist das Speichern (und Ausdrucken) des Studienhefts für persönliche Zwecke.

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PAPFH02

Grundlagen der Lernpsychologie

PAPFH02

1120A02

Nina Henning 

Barbara Mayerhofer

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Die in unseren Studienheften verwendeten Personenbezeichnungen schließen ausdrücklich alle Geschlechtsidentitäten ein. Wir distanzieren uns ausdrücklich von jeglicher Diskriminierung hin-

© Nina Henning

(geb. 1985) studierte nach der Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpfle- gerin Pflegepädagogik an der Katholischen Hochschule Mainz und schloss an- schließend (2013) den Master für Pflege und Gesundheit an der Kath. Hoch- schule Köln ab. Sie verfügt über langjährige Lehrerfahrung im Bereich der Pflegebildung. Zwei Jahre war sie als stellvertretende Schulleitung tätig und konnte somit Leitungserfahrung sammeln. Ab 2014 folgten vier Jahre als stell- vertretende Studiengangsleitung im Bereich der Pflegewissenschaft an der Pa- racelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg. Neben der Studien- gangskoordination war sie in der Hochschullehre tätig. Seit 2018 ist Nina Henning freiberuflich als Dozentin, Beraterin und Autorin tätig.

Dr. phil. Barbara Mayerhofer MBA

war nach einer langjährigen Tätigkeit als Schulleitung einer Krankenpflege- schule viele Jahre bei einem Wohlfahrtsträger als Geschäftsleitung für die Al- tenhilfe zuständig. Nach dem Studium zum Master of Business Administrati- on (MBA) promovierte sie am Institut für Gerontologie der Universität Vechta zum Thema Führungskompetenzen in der stationären Altenhilfe. Barbara Mayerhofer ist seit 2013 als Studiengangsleiterin für den Studiengang Pflege- management an der APOLLON Hochschule sowie als Lehrbeauftragte an der Hochschule Osnabrück tätig.

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PAPFH02

Grundlagen der Lernpsychologie

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung ... 1

1 Was bedeutet Lernpsychologie? ... 3

1.1 Lernen und Gedächtnis ... 3

1.1.1 Lernen ... 3

1.1.2 Gedächtnis ... 4

1.2 Motivationale und emotionale Grundlagen ... 7

1.2.1 Motivation ... 8

1.2.2 Emotion ... 11

1.3 Lerntheorien ... 13

1.3.1 Behavioristische Lerntheorie ... 13

1.3.2 Kognitive Lerntheorie ... 16

1.3.3 Sozial-kognitive Lerntheorie ... 19

1.4 Lernformen ... 21

1.4.1 Psychomotorisches Lernen ... 21

1.4.2 Kognitives Lernen ... 22

1.5 Lerntypen und -stile ... 23

Zusammenfassung ... 23

Aufgaben zur Selbstüberprüfung ... 24

2 Lernen lernen ... 25

2.1 Lernschwierigkeiten ... 25

2.1.1 Individuelle Lernvoraussetzungen ... 26

2.1.2 Äußere Rahmenbedingungen des Lernens und Lehrens ... 27

2.2 Lernstrategien ... 29

2.2.1 Lernplanung ... 30

2.2.2 Zeitmanagement ... 33

2.2.3 Motivationsförderung ... 35

2.2.4 Techniken zur Kurzentspannung ... 37

2.3 Lerntechniken ... 38

2.3.1 Wissen erschließen und strukturieren ... 39

Zusammenfassung ... 41

Aufgaben zur Selbstüberprüfung ... 42

Schlussbetrachtung ... 43

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Anhang

A. Bearbeitungshinweis zu den Übungen ... 45

B. Lösungen der Aufgaben zur Selbstüberprüfung ... 47

C. Glossar ... 49

D. Literaturverzeichnis ... 52

E. Abbildungsverzeichnis ... 58

F. Tabellenverzeichnis ... 59

G. Sachwortverzeichnis ... 60

H. Einsendeaufgabe ... 61

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PAPFH02Grundlagen der Lernpsychologie1120A02

Einleitung

Liebe Studierende,

aufbauend auf den Grundlagen der Pädagogik ermöglicht Ihnen das Studium dieses Hef- tes eine Erweiterung Ihrer Perspektive hin zu lernpsychologischen Fragen und Aufga- ben. Die Auseinandersetzung hat zum Ziel, in Ihre zukünftige Arbeit im Pflegemanage- ment sowohl pädagogische als auch lernpsychologische Bedingungsfaktoren

interdisziplinär einbinden zu können.

Pflegemanager/-innen sollen neben einem umfassenden Pflegefachwissen einschließ- lich relevanter Bezugswissenschaften auch ein fundiertes Wissen im Bereich der Psy- chologie mit Schwerpunkt Lernpsychologie aufweisen. Dies ist nötig, um die Mitarbei- tenden direkt am Arbeitsplatz bei Lernerfordernissen zu unterstützen und beratend tätig sein zu können. Auf Basis lernpsychologischer Kenntnisse können auch Lernsituationen oder Anleitungssequenzen den Rahmenbedingungen entsprechend gestaltet werden.

Unter dem Begriff „Lernen“ kann sich jeder etwas vorstellen, wir alle lernen jeden Tag und lebenslang. Die Lernpsychologie setzt sich mit den Grundprinzipien des Lernens, seinen klassischen Varianten und innovativen Lernarten auseinander. Dabei lernen Sie die Mechanismen des Wissenserwerbs (Lernen) und deren Abspeicherung (Gedächtnis) detaillierter kennen. Wie lernen wir? Welche Arten des Lernens gibt es? Wie setzen wir Gelerntes um?

Die Inhalte dieses Studienhefts sind kompetenz- und handlungsorientiert gestaltet und ermöglichen Ihnen eine innovative Form des Lernens. Sie eröffnen Ihnen Raum für in- dividuelle Lernwege und Vertiefungen. Daher erwartet Sie im Rahmen dieses Heftes eine Einführung in die Grundlagen der Lernpsychologie (Kapitel 1) sowie die Beschäfti- gung mit den Teilbereichen der Lernpsychologie (Kapitel 2). Jedes Kapitel beinhaltet ei- nen Transfer des Gelernten in die Praxis des Pflegemanagers durch einzelne Übungen und erläutert die Relevanz von lernpsychologischem Wissen für das Pflegemanagement.

Mit dem Absolvieren dieses Studienhefts der Lernpsychologie sollen die folgenden Ziele erreicht werden:

• Sie sind in der Lage, domänenspezifisches Wissen aus der Lernpsychologie in einen Zusammenhang mit Aufgaben aus dem Pflegemanagement zu bringen.

• Sie kennen lernpsychologische Begriffe (Lernen, Gedächtnis, Motivation, Emotion) und können deren Bedeutung in der Praxis kritisch reflektieren.

• Sie eignen sich Methoden des selbstgesteuerten Lernens an und können diese in Lernprozessen anwenden.

• Sie analysieren hemmende und fördernde Faktoren der Lernfähigkeit bei Mitarbei- ten und sind dazu befähigt, eine förderliche Lernatmosphäre zu schaffen.

Viel Spaß und Erfolg beim Durcharbeiten der Inhalte!

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Einleitung

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1 Was bedeutet Lernpsychologie?

Sie können die unterschiedlichen Definitionen der Begriffe Lernen und Gedächt- nis wiedergeben. Sie sind in der Lage, kognitive, psychomotorische und affektive Lernziele zu unterscheiden und diese in der Theorie folgerichtig einzuordnen. Sie differenzieren die Begriffe Motivation und Emotion und leiten Konsequenzen für das Lernen ab. Sie beschreiben Lerntheorien und transferieren diese Erkenntnisse in Ihre Lehr- und Lernarrangements. Sie können verschiedene Lernformen von- einander abgrenzen und je nach Lernsituation auswählen. Sie differenzieren Lerntypen und fördern individuell die Lernleistung in Lehr-Lern-Arrangements.

Die klassischen Lerntheorien, die Gedächtnispsychologie, die Kognitionspsychologie und die Motivationspsychologie stellen Teilbereiche der Lernpsychologie dar. Die Lern- psychologie kann daher als ein Gesamtkonzept von Veränderungsprozessen dargestellt werden (vgl. Edelmann; Wittmann, 2012, S. 13).

Einzelne Bereiche der Hirnforschung, Gedächtnis- und Motivationsmodelle sowie Mo- delle des sozialen Lernens sind ebenfalls zu beachten, wenn man sich mit den Grundla- gen der Lernpsychologie auseinandersetzt. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Dar- stellung, der Bedeutung und praktischen Anwendbarkeit der vorgestellten Themen.

1.1 Lernen und Gedächtnis

Im Folgenden werden Ihnen zunächst die Begriffe Lernen und Gedächtnis erläutert, die für ein Grundverständnis der Lernpsychologie entscheidend sind.

1.1.1 Lernen

Lernen ist zunächst mit dem Erwerb von Informationen verbunden, was zu einer Ver- haltensänderung bzw. einer Änderung im Verhaltenspotenzial führen kann (vgl. Lefran- çois, 2015, S. 5 f.). Es wird zudem mit dem schulischen Kontext, d. h. dem Lernen von Faktenwissen, in Verbindung gebracht. Lernen kann jedoch auf unterschiedliche Weise stattfinden. Dem Lernen durch Erfahrung kommt eine wichtige Bedeutung zu, denn auch hierdurch kann sich Verhalten ändern (vgl. Horstmann; Dreisbach, 2017, S. 13;

Hoffmann; Engelkamp, 2017, S. 2).

Beispiel 1.1: Lernen durch Erfahrung

Durch eigene Erfahrung oder durch Beobachtung haben Sie z. B. gelernt, mit einem Hammer oder Messer vorsichtig zu sein, weil unvorsichtiges Hantieren zu schmerz- haften Verletzungen führen kann (vgl. Horstmann; Dreisbach, 2017, S. 13).

Nach der Definition von Lefrançois (2015, S. 6) bezieht sich Lernen auf „alle relativ dau- erhaften Veränderungen im Erhaltenspotenzial, die aus Erfahrung resultieren, aber nicht durch Müdigkeit, Reifung, Drogengebrauch, Verletzung oder Krankheit verursacht sind.“

Lernen bezieht sich aber auch auf das Lernen von Einstellungen, die in jungen Jahren beispielsweise von den Eltern übernommen werden. Durch unterschiedliche Erfahrun- gen im Laufe des Lebens verändern sich die Einstellungen und passen sich der jeweiligen Lebenssituation an (vgl. Ekert; Ekert, 2014, S. 60).

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1

Was bedeutet Lernpsychologie?

Weiterhin ist das Lernen von Gefühlen, wie z. B. der Liebe zu einem bestimmten Men- schen oder auch zu Tieren, ein Faktor, der u. a. den Charakter eines Menschen beein- flusst (vgl. Ekert; Ekert, 2014, S. 60).

Lernen meint somit nicht nur das Auswendiglernen von Fakten, sondern eine dauerhaf- te Erweiterung von Wissen, die in der heutigen Gesellschaft auch nach der Schule, z. B.

im Berufsalltag, immer noch notwendig ist. Aber auch im alltäglichen Leben lernen Menschen weiter, wenn auch oft unbewusst, so z. B. durch Erfahrungen in der Freizeit, die ebenso neues Wissen und Verhaltensänderungen nach sich ziehen können.

Beispiel 1.2:

Buxton (1940) ließ in einem klassischen Experiment Ratten mehrere Nächte lang in einem großen Labyrinth umherlaufen. Dieses besaß Startboxen am Anfang und Zielboxen (ohne Futter) am Ende. Nach wenigen Nächten im Labyrinth gab es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ratten etwas gelernt hatten. Daraufhin gab Buxton et- was Futter in die Zielboxen und setzte die Ratten in die Startboxen. Mehr als die Hälfte der Ratten rannte daraufhin direkt zu den Zielboxen, ohne einen Fehler zu machen. Es war somit klar, dass sie während der ersten Nächte im Labyrinth sehr wohl einiges gelernt hatten. Aber ihr Lernen war nicht offensichtlich, d. h. im Ver- halten nicht erkennbar, solange nicht auch eine Veränderung in ihrer Disposition stattgefunden hatte. Im Fall der Ratten waren dies Gründe dafür, zielgerichtet durch das Labyrinth zu laufen (vgl. Lefrançois, 2015, S. 6).

1.1.2 Gedächtnis

„Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Lernen sind unmittelbar verbunden.“ (Lefrançois, 2015, S. 280) Das Gedächtnis ist umso besser, je mehr sich die Erfahrung auswirkt, was durch den Faktor Aufmerksamkeit vereinfacht wird.

Dieser Vorgang setzt Lernen, d. h. die Aneignung von Informationen, voraus (vgl. Le- françois, 2015, S. 280). Im Vergleich zum Lernen scheint das Thema Gedächtnis somit eine eher untergeordnete Rolle zu spielen.

Das menschliche Gedächtnis speichert jedoch nicht nur passiv, es erfüllt zahlreiche Funktionen, z. B. die Aufnahme, Enkodierung, Speicherung, Modifikation und den Ab- ruf von Informationen, und ist mit den meisten psychischen Prozessen untrennbar ver- bunden, z. B. mit dem Wahrnehmen, Lernen (Lerntheorie), Denken sowie den aktivie- renden Prozessen (Aktivierung).

Übung 1.1:

Überlegen Sie, welche Rolle das Lernen durch Erfahrung in Ihrem beruflichen Alltag spielt.

„Gedächtnis bezeichnet (…) die Fähigkeit, Informationen zu bewahren und nach ei- ner Behaltensphase korrekt wiederzugeben.“ (Hoffmann; Engelkamp, 2017, S. 2)

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Was bedeutet Lernpsychologie?

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Die Funktionen des Gedächtnisses werden uns in der Regel erst dann bewusst, wenn wir auf Personen treffen mit besonders guter Gedächtnisleistung oder wenn bekannte Hand- lungsroutinen gestört werden (vgl. Schermer, 2013, S. 9).

Die meisten Gedächtnistheorien beschreiben das Gedächtnis anhand des Drei-Speicher- Modells (vgl. Atkinson; Shiffrin, 1968). Dieses Modell geht davon aus, dass sich der Pro- zess der Informationsverarbeitung auf unterschiedlichen Gedächtnisebenen vollzieht, auf denen Informationen unterschiedlich lange gespeichert werden. Atkinson und Shif- frin sprachen 1968 nicht von Gedächtnis, sondern von unterschiedlichen Speichern, wie Abb. 1.1 zeigt.

Abb. 1.1: Basiskonzept des klassischen Mehrspeichermodells nach Atkinson und Shiffrin (Atkinson; Shiffrin, 1968, zit. n. Hoffman; Engelkamp, 2017, S. 121)

Atkinson und Shiffrin gingen davon aus, dass das Gedächtnis in einem Speicher unter- gebracht ist. Die Menge an Ereignissen, die kurzzeitig gespeichert und abgerufen werden können, ist geringer als die Geschehnisse, die langfristig abgerufen werden können. Da- her ist der Kurzzeitspeicher (KZS) kleiner als der Langzeitspeicher (LZS).

Der KZS kann eine geringe Menge sprachlicher (phonetischer) Reize aufnehmen die, wenn sie nicht durch Nachsprechen wiederholt werden, zerfallen. Er wird auch Arbeits- speicher genannt, da dort Wissen enthalten ist, das gerade genutzt wird. Der LZS hinge- gen kann beliebig viele Informationen aufnehmen, von denen immer etwas behalten werden kann. Daher ist der KZS kleiner als der LZS (vgl. Hoffmann; Engelkamp, 2017, S. 120). Das Modell von Atkinson und Shiffrin ist in der Folgezeit zunehmend umstrit- ten, sodass Baddeley 2009 ein neues Modell, das Arbeitsgedächtnis mit zwei KZS, die aus einem verbalen und einem visuell-räumlichen Speicher bestehen, erarbeitete. Eine zentralen Exekutive kontrolliert und entscheidet, ob „sprachliche Reize in den verbalen oder in den visuell-räumlichen Speicher kommen“. (Baddeley, 2009, zit. n. Hoffmann;

Engelkamp, 2017, S. 125).

„Lernen betont die dauerhafte Veränderung, die nur dann von Dauer sein kann, wenn sie im Gedächtnis verankert ist. Damit wird das Gedächtnis zu einer notwen- digen Voraussetzung für Lernprozesse. Ohne Gedächtnis gibt es kein Lernen.“

(Schermer, 2013, S. 13)

Reize

z. B. Ziffern, Silben

Reaktionen z. B. Nachsprechen Langzeitspeicher

semantische Information, unbegrenzte Kapazität,

keine Spurenzerfall, sondern Interferenz

Kurzzeitspeicher phonologische Information,

begrenzte Kapazität, Spurenzerfall, keine Interferenz

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Was bedeutet Lernpsychologie?

Beispiel 1.3:

„Stell dir die Wohnung vor, in der du zurzeit lebst, und überlege, wie viele Fenster sie hat. Tue das, ehe du weiterliest. Wie viele Fenster hat die Wohnung, und wie hast du das herausgefunden? Wenn du dir dazu die Wohnung visuell vorgestellt hast, hast du den visuell-räumlichen Speicher verwendet. Wenn du in der Vorstellung die Fenster abgezählt hast, dann hast du den verbalen Speicher genutzt. Um die Vorstel- lungs- und Zählprozesse in Gang zu setzen, hast du die zentrale Exekutive ge- braucht.“ (Baddeley, 2009, zit. n. Hoffmann; Engelkamp, 2017, S. 125).

Studien bestätigen die Bedeutung des Arbeitsgedächtnisses und zeigen, dass Schwierig- keiten mit der Aufrechterhaltung visueller und verbaler Informationen sich nicht nur in Problemen mit der Mathematik, sondern auch in der Ausprägung einer Alzheimer Er- krankung und des Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms (ADHS) zeigen können (vgl. Kytta- la et al., 2010, S. 3 ff.; Huntley, Howard, 2010, S. 125 ff., Alderson et al., 2010, S. 500 ff.).

Das Gedächtnis entwickelt sich im Laufe des Lebens. Eine besonders starke Entwicklung findet zwischen dem 5. und 15. Lebensjahr statt. Dies beruht zum einen auf einer stark ansteigenden Kapazität des Gedächtnisses und zum anderen auf der Neugier und Wiss- begierde junger Menschen. Fünfjährige Kinder können sich bis zu vier Zahlen einprä- gen. Im Alter von 7 Jahren sind dies bereits 5 Ziffern und bei 12-jährigen bis zu 7 Ziffern, was in etwa der Leistung von Erwachsenen entspricht (vgl. Gold, 2018, S. 49). Physische und psychische Faktoren führen im höheren Lebensalter zu teilweise starken Verände- rungen der Gedächtnisleistung (vgl. Ekert; Ekert, 2014, S. 76).

Zur Steigerung der Gedächtnisleistung tragen folgende Punkte bei (vgl. Ekert; Ekert, 2014, S. 76 f.):

Verbesserung der Informationsaufnahme: Die Fähigkeit, sich zu konzentrieren und alle Sinne einsetzen zu können, trägt wesentlich zur Informationsaufnahme bei.

Der/die Lernende muss Interesse zeigen und die Absicht haben, Inhalte zu lernen.

Dazu tragen u. a. eine ruhige Umgebung, der Gesundheitszustand und die Stim- mungslage bei. Je höher die Konzentrationsfähigkeit umso gezielter können Infor- mationen aufgenommen werden.

Verbesserung der Informationsspeicherung: Informationen können auf unter- schiedliche Art gespeichert werden. Ereignisse oder bereits vorhandenes Wissen können mit der Information verbunden oder es können Eselsbrücken bzw. Merkhil- fen eingesetzt werden.

Verbesserung der Abruftechniken: Informationen können umso leichter abgeru- fen werden, je höher die Konzentration während der Lernphase war. Es ist leichter, Gelerntes mit dem „Prinzip der Wiedererkennung“ (Ekert, Ekert, 2014, S. 77) abzu- rufen, als sich frei und ohne Hilfsmittel erinnern zu müssen. Hilfreich ist es, Erlern- tes in praktischen Situationen anzuwenden und zu üben.

Übung 1.2:

Welche Eselsbrücken bzw. Gedächtnisstrategien nutzen Sie im Pflegealltag, um In- formationen zu behalten?

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Was bedeutet Lernpsychologie?

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Beispiel 1.4: Erinnerungsvermögen von Patienten

Der Psychologe Philip Ley veröffentlichte 1979 einen Artikel zu Untersuchungen über das Erinnerungsvermögen von Patienten hinsichtlich der allgemeinen Bera- tungsmaßnahmen in einem Krankenhaus (vgl. Ley, 1979).

Bei seinen Untersuchungen stellte er fest, dass weder Alter noch Intelligenz der Pro- banden in einer gleichbleibenden Beziehung zum Abruf von Gedächtnisinhalten standen. Aussagen zur Diagnose konnten am besten und solche zur Unterweisung und Beratung am schlechtesten abgerufen werden. Es schien, dass diese Ergebnisse auf die wahrgenommene Wichtigkeit der Inhalte zurückzuführen waren.

Ley fand heraus, dass vier Methoden die Fähigkeit zum Abrufen von Gedächtnisin- halten verbesserten: Gebrauch kürzerer Wörter und Sätze, eindeutige Kategorisie- rung, Wiederholungen sowie der Gebrauch von konkret-spezifischen anstelle von allgemein-abstrakten Aussagen; Beispiel: „Sie müssen abnehmen.“ (allgemein) – „Sie sollten 3,5 Kilo abnehmen.“ (konkret). Die Anwendung dieser Methoden sowie die zusätzliche Unterweisung und Beratung der Patienten mit Betonung ihrer Bedeu- tung führten zu signifikanten Unterschieden in der Informationsmenge, die von den Patienten abgerufen werden konnte (vgl. Ley, 1979).

Abschließend lässt sich hervorheben, dass alle kognitiven Prozesse und damit natürlich auch das Lernen eng verbunden sind mit emotional-motivationalen Prozessen (vgl.

Edelmann; Witmann, 2012, S. 33), d. h., die Fähigkeit zum Lernen und die Gedächtnis- leistung hängen immer auch davon ab, welche individuelle Motivation und Gefühle für den Einzelnen damit verbunden sind.

1.2 Motivationale und emotionale Grundlagen

Psychologisch betrachtet handelt es sich beim Lernen um einen mehrdimensionalen Prozess, der mehreren Bedingungen unterliegt. Krathwohl (1997) unterteilt den Lern- prozess in verschiedene Bereiche, je nachdem, welche Ziele mit dem Lernen verbunden sind (vgl. Krathwohl,1977):

1) kognitive,

2) psychomotorische und 3) affektive Lernziele.

Kognitive Lernziele umfassen u. a. das Erinnern und Reproduzieren von Wissen oder das Lösen einer Aufgabe. Das Lernziel besteht hier somit im Erlernen von Fakten.

Übung 1.3:

Können Sie sich noch an alle Mitschüler/-innen in der Pflegeausbildung erinnern?

Versuchen Sie ohne Hilfsmittel, alle Namen aufzuschreiben.

Übung 1.4:

Wie erklären Sie sich, dass Vergessen einen so schlechten Ruf hat?

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Was bedeutet Lernpsychologie?

Psychomotorische Lernziele beziehen sich auf motorische Fertigkeiten, die im Umgang mit Gegenständen eine muskuläre Koordination erfordern.

Affektive Lernziele beziehen sich auf ein Gefühl, eine Emotion, das den Lernprozess an- treibt, oder ein bestimmtes Maß an Zuneigung oder Abneigung. Sie stehen im engen Zu- sammenhang mit individuellen Interessen, Einstellungen und Wertschätzungen. Auf der untersten Ebene der affektiven Lernziele befindet sich die Sensibilisierung für die Exis- tenz eines Phänomens, d. h. das Aufmerksamwerden und die Entwicklung eines Be- wusstseins für eine bestimmte Fragestellung bzw. ein Problem (vgl. Krathwohl., 1997).

Die Motivation hat einen entscheidenden Einfluss auf diese Prozesse.

Der Alltag eines Menschen gleicht einer Kette von Aktivitäten. Dazu zählen auch geis- tige Anstrengungen. Die Motivationspsychologie fragt nach dem Warum, Wozu und Wie dieser Aktivitäten (vgl. Heckhausen; Heckhausen, 2018, S. 2). Inwiefern dies Ein- fluss auf unser Lernen nimmt, sollen die folgenden Unterkapitel erläutern.

1.2.1 Motivation

Motivation kann als Sammelbegriff für alle emotionalen und kognitiven Prozesse ver- standen werden, die den Lernenden veranlassen, mit dem Lernen anzufangen.

Der lateinische Ursprung des Wortes „Motivation“ bedeutet „bewegen“. Motivation hat daher mit Handeln zu tun. Ein Motiv ist eine bewusste oder unbewusste Kraft, die einen Menschen zum Handeln oder auch zum Nicht-Handeln treibt (vgl. Lefrançois, 2015, S. 318). Die Entscheidung, ob überhaupt Interesse an etwas entsteht, wird schon vorab in einem gedanklichen Prozess gefällt. Dieses gilt sowohl für den/die Vermittler/-in von Informationen als auch für den/die Adressaten/Adressatin.

Definition 1.1: Motiv

Ein Motiv ist eine „überdauernde Handlungsbereitschaft oder die einem Verhalten zugrunde liegenden physiologischen und psychologischen Ursachen und Beweg- gründe, Bsp. Hunger, Liebe, Sicherheit“ (Hornung; Lächler, 2018, S. 114).

Hinweis:

Als weiterführende Literatur zu diesen Themen lesen Sie gern:

Schewior-Popp, S. (2005). Lernsituationen planen und gestalten. Handlungsorien- tierter Unterricht im Lernfeldkontext. Stuttgart: Thieme, S. 56–62.

Schmal, J. (2017). Unterrichten und Präsentieren in Gesundheitsfachberufen. Metho- dik und Didaktik für Praktiker. Berlin: Springer, S. 60–72.

„Den Begriff Motivation beschreibt das Bestreben, einen Ist-Zustand hin zu einem bestimmten Soll-Zustand zu verändern.“ (Moskaliuk, 2015, S. 1)

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Was bedeutet Lernpsychologie?

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Definition 1.2: Motivation

Als Motivation bezeichnet man den „gesamten Prozess, der zu einem Verhalten oder einer Entscheidung führt, bzw. die Gesamtheit der Faktoren, die menschliches Ver- halten bestimmen, Bsp. sich etwas zu essen einkaufen“ (Hornung; Lächler, 2018, S. 114).

Kulbe (2017) beschreibt in ihrem Buch zum Thema Motivationsentstehung, dass Motive und die damit einhergehende Motivation für den Menschen nicht sichtbar sind. Den- noch wissen wir, dass zur Bedürfnisbefriedigung Motive als auch Motivation existieren und Menschen zielgerichtet und absichtsvoll handeln (vgl. Kulbe, 2017, S. 103).

Eine in der Literatur häufig verwendete Unterscheidung von Motiven ist die Einteilung in primäre und sekundäre Motive.

Definition 1.3:

• Unter primären Motiven verstehen wir die für das Individuum lebensnotwen- digen Bedürfnisse wie essen, trinken, schlafen oder die Sauerstoffaufnahme. Pri- märe Motive sind angeboren (vgl. Kulbe, 2017, S. 103).

• Unter sekundären Motiven werden Bedürfnisse verstanden, die erst im Laufe der Entwicklung eines Menschen durch den Umgang und die Erfahrungen mit anderen Menschen auftreten, z. B. das Bedürfnis nach Anerkennung, Sicherheit und Leistung (vgl. Kulbe, 2017, S. 103).

Bak teilt die Motive in drei Motivklassen auf. Er spricht von einem sozialen Motiv, wenn bei einer Person die Beziehungsgestaltung die Motivation leitet. Entsprechend ist das Leistungsmotiv leistungsorientiert, und das Machtmotiv z. B. auf eine Führungsposition ausgerichtet. Bestimmte Situationen lösen ein bestimmtes Motiv aus, und die Situation wird nach förderlichen oder hindernden Faktoren eingeschätzt (vgl. Bak, 2019, S. 61).

Abb. 1.2: Klassisches Motivationsmodell (Rheinberg; Vollmeyer, 2012 zit. n. Bak, 2019, S. 62)

Personen und Situationen lösen eine Motivation aus, die wiederum in Handlungen mün- det.

Motivation wird in intrinsische und extrinsische Motivation unterschieden, abhängig davon, ob die Motive für das Verhalten, in diesem Kontext also für das Lernen, im Inne- ren der Person begründet sind oder von außen kommen.

Person

Bedürfnisse, Motive, Ziele

Situation Gelegenheiten, Anreize

Motivaiton Verhalten

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1

Was bedeutet Lernpsychologie?

• Von intrinsischer Motivation spricht man, wenn das Verhalten durch innere Moti- ve selbstbestimmt gesteuert wird). Der Lernende handelt oder lernt aus eigenem In- teresse an der Sache (vgl. Bak, 2019, S. 129). Der Aufforderungscharakter eines Lerngegenstands ist das wichtigste intrinsische Motiv. Zur intrinsischen Lernmoti- vation gehört auch die Aussicht auf einen Erfolg und die „guten Gefühle“, die damit verbunden sind. Positive Lernerinnerungen beflügeln zusätzlich. Eine ansprechende äußere Gestaltung der Lernumgebung kann die intrinsische Motivation verstärken (vgl. Ekert; Ekert, 2014, S. 52 ff.).

• Von extrinsischer Motivation spricht man, wenn für das Verhalten äußere Motive maßgebend sind (vgl. Ekert; Ekert, 2014, S. 52). Bei der extrinsischen Motivation lie- gen die Beweggründe für das Verhalten außerhalb der Person. Sie lernt z. B. für gute Noten, gesellschaftliche Anerkennung, für die Karriere oder aus finanziellem Anrei- zen (vgl. Schiefer; Hoffmann, 2019, S. 7).

Wie stark intrinsische Motivation wirken kann, zeigt die Untersuchung von Lepper et al.

(1973), die im folgenden Beispiel dargestellt wird.

Beispiel 1.5:

In den 1970er-Jahren wurde von Lepper et al. eine Untersuchung an Kindern durch- geführt. Die Kinder wurden zunächst in der Anfangsphase bei freiem Spiel beobach- tet, wie viel Zeit sie mit Zeichnen und Malen verbrachten. Anschließend wurden sie nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen eingeteilt und bekamen die Aufgabe, zu zeichnen und zu malen. Einer Gruppe wurde eine Belohnung für ihre Leistungen zu- gesichert. Eine andere Gruppe wusste zu Beginn dieser Aktivitäten nichts von der Belohnung, die sie am Ende erhielt. Die dritte Gruppe erhielt keine Belohnung und es wurde auch vorab keine kommuniziert. Nach einiger Zeit wurde das Verhalten der Kinder erneut beobachtet. Diejenigen Kinder, die für ihre zeichnerischen Fähig- keiten belohnt wurden und das vorher wussten, also Belohnung erwarteten, zeigten eine geringere zeichnerische Aktivität als diejenigen, die nicht belohnt wurden bzw.

diejenigen, die belohnt wurden, ohne es zu erwarten. Sie zeigten sogar ein geringeres Interesse an zeichnerischen Aktivitäten als in der Anfangsphase der Untersuchung (vgl. Lepper et al., 1973, zit. n. Zimbardo, 1995).

Übung 1.5:

Die Abgabefrist für Ihre Hausarbeit läuft an diesem Wochenende endgültig ab. Wel- che Vorkehrungen können Sie treffen, damit Sie die Arbeit pünktlich einreichen? Be- gründen Sie Ihr Vorgehen aus motivationspsychologischer Sicht.

Hinweis:

Als weiterführende Literatur zum Thema lesen Sie gern:

Heckhausen, J.; Heckhausen, H. (Hrsg.). (2018). Motivation und Handeln. 5., überar- beitete und erweiterte Auflage, Berlin/Heidelberg: Springer, S. 4–8.

Bak, P. M. (2019). Lernen, Motivation und Emotion Allgemeine Psychologie II – das Wichtigste, prägnant und anwendungsorientiert. Berlin: Springer, S. 61–64.

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Was bedeutet Lernpsychologie?

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Hornung und Lächler (2018) beschreiben den erheblichen Einfluss von Gefühlen auf das Verhalten und Handeln von Menschen. Deshalb ist die Frage nach dem Motiv, dem Grund eines Verhaltens, häufig auch eine Frage nach den damit verbundenen Gefühlen.

Ein Motiv für menschliches Handeln kann darin bestehen, angenehme Gefühle zu erle- ben bzw. unangenehme Gefühle zu vermeiden (vgl. Hornung; Lächler, 2018, S. 100). Da- her ist es wichtig anzumerken, dass Motive und Motivation sehr eng mit Emotionen ver- bunden sind.

1.2.2 Emotion

Bei dem Begriff Emotion fällt es schwer, eine allgemeingültige Definition zu geben. Das liegt daran, dass eine wissenschaftliche Definition Bedingungen angeben würde, die eine Emotion zweifelsfrei identifizieren und von anderen Zuständen unterscheiden kön- nen (vgl. Horstmann; Dreisbach, 2017, S. 81 f.). Emotionen werden positiv oder negativ empfunden und ergeben sich aus einer bestimmten Situation heraus (vgl. Bak, 2019, S. 146).

Auslöser von Emotionen können Reize aus der Umwelt sein, kognitive oder physiologi- sche. Beispiele für Emotionen sind Freude, Angst, Ekel, Scham, Stolz und Hoffnung (vgl.

Hornung; Lächler, 2018, S. 91).

Definition 1.4: Emotion

„Emotionen sind objektgerichtete psychische Zustände, die sich in Veränderungen des Erlebens, der körperlichen Vorgänge und des Verhaltens äußern.“ (Horstmann;

Dreisbach, 2017, S. 80)

Emotionen können den Inhalt und die Art des Denkens nachhaltig beeinflussen, wie wohl jeder Mensch es bereits erlebt hat. Sie beeinflussen, was (inhaltlich) und wie (qua- litativ) wir es denken.

Beispiel 1.6: Einfluss von Emotionen

Bei schlechter Laune vermag uns der Gedanke an den vergangenen Urlaub nicht wirklich aufzuheitern. Statt an die vielen Sonnentage und das leckere Essen erinnern wir uns an den einen Regentag und den unfreundlichen Busfahrer.

Umgekehrt gehen uns in positiver Stimmung viele Dinge viel leichter von der Hand, wir treten unserer Umwelt freundlicher gegenüber (vgl. Horstmann; Dreisbach, 2017, S. 136).

Betrachten wir den Aspekt der Emotionen im Kontext des Lernens. Das Thema Emoti- onen und Lernen ist in der Pädagogik tief verwurzelt. Vertreter/-innen verschiedener Strömungen machten bereits vor Hunderten von Jahren auf die Bedeutung emotionaler Aspekte für die Entwicklung des Menschen und für das Lernen aufmerksam (vgl. Ha- scher, 2009, S. 81). Emotionen stehen in Verbindung mit der Motivation, denn „jede ra- tionale Entscheidung für oder gegen etwas ist stets mit einer emotionalen Komponente verbunden.“ (Bak, 2019, S. 155). Die Freude am Lernen wird löst, intrinsisch motiviert, als positive Emotion ein intensives Lernverhalten aus, extrinsische Motivation hingegen hemmt die Lust auf Lernen (vgl. Hagenauer; Hascher, S. 97 ff.).

In der nachfolgenden Abb. 1.3 werden mögliche Einflussfaktoren von Emotionen auf das Lernen dargestellt.

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Was bedeutet Lernpsychologie?

Abb. 1.3: Emotionale Einflüsse auf das Lernen (vgl. Knapp, 2005, S. 605)

Generell kann die Bedeutung der Emotionen für das Lernen nicht hoch genug angesie- delt werden, vor allem aber ihre konstruktive Wirkung. So konnte bei positiver Bewer- tung des Lernstoffs und damit einhergehender positiver Emotionalität des Lernenden nachgewiesen werden, dass sich die Synapsen im limbischen System um bis zu 30 % ver- mehrten und der synaptische Spalt zwischen den Nervenzellen sich erkennbar verrin- gerte, wodurch ein besserer Neurotransmitterfluss und eine bessere Weiterleitung elek- tronischer Signale bewirkt wurden (vgl. Lawrenz, 2006, S. 7; Kieweg, 2003, S. 6). Aus mehreren empirischen Befunden lässt sich zudem Folgendes zusammenfassen.

1. Lernen erfolgt leicht(er), wenn uns etwas berührt, d. h., wenn mit Freude, Interesse und Betroffenheit gelernt wird. Aber auch negative Emotionen wie Frustration, Un- lust, Angst, Stress, Langeweile sind Gefühls- und Motivationslagen, die das Lernen beeinflussen.

2. Gelernt und erinnert wird das, was emotional bedeutsam oder bewegend ist. Ohne Gefühle gibt es keine Erinnerung (vgl. Urhahne et al., 2019, S. 199 ff.).

1.3 Lerntheorien

Lerntheorien entstehen aus Versuchen von Psychologen, Struktur in die Beobachtungen, Hypothesen, Ahnungen, Gesetze, Prinzipien und Vermutungen zum Thema menschli- chen Verhaltens zu bringen (vgl. Lefrançois, 2015, S. 21). Derzeitige Lerntheorien kön- nen in zwei große Kategorien eingeteilt werden: behavioristische und kognitive Theori- en, wobei die sozial-kognitive Lerntheorie von Bandura von beiden viele

Schlüsselelemente enthält.

Jüngere Theorien des Konstruktivismus empfehlen, Lernende dabei zu unterstützen, sich den Sinn in realen Umgebungen selbst zu „konstruieren“, was häufig in Teams statt- findet, die zur Lösung von Problemen zusammenarbeiten.

Definition 1.5: Lerntheorien

Lerntheorien sind Konstrukte, die versuchen, Lernen psychologisch zu beschreiben

Übung 1.6:

Emotionen begleiten und beeinflussen unser Denken und Handeln. Welche Vor- und Nachteile kann das in Bezug auf Ihren Beruf als Pflegemanager bringen?

Subjektive Faktoren

Kontextuelle Faktoren, z. B. Unterricht

Motivationale Aspekte

Charakteristika der Lernsituation Quantität und Qualität

emotionalen Erlebens, z.B.

intensive Freude

Konsequenzen und Wirkungen, z.B. Lernaufwand

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Was bedeutet Lernpsychologie?

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Generierung und Ausführung von Verhalten zugrunde liegen. Zweitens zu den mög- lichen Änderungen in diesen Strukturen und Mechanismen. Und drittens dazu, wel- che Erfahrungen zu welchen Änderungen führen.“ (Hoffmann; Engelkamp, 2017, S. 3)

1.3.1 Behavioristische Lerntheorie

Der Behaviorismus entwickelte Anfang des 19. Jahrhunderts (1920) Lerntheorien, die sich hauptsächlich mit objektiven Ereignissen wie Stimuli, Reaktionen und Belohnun- gen befassten.

Der wichtigste Grundsatz der behavioristischen Lerntheorie ist, dass sich Verhalten ent- sprechend den unmittelbaren Konsequenzen verändert. Angenehme Konsequenzen ver- stärken das Verhalten, unangenehme Konsequenzen schwächen es. Verstärker können je nach Natur des Menschen Essen, Wasser, Lob, Anerkennung oder gute Noten sein. Auch Strafe als unmittelbare Reaktion auf ein bestimmtes Verhalten kann dazu führen, dass dieses nachlässt. Jedoch sind die Ergebnisse von Bestrafung unvorhersehbar (vgl. Red- mann, 2018, S. 27).

Zu den behavioristischen Theorien gehören die von Pawlow, Watson, Guthrie, Thorndi- ke, Hull und Skinner. Im Folgenden werden mit Pawlow (klassisches Konditionieren) und Skinner (operantes Konditionieren) zwei bedeutsame Lerntheorien überblicksartig vorgestellt:

Klassisches Konditionieren (Pawlow)

Die eigentliche Leistung des Russen Iwan P. Pawlow (1849–1936) war es, zum ersten Mal Ergebnisse der Lernforschung in objektivierbarer und messbarer Form vorzulegen (vgl. Gudjons, 2012, S. 221). Iwan P. Pawlow war der erste Wissenschaftler, in dessen Labor klassisches Konditionieren systematisch untersucht wurde (vgl. Beispiel 1.7).

Beispiel 1.7:

Pawlow und seine Mitarbeiter führten 1918 ursprünglich Experimente zur Physio- logie der Verdauung durch. In einem Teil dieser Experimente wurde die Speichel- menge gemessen, die der Hund während des Fressens absonderte.

Die Hunde zeigten einen hohen Speichelfluss, wenn ihnen Fleischpulver als Futter gereicht wurde; dies ist zu erwarten, denn die Einleitung der Verdauung ist die bio- logische Funktion der Speichelproduktion. Die Forscher beobachteten aber auch, dass der Speichelfluss laborgewohnter Hunde schon während der Vorbereitungen zur Fütterung begann (z. B. wenn die Hunde den weißen Kittel der Assistenten sa- hen, die das Futter bringen). Pawlow vermutete, dass diese Reaktion gelernt sei: Die Vorbereitung zur Fütterung löse deshalb den Speichelfluss aus, weil sie den Erhalt des Futters ankündige.

Um diese Annahme zu belegen, beschloss Pawlow, den angenommenen Lernvor- gang unter kontrollierten Bedingungen nachzuvollziehen. Er wollte zeigen, dass ein ursprünglich neutraler Reiz, der wiederholt gemeinsam mit dem Futter präsentiert wird, die Fähigkeit erwirbt, allein den Speichelfluss auszulösen. Als neutralen Reiz wählte er das Geräusch einer Glocke. Wie er vor Beginn des Versuchs prüfte, hatte die Glocke keine Auswirkungen auf den Speichelfluss, war also in Bezug auf den

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Was bedeutet Lernpsychologie?

Speichelfluss neutral. Die Hunde zeigten auf das Läuten lediglich eine Orientie- rungsreaktion: Sie unterbrachen ihre Aktivität, wandten den Kopf in die Richtung der Geräuschquelle und verharrten einen Moment in dieser Position.

In der Akquisitionsphase (Aneignungsphase) des Versuchs erklang das Geräusch der Glocke kurz vor der Darreichung des Fleischpulvers. Diese Abfolge von Glocke und Futter wurde einige Male wiederholt. Während der Akquisitionsphase konnte Pawlow natürlich nicht feststellen, ob eine Konditionierung stattgefunden hatte, denn der zu beobachtende Speichelfluss wurde ja ohnehin durch das Fleischpulver ausgelöst, das immer gemeinsam mit der Glocke dargeboten wurde. Um die Kondi- tionierung festzustellen, wurde die Akquisitionsphase beendet und nun das Ge- räusch der Glocke allein dargeboten. Tatsächlich löste das Geräusch der Glocke nun auch ohne das Fleischpulver den Speichelfluss aus. Somit hatte Pawlow belegt, dass es tatsächlich möglich ist, eine reflexive Reaktion wie den Speichelfluss durch wie- derholte Paarung eines vormals neutralen Reizes mit dem Fleischpulver auszulösen (vgl. Horstmann; Dreisbach, 2017, S. 16 f.).

Pawlows Vorgehen lässt sich wie folgt zusammenfassen: Es werden zwei Reize verwen- det, wobei der unkonditionierte Stimulus (US, z. B. Fleischpulver) automatisch und zu- verlässig die unkonditionierte Reaktion (UR, z. B. Speichelfluss) hervorruft, während der konditionierte Stimulus (CS, z. B. Glocke), der ursprünglich keine besondere Reaktion hervorrief, nach wiederholter gemeinsamer Darbietung von CS und US die konditio- nierte Reaktion (CR, z. B. Speichelfluss) hervorruft (vgl. Horstmann; Dreisbach, 2017, S. 17 f.).

Auf diese Weise werden auch beim Menschen viele Reize in der Umgebung zu Signalen, die eine bestimmte Reaktion hervorrufen. Dies wird als Reiz-Reaktion-Verbindung be- zeichnet.

Beispiel 1.8: Reiz-Reaktion-Verbindung

„Ein Kind hat Angst vor weißen Kitteln. Immer wenn der Arzt spritzte, trug er einen weißen Kittel. Der weiße Kittel ruft nach einiger Zeit allein schon unangenehme Ge- fühle hervor. Der weiße Kittel (ursprünglich ein völlig normaler Reiz) ist ein beding- ter Reiz (oder ein Signal) geworden, der auch ohne Spritze die Angst (bedingte Re- aktion) hervorruft. Das Kind hat also eine neue Reiz-Reaktion-Verbindung

erworben.“ (Gage; Berliner, 1996, S. 264)

Trotz der sehr begrenzten Reichweite dieses lernpsychologischen Grundmodells lassen sich einfache emotionale Reaktionen wie Erregung, Furcht oder andere affektive Aspek- te von Einstellungen durch das klassische Konditionieren erklären.

In mehr als 20 Jahren detaillierter Experimente zur klassischen Konditionierung wurde diese Theorie durch zahlreiche Gesichtspunkte beim Aufbau von Reiz-Reaktion-Verbin- dungen erweitert und differenziert, z. B. durch Phänomene wie Reizgeneralisierung (vom weißen Kittel zur weißen Kleidung) oder auch Bekräftigungen im Sinne einer sehr häufigen Kopplung, ebenso wie umgekehrt die Löschung (mehrfache Darbietung des be- dingten Reizes allein, d. h. ohne den unbedingten Reiz; also weißer Kittel ohne Spritze), was zum Verschwinden der bedingten Angst führt. Bei Letzterem spricht man von Ex- tinktion (vgl. Gudjons, 2012, S. 222).

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Auch mehr als ein Jahrhundert später wird in den meisten Ländern der Welt auf die Ar- beiten Pawlows zurückgegriffen, dessen Grundkonzepte sich kaum verändert haben (vgl. Lefrançois, 2015, S. 43).

Operantes Konditionieren (Skinner)

Eine wesentliche Erweiterung gewann das Lernen als Reiz-Reaktion-Verbindung durch den amerikanischen Psychologen B. F. Skinner (1904–1990), der zwei grundlegende An- nahmen aufstellte. Skinner ging davon aus, „dass menschliches Verhalten bestimmten Gesetzen folgt“ (Lefrançcois, 2015, S. 95). Weiterhin war er davon überzeugt, dass die Ursachen für unser Verhalten außerhalb unserer Person liegen und es möglich ist, diese zu beobachten und zu untersuchen (vgl. Lefrançois, 2015, S. 95).

Beispiel 1.9:

Skinner nutzte für seine Untersuchungen mit Ratten eine Experimentalkammer, die sogenannte Skinner-Box. „Die typischen Merkmale der Skinner-Box sind eine käfi- gartige Struktur, die mit einem Hebel, einem Licht, einem Futternapf, einem Futter- spende-Mechanismus und eventuell einem elektrisch geladenen Gitter im Boden ausgestattet werden kann.“ (Lefrançois, 2015, S. 98)

Die Ratte lernt in verschiedenen Durchgängen, dass sie bei Betätigung des Hebels als Belohnung Futter bekommt. Auf die ersten spontanen Betätigungen des Hebels, wird das Verhalten in der folgenden Lernphase noch unvollkommen und oftmals ineffek- tiv sein. Erst in der dritten Lernphase ist das Verhalten der Ratte zielgerichtet (vgl.

Lefrançois, 2015, S. 98).

Der Organismus lernt also, dass sein Verhalten einen bestimmten Effekt hat. Das Tier muss etwas tun, um bestimmte Folgen zu erzielen: daher die Bezeichnung „operant“

oder „instrumentell“ (vgl. Lefrançois, 2015, S. 98 f.).

Operantes Lernen tritt ein, wenn sich die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens als Funktion von Ereignissen, die unmittelbar auf dieses Verhalten folgen, ändert. Ereig- nisse, die die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion erhöhen, werden Verstärker genannt.

Der Aufbau eines Verhaltens kann auf zwei Arten geschehen: zum einen durch Darbie- tung einer angenehmen Konsequenz (z. B. durch Futtergabe oder Lob), dies wird positive Verstärkung genannt; zum anderen durch Entzug einer unangenehmen Konsequenz, dies wird negative Verstärkung genannt.

Weiterhin kann zwischen primären und sekundären Verstärkern unterschieden werden.

Primäre Verstärker befriedigen grundlegende Bedürfnisse (z. B. Nahrung stillt den Hun- ger). Sekundäre Verstärker erwerben ihre Verstärkerqualitäten durch die Assoziation mit einem primären Verstärker (z. B. wird ein Licht in einer Skinnerbox, das mit Futter asso- ziiert wird, selbst zum Verstärker) (vgl. Gudjons, 2012, S. 223).

Beispiel 1.10: Verstärkung

Die Begegnung mit einem aggressiv bellenden Hund hinter einem Zaun löst beim Spaziergänger Angst aus. Der Spaziergänger wechselt die Straßenseite und entzieht sich so der Angst als unangenehmer Konsequenz der Begegnung. Das Vermeiden

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wird belohnt und dadurch in seiner Häufigkeit verstärkt. Der Spaziergänger hat so- mit mittels negativer Verstärkung gelernt, dass er bei laut bellenden Hunden die Straßenseite wechselt.

Negative Verstärkung darf nicht mit Bestrafung verwechselt werden, denn Strafe führt zur bloßen Unterdrückung oder Schwächung eines Verhaltens, ist also gerade kein Ver- stärker! Nicht-Bekräftigung (keine Belohnung, Verstärkung) eines Verhaltens führt zur Löschung (vgl. Gudjons, 2012, S. 223), d. h. der Beseitigung eines Verhaltens aufgrund des Entzugs von Verstärkung. Vergessen meint im Gegensatz dazu die Beseitigung von Verhalten aufgrund fehlender Wiederholungen (vgl. Lefrançois, 2015, S. 108).

Skinners System entfachte jedoch auch Kritik. Viele seiner Gegner erhoben Einwände gegen die Suche nach Erklärungen außerhalb der Person und die offensichtliche Leug- nung von Freiheit und Autonomie. „Obwohl Watson den Behaviorismus definiert hat und viele andere Theoretiker signifikant zu dessen Entwicklung beigetragen haben, ist es Skinners Name, der am häufigsten mit der behavioristischen Psychologie in Verbin- dung gebracht wird.“ (Lefrançois, 2015, S. 124)

1.3.2 Kognitive Lerntheorie

In den 1950er-Jahren erfolgte die sogenannte „kognitive Wende“ und damit historisch betrachtet eine Gegenbewegung zum Behaviorismus. Die Kognitionspsychologie ist seither maßgebend in der modernen psychologischen Grundlagenforschung. Es geht hierbei z. B. um das Erkennen von Räumen und Mustern, Problemlösungen, Entschei- dungsfindungen sowie um den Erwerb von Wissen und die Verbindung von Sprache und Kommunikation (vgl. Schönpflug, 2016, S. 29 f.).

Während der Behaviorismus das konkret beobachtbare Lernverhalten als Ansatzpunkt hat und den Lernenden als durch äußere Reize steuerbar wahrnimmt, konzentriert sich der Kognitivismus auf die beim Lernen intern ablaufenden Prozesse der Informations- verarbeitung, also den Teil, den die Behavioristen bewusst als Black Box, d. h. als wis- senschaftlich nicht erfassbar ausgeblendet haben. Gegenstand der Betrachtung im Beha- viorismus ist der Mensch als Individuum, das Reize aktiv und selbstständig verarbeitet, bei dem also beim Lernen Vorgänge wie Wahrnehmen, Erkennen, Verstehen, Bewusst- werden, Denken, Vorstellen, Interpretieren, Problemlösen, Entscheiden oder Urteilen ablaufen.

Im kognitiven Grundmodell wird Lernen als Informationsverarbeitungsprozess aufge- fasst. Lernen wird als Internalisierung, als Aufbau von mentalen Modellen oder Sche- mata verstanden. Der Lernende ist aktiv am Lernprozess beteiligt und reagiert auf äu- ßere Reize. Die Informationsverarbeitung erfolgt im Gehirn, das mit seinem

sensorischen Register Informationen aufnimmt, diese im Kurzzeitgedächtnis mit dem bereits vorhandenen Wissen in Zusammenhang bringt, ggf. ergänzt und im Langzeitge-

Übung 1.7:

Setzen Sie sich mit der Relevanz und Bedeutung von Verstärkungsplänen in der Pfle- geausbildung auseinander. Welchen Effekt erzielt eine positive oder eine negative Verstärkung beim Lernen?

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Was bedeutet Lernpsychologie?

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Konkret unterscheiden sich die kognitiven Lerntheorien bzw. die Kognitionspsychologie vom Behaviorismus in folgenden Punkten (vgl. Lefrançois, 2012, S. 190):

• Der Betrachtungsschwerpunkt der Kognitionspsychologie liegt auf höheren geisti- gen Prozessen. Dazu zählen die Konzeptbildung, Gedächtnis, Sprache, Denken, Pro- blemlösen und Entscheidungsfindung.

• Es findet ein Wechsel von tierexperimenteller Forschung zurück zur Forschung am Menschen statt, da Themen wie das Lernen von Sprache, Lesen, Strategien des Kon- zepterwerbs und die Entwicklung von Logik mithilfe von Ratten oder Tauben nicht so leicht untersucht werden können.

• Das Ziel behavioristischer Theorien ist es, die Beziehungen zwischen Verhalten und dem, was dem Verhalten vorausgeht und was darauffolgt, herauszufinden. Das Ziel kognitiver Theorien ist es, plausible und nützliche Schlussfolgerungen über die geis- tigen Prozesse zu ziehen, die zwischen Input und Output vermitteln.

• Kognitive Theorien sind weniger umfangreich als behavioristische Theorien. Das hängt damit zusammen, dass es wenige Versuche gibt, das menschliche Lernen und Verhalten vollständig erklären zu wollen.

• Die Bedeutung kognitiver Lerntheorien für den Bereich des Lehrens und Lernens er- gibt sich daraus, dass der Lehrer als sogenannter Didactic Leader des Lerngesche- hens verstanden wird. Er legt den Lernstoff und seine zeitliche Abfolge fest.

• Anders als beim Behaviorismus geht es im Lernprozess aber nicht nur um die pure Wiederholung von Faktenwissen, sondern der Lernende kann seinen Lernprozess – auch verursacht durch die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen in Form von Vor- wissen methodischer oder faktischer Art – aktiv und individuell gestalten. Dabei fungiert der Lehrer als Tutor, indem er Hilfestellungen gibt.

Zu den kognitiven Theorien gehören die von Bruner, Piaget und Wygotski. Im Folgen- den wird die Lerntheorie von Bruner (die Theorie der kognitiven Entwicklung) über- blicksartig vorgestellt:

Die Theorie der kognitiven Entwicklung (Bruner)

Die im Jahr 1966 vom Psychologen Jerome Bruner (1915–2016) entwickelte Theorie der kognitiven Entwicklung enthält zwei prinzipielle Annahmen über das Wesen des Wis- sens: 1. Menschen verfügen über universelle, angeborene, kognitive Verarbeitungsmus- ter und 2. Die Form der Informationsverarbeitung wird wesentlich durch Lernprozesse in einem kulturellen Milieu beeinflusst (vgl. Edelmann; Wittmann, 2012, S. 120).

Beim Aufbau kognitiver Strukturen, im Sinne der Informationsverarbeitung, stehen bei Bruner der Erwerb von Problemlösefähigkeiten und intuitives Denken im Vordergrund.

Daher können die kognitiven, anders als die behavioristischen, Lerntheorien sehr gut im Arbeitsfeld des Pflegemanagers genutzt werden (vgl. Hasselhorn; Gold, 2006).

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Was bedeutet Lernpsychologie?

Bruner beschreibt drei Ebenen mentaler Repräsentation (also der Speicherung von Ge- lerntem) (vgl. Gudjons, 2012, S. 230):

• Enaktive Ebene: Sie bezeichnet Repräsentationen, die sich auf den Zusammenhang von sinnlichen Eindrücken und körperlichen Bewegungen beziehen, sie sind moto- risch (durch das Tun) und sensorisch (durch die Wahrnehmung) abgespeichert (z. B.

Fahrradfahren).

• Ikonische Ebene: Sie meint eine Art geistiger Bilder, Repräsentationen also, die durch visuelle Eindrücke (oder andere Sinne) zustande gekommen sind (z. B. Ihr Bild von einem Fahrrad).

• Symbolische Ebene: Sie enthält Sachverhalte, die wir durch Begriffe, Kategorien, Re- geln etc., also überwiegend abstrakt, vom konkreten Tun und von Gegenständen los- gelöst durch Verbalisierung abgespeichert haben (z. B. Ihre Erzählung von einer Fahrradtour).

• Einige Jahre nach der Entwicklung seiner Theorie fügt Bruner ein weiteres Reprä- sentationssystem hinzu: die soziokulturelle Repräsentation. Diese vierte Ebene be- tont die Bedeutung des sozialen Aspekts bei der geistigen Entwicklung (vgl. Seel;

Hanke, 2015, S. 367).

Zusammengefasst besitzen Erwachsene gemäß dieser Theorie also vier unterschiedliche Repräsentationssysteme für die Wirkung sensorischer Eindrücke und für Gedanken.

Bruner selbst sagte dazu:

„Repräsentationssysteme sind ein ganz besonderer Typ von gemeinschaftlichem Werkzeug, das den Verwender zu einer Reflektion der Gemeinschaft macht.“

(Bruner, 1990, S. 11)

Dabei liegt Bruners Interessensschwerpunkt darauf, wie Menschen Repräsentationen ausbilden und verwenden. Im Laufe der kognitiven Entwicklung beim Kind entsteht die Fähigkeit, sich selbst oder anderen mit Mitteln der Sprache oder Symbolen das eigene Tun und Vorhaben zu erklären. Mit dieser Selbstbewusstheit wird das Kind fähig, ver- gangene und zukünftige Aktionen zu beschreiben oder mögliches Verhalten zu analysie- ren und dessen Konsequenzen abzuschätzen. Bruner betont jedoch, dass Menschen in je- dem Alter die einzelnen Stufen der Repräsentation durchlaufen und Informationen nicht nur in symbolischer Form, sondern auch in enaktiver und ikonischer Form speichern können. Dabei kann auch die Art der bisherigen bzw. der aktuellen Erfahrung eine Rolle spielen, sodass für Sportler z. B. enaktive Formen der Erfahrung eine größere Rolle spie- len als für Künstler oder Wissenschaftler.

Jede menschliche kognitive Aktivität enthält Kategorien. Kategorisierung beschreibt in Bruners System sowohl wahrnehmungsbezogene als auch konzeptbildende Aktivitäten.

Eine Kategorie kann man sich als eine Regel vorstellen, mit der Dinge als gleich klassi- fiziert werden. Das bedeutet, es findet eine Ansammlung von Dingen statt, die in irgend- einer Form vergleichbar sind. Erst dadurch können Objekte in eine bestimmte Kategorie eingeordnet werden (vgl. Lefrançois, 2015, S. 215 f.).

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Was bedeutet Lernpsychologie?

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Beispiel 1.11: Kategorie

Das Konzept oder die Kategorie „Buch“ kann man sich als Regel vorstellen, die es ei- ner Person ermöglicht, ein Objekt (also das Buch) als solches zu erkennen. Tatsäch- lich aber umfasst das Konzept bzw. diese Kategorie eine Sammlung von Regeln, die festlegen, dass ein Objekt, um ein Buch zu sein, u. a. Seiten, einen Umschlag, ge- druckten Text und einen Titel enthalten muss.

Zunächst stellt man fest, dass es sich um ein Buch handelt, zweitens ziehen wir Schlussfolgerungen, was uns über das Buch bekannt ist. Diese Dinge (einzelne Sei- ten, gedruckter Text etc.) kann man jedoch nicht direkt sehen, und so geht der Mensch, laut Bruner, „über die gegebene Information hinaus“. Für Bruner sind Schlussfolgerungen durch die Verwendung von Kategorien möglich. In diesem Fall die Kategorie Buch. Die Kategorie Buch ist ein Konzept in dem Sinne, dass es eine Repräsentation von aufeinander bezogenen Dingen ist.

Die systematische Interaktion zwischen einem Anleiter und dem Lernenden ist laut Bru- ner für die kognitive Entwicklung entscheidend für den Lernerfolg. Daher sind Bezugs- personen als auch Lehrer notwendig, um Umwelt und Kultur mit dem Lernenden zu tei- len und zu interpretieren. Bruner beschäftigte sich mit pädagogischen Prinzipien, z. B.

mit der Bereitschaft des Lernens und des Spiralcurriculums. Im Kontext der Lernpsycho- logie verdient daher das Prinzip der Bereitschaft des Lernens und der Motivation expli- zite Erwähnung (vgl. Seel; Hanke, 2015, S. 368).

Bruners Beschreibung von Konzepten und Kategorisierungsprozessen spielt nach wie vor eine große Rolle in der Kognitionspsychologie (vgl. Lefrançois, 2015, S. 219 f.). Seine Theorie lässt sich sehr gut auf Lernprozesse in unterschiedlichen Settings übertragen.

1.3.3 Sozial-kognitive Lerntheorie

Die von Albert Bandura (geb. 1925) entwickelte sozial-kognitive Theorie (Modelllernen, Lernen am Modell, 1963) ist in großen Teilen eine rein kognitive Theorie, die allerdings Verhaltensprinzipien einbezieht.

Durch die Beobachtung eines Modells werden Lernprozesse als innere Repräsentation des gelernten Verhaltens gebildet. Es kann hierbei zu drei verschiedenen Lerneffekten kommen (vgl. Lefrançois, 2015, S. 356):

Modellierender Effekt: Eine neue Verhaltensweise wird in einer bestimmten Situati- on erlernt. Es besteht die Möglichkeit, diese in einer adäquaten Situation abzurufen.

Enthemmender/hemmender Effekt: Durch das beobachtete Verhalten, das bereits be- kannt ist, sinkt oder steigt die Hemmschwelle, dieses Verhalten in einer ähnlichen Situation wieder an den Tag zu legen. Wirkt eine Verhaltensweise des Modells posi- tiv, so kann die Hemmschwelle, dieses Verhalten auszuwählen, sinken. Führt das Verhalten beim Modell nicht zum gewünschten Erfolg, so wird hier die Schwelle steigen, besonders dann, wenn das Modell für sein Verhalten bestraft wird.

Sozial-kognitive Lerntheorien sind komplexe Lerntheorien, die sich auf Lernprozesse beziehen, die im Zusammenhang mit sozialen Situationen stehen. Sozial-kognitives Lernen entsteht durch Beobachtung und Nachahmung.

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Auslösender Effekt: Bei einer beobachtenden Person wird ein bereits vorhandenes Verhalten ausgelöst. Zum Beispiel verspüren Sie den Drang, ein klärendes Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten zu führen, da Sie sich ungerecht behandelt fühlen. Da Sie aber neu in der Abteilung sind, warten Sie erstmal ab und beobachten das Verhalten der Kollegen. Sie bekommen mit, dass sich auch andere Kollegen ungerecht behan- delt fühlen und das Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen. Daher schließen Sie sich den Kollegen an und äußern ebenfalls Ihren Unmut. Das beobachtete Verhalten löst das bei Ihnen bereits vorhandene Vorhaben/Verhalten aus.

Das Beobachten eines Modells kann also dazu führen, dass neue Verhaltensweisen er- lernt werden, dass die Hemmschwelle für bereits vorhandene Verhaltensweisen steigt oder sinkt und dass bestehendes Verhalten ausgelöst wird (vgl. Lefrançois, 2015, S. 357).

Bandura (1977) gliedert den Vorgang des Beobachtungslernen in vier Prozesse:

Aufmerksamkeitsprozesse: Sie übernehmen eine der wichtigsten Funktionen des Be- obachtungslernens. Die Aufmerksamkeitszuwendung wird gefördert durch be- stimmte Charakteristika der Modellperson (erfolgreiche Modelle, Kompetenz des Modells), durch Charakteristika des Beobachters (Engagement, Unklarheit und Zweifel über angemessene Verhaltensformen) sowie ein positives Beziehungsver- hältnis des Beobachters zur Modellperson. Die Aufmerksamkeit ist umso höher, je attraktiver und vertrauenserweckender ein Modell ist (vgl. Edelmann; Wittmann, 2012, S. 166; Lefrançois, 2015, S. 352 f.).

Behaltensprozesse: Ein einmal beobachtetes Modellverhalten kann unter Umständen erst nach längerer Zeit vom Beobachter offen gezeigt werden. In der Zwischenzeit muss es also gespeichert werden. Noch vor der Speicherung werden die aufgenom- menen Modellreize kognitiv verarbeitet. Das beobachtete Verhalten wird nach sei- ner Wahrnehmung umgeformt, klassifiziert und organisiert. Es wird im Gedächtnis so gespeichert, dass sich die Person daran erinnern kann und es bei Bedarf schnell und problemlos abgerufen werden kann (vgl. Lefrançois, 2015, S. 352).

• Mit der motorischen Reproduktionsphase ist die konkrete Ausführung der erlernten Verhaltensweise gemeint, wozu „motorische und physische Fähigkeiten möglicher- weise auch einige verbale und intellektuelle Kapazitäten“ (Lefrançois, 2015, S. 353) notwendig sind.

• Die Motivationsprozesse, gekoppelt mit antizipierten Erwartungen, sind erforder- lich, damit ein Verhalten ausgeführt wird. Diese Erwartungen können variieren, so- dass z. B. in einer bestimmten Situation unter verschiedenen Rahmenbedingungen durchaus von einer Person verschiedene Verhaltensweisen als geeignet angesehen werden können. Dies zeigt den Einfluss des äußeren Ansporns auf das Beobach- tungslernen, wobei Belobigung stärker als Bestrafung wirkt (vgl. Lefrançois, 2015, S. 353).

Übung 1.8:

Das Beobachtungslernen im Sinne Banduras ist ein wichtiger Einfluss für Verhalten in sozialen Gruppen. Überlegen Sie, wie der Aufbau neuen Verhaltens (bezogen auf eine einzelne Person oder auf eine Gruppe) in der Pflegepraxis gelingen kann.

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Fasst man die Theorie Banduras zusammen, so lässt sich festhalten: Das eigentliche Ler- nen findet in der Aneignungsphase statt. Das in der Ausführungsphase später mögli- cherweise offen gezeigte Verhalten wird gesteuert durch kognitive Repräsentationen des Modellverhaltens in bildhafter oder sprachlicher Form. Ob das Verhalten gezeigt wird, hängt von der stellvertretenden Verstärkung des Modells, der antizipierten äußeren Ver- stärkung des Beobachters sowie seiner Selbstverstärkung ab (vgl. Edelmann; Wittmann, 2012, S. 167).

1.4 Lernformen

Lernvorgänge werden durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst. Dazu gehören Um- gebungsbedingungen, körperlich-geistige Voraussetzungen, Gefühls- und Befindensla- gen, Motivation sowie der soziale Kontext, in dem Lernen stattfindet. Lehrende können hier Rahmenbedingungen schaffen, die Lernprozesse ermöglichen. Darüber hinaus kön- nen sie unterschiedliche Lernebenen ansprechen, um möglichst viele Lerntypen zu er- reichen.

1.4.1 Psychomotorisches Lernen

Die Voraussetzung für das Durchführen von motorischen Handlungen ist, dass der Mensch ein neuromuskuläres System besitzt, das diese Handlungen ausführen kann. Zu- dem muss er in der Lage sein, sich den Vorgang geistig vorzustellen. Ein geistiges Bild entsteht, wenn der Lernende beobachtet, wie die zu erlernende Handlung demonstriert wird. Das Ziel psychomotorischen Lernens ist eine koordinierte Handlungsabfolge mit einem minimalen Energieverbrauch (vgl. Redmann, 2009, S. 32). Kognitive und motori- sche Fähigkeiten werden als prozedurales Gedächtnis bezeichnet, das Gewohnheiten und Fähigkeiten sowie körperliche und sprachliche Verhaltensweisen speichert, sodass einmal eingeübtes Verhalten, wie z. B. beim Fahrradfahren, abgerufen werden kann (vgl.

Pongrac, 2015, S. 12 ff.; Hoffmann, Engelkamp, 2017, S. 3).

Für den Lernenden ist es am besten, in einer Situation zu üben, die der Umgebung gleicht, in der die Fertigkeit eingesetzt wird. Allgemein wird empfohlen, Übungszeiten so kurz und so selten wie möglich zu halten, dass keine Ermüdung eintritt. Sind die In- tervalle zwischen den Übungszeiten zu lang, kann das Erlernte vergessen werden. Wur- de jedoch eine motorische Fähigkeit verinnerlicht (z. B. Schwimmen oder Radfahren), kann sie sehr schnell, sogar nach vielen Jahren, wieder abgerufen werden (vgl. Red- mann, 2009, S. 32).

Hinweis:

Als weiterführende Literatur zum Thema lesen Sie gern:

Reuter, St. (2015). Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus. Lehr- und Lerntheorien. Studienarbeit. Hamburg: Diplomica.

Schmal, J. (2017). Unterrichten und Präsentieren in Gesundheitsfachberufen. Metho- dik und Didaktik für Praktiker. Berlin/Heidelberg: Springer, S. 28–30.

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1.4.2 Kognitives Lernen

Unter kognitivem Lernen werden Vorgänge beschrieben, wie Menschen kognitive Auf- gaben oder Probleme lösen. Derzeitige Lerntheorien befürworten die Anwendung von realen und umfassenden Lernaufgaben oder Lernsituationen. Das Abarbeiten hypothe- tischer Fragestellungen zu einer Thematik wird dabei abgelehnt. Das Lösen von komple- xen Aufgaben erfordert eine hohe kognitive Leistung und kann das Lernen erschweren, weil dabei so viele Dinge zu beachten sind, die alle miteinander in Zusammenhang ste- hen.

Hilfreich ist es, Menschen, die Neues erlernen, lösbare bzw. funktionierende Beispiele zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, bei einfachen Aufgaben zu beginnen und die Komplexität im weiteren Verlauf zu steigern. Zur Unterstützung können am Anfang vorgefertigte Schemata dienen, an denen sich der Lernende orien- tiert (vgl. Redmann, 2009, S. 34).

Angelo und Schnitzler (1992, S. 105 ff.) führen dabei verschiedene Arten des Lernens aus. Es handelt sich um die in der Pädagogik und Psychologie beschriebenen Ebenen des deklarativen, prozeduralen, konditionalen und reflexiven Lernens. Damit schärft die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Ebenen des Lernens den Blick für das eigene berufliche Selbstverständnis und es können aufbauend methodische Lehr- und Lernpro- zesse gestaltet werden.

1) Deklaratives Lernen (Was man lernt): Das deklarative Lernen oder explizite Ler- nen erfolgt durch bewusste Aufnahme von Informationen, die später auch bewusst und aktiv wieder abgerufen werden können. Deklaratives Lernen beinhaltet das Er- lernen von Fakten und Prinzipien eines bestimmten Fachgebiets. Es sind die Inhalte, also das „Was“ eines Faches. In Bezug auf die pflegerische Ausbildung sind es die meisten Inhalte theoretischer Fächer wie Anatomie; Physiologie usw. Es sind Fakten, die auswendig, rein kognitiv gelernt und deklariert (aufgesagt) und theoretisch ge- prüft werden können, ohne die Bedeutung der einzelnen Fakten erfragen zu müssen (vgl. Olbrich, 2018, S. 181).

2) Prozedurales Lernen (Wie man lernt): Das prozedurale Lernen oder das implizite Lernen (nicht deklarative Lernen) beinhaltet Fertigkeiten, die ohne nachzudenken eingesetzt werden. Beim prozeduralen Lernen handelt es sich darum, wie man etwas macht, samt den dazugehörigen Vorgängen und Verfahren. In der Pflege wird sehr viel Wert auf die Demonstration von sogenanntem praktischem Wissen gelegt. So- mit haben z. B. Auszubildende dann das Wissen und das mechanische Können, um z. B. einfache Verbände zu wechseln oder Infusionen anzuhängen. Es geht hierbei um die rein handwerklichen Fähigkeiten ohne Einbeziehung der Individualität des Pati- enten (vgl. Olbrich, 2018, S. 182).

3) Konditionales Lernen (Wo und wann das Gelernte Anwendung findet): Beim konditionalen Lernen geht es darum, zu erlernen, wann und wo das erworbene Wis- sen eingesetzt und die entwickelten Fertigkeiten bzw. Fähigkeiten angewandt wer- den können. Die Lernenden erwerben im Laufe der Zeit ein Urteilsvermögen, sodass sie Bedingungen abwägen kann, unter denen eine Anwendung am erfolgreichsten einzusetzen ist (vgl. Olbrich, 2018, S. 183). Konditionales Lernen wird in der Pfle- geausbildung durch sogenannte Schülerstationen gefördert (vgl. Heß; Netthöfel, 2019, S. 20 ff.).

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Was bedeutet Lernpsychologie?

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4) Reflektives Lernen (das Warum des Lernens): Um die Fähigkeit zu erwerben, das Leben lang selbstständig weiter zulernen, müssen Lernende Wege finden, über ihre Interessen, Motivation und Einstellung zum Beruf sowie die persönlichen Wertmaß- stäbe nachzudenken. Die Fähigkeit zur Reflexion ist für Lernende nicht nur für den Lernerfolg ausschlaggebend, sondern ermöglicht auch, Positives ebenso wie Defizite zu erkennen und sich so weiterzuentwickeln (vgl. Olbrich, 2018, S. 184; Schmal, 2018, S. 52 ff.).

1.5 Lerntypen und -stile

Frederic Vester prägte den Begriff der Lerntypen und die zugehörige Theorie. Diese be- sagt, dass eine Förderung der Lernleistung von Lernenden von der Berücksichtigung un- terschiedlicher Lern-Kanäle abhängt (vgl. Schmal, 2017, S. 31).

Laut Vester existieren folgende Lerntypen:

• auditiver Lerntyp (Lernen durch Hören und Sprechen)

• optischer/visueller Lerntyp (Lernen durch Sehen und Beobachten)

• haptischer Lerntyp (Lernen durch Anfassen und Fühlen)

• intellektueller/abstrakter Lerntyp (Lernen durch den Intellekt)

In der Wissenschaft ist die Theorie von Vester jedoch nicht unumstritten (vgl. Looß, 2001, S. 186 ff.; Wecker et al., 2017, S. 22 ff.). Hattie (2013) gibt an, dass kein empiri- scher Beleg vorliegt, dass eine Berücksichtigung unterschiedlicher Lerntypen einen Er- folg verspricht. Lehrpersonen können sich daher von den Lerntypen inspirieren lassen, sollten aber die von Vester beschriebene Differenzierung nicht überbewerten.

Zusammenfassung

Die Lernpsychologie versteht sich als Teilbereich der allgemeinen Psychologie und bie- tet allen Berufsgruppen des Gesundheitswesens, Lehrenden und im weitesten Sinn auch Erziehern ein überaus differenziertes Bild der verschiedenen Arten von Veränderungs- prozessen. Damit ist die Voraussetzung für eine Anwendung lerntheoretischer Prinzipi- en geschaffen. Neben einem Verständnis zu den wichtigsten Begriffen Lernen und Ge- dächtnis wurden behavioristische, kognitive und sozial- kognitive Lerntheorien vorgestellt. Die ausgewählten Theorien, z. B. das Lernen am Modell von Bandura, erwei- sen sich bis heute noch als nützlich zur Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen.

Unterschiedliche Bereiche, wie das Gedächtnis, die Emotionen oder die Psychomotorik, erfordern unterschiedliche Herangehensweisen an das Lernen. Derzeitige Lerntheorien befürworten die Anwendung authentischer und umfassender Lernaufgaben. Die Bewäl- tigung dieser Aufgaben erfordert ein hohes Maß an komplexem, kognitivem Denken.

Durch die Verknüpfung von bereits bestehenden Wissensstrukturen mit neu Erlerntem kann das kognitive Lernen zur weniger großen kognitiven Last werden. Psychomotori- sches Lernen setzt dabei auf die Aneignung motorischer Fähigkeiten. Damit der Mensch eine motorische Handlung vollziehen kann, muss er ein ausgeprägtes muskuläres Sys- tem und eine geistige Vorstellung von der jeweiligen Handlung besitzen. Je geübter eine Person mit bestimmten motorischen Handlungen ist, desto koordinierter findet die Handlungsabfolge statt. Das Ziel psychomotorischen Lernens ist eine geschmeidige, ko- ordinierte Handlungsabfolge mit einem Minimum an Energieverbrauch.

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Was bedeutet Lernpsychologie?

Aufgaben zur Selbstüberprüfung

1.1 Im beruflichen Alltag eines Pflegemanagers kann die sozial-kognitive Lerntheorie nach Bandura für die Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen hilfreich sein, um komplexe Handlungen zu erlernen.

a) Welche Bedeutung haben die einzelnen Phasen des Modelllernens für den Lernerfolg?

b) Welche Voraussetzungen (z. B. Lernvoraussetzungen, Motivation, Lerntyp) müssen Mitarbeitende mitbringen, damit das Modelllernen nach Bandura er- folgreich wird?

1.2 Für die Ausübung eines Berufes bedarf es mehr als das Wissen über Fakten und Prinzipien. Vielmehr geht es auch um das Erlernen von Fertigkeiten.

a) Erläutern Sie bitte in Ihren eigenen Worten die Arten des Lernens nach Angelo.

b) Geben Sie zu den jeweiligen Arten des Lernens ein persönliches Beispiel, wann diese zur Anwendung kommen.

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